Komplizierter Harnwegsinfekt (HWI)

Zusammenfassung

  • Definition:Ein Harnwegsinfekt (HWI) gilt als kompliziert, wenn im Harntrakt relevante funktionelle oder anatomische Anomalien, Nierenfunktionsstörungen oder Begleiterkrankungen vorliegen, die eine Harnwegsinfektion bzw. gravierende Komplikationen begünstigen. Der häufigste Erreger eines komplizierten HWI ist E. coli.
  • Häufigkeit:Unkomplizierte HWI sind weitaus häufiger als komplizierte HWI.
  • Symptome:Die Symptome sind ähnlich wie bei unkomplizierten Harnwegsinfekten. Fieber spricht eher für einen komplizierten HWI.
  • Befunde:Ähnlich wie bei unkomplizierten HWI; ggf. Fieber, klopfschmerzhaftes Nierenlager, Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes bei Mitbeteiligung von Niere oder Prostata
  • Diagnostik:Anamnese, körperliche Untersuchung, Urinuntersuchung, Urinkultur mit Resistenzbestimmung, fakultativ Sonografie. Weitere bildgebende Diagnostik nicht routinemäßig.
  • Therapie:Behandlung mit Antibiotika, Therapie von Funktionsstörungen des Harntraktes.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Komplizierte Harnwegsinfektion
    • Eine Harnwegsinfektion (HWI) wird als komplizierte Harnwegsinfektion eingestuft, wenn im Harntrakt relevante funktionelle oder anatomische Anomalien, relevante Nierenfunktionsstörungen oder relevante Begleiterkrankungen vorliegen, die eine Harnwegsinfektion bzw. gravierende Komplikationen begünstigen.1 Ältere oder immunsupprimierte Patient*innen sind hiervon häufig betroffen.2
    • Als komplizierte Harnwegsinfekte gelten laut DEGAM u. a. auch Pyelonephritiden sowie Harnwegsinfekte bei Männern, Kindern und Schwangeren.2
    • Auch bei Patient*innen mit einer instabilen Stoffwechselsituation oder mit fortgeschrittenem Diabetes mellitus sind Harnwegsinfektionen als kompliziert einzustufen.1
    • Die Relevanz der einzelnen komplizierenden Faktoren ist oftmals nicht erforscht.2
    • Die Unterscheidung in komplizierte und unkomplizierte Harnwegsinfektionen ist klinisch relevant, da sich beide Infektionsformen im Umfang von Diagnostik und Therapie, Schwere der Erkrankung und Prognose unterscheiden.
  • Unkomplizierte Harnwegsinfektion
    • Eine Harnwegsinfektion (HWI) wird als unkomplizierte Harnwegsinfektion eingestuft, wenn im Harntrakt keine relevanten funktionellen oder anatomischen Anomalien, keine relevanten Nierenfunktionsstörungen und keine relevanten Begleiterkrankungen vorliegen, die eine Harnwegsinfektion bzw. gravierende Komplikationen begünstigen.1
  • Asymptomatische Bakteriurie
    • Eine klinisch symptomatische Harnwegsinfektion wird von einer asymptomatischen Bakteriurie unterschieden. Letztere soll bis auf wenige Ausnahmen (z. B. vor urologischen Eingriffen, Schwangere mit Komplikationsrisiko) nicht behandelt werden.1-2
  • Rezidivierende Zystitis
    • Eine rezidivierende Harnwegsinfektion wird angenommen, wenn eine Rezidivrate von ≥ 2 symptomatischen Episoden pro Halbjahr oder ≥ 3 symptomatischen Episoden pro Jahr vorliegen.1
  • Klassifizierung
    • Infektionen der Harnwege werden gewöhnlich in obere und untere HWI eingeteilt:
      • Eine obere Harnwegsinfektion (Pyelonephritis) wird dann angenommen, wenn unter den akuten Symptomen z. B. auch Flankenschmerz, ein klopfschmerzhaftes Nierenlager und/oder Fieber (> 38 °C) auftreten.1
      • Eine untere Harnwegsinfektion (Zystitis) wird angenommen, wenn sich die akuten Symptome nur auf den unteren Harntrakt begrenzen, z. B. neu aufgetretene Schmerzen beim Wasserlassen (Dysurie), imperativer Harndrang, Pollakisurie und Schmerzen oberhalb der Symphyse.1

Häufigkeit

  • Über die relative Häufigkeit der verschiedenen Harnwegsinfekte gibt es keine belastbaren Zahlen.
  • Die unkomplizierte Zystitis bei Frauen macht vermutlich den Großteil aller Harnwegsinfekte aus.1

Ätiologie und Pathogenese

  • Anatomische, pathologische oder funktionelle Umstände der Harnwege können für den Verlauf eines Harnwegsinfekts prädisponieren oder Komplikationen verursachen.
  • Patient*innen mit Harnwegsinfekten im Krankenhaus haben fast immer komplizierende Faktoren.
  • Eschericia coli ist der häufigste Erreger (70–90 %). Bei komplizierenden Umständen sind Enterokokken, Proteus spp. und Klebsiella ebenfalls häufig.1
  • Grampositive Erreger wie Enterokokken und Staphylokokken sowie Candida spp. kommen ebenso häufiger vor.3
  • Komplizierende Umstände können manchmal atypische Bakterien begünstigen, die ein anderes Resistenzmuster als die üblichen uropathogenen Bakterien haben.
  • Systematische Untersuchungen zum Erregerspektrum bei komplizierten Harnwegsinfekten in der Primärversorgung fehlen weitgehend.2
    • Erregerspektrum bei Männern mit HWI laut einer Studie in der hausärztlichen Versorgung:2
      • 75 % E. coli
      • 21 % Enterokokken
      • 13 % Proteus sp.
    • bei Männern mit HWI in der fachärztlichen Versorgung:2
      • 59 % E. coli
      • 13 % Proteus
      • 9 % Enterokokken
      • 6 % Klebsiella
      • 4 % Proteus mirabilis.
    • bei Kindern laut einer US-amerikanischen Studie in der ambulanten Versorgung:2,4
      • 83,5 % E.coli
      • 6,9 % Enterokokkus saprophyticus
      • 4,7 % Klebsiella
      • 3,6 % Proteus mirabilis
      • Besonders bei Säuglingen und bei komplizierten oder rezidivierenden Infekten liegen häufig andere Erreger als E. coli vor.

Disponierende Faktoren

ICPC-2

  • U71 Zystitis/Harnwegsinfekt, anderer

ICD-10

  • N30 Zystitis
    • N30.0 Akute Zystitis
    • N30.1 Interstitielle Zystitis (chronisch)
    • N30.2 Sonstige chronische Zystitis
    • N30.3 Trigonumzystitis
    • N30.4 Strahlenzystitis
    • N30.8 Sonstige Zystitis
    • N30.9 Zystitis, nicht näher bezeichnet

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  1. Klinik: Voraussetzung für eine Diagnose. Laut Definition gibt es keine asymptomatische Harnwegsinfektion.1
    • Auch die Differenzierung zwischen unterer und oberer Harnwegsinfektion erfolgt ausschließlich über die Klinik.1
  2. Urindiagnostik: Es sollte eine Urindiagnostik mit Teststreifen und Anlage einer Urinkultur zur Erregerbestimmung und Resistenztestung erfolgen.1
  3. Sonografie: Sollte ggf. zum Ausschluss komplizierender Faktoren erfolgen.1

Leitlinie: Häufige komplizierende Faktoren und Risikofaktoren2

  • Alle HWI bei Kindern, Männern, Schwangeren
  • Funktionelle oder anatomische Besonderheiten
  • Z. n. OP
  • Immunsupprimierte Patient*innen
  • Fieber, Flankenschmerz
  • Urologische/renale Erkrankung
  • Nierensteine
  • Innerhalb der letzten 2 Wochen

Anamnese

  • Die Anamnese gibt Hinweise auf komplizierende Faktoren, so sprechen Fieber und Flankenschmerz eher für einen komplizierten HWI.
  • Starke Schmerzen im perianalen Bereich, Fieber und Schüttelfrost, zusammen mit Dysurie und Pollakisurie sprechen für das Vorliegen einer Prostatitis, die zu einem Harnverhalt führen kann.5
  • Fieber, Schüttelfrost, Flankenschmerz, evtl. mit Übelkeit und Erbrechen können Hinweis für eine Pyelonephritis sein.6
  • Bei Fieber, Dys- und Pollakisurie sowie skrotalen Schmerzen kann eine Epididymitis vorliegen.

Körperliche Untersuchung

  • Eine körperliche Untersuchung sollte bei Verdacht auf einen komplizierten HWI immer erfolgen: Nierenlager, Abdomen, Genitalien.

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

Urin

  • Urinstreifentest – für einen Harnwegsinfekt sprechen der Nachweis von:1
    • Blut
    • Leukozyten
    • Nitrit
    • Bei Verdacht auf eine komplizierte Harnwegsinfektion ist ein Urinstix nicht ausreichend zum Ausschluss der Erkrankung.
    • Mögliche Störfaktoren beachten (siehe nachfolgende Tabelle).
  • Urinkultur
    • Zusätzlich eine Urinuntersuchung einschließlich Kultur durchführen.1-2
    • Die Kultur erlaubt eine gezielte Therapie oder Anpassung der Therapie bei Vorliegen des Resistogramms.

Sonografie

  • Zum Ausschluss von komplizierenden Faktoren2

Labor

  • Blutuntersuchungen können bei Verdacht auf Pyelonephritis hilfreich sein.1
  •  Leukozyten, CRP und Procalcitonin können erhöht sein.
    • Eine Cochrane-Metaanalyse fand, dass bei Kindern CRP und Procalcitonin nicht sicher zur Unterscheidung zwischen oberer und unterer Harnwegsinfektion empfohlen werden können. Es scheint jedoch eine Korrelation des Procalcitonins mit einer Pyelonephritis zu geben.7 So könnte ein Cut-off-Wert des Serum-Procalcitonins in Höhe von über 1,0 ng/ml für die Diagnose einer akuten Pyelonephritis geeignet sein.8 Ebenso ergab sich, dass bei einem niedrigen CRP (< 20 mg/l [< 190 nmol/l die Wahrscheinlichkeit einer Pyelonephritis gering (< 20 %) ist.7
  • Blutkulturen sind bei 12 % der hospitalisierten Patient*innen mit Pyelonephritis positiv. Eine Abnahme von Blutkulturen wird nur bei drohender Urosepsis empfohlen, da sie sonst keine prognostische oder therapeutische Konsequenz haben.1

Diagnostik bei Spezialist*innen

  • Ultraschall kann bei Verdacht auf komplizierende Umstände und bei ausbleibendem Therapieerfolg indiziert sein.
  • Zystoskopie
    • Ist erforderlich, wenn man Veränderungen der Blasenschleimhaut erkennen will.
    • Eine routinemäßige Anwendung bei einem komplizierten HWI ist nicht sinnvoll.
  • Computertomografie, ohne Kontrastmittel
    • Kann aufgrund der hohen Sensitivität und Spezifität nach dem Ultraschall zur weiterführenden Diagnostik bei Verdacht auf Uretersteinen eingesetzt werden.
    • Dient der Einschätzung der Steindichte und anderen Eigenschaften des Steines.
  • CT mit Kontrastmittel
    • Gibt Hinweise auf die Anatomie und Funktion des Harntraktes.9
    • Zu berücksichtigen ist die im Vergleich zu anderen Untersuchungsmethoden erhebliche Strahlenbelastung bei der CT.
  • Urografie
    • Zur Steinsuche ist die Urografie durch die native CT weitgehend verdrängt worden aufgrund der höheren Sensitivität und Spezifität.9

Indikationen zur Überweisung/Klinikeinweisung

  • Überweisung in die urologische Praxis 
    • bei Verdacht auf bisher nicht bekannte komplizierende Faktoren zur weiteren Diagnostik
  • Klinikeinweisung 
    • Pyelonephritis mit schwerem Verlauf, Verdacht auf Urosepsis
      • Übelkeit, Erbrechen
      • Kreislaufinstabilität
    • Pyelonephritis und/oder Faktoren, die das Auftreten von Komplikationen wahrscheinlich machen, z. B.:
      • Schwangerschaft
      • Diabetes mellitus mit instabiler Stoffwechselsituation
      • Immunsuppression
      • Kinder, insbesondere in den ersten Lebensmonaten.
    • bei Pyelonephritis und fehlender klinischen Besserung 72 Stunden nach Behandlungsbeginn1
    • Obstruktion der Harnwege mit Harnstauungsniere, z. B. durch Urolithiasis
    • V. a. Abszess
    • V. a. Malignom

Therapie

Therapieziele

  • Die Infektion sanieren.
  • Komplizierende Umstände behandeln.

Allgemeines zur Therapie

  • Patient*innen mit komplizierten HWI sollen eingehend über ihre Erkrankung, ggf. Diagnostik und Notwendigkeit der Wiedervorstellung bei erneuten Symptomen aufgeklärt werden.2
  • Antibiotische Behandlung

Medikamentöse Therapie

Antibiotikatherapie der komplizierten Harnwegsinfekte

Leichte bis mittelschwere Pyelonephritis bei gesunden Erwachsenen (keine Risikofaktoren, keine Schwangerschaft)1

  • Orale Therapie: Ciprofloxacin 500–750 mg 2 × tgl. über 7–10 Tage, Levofloxacin 750 mg 1 × tgl. über 5 Tage 
  • Cefpodoxim-Proxetil 200 mg 2 × tgl. über 10 Tage
    • War einer Zehn-Tages-Therapie mit Ciprofloxacin klinisch (nicht mikrobiologisch) bei der unkomplizierten Pyelonephritis ebenbürtig.
    • Kann als Alternative in der Behandlung erwogen werden, wenn andere Antibiotika nicht infrage kommen.
  • Bei klinischer Besserung nach 72 Stunden Fortsetzung der Behandlung; bei fehlender Besserung Umstellung auf parenterale Therapie mit anderen Antibiotika, möglichst nach Resistogramm (s. u.)
  • Urinkultur am 4. Therapietag und ca. 10 Tage nach Therapieende

Schwere Pyelonephritis bei gesunden Erwachsenen (keine Risikofaktoren, keine Schwangerschaft)1

  • Stationäre Behandlung
  • Initial parenterale Gabe, bei Besserung nach 72 Stunden Umstellung auf orale Therapie nach Antibiogramm
  • Mittel der 1. Wahl zur Initialtherapie
    • Cefotaxim 2 g 3 × tgl. i. v.
    • Ceftriaxon (1–)2 g 1 × tgl. i. v.
    • Ciprofloxacin 400 mg (2–)3 × tgl. i. v.
    • Levofloxacin 750 mg 1 × tgl. i. v.
  • Urinkultur am 4. Therapietag und ca. 10 Tage nach Therapieende

Akute Zystitis bei Schwangeren ohne sonstige relevante Begleiterkrankungen1-2

  • Es sollten primär Penicillinderivate, Cephalosporine oder Fosfomycin-Trometamol eingesetzt werden.
    • Pivmecillinam: z. B. 400 mg 2–3 x/d über 3 Tage
      • Ein Betalaktam-Antibiotikum, das ausschließlich zur Behandlung einer Zystitis zugelassen ist.
      • seit 2016 in Deutschland zugelassen
    • Cefuroxim: z. B. 250 mg 2 x/d über 3–7 Tage
      • ein Cephalosporin der 2. Generation
      • Gehört laut embryotox.org zu den Antibiotika der Wahl in der Schwangerschaft.12
    • Fosfomycin-Trometamol, Einmaldosis 3 g
      • laut embryotox.org nur 2. Wahl bei Schwangeren aufgrund der begrenzten Erfahrung12

Komplizierte Harnwegsinfektion (sonstige)6

  • Empfohlene Medikamente
    • Amoxicillin + Aminoglykosid
    • Cephalosporin der 2. Generation + Aminoglykosid
    • Cephalosporin der 3. Generation i. v. bei systemischen Symptomen
    • Ciprofloxacin (z. B. 500–750 mg 2 x tgl. über 7–10 Tage) nur, falls
      • lokale Resistenzraten < 10 % – oder –
      • keine Hospitalisierung erforderlich ist – oder –
      • eine Betalaktam-Allergie vorliegt.
  • Nicht verwendet werden sollten aufgrund der Resistenzlage:
    • Amoxicillin +/– Clavulansäure
    • Trimethoprim +/– Sulfamethoxazol.

Katheterassoziierte Harnwegsinfekte6

  • Keine Therapie bei asymptomatischen Patient*innen, unabhängig vom Nachweis einer Bakteriurie
  • Keine prophylaktische Antibiotikagabe
  • Entfernung oder Wechsel des Katheters vor Beginn der antibiotischen Behandlung
  • Abnahme einer Urinkultur vor Therapiebeginn aus neu gelegtem Katheter
  • Keine Verwendung von topischen Antibiotika
  • Strenge Indikationsstellung für Anlage eines Dauerkatheters.
  • Dauer der Behandlung: i. d. R. 7 Tage2

Harnwegsinfekte bei Kindern 

  • Medikamentöse Maßnahmen
    • Die DEGAM empfiehlt zur Behandlung einer nicht fieberhaften Harnwegsinfektion in erster Linie Nitrofurantoin oder Trimethoprim, in der Leitlinie der deutschen Gesellschaft für pädiatrische Nephrologie werden eine Reihe möglicher Antibiotika genannt (siehe Harnwegsinfekte bei Kindern).2,13
      • Die Auswahl sollte vor allem vom lokalen Resistenzspektrum abhängig gemacht werden.13

Akute Prostatitis 

  • Die empfohlenen Antibiotika entsprechen denen des komplizierten Harnwegsinfektes.6
    • Amoxicillin + Aminoglykosid
    • Cephalosporin der 2. Generation + Aminoglykosid
    • Cephalosporin der 3. Generation i. v. bei systemischen Symptomen
    • orale Therapie 
      • Ciprofloxacin (z. B. 500–750 mg 2 x tgl. über 7–10 Tage) nur, falls
      • lokale Resistenzraten < 10 % – oder –
      • keine Hospitalisierung erforderlich ist – oder –
      • eine Betalaktam-Allergie vorliegt.
      • Empirische Behandlung mit Fluorchinolonen nicht empfohlen, falls solche bereits in den zurückliegenden 6 Monaten angewendet wurden.6
    • Anpassung der antibiotischen Therapie nach Urinkultur6
    • Therapiedauer 2–4 Wochen (Rezidivrate ca. 13 %)5
    • kein Einsatz von Nitrofurantoin bei Verdacht auf Prostatitis2
  • Bei Restharn kommen Alpha-Rezeptorenblocker zum Einsatz.5
  • Bei Harnverhalt muss ein Einmal- oder Dauerkatheter (suprapubisch) gelegt werden.5
  • An die Gefahr eines Prostataabszesses denken. Dieser wird ab einer Größe von 1 cm interventionell behandelt (Punktion, Drainage).
  • Bei systemischen Krankheitszeichen stationäre Behandlung und initial parenterale Antibiotikatherapie6

Prävention – Langzeitprophylaxe

  • Zugrunde liegende komplizierende Umstände sollten nach Möglichkeit korrigiert werden.
    • Obstruierende Konkremente sollten entfernt werden, siehe hierzu auch den Artikel Urolithiasis.
    • strenge Prüfung der Indikation zur Kathetertherapie
    • Katheterwechsel bei katheterassoziierten HWI
  • Eine asymptomatische Bakteriurie muss nicht behandelt werden.
    • Ausnahmen: Patient*innen vor Schleimhaut-invasiven Interventionen im Bereich der Harnwege, Schwangere mit Komplikationsrisiko1,13
  • Zu nichtmedikamentösen Maßnahmen zur Rezidivprophylaxe siehe Artikel Unkomplizierter Harnwegsinfekt bei Frauen.

Antibiotika

  • Eine Langzeitantibiose kann das Risiko für eine erneute Infektion senken.2
    • Die Zahl der Infekte geht jedoch nur wenig zurück.
    • Die Förderung von Resistenzen sollte bedacht werden.
  • Behandlungszeit 3–6 Monate oder länger14
  • Infrage kommende Wirkstoffe
    • Cephalosporine der Gruppe 3, z. B. Cefotaxim10
    • Nitrofurantoin2
      • nicht länger als 6 Monate
      • 100 mg/d
    • Trimethoprim: Rückt als Mittel der 1. Wahl aber aufgrund von zunehmenden Resistenzen in den Hintergrund.10

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Komplikationen

Prognose

  • Hängt von der zugrunde liegenden Ursache ab.

Verlaufskontrolle

  • Wichtig ist eine gute klinische Verlaufskontrolle der Patient*innen:
    • Rückgang des Fiebers, Allgemeinzustand, Schmerzen, Kreislaufparameter, Urinuntersuchung, evtl. Labor (BB, Krea, evtl. Entzündungsparameter) innerhalb von 48–72 Stunden.

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

Ureterozele (Ultraschall)
Ureterozele (Ultraschall)
Abgangsstenose (Ultraschall)
Abgangsstenose (Ultraschall)

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Gesellschaft für Urologie e. V. (DGU): Epidemiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Management unkomplizierter, bakterieller, ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten. AWMF-Leitlinie Nr. 043-044. S3, Stand 2017. www.awmf.org
  • European Association of Urology (EAU): EAU Guidelines on Urological Infections. Update 03/2017. www.uroweb.org
  • Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Brennen beim Wasserlassen. AWMF-Leitlinie Nr. 053-001. S3, Stand 2018. www.awmf.org
  • Deutsche Gesellschaft für Urologie e. V. (DGU). Diagnostik, Therapie und Metaphylaxe der Urolithiasis. AWMF- Registernummer 043-025. S2k, Stand 2019. www.awmf.org
  • Gesellschaft für Pädiatrische Nephrologie und Arbeitskreis Kinder- und Jugendurologie der Deutschen Gesellschaft für Urologie. Harnwegsinfektionen im Kindesalter: Diagnostik, Therapie und Prophylaxe. AWMF-Leitlinie Nr. 166-004. Sk2, Stand 2021. www.awmf.org

Literatur

  1. Deutsche Gesellschaft für Urologie e. V. (DGU) Epidemiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Management unkomplizierter, bakterieller, ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten. AWMF-Leitlinie Nr. 043-044, Stand 2017 www.awmf.org
  2. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Brennen beim Wasserlassen. S3-Leitlinie und Anwenderversion der S3-Leitlinie Harnwegsinfektionen. AWMF-Leitlinie Nr. 053-001, Stand 2018. www.awmf.org
  3. López-Montesinos I, Horcajada JP. Oral and intravenous fosfomycin in complicated urinary tract infections. Rev Esp Quimioter. 2019 May;32 Suppl 1(Suppl 1):37-44. www.ncbi.nlm.nih.gov
  4. Gaspari RJ, Dickson E, Karlowsky J, Doern G. Antibiotic resistance trends in paediatric uropathogens. Int J Antimicrob Agents. 2005; 26(4): 267-71. PMID: 16154724 PubMed
  5. Wagenlehner F, Naber KG, Bschleipfer T, Brähler E, Weidner W. Prostatitis und männliches Beckenschmerzsyndrom. Deutsches Ärzteblatt 2009; 106/11: 175-83. doi:10.3238/arztebl.2009.0175 DOI
  6. Bonkat G, Bartoletti R, Bruyère F. EAU Guidelines on urological infections. European Association of Urology 2022 uroweb.org
  7. Shaikh N,Borrell JL,Evron J,Leeflang MMG. Procalcitonin,C-reactiveprotein,anderythrocytesedimentationrateforthediagnosisofacutepyelonephritisinchildren(Review). CochraneLibrary 2020. www.cochranelibrary.com
  8. Huhai Zhang 1, Jurong Yang, Lirong Lin, Bengang Huo, Huanzi Dai, Yani He. Diagnostic value of serum procalcitonin for acute pyelonephritis in infants and children with urinary tract infections: an updated meta-analysis. world journal of urology 2015; 34: 431–441. doi:10.1007/s00345-015-1630-4 DOI
  9. Deutsche Gesellschaft für Urologie e. V. (DGU), SK2-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Metaphylaxe der Urolithiasis, Stand 31.05.2019, AWMF-Leitlinie 043-025. www.awmf.org
  10. KBV. AkdÄ. Rationale Antibiotikatherapie bei Harnwegsinfektionen. Wirkstoff Aktuell 2/2012. www.kbv.de
  11. BfArM. Fluorchinolone: Einschränkungen in der Anwendung aufgrund von möglicherweise dauerhaften und die Lebensqualität beeinträchtigenden Nebenwirkungen 16.11.18 www.bfarm.de
  12. Embryotox.de. Informationen zu Medikamenten: Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie Charité-Universitätsmedizin, Berlin letzter Zugriff 24.10.2022 www.embryotox.de
  13. Gesellschaft für Pädiatrische Nephrologie und Arbeitskreis Kinder- und Jugendurologie der Deutschen Gesellschaft für Urologie: Interdisziplinäre S2k-Leitlinie: Harnwegsinfektionen im Kindesalter: Diagnostik, Therapie und Prophylaxe. Version 1, 23.08.2021. www.awmf.org
  14. Rascher W, Neuberg A. Reinfektionsprophylaxe rezidivierender Harnwegsinfektionen Nutzen- und Risikobewertung - von Nitrofurantoin im Kindesalte. Monatsschr Kinderheilkd 2012; 160: 171-173. doi:10.1007/s00112-012-2625-5 DOI

Autor*innen

  • Franziska Jorda, Dr.med., Fachärztin  für Viszeralchirurgie, Ärztin in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Kaufbeuren
  • Kristine Scheibel, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Norderney
  • Thomas M. Heim, Dr. med., Wissenschaftsjournalist, Freiburg
  • Klaus Gebhardt, Arzt für Allgemeinmedizin, Bremen (Review)
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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