Posturales Tachykardie-Syndrom (POTS)

Das posturale Tachykardiesyndrom (POTS) ist eine Erkrankung, bei der die Patient*innen beim Wechsel in die aufrechte Körperlage (Orthostase) an einem erhöhten Puls und an Benommenheit, Schwindel leiden. Die Beschwerden lassen nach, wenn sich die Betroffenen hinlegen.

Was ist das posturale Tachykardie-Syndrom (POTS)?

Definition

Als Abkürzung und in der Fachliteratur wird das posturale Tachykardie-Syndrom oft als POTS bezeichnet. Charakteristisch für diese Erkrankung sind ein schneller Puls, Schwindel, Unwohlsein und eine Vielzahl weiterer Beschwerden. Die Symptome treten innerhalb der ersten Minuten, nachdem die Betroffenen aus der Rückenlage aufgestanden sind, auf. Die Beschwerden ähneln denen von Personen, deren Blutdruck beim Aufstehen sinkt. Um POTS zu diagnostizieren, ist ein fehlender Blutdruckabfall eine Voraussetzung.

Symptome

Die typischen Symptome sind, dass sich die Betroffenen innerhalb von wenigen Minuten nach dem Aufstehen schwindlig, benommen und schwach fühlen und evtl. Sehstörungen bekommen. Der Puls ist deutlich erhöht. Einige Patient*innen bemerken ein deutliches Herzklopfen und evtl. Zittern. In seltenen Fällen tritt eine Ohnmacht auf.

Zudem ist eine Unverträglichkeit gegenüber Belastung typisch. Auch Schlafstörungen und Müdigkeit können auftreten.

Ursachen

Die Ursachen für dieses Syndrom sind nicht vollständig geklärt.

Normalerweise bewirken Nervensignale, dass sich die Blutgefäße in den Beinen zusammenziehen und dass das Herz schneller schlägt, wenn Sie aufstehen. Dies sichert eine ausreichende Blutzufuhr zum Gehirn und zu den Organen des Oberkörpers. Bei POTS funktionieren diese Nervensignale an die Blutgefäße in den Beinen nicht so, wie sie es sollten, während das Herz dazu stimuliert wird, noch schneller zu schlagen. Dadurch erhöht sich der Puls, aber es gelangt zu wenig Blut in Gehirn, Herz und Lunge.

Viele Betroffene leiden zudem an Flüssigkeitsmangel, z. B. durch verminderte Flüssigkeitsaufnahme oder starkes Schwitzen. Bei manchen sind auch Autoantikörper im Blut vorhanden, die an Rezeptoren für bestimmte Botenstoffe binden.

Bei einer Reihe von Erkrankungen tritt das posturale Tachykardie-Syndrom häufiger auf, u. a. Angststörungen, Diabetes und Schilddrüsenerkrankungen. Auch erbliche Faktoren scheinen eine Rolle zu spielen.

Häufigkeit

Die Erkrankung betrifft rund 0,2 % der Bevölkerung. Sie beginnt meistens zwischen dem 15. und 50. Lebensjahr. Vor allem Frauen und weibliche Jugendliche sind betroffen.

Untersuchungen

  • Bei der ärztlichen Untersuchung werden Puls und Blutdruck zunächst im Liegen und dann im Stehen über 10 Minuten gemessen.
  • Die Herzfrequenz steigt nach dem Aufstehen um über 30 Schläge pro Minute an, während der Blutdruck gleich bleibt.
  • Manchmal wird auch ein sog. Kipptisch verwendet, bei dem Blutdruck und Puls gemessen werden können, während die Liege in eine aufrechte Position angehoben wird.
  • Zusätzlich können mit einem Elektrokardiogramm (EKG) die Herzströme gemessen werden.
  • In bestimmten Fällen ist eine Blutuntersuchung oder eine Untersuchung auf Belastungsintoleranz sinnvoll .

Behandlung

Allgemeinmaßnahmen

  • Die Behandlung sollte zunächst mit Allgemeinmaßnahmen beginnen (s. u.).
  • Zudem wird ein regelmäßiges, strukturiertes Training von zunehmender Intensität empfohlen, das sich an der individuellen Belastungstoleranz orientiert.
  • Zu Beginn sollten die Übungen vor allem in Rückenlage durchgeführt werden, um die Belastung für das Herz zu verringern.
  • Regelmäßiges Ausdauertraining (30–45 min 3-mal pro Woche) kann empfohlen werden, um den Puls zu senken.
  • Der Blutrückfluss aus den Beinvenen kann durch das Tragen von Kompressionsstrümpfen verbessert werden.
  • Medikamente, die zu einer Verschlechterung beitragen, sollten möglichst abgesetzt werden.

Medikamente

  • Wenn die Allgemeinmaßnahmen nicht ausreichen, können Medikamente gegen die Beschwerden verschrieben werden.
  • Um den Puls zu senken und Herzklopfen zu reduzieren, werden Betablocker (Propanolol) eingesetzt.
  • Verschiedene Medikamente können die Herzfrequenz senken oder den Flüssigkeitshaushalt verbessern.
  • Bei vorherrschenden Angstsymptomen können Antidepressiva verschrieben werden.

Was können Sie selbst tun?

  • Stehen Sie langsam aus dem Liegen oder Sitzen auf.
  • Vermeiden Sie langes Stehen, insbesondere in warmer Umgebung und bei hoher Luftfeuchtigkeit.
  • Nehmen Sie täglich 2–3 l Flüssigkeit und ca. 10 g Salz zu sich. Dadurch wird das Blutvolumen erhöht.
  • Essen Sie häufige kleine statt wenige große Mahlzeiten.
  • Vermeiden Sie übermäßige Bettruhe und körperliche Schonung.
  • Vermeiden Sie Überhitzung.
  • Achten Sie auf einen guten Schlaf.

Prognose

Zum Verlauf der Erkrankung liegen keine genauen Daten vor, im Allgemeinen ist die Prognose aber günstig. Bei etwa der Hälfte der jungen Erwachsenen gehen die Beschwerden innerhalb von 1–3 Jahren von selbst zurück. Bei ca. 90 % der Fälle zeigt sich eine Besserung unter Kombination von Allgemeinmaßnahmen und medikamentöser Behandlung.

Weitere Informationen

Autorin

  • Martina Bujard, Wissenschaftsjournalistin, Wiesbaden

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Posturales Tachykardie-Syndrom (POTS). Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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