Zusammenfassung
- Definition:Ein Spermagranulom bildet sich im Samenstrang, wenn Sperma ins Interstitium gelangt. Dies wird in der Regel durch eine Infektion, Entzündung, Operation oder ein Trauma verursacht.
- Häufigkeit:Ein Spermagranulom ist keine ungewöhnliche Erscheinung.
- Symptome:Üblicherweise verursacht ein Spermagranulom keine Beschwerden, es können aber in seltenen Fällen Schmerzen auftreten.
- Befunde:Es handelt sich dabei um einen schmerzempfindlichen, festen, runden Tumor, der vom Hoden getrennt oberhalb des Hodens ertastet werden kann. Der Geschwulst ist nicht transluzent.
- Diagnose:Bluttests zeigen in der Regel normale Resultate, Ultraschall ist für die Diagnostik gut geeignet.
- Behandlung:Heiße Bäder oder eine medikamentöse Behandlung mit NSAR reichen oft aus, bei starken Schmerzen sollte aber ein chirurgischer Eingriff in Betracht gezogen werden.
Grundinformationen
Definition
- Ein Spermagranulom ist eine chronische Entzündung des Samenleiters oder Nebenhodens, die länger als 6 Wochen andauert.
- Die Erkrankung ist eine granulomatöse Reaktion auf Spermazellen, die außerhalb der Samenleiter gelangt sind, und zeigt sich als eine runde Masse.
- Nach einer Vasektomie tritt ein Spermagranulom bei bis zu 60 % der Patienten auf.
- Die Erkrankung ist in der Regel asymptomatisch und bildet sich spontan im Laufe der Zeit zurück, aber ca. 3–5% der Spermagranulome, die nach einer Vasektomie auftreten, führen zu chronischen Schmerzen im Skrotum.
Häufigkeit
- Nicht ungewöhnlich
Ätiologie und Pathogenese
- Ein Granulom kann sich bilden, wenn Spermazellen aufgrund von Entzündungen, Verletzungen, Operationen, Mehrfachinfektionen oder schwerer, akuter Epididymitis infolge Harnwegsinfektion, sexuell übertragbarer Krankheit, Virusinfektion oder Tuberkulose in das Interstitium gelangt.
- Sperma ist ein starkes Antigen und löst eine intensive Entzündungsreaktion aus, wenn es sich außerhalb des Genitalepithels befindet.
- Das komplexe Netzwerk von epitelalisierten Kanälen eines Spermagranuloms sorgt für eine vergrößerte Absorptionsfläche, die als Ventil für den nach der Vasektomie erhöhten intraluminalen Gefäßdruck wirkt1.
- Einige Studien bei Männern, bei denen Eingriffe vorgenommen wurden, um eine Vasektomie rückgängig zu machen, deuten darauf hin, dass das Vorhandensein von Spermagranulomen die Erfolgsrate der Operation erhöht2-3, was jedoch von anderen Studien nicht bestätigt wird4.
Prädisponierende Faktoren
- Epididymitis
- Trauma an den äußeren Genitalien des Mannes
- Chirurgischer Eingriff am Samenleiter, insbesondere Vasektomie
- 60 % der Patienten entwickeln nach einer Vasektomie ein Spermagranulom5.
- Sexuell übertragbaren Krankheiten
ICPC-2
- Y79 Gutartige/nicht spez. Neubildung (Y)
ICD-10
- N49 Entzündliche Krankheiten der männlichen Genitalorgane, anderenorts nicht klassifiziert
- N49.0 Entzündliche Erkrankungen der Vesicula seminalis
- N49.1 Entzündliche Erkrankungen des Funiculus spermaticus, Tunica vaginalis testis und Ductus deferens
- N49.2 Entzündliche Erkrankungen des Skrotums
- N49.8 Entzündliche Erkrankungen sonstiger näher bezeichneter Genitalorgane
- N50 Sonstige Krankheiten der männlichen Genitalorgane
- N50.8 Sonstige näher bezeichnete Krankheiten der männlichen Genitalorgane
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Anamnese und klinische Befunde deuten auf eine Erkrankung hin.
- Ultraschalluntersuchung und ggf. Histologie bestätigen die Diagnose.
Differenzialdiagnosen
- Schmerz
- Hodentorsion
- Akute Epididymitis
- Orchitis
- Skrotalabszess
- Tumor
- Hodenkrebs
- Andere gutartige Tumore des Skrotums
- Bösartiger, paratestikulärer Tumor (z.B. Rhabdomyosarkom)
Anamnese
- Die meisten Patienten haben keine Beschwerden, aber 3–5% der Patienten mit einem Spermagranulom leiden an Schmerzen5.
Klinische Untersuchung
- Ein schmerzempfindlicher, fester, runder Tumor ist oberhalb und getrennt vom Hoden zu ertasten.
- Der Tumor ist nicht lichtdurchlässig.
Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis
Andere Untersuchungen
- Ultraschall6
- Ist als diagnostisches Mittel geeignet.
- Kann eine klar definierte, hypoechogene, Läsion zwischen den Nebenhoden nachweisen.
- Die Läsion kann unterschiedliche Befunde bieten, wie eine Vergrößerung des Nebenhodens, zystische Veränderungen oder ein heterogenes Echomuster.
- Die Ultraschallbefunde sind nicht immer spezifisch und können manchmal schwer von sowohl gutartigen als auch bösartigen Hodentumoren oder paratestikulären Geschwulsten zu unterscheiden sein.
- Histologie
- Ergibt gegebenenfalls eine endgültige Diagnose.
Indikationen zur Überweisung
- Wenn Zweifel bestehen, ob die Läsion intra- oder extratestikulär ist Überweisung an Urologie
- Bei starken Beschwerden
Therapie
Behandlungsziel
- ggf. Symptomlinderung
Allgemeines zur Therapie
- Die Behandlung eines symptomatischen Spermagranuloms besteht aus dem Einsatz von NSAR und ggf. heißen Bädern.
- Bei anhaltenden Beschwerden sollte eine Überweisung für eine eventuelle chirurgische Extirpation in Betracht gezogen werden.
Medikamentöse Therapie
- Ev. NSAR
Operative Therapie
- Wenn chronische Schmerzen nach der Vasektomie im Spermagranulom auftreten, kann eine Exzision und Okklusion des Vas deferens mit intraluminaler Kauterisation oft Schmerzfreiheit bringen und Rezidive verhindern7.
- Patienten, die nach der Vasektomie an kongestiver Epididymitis leiden, können durch eine open-ended Vasektomie eine Schmerzlinderung erreichen, wo ein absichtlich geschaffenes Spermagranulom den intraluminalen Druck reduziert.
- Eine mögliche Alternative ist, die Läsion zu extirpieren und ggf. den Nebenhoden zu entfernen, wenn der Schmerz unerträglich wird, obwohl nur in 25 % der Fälle eine Schmerzlinderung eintritt.
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
- Dauert mehrere Monate an
Prognose
- Gut
- Ein spontaner Rückgang tritt in der Mehrzahl der Fälle ein
Patienteninformationen
Patienteninformationen in Deximed
Quellen
Literatur
- Goldstein M. Surgical management of male infertility and other scrotal disorders. In Campbell`s Urology, 8th edidition. Edited by Walsh PC, Retik AB, Vaughan ED, Wein AJ. Philadelphia, London, New York, St. Lois, Sydney, Toronto. Saunders 2002, p 1546.
- Awsare NS, Krishnan J, Boustead GB, et al. Complications of vasectomy. Ann R Coll Surg Engl 2005; 87:406.
- Hinz S, Rais-Bahrami S, Weiske WH, et al. Prognostic value of intraoperative parameters observed during vasectomy reversal for predicting postoperative vas patency and fertility. World J Urol 2009; 27: 781-5.
- Belker AM, Thomas AV, Fuchs EEF. Results of 1469 microsurgical vasectomy reversals by vasovasostomy study group. J Urol 1991; 145: 505-11.
- McDonald SW. Vasectomy review:sequele in the human epididymis and ductus deferens. Clin Anat 1996; 9: 337-42.
- Oh C, Nisenbaum HL, Langer nJ, Rowling S, Van Arsdalen KN. Sonographic demonstration, including colour doppler imaging, of recurrent sperm granuloma. J Ultrasound Med 2000; 5: 333-5.
- Schmidt SS. Spermatic granuloma: An often painful lesion. Fertil Steril 1979; 31: 178-81.
Autoren
- Marlies Karsch-Völk, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, München (Übernahme der Revision von NEL)
- Steinar J. Steinar J. Karlsen, tidligere klinikksjef og professor dr. med., Oslo Urologiske Universitetsklinikk, Aker universitetssykehus helseforetak og Universitetet i Oslo
- Truls E. Bjerklund Johansen, prof. dr. med., Urologisk afdeling, Århus Universitetshospital, 8200 Århus, DK