Chronische Diarrhö (Durchfall)

Um eine chronische Diarrhö (chronischen Durchfall) handelt es sich, wenn eine Person mehr als dreimal täglich über mehr als 4 Wochen hinweg weichen/flüssigen Stuhlgang hat.

Was ist eine chronische Diarrhö?

Um eine chronische Diarrhö handelt es sich, wenn eine Person mehr als 3-mal täglich über mehr als 4 Wochen hinweg weichen/flüssigen Stuhlgang hat. Dies beruht auf einer verminderten Aufnahme von Wasser aus dem Nahrungsbrei durch die Darmwand, einer erhöhten Absonderung von Flüssigkeit durch die Darmwand in den Stuhl oder einer ungewöhnlich schnellen Darmpassage des Nahrungsbreis. Bei unterschiedlichen Darmerkrankungen kann dies auf verschiedenen kombinierten Mechanismen beruhen.

Laut Bevölkerungsstudien sind etwa 3–5 % der Menschen von einer ständigen oder zeitweilig chronischen Diarrhö betroffen.

Was kann die Ursache sein?

Häufige Ursachen

  • Darminfektionen
    • Fieber, andere Infektionszeichen, häufig nach Auslandsaufenthalten (Reisediarrhö).
  • Nahrungsmittelunverträglichkeit oder Nahrungsmittelallergie
    • Sowohl Kinder als auch Erwachsene sind betroffen. Häufig treten sie bei Personen mit bekannten Allergien auf.
    • Dabei handelt es sich um eine veränderte Reaktion auf Lebensmittel. Bei der Nahrungsaufnahme treten Symptome an Augen, Nase, Lungen, Haut und Darm auf. Zu den häufigsten Symptomen zählen Diarrhö, Bauchschmerzen, Blähungen, Übelkeit, Erbrechen, Unwohlsein.
    • Bei Verdacht auf eine solche Allergie sollte fachärztlich sorgfältig abgeklärt werden, ob und auf welche Nahrungsmittel jemand allergisch reagiert.
  • Laktoseunverträglichkeit
    • Diese Unverträglichkeit wird durch einen Mangel des Enzyms Laktase in der Dünndarmschleimhaut verursacht. Daraus ergibt sich eine Unverträglichkeit gegenüber Milchzucker, also Milch und Milcherzeugnissen. Laktoseintoleranz kann auch vorübergehend nach Magen-Darm-Infektionen und unbehandelter Zöliakie auftreten.
    • Zu den Symptomen zählen Krämpfe, Völlegefühl, Blähungen sowie wässrige Diarrhö nach dem Verzehr von Milchprodukten.
    • In Deutschland liegt die Prävalenz einer Laktoseintoleranz bei 15–20 %, in Asien bei 80–100 % und in Afrika bei 70–95 %.
  • Fruchtzuckerunverträglichkeit (Fruktosemalabsorption)
    • Eine Fruktosemalabsorption kommt häufig gemeinsam mit einer Laktose- und einer Sorbitunverträglichkeit vor.
    • In Europa sind 15–25 % der Bevölkerung betroffen.
    • Oft schon 30 Minuten nach Nahrungsaufnahme treten Blähungen, Übelkeit, Bauchkrämpfe und Durchfälle auf.
  • Zöliakie
    • Kommt sowohl bei Kindern als auch Erwachsenen vor. Der Dünndarm reagiert auf das in den verschiedenen Getreidearten enthaltene Gluten.
    • Typische Symptome sind starker, übelriechender Fettstuhl und Blähungen. Bei einigen Kindern kann es zu einer Wachstumsverzögerung und Anzeichen einer Mangelernährung kommen.
  • Verstopfung als Ursache für Diarrhö
    • Kommt bei Kindern und älteren Menschen vor.
    • Es handelt sich um eine Verstopfung, bei der harter Stuhl eine Stelle im Darm blockiert. Der Stuhl vor dem Hindernis wird bakteriell zersetzt, verflüssigt und so ausgeschieden (sog. paradoxer Durchfall).
  • Colitis ulcerosa
    • Colitis ulcerosa tritt am häufigsten bei jungen Menschen auf. Es handelt sich um eine chronische Dickdarmentzündung, die nahezu immer den Enddarm (Rektum) betrifft. Sie kann sich auf den rechten Dickdarmbereich oder sogar den gesamten Dickdarm ausdehnen. Der Dünndarm ist nicht betroffen.
    • Hauptsymptom ist ein sehr häufiger Stuhlgang (5- bis 15-mal pro Tag) mit Blut-, Eiter- und Schleimbeimischungen. Oft kommt es zu krampfartigen Schmerzen im Enddarm und einem beeinträchtigten Allgemeinzustand.
  • Morbus Crohn
    • Am häufigsten tritt die Erkrankung bei jungen Menschen auf. Es handelt sich um eine abschnittsweise Entzündung der Darmwand, bei der 25 % der Betroffenen eine Entzündung im Dickdarm aufweisen. Bei 50 % sind sowohl Dickdarm als auch Dünndarm betroffen und bei 25 % tritt nur eine Entzündung im Dünndarm auf.
    • Die Symptome variieren. Zu typischen Kennzeichen zählen eine unblutige Diarrhö, anhaltende Kolikschmerzen sowie Analabszess- und Fistelausbildung um den Enddarm.
  • IBS (Irritable Bowel Syndrome, Reizdarmsyndrom)
    • Die Erkrankung ist am häufigsten bei Jugendlichen, kann aber auch im Erwachsenenalter auftreten. Sie ist oft mit psychischen Erkrankungen verbunden.
    • Es treten wiederkehrende Probleme in Form wechselnden Stuhlverhaltens, Unterbauchschmerzen und Blähungen auf. Nach Stuhl- und Gasentleerung kommt es meist zu einer vorübergehenden Linderung der Beschwerden.
  • Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose)
    • Diese Erkrankung tritt häufiger bei Frauen als bei Männern auf.
    • Zu typischen Symptomen zählen Zittern, Gewichtsverlust trotz Appetit, Schwitzen und Wärmeempfindlichkeit, Herzklopfen, Unruhe und Reizbarkeit.
  • Mikroskopische Kolitis
    • Eine mikroskopische Kolitis ist eine chronische Durchfallerkrankung mit typischen, histologisch nachweisbaren Schleimhautveränderungen. Unterschieden werden die Unterformen kollagene und lymphozytäre Kolitis.
    • Sie äußert sich durch anhaltenden dünnflüssigen, unblutigen Durchfall, der nach dem Absetzen von auslösenden Medikamenten wie NSAR oder Protonenpumpenhemmern von selbst vorübergeht.
  • Ischämische Kolitis
    • Bei einer ischämische Kolitis handelt es sich um eine Durchblutungsstörung des Dick- oder Dünndarms, die meist durch Arteriosklerose oder Thrombembolie verursacht wird.
    • In der Akutphase kommt es zu plötzlich einsetzenden Symptomen von starken Bauchschmerzen, heftiger Darmaktivität, Erbrechen und Durchfall.
    • Etwa 9–17 % der Fälle verlaufen tödlich, daher ist eine schnelle Diagnose entscheidend.
  • Missbrauch von Abführmitteln
    • Meist sind Frauen betroffen, die diese Mittel als „Schlankmacher“ einsetzen.
    • Zu den Symptomen können Muskelschwäche, Bauchschmerzen, Gewichtsverlust, erhöhte Flüssigkeitsmenge im Körper, Knochenschmerzen und Diarrhö zählen.
  • Nebenwirkungen von bestimmten Medikamenten
    • z. B. Abführmittel, Protonenpumpenhemmer, Antazida, Antibiotika

Seltene Ursachen

  • Dickdarmkrebs (Kolonkarzinom) oder Enddarmkrebs (Rektumkarzinom)
    • Diese Erkrankung verläuft häufig längere Zeit symptomfrei. Zu den häufigsten Symptomen zählen plötzliche Verstopfung oder Stuhlveränderungen.
    • Dickdarmkrebs tritt meist bei über 50-Jährigen auf.
    • Bei Enddarmkrebs haben Patient*innen oft das Gefühl, den Darm nur teilweise zu entleeren.
    • Spätsymptome sind Blut auf dem Stuhl, Stuhlunregelmäßigkeiten und Schmerzen.
  • Chronische Bauchspeicheldrüsenentzündung (chronische Pankreatitis)
    • Als häufigste Ursache kommt ein Alkoholmissbrauch in Betracht.
    • Es kommt zu chronischem, fettig glänzendem Durchfall mit wiederkehrenden anfallartigen Bauchschmerzen und Gewichtsverlust.
    • Einige Menschen erkranken an Diabetes.
  • Karzinoidsyndrom
    • Neuroendokrine Tumore des Gastrointestinaltraktes können anfallartige Rötungen und Schweißausbrüche („Flush“), Diarrhö und Bauchschmerzen verursachen.
  • Andere Krankheiten
    • Zahreiche andere Krankheiten können Diarrhö zur Folge haben, darunter auch Unterernährung oder die Folgen einer größeren Darmoperation.

Untersuchung

  • Im Untersuchungsgespräch werden Sie gefragt, seit wann Sie die Beschwerden haben, ob allgemeine Symptome wie Bauchschmerzen, Gewichtsverlust, Fieber, Übelkeit, Erbrechen und Unwohlsein auftreten und ob Sie davor Verstopfung hatten.
  • Sie werden nach einer Beschreibung des Stuhls gefragt und nach vorhandenem Blut und Schleim.
  • Eine wichtige Information kann sein, ob Sie vor Kurzem im Ausland waren oder regelmäßig Medikamente einnehmen.
  • Für die ärztliche Untersuchung werden Bauch und Anal- und Rektalbereich auf Krankheitszeichen untersucht sowie der Allgemeinzustand beobachtet.
  • Zusätzlich können Bluttests, Stuhltests, mikrobiologische Untersuchungen, bildgebende Diagnostik und Endoskopie eingesetzt werden.
  • Ggf. werden Sie zur weiteren Klärung der Diagnose an Spezialist*innen für Magen-Darm-Erkrankungen (Gastroenterologie) oder Kinderkrankheiten (Pädiatrie) überwiesen.
  • Bei deutlich geschwächtem Allgemeinzustand erfolgt eine Krankenhauseinweisung.

Was können Sie selbst tun?

  • Loperamid zeigt eine gute symptomatische Wirkung, auch bei Stuhlinkontinenz. Eine regelmäßige Verwendung ist jedoch zu vermeiden.
  • Verzichten Sie bei einer nachgewiesenen Laktoseintoleranz auf Milchprodukte, viele laktosefreie Produkte stehen zur Verfügung.
  • Eine ballaststoffreiche Ernährung ist bei gereiztem Darm und Verstopfung angebracht.

Weitere Informationen

Autor

  • Markus Plank, MSc BSc, Medizin- und Wissenschaftsjournalist, Wien

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Diarrhö, chronische. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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