Meckel-Divertikel

Ein Meckel-Divertikel ist eine angeborene Fehlbildung des Dünndarms, die durch die ausbleibende Rückbildung eines Ganges aus der Embryonalentwicklung (Dottergang) zustande kommt. Dadurch entsteht eine kleine Ausstülpung (Divertikel) im Dünndarm, die bei ca. 2 % der Bevölkerung vorkommt. In den meisten Fällen verursacht das Meckel-Divertikel keine Probleme. Bei 4–6 % der Betroffenen kann das Meckel-Divertikel, v. a. im Kindesalter, jedoch Komplikationen (Entzündungen, Blutungen, Darmverschluss) verursachen.

Was ist ein Meckel-Divertikel?

Definition

Das Meckel-Divertikel ist eine angeborene Ausstülpung (Divertikel) im Dünndarm. Es befindet sich am Ende des Dünndarmes und kann nur wenige Zentimeter lang sein oder bis zum Bauchnabel reichen. Selten besteht eine Verbindung nach außen über den Nabel (Fistel). Im Schnitt ist das Meckel-Divertikel ca. 5 cm lang, 1–3 cm breit und hat ein blindes Ende, also keine Verbindung nach außen.

Häufig enthält das Meckel-Divertikel Anteile von nicht-darmspezifischem Gewebe. In der Hälfte der Fälle kann es mit Magenschleimhaut ausgekleidet sein. Seltener ist es mit Bauchspeicheldrüsengewebe ausgekleidet. In den wenigsten Fällen verursacht das Meckel-Divertikel Komplikationen durch Blutungen, Entzündungen oder einen Darmverschluss.

Symptome

In den allermeisten Fällen verursacht das Meckel-Divertikel keinerlei Beschwerden, und viele wissen nicht einmal, dass sie diese Darmausstülpung haben. Wenn sich das Meckel-Divertikel entzündet oder es zu einem Darmverschluss kommt, leiden die Betroffenen unter starken bis sehr starken Bauchschmerzen mit Übelkeit und Erbrechen, ähnlich wie bei einer Blinddarmentzündung. Der Bauch kann bretthart und gebläht werden. Leichtes Fieber ist möglich. Der Stuhlgang kann sich schwarz verfärben, oder es kann auch frisches Blut aus dem After austreten. Vor allem bei Kindern kann der Stuhlgang Himbeergelee-artige Form und Farbe annehmen und von krampfartigen Bauchschmerzen begleitet sein. Wenn der Blutverlust sehr groß ist, können Kreislaufproblemen auftreten.

Ursachen

Das Meckel-Divertikel ist ein Überbleibsel des sog. Dotterganges aus der Embryonalentwicklung. Wenn sich dieser Gang nicht zurückbildet, bleibt eine Ausstülpung im Dünndarm bestehen mit teilweise bindegewebsartigen Strängen. Die Ausstülpung ist mehrheitlich mit nicht-darmspezifischem Gewebe ausgekleidet. In 50 % der Fälle befindet sich Magenschleimhaut in der Ausstülpung des Dünndarms, die Magensäure produziert und an dieser Stelle zu Geschwüren führen kann. Diese Geschwüre können anfangen zu bluten oder sogar die Wand komplett zerstören, sodass Darminhalt in die Bauchhöhle austreten und eine Entzündung des Bauchfells (Peritonitis) herbeiführen kann.

Die bindegewebsartigen Stränge können sich ungünstig um den Darm winden, sodass die Darmpassage gestört wird und es zu einem Darmverschluss kommt. Dies kann auch passieren, wenn sich das Meckel-Divertikel und ein Dünndarmabschnitt ineinander schieben (Dünndarminvagination). Das Meckel-Divertikel kann sich auch, ähnlich wie der Wurmfortsatz (Blinddarm), entzünden und im Verlauf aufplatzen.

Sehr selten entstehen in einem Meckel-Divertikel Tumore, die zu Komplikationen führen.

Häufigkeit

Das Meckel-Divertikel gehört zu den häufigsten angeborenen Fehlbildungen und betrifft etwa 2 % der Bevölkerung. In fast 95 % der Fälle verursacht das Meckel-Divertikel keinerlei Probleme. Ca. 4–6 % der Betroffenen erleiden in ihrem Leben Komplikationen aufgrund des Meckel-Divertikels.

Ein symptomatisches Meckel-Divertikel äußert sich in ca. 40 % der Fälle bei Kindern unter 10 Jahren. Die meisten Kinder sind sogar jünger als 2 Jahre. Auch wenn das Divertikel bei Jungen und Mädchen gleich häufig vorkommt, sind Jungen zwei- bis dreimal häufiger von symptomatischen Komplikationen betroffen.

Eine Blutung ist die häufigste Komplikation bei Kindern gefolgt vom Darmverschluss. Ein Darmverschluss hingegen ist die häufigste Komplikation bei Erwachsenen und kommt bei ca. 40 % aller symptomatischen Erwachsenen vor. Unter einer Entzündung der Ausstülpung (Divertikulitis) leiden ca. 20 % der Betroffenen.

Tumore sind sehr selten und betreffen glücklicherweise nur 0,5–1,9 % der komplizierten Meckel-Divertikel.

Untersuchungen

Wenn Sie mit Bauchschmerzen oder Blutungen aus dem After ärztliche Hilfe suchen, wird die Ärztin oder der Arzt den Bauch abhören und abtasten und die Afterregion inspizieren. Zum Nachweis von Entzündungszeichen wird eine Blutentnahme durchgeführt. Eine Ultraschalluntersuchungen ist eine wichtige Maßnahme, um die Ursachen der Bauchschmerzen zu erkennen. Bei akuten Bauchschmerzen und dem Verdacht auf ein kompliziertes Meckel-Divertikel werden Sie in ein Krankenhaus eingewiesen, wo weitere Untersuchungen durchgeführt werden.

Bei unklarer Blutungsquelle kann eine Magen- und Darmspiegelung oder eine computertomografische Untersuchung des Bauches durchgeführt werden.

Sind die Schmerzen nicht akut, aber anhaltend, kann zum Nachweis von Magenschleimhaut im Meckel-Divertikel eine Untersuchung mit einem ungefährlichen, radioaktiv markierten Stoff, der in die Blutbahnen des Patienten/der Patientin gespritzt wird, erfolgen. Man kann dann diesem Farbstoff mit einer Art Geigerzählerkamera von außen folgen. Die Untersuchung wird Szintigrafie genannt, erfolgt allerdings nie im Notfall.

Wenn die Diagnose nicht sicher gestellt werden kann, die Bauchschmerzen aber sehr stark sind, wird in einigen Fällen eine laparoskopische Untersuchung durchgeführt, bei der man operativ mit der Schlüssellochtechnologie in die Bauchhöhle schaut und das Divertikel identifizieren und gleichzeitig auch behandeln kann.

Behandlung

Die meisten Menschen (mehr als 95 %) mit einem Meckel-Divertikel werden niemals irgendwelche Beschwerden haben. Erst wenn das Divertikel Beschwerden verursacht, wird eine Behandlung notwendig.

Die Therapie besteht darin, das Divertikel durch einen operativen Eingriff zu entfernen – meist durch eine Laparoskopie. Dabei wird mittels kleinen Schnitten in die Bauchhöhle eine kleine Kamera und feine Geräte in den Bauchraum eingeführt (Schlüssellochtechnologie) und das Divertikel operativ entfernt. Wenn die Ausstülpung breitbasig mit dem Dünndarm verbunden ist, kann es notwendig sein, einen kleinen Teil des Dünndarms ebenfalls zu entfernen.

Sollte während einer anderen Bauchoperation zufällig ein Meckel-Divertikel entdeckt werden, wird dieses nur in bestimmten Fällen gleich mitentfernt. Als Risikofaktor gelten dabei ein Alter unter 40 Jahren, ein Divertikel, das länger als 2 cm oder mit Magenschleimhaut ausgekleidet ist, sowie ein Divertikel, das Zeichen einer Entzündung aufweist. In diesen Fällen wird das zufällig entdeckte Meckel-Divertikel entfernt. Ansonsten wird es belassen, da Studien keinen Vorteil in der vorbeugenden Entfernung belegen konnten und die Gefahr von Komplikationen überwogen.

Prognose

Das Risiko, Beschwerden aufgrund eines Meckel-Divertikels zu entwickeln, liegt bei 4–6 %. Bei einer adäquaten Behandlung von symptomatischen Patient*innen ist die Prognose sehr gut.

Weitere Informationen

Autorin

  • Natalie Anasiewicz, Dr. med. , Ärztin, Davos

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Meckel-Divertikel. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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