Akute Pankreatitis

Zusammenfassung

  • Definition:Akute, primär abakterielle Entzündung des Pankreas durch enzymvermittelte Selbstandauung mit Freisetzung von Mediatoren. Ganz überwiegend durch Gallensteinleiden und Alkoholmissbrauch ausgelöst, daneben zahlreiche seltenere Ursachen.
  • Häufigkeit:Die jährliche Inzidenz liegt zwischen 13 und 43 Fällen pro 100.000 Einw.
  • Symptome:Akut auftretende, starke Oberbauchbeschwerden; bei schwerem Verlauf evtl. Schocksymptomatik.
  • Befunde:Druckempfindliches Abdomen („Gummibauch“), bei biliärer Pankreatitis evtl. Ikterus, Fieber.
  • Diagnostik:Diagnostische Kriterien sind: 1. typische Schmerzsymptomatik 2. Erhöhung der Lipase 3. charakteristische Befunde in der Bildgebung. Zwei Kriterien müssen für die Diagnosestellung erfüllt sein.
  • Therapie:Flüssigkeitstherapie, Analgesie, ggf. intensivmedizinische Überwachung und Behandlung. Rasche ERCP mit Papillotomie bei biliärer Pankreatitis mit Cholangiitis. Im Verlauf interdisziplinäre Diagnostik und Behandlung von Komplikationen wie infizierten Nekrosen.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Primär sterile Entzündung der Bauchspeicheldrüse, dabei führt eine unphysiologische Enzymaktivierung zu:1
    • Ödem
    • Gefäßschädigung
    • Zelluntergang.
  • Diagnosestellung bei Vorliegen von 2 von 3 der folgenden Kriterien:1
    1. Bauchschmerzen passend zur Erkrankung
    2. Lipase i. S. ≥ 3 x oberer Normwert
    3. charakteristische Befunde in der Bildgebung.

Klassifikation

Nach klinischem Schweregrad (revidierte Atlanta-Klassifikation)1-2

  • Leichte akute Pankreatitis (Letalität 0,1 %)
    • kein Organversagen
    • keine lokalen oder systemischen Komplikationen
  • Mittelschwere akute Pankreatitis (Letalität 2,1 %)
    • Organversagen mit Rückbildung innerhalb 48 Stunden
    • lokale oder systemische Komplikationen ohne persistierendes Organversagen
  • Schwere akute Pankreatitis (Letalität 52,2 %)
    • persistierendes Organversagen > 48 Stunden
      • Einzelorganversagen
      • Multiorganversagen

Nach der Pathomorphologie2-4

  • Interstitielle, ödematöse Pankreatitis (80–85 %)
    • Entzündung von Pankreasparenchym und umliegendem Gewebe, keine Nekrosen
  • Nekrotisierende Pankreatitis (15–20 %)
    • Parenchymnekrose und/oder peripankreatische Nekrose
    • Nekrosen steril oder im weiteren Verlauf infiziert
      • Die Diagnose infizierter Nekrosen ist wichtig für das weitere Vorgehen (antibiotische Therapie, Intervention).

Häufigkeit

  • Inzidenz
    • In Deutschland liegt die Inzidenz zwischen 13 und 43/100.000 Einw. jährlich.1
    • Die Inzidenz der akuten Pankreatitis scheint eher zuzunehmen.5
  • Alter
    • Häufigkeitsgipfel der alkoholinduzierten Pankreatitis 25–34 Jahre bei Frauen, 35–44 Jahre bei Männern1
    • Zunahme der biliären Pankreatitis mit steigendem Alter, insbesondere ab dem 55. Lebensjahr1
  • Schweregrad
    • 80–85 % der Fälle mit leichter bis mittelschwere Pankreatitis, 15–20 % mit schwerer Pankreatitis mit signifikanter Morbidität und Mortalität6-7

Ätiologie und Pathogenese

Häufigste Ursachen

  • Gallensteinerkrankungen (50–60 %)8
    • erhöhtes Risiko bei kleinen Gallensteinen9
  • Alkohol (30–40 %)8
    • in Bezug zur konsumierten Menge10-11
  • Auch Tabakrauchen ist mit einer Risikoerhöhung vergesellschaftet und wird zunehmend als wichtiger ätiologischer Faktor betrachtet.1,5

Seltenere Ursachen1,8,10,12-13

  • Hypertriglyzeridämie
    • Ca. 10 % der akuten Pankreatitiden sind Hypertriglyzeridämie-assoziiert.1
    • Das Risiko bei Patient*innen mit schwerer Hypertriglyzeridämie (> 1.000 mg/dl [> 11,4 mmol/l]) ist vergleichbar dem Risiko bei schwerem Alkoholkonsum.14
  • Hyperkalzämie
  • Post-ERCP
    • 5–10 % nach ERCP15
  • Abdominelles Trauma, Bauchchirurgie
  • Medikamente, z. B.:
    • Thiamazol/Carbimazol16
    • Azathioprin
    • 6-Mercaptopurin
    • Valproinsäure
    • Furosemid
    • Hydrochlorothiazid
    • Didanosin
    • Östrogene
    • Steroide
    • Opiate
    • Sulfamethoxazol-Trimethoprim
    • u. a.
    • Zu neueren Medikamenten zur Behandlung des Diabetes mellitus wird in der AWMF-Leitlinie festgestellt:1
      • Es existiert keine ausreichende Evidenz für ein erhöhtes Pankreatitis-Risiko durch Einnahme der GLP1-Agonisten Exenatid und Liraglutid.
      • Die Einnahme von DPP4-Inhibitoren ist mit einer Risikoerhöhung für eine Lipasämie vergesellschaftet, die Risikoerhöhung für eine klinisch symptomatische Pankreatitis ist jedoch unklar.
  • Infektionen
  • Autoimmunerkrankungen
  • Tumoren
    • Pankreatitis bei 5–14 % der Patient*innen mit malignen oder benignen Pankreastumoren
  • Ischämie
  • Anatomisch
    • Pankreas divisum (als ätiologischer Faktor umstritten17)
    • Duodenaldivertikel
    • Choledochuszyste
  • Hereditär
  • Idiopathisch
    • Bei ca. 15 % der Patient*innen lässt sich keine Ursache finden.1
    • Durch Endosonografie zeigt sich bei initial vermuteter idiopathischer AP in 30–37 % der Fälle eine biliäre Genese, in 12–21 % eine chronische Pankreatitis und in 2–6% ein Tumor.18

Pathogenese

  • Die genaue Pathogenese der akuten Pankreatitis ist noch nicht abschließend geklärt.19
  • Wichtigste auslösende Faktoren sind wahrscheinlich:19
    • pankreatische Hyperstimulation
    • biliopankreatische Gangobstruktion mit nachfolgend
    • Druckerhöhung im Pankreasgang 
      • Gallenreflux
      • Trypsinogenaktivierung
      • pankreatische Selbstandauung.
  • Pathophysiologischer Mechanismus12
    • Überwindung der intrazellulären Schutzmechanismen
      • gegen Trypsinogenaktivierung
      • für Reduktion der Trypsinaktivität
    • Aktivierung von:
      • Enzymen wie Elastase und Phospokinin A2
      • Komplement- und Kininkaskade.
    • lokale Freisetzung von Mediatoren wie:
      • Interleukin 1, 6 und 8
      • TNF-Alpha.
    • Aktivierung von Endothelzellen mit transendothelialer Migration von Leukozyten und Freisetzung weiterer Enzyme
    • als Folge des Entzündungsprozesses
      • Entstehung lokaler Komplikationen wie:
        • Azinuszellnekrosen
        • Bildung von Pseudozysten
        • Abszessbildung.
      • systemische Auswirkungen
  • Bestimmend für den Schweregrad sind nicht in 1. Linie die initialen Prozesse in den Azinuszellen, sondern die resultierende Immunantwort.20
  • Breites Spektrum an morphologischen Befunden
    • in milden Fällen vorwiegend interstitielles Ödem
    • in schwereren Fällen lokale oder konfluierende Nekrosen, Blutungen
  • Das gesamte oder Teile des Pankreas können betroffen sein.

Phasen der akuten Pankreatitis

  • Der Krankheitsverlauf teilt sich in 2 Phasen:
  1. Phase2
    • Dauer in der Regel 1(–2) Wochen
    • systemische Entzündungsreaktion (SIRS) als Folge des Pankreasschadens
    • Schweregrad in der ersten Phase bestimmt durch Nichtvorliegen oder Vorliegen/Dauer eines Organschadens
    • Lokale Komplikationen in der Frühphase sind für den Schweregrad der Erkrankung noch nicht bestimmend.
    • die Hälfte der Todesfälle in der 1. Phase
      • Ursache zumeist Multiorganversagen21-22
  2. Phase2
    • Dauer Wochen (bis Monate)
    • Tritt nur bei Patient*innen mit mittelschwerer oder schwerer Pankreatitis auf.
    • Charakterisiert durch:
      • anhaltende Zeichen der systemischen Entzündung
      • lokale Komplikationen
        • Entwickeln sich zumeist erst in der 2. Phase.
    • In dieser Phase können auch infektiöse Komplikationen auftreten.

Prädisponierende Faktoren

  • Rauchen
    • Das Risiko ist bei aktiven Raucher*innen um 100 % und bei Ex-Raucher*innen um 60 % erhöht.23
  • Typ-2-Diabetes
    • mit Risikoerhöhung für eine akute Pankreatitis vergesellschaftet (Risikoerhöhung von ca. 80 %)1
  • Genetische Faktoren24
    • hereditäre Pankreatitis (Mutation des PRSS1-Gens)
    • CFTR-Gen-Mutationen gehäuft bei idiopathischer Pankreatitis

ICPC-2

  • D99 Erkrankung Verdauungsyst., andere

ICD-10

  • K85 Akute Pankreatitis

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Diagnosestellung bei Vorliegen von 2 der 3 folgenden Kriterien gemäß der revidierten Atlanta-Klassifikation von 2012:1-2
    1.  Bauchschmerzen passend zur Erkrankung
      • akuter Beginn eines anhaltenden, schweren epigastrischen Schmerzes, häufig mit gürtelförmiger Ausstrahlung in den Rücken
    2. Lipase i. S. ≥ 3 x oberer Normwert
      • Lipase ist gegenüber Amylase aufgrund der höheren Spezifität zu bevorzugen.5
    3. charakteristische Befunde in der Bildgebung
      • in der Frühphase bevorzugt Sonografie (oder Endosonografie)6
      • CT/MRT zur Diagnosesicherung nur in Ausnahmefällen nötig5

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.8,12-13,25
  • Aktuelle Anamnese
    • akut beginnender Bauchschmerz
    • Verschlechterung nach Nahrungsaufnahme, insbesondere fetthaltiger Nahrung
    • konstanter Schmerz
    • Schmerz lokalisiert im Epigastrium oder diffus über dem Abdomen
      • ca. 50 % mit (gürtelförmiger) Schmerzausstrahlung in den Rücken
      • Besserung im Sitzen oder beim Vorwärtsbeugen
    • Völlegefühl
    • Blähung
    • Übelkeit, Erbrechen
    • evtl. üppige Mahlzeit und/oder hoher Alkoholkonsum als Auslöser
  • Vorgeschichte

Klinische Untersuchung

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.8,12-13,25
  • Druckempfindliches Abdomen
  • Mäßige Spannung der Bauchdecke (prallelastisch: „Gummibauch“)
  • Verminderte Darmgeräusche
  • Evtl. Ikterus
  • Hautzeichen selten: livide Verfärbungen periumbilikal (Cullen-Zeichen) oder in der Flankenregion (Grey-Turner-Zeichen)
    • prognostisch ungünstig
  • Fieber
  • Tachykardie
  • Tachypnoe
  • Hypotension
  • Unruhe

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

Labor

  • Lipase
    • Lipase ≥ 3-facher oberer Normwert gehört zu den 3 diagnostischen Kriterien für akute Pankreatitis.1-2
      • unzureichende Spezifität der Amylase1
    • Kinetik: Anstieg innerhalb von 4–8 Stunden nach Symptombeginn, Maximum nach ca. 24 Stunden, Normalisierung in 8–14 Tagen26
    • Höhe der Enzymwerte korreliert nicht mit Schweregrad der Erkrankung!8
  • Blutbild
  • CRP
  • Leberwerte, Cholestaseparameter: Bilirubin, Gamma-GT, AP, GOT, GPT
    • GPT-Erhöhung über die 3-fache Norm prädiktiv für biliäre Genese6
  • Nierenretentionswerte (eGFR, Kreatinin, Harnstoff)
  • Elektrolyte inkl. Kalzium
  • LDH
  • Triglyzeride
  • Glukose
  • Blutgasanalyse (BGA) inkl. Laktat

Sonografie

  • Abdominelle Sonografie bei allen Patient*innen mit akuter Pankreatitis empfohlen18
  • Initial bedeutsam vor allem zum Nachweis/Ausschluss einer biliären Genese
    • Beurteilung von Gallenblase und Gallengängen (Stauung? Konkremente?)
  • Pankreasdarstellung durch Schmerzen und Darmatonie häufig erschwert, zudem in der Frühphase evtl. noch unauffällig27

Weitere Untersuchungen

  • EKG
    • in bis zu 50 % der Fälle ST-Streckenveränderungen (v. a. inferior) ohne zugrunde liegenden Infarkt28
  • Rö-Thorax
    • Nachweis von Pleuraergüssen oder pulmonalen Infiltraten (v. a. bei nekrotisierender Pankreatitis)28

Bildgebende Diagnostik in der Klinik

Akutphase

  • In den ersten 48 h ist Ziel der Bildgebung vor allem die Klärung, ob eine biliäre Pankreatitis vorliegt.29
  • In der Regel hierfür zunächst Durchführung einer transabdominalen Sonografie, bei nicht aussagekräftiger Untersuchung ergänzt durch Endosonografie oder MRT29
  • In der Frühphase einer akuten Pankreatitis (< 48 h) sollte keine CT durchgeführt werden (Initiative Klug entscheiden in der Notaufnahme der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin).30
    • im Allgemeinen keine Änderung des Managements durch frühe CT30

Weiterer Verlauf (> 48–72 h)

  • Nach der Akutphase ist die CT die beste Methode zur Beurteilung von Organveränderungen und Komplikationen.31

Sonografie

  • Eine transabdominale Ultraschalluntersuchung sollte bei allen Patient*innen mit akuter Pankreatitis durchgeführt werden.18
    • Nachweis einer biliären Genese (Stauung, Konkremente)
    • Pankreasbeurteilung
      • akute ödematöse Pankreatitis: unscharf begrenztes, aufgetriebenes Organ mit verwaschener, scheckiger, eher echoarmer Parenchymstruktur32
      • Flüssigkeitssaum um das Pankreas typisch für akute Pankreatitis26
      • nekrotisierende Pankreatitis: unscharfe oder aufgehobene Organgrenzen, fokale oder ausgedehnte echoarme oder echofreie Areale32
      • Darstellung von Pankreaspseudozysten (Entwicklung nach 6–8 Wochen)32
  • Evtl. Ergänzung der konventionellen Sonografie durch Endosonografie
    • Endosonografie für die primäre Diagnosestellung von untergeordneter Bedeutung18
    • wichtig für die weitere Abklärung bei zunächst unklarer Ätiologie:
      • Nachweis einer Choledocholithiasis und Mikrolithiasis mit hoher Sensitivität (75–100 %) und Spezifität (85–100 %)18
      • höhere Genauigkeit als transabdominale Sonografie, CT oder MRT18,33
    • wertvoll auch bei übergewichtigen Patient*innen mit eingeschränkter Schallbarkeit in der konventionellen Sonografie

Computertomografie (CT)

  • Bei Krankheitsbeginn (< 48 h nach Symptombeginn) sollte eine CT nicht routinemäßig durchgeführt werden.30
    • evtl. Verschlechterung der Nierenfunktion durch Kontrastmittel (Nierenfunktion ist prognostisch bedeutsamer Parameter)29
    • zum Nachweis von kleinen Steinen zwischen 1 und 4 mm nicht gut geeignet29
  • Kontrastmittelgestützte CT empfohlen bei Patient*innen im Falle eines nicht eindeutigen Befundes durch Klinik, initiale Labordiagnostik und transabdominale Sonografie1
  • Kontrastmittelverstärktes CT > 72 h Goldstandard zur Beurteilung lokaler und extrapankreatischer Komplikationen27
    • Nekrosen
    • peripankreatische Flüssigkeit
    • Pseudozysten
    • Schädigung der Pankreasarterien (Blutung, Pseudoaneurysma)
    • Verschlüsse von Pfortader, Milzvene

Magnetresonanztomografie (MRT)/Magnetresonanz-Cholangiopankreatikografie (MRCP)

  • Alternative zur schneller und einfacher durchführbaren CT vor allem bei Patient*innen mit Nierenerkrankung oder Kontrastmittelallergie
  • Ergebnisse insgesamt der CT vergleichbar, Terminologie kann entsprechend übernommen werden.31
  • Erfassung von Nekrosen und Flüssigkeitsansammlungen besser als im CT31
  • Gute Darstellung der Gallengänge34

Endoskopische retrograde Cholangiopankreatikografie (ERCP)

  • Für die Diagnosestellung einer akuten Pankreatitis keine Bedeutung mehr, Einsatz nahezu ausschließlich therapeutisch (Beseitigung von Abflusshindernissen)27

Risikostratifizierung

Scores

  • Zahlreiche Scores auf der Basis klinischer und laborchemischer Parameter können zur Risikostratifizierung der akuten Pankreatitis angewendet werden (z. B. BISAP, Ranson Score, APACHE II).15
    • Da die meisten Scores zwar eine niedrige Rate an falsch-negativen, aber eine hohe Rate an falsch-positiven Ergebnissen aufweisen, werden sie nur bedingt im klinischen Alltag eingesetzt.6
  • Darüber hinaus wurden Scores auf Basis bildgebender Verfahren entwickelt (z. B. Balthazar-Score, CTSI, MRSI).7
    • Da keiner dieser Scores den klinisch-laborchemischen Scores überlegen ist, kann insbesondere die Durchführung eines CT für diesen Zweck nicht empfohlen werden.7,18 
  • Ein weiterbestehendes SIRS („Systemic Inflammatory Response Syndrome“) > 48 h nach Diagnose ist in seiner Vorhersagekraft nicht schlechter als die Scores.4
    • Aufgrund der Einfachheit wird daher die Anwendung der SIRS-Kriterien empfohlen (Werden ≥ 2 Kriterien erfüllt, liegt ein SIRS vor.):1
      1. Körpertemperatur: < 36 °C oder > 38 °C
      2. Herzfrequenz > 90/min
      3. Atemfrequenz > 20/min
      4. Leukozyten < 4.000/mm3 oder > 12.000/mm3 oder > 10 % unreife Leukozyten.

Einzelparameter zur Risikobeurteilung

  • Eine Reihe von Einzelparametern kann zur Risikostratifizierung beitragen:5
    • Alter: erhöhte Letalität bei Alter > 55 Jahre5
    • Body Mass Index: erhöhte Letalität bei BMI > 25 kg/m25
    • Hämatokrit: Normaler Hämatokrit (< 44 %) spricht gegen schweren, nekrotisierenden Verlauf.6
    • Glukose i. S.: niedrigeres Komplikationsrisiko bei Normalwerten5
    • Kreatinin, eGFR: erhöhtes Kreatinin bzw. erniedrigte eGFR prädiktiv für Pankreasnekrosen7 
    • Harnstoff: Anstieg innerhalb der ersten 24 h mit erhöhter Letalität verbunden5
    • Kalzium: Kalziumspiegel < 2 mmol/l sagt schweren Verlauf voraus.7
    • CRP: Wert > 150 mg/l nach 48 h spricht für schwere Pankreatitis.25

Indikationen zur Krankenhauseinweisung

  • Bei Diagnose oder V. a. auf akute Pankreatitis umgehende Krankenhauseinweisung
  • Unabhängig von der initialen Ausprägung sollten alle Betroffenen stationär betreut werden.27
  • Im Rahmen der initialen klinischen Beurteilung kann nicht mit Sicherheit zwischen einem leichten und einem schweren Verlauf unterschieden werden.17

Leitlinie: Diagnostik bei akuter Pankreatitis1

Diagnosestellung

  • Die Diagnose einer akuten Pankreatitis kann gestellt werden, wenn mindestens 2 der folgenden 3 Kriterien vorliegen:
    1. typische Abdominalschmerzen (akut beginnende, anhaltende Oberbauchschmerzen, oft mit gürtelförmiger Ausstrahlung in den Rücken)
    2. Erhöhung der Serum-Lipase auf mindestens das Dreifache der oberen Norm
    3. charakteristische bildmorphologische Befunde.

Erweitertes Labor

  • Zum Nachweis/Ausschluss einer biliären Genese sollte zum Aufnahmezeitpunkt eine laborchemische Bestimmung der Cholestaseparameter und der Transaminasen erfolgen.
  • Zum Ausschluss einer Hypertriglyzeridämie-/Hyperkalzämie-induzierten Pankreatitis sollten die Triglyzeride und das Albumin-korrigierte Kalzium im Serum bestimmt werden.

Bildgebung – initial

  • Zum Nachweis/Ausschluss einer biliären Genese sollte zum Aufnahmezeitpunkt eine Oberbauchsonografie durchgeführt werden.
  • Bei Verdacht auf das Vorliegen einer akuten Pankreatitis, aber nicht eindeutigem klinischem Befund und Laborkonstellation (Lipase i. S. < 3-fach ULN) sollte als bildgebendes Verfahren der Wahl eine transabdominale Sonografie erfolgen.
    • Nur bei nicht eindeutigem Befund der Sonografie sollte eine kontrastmittelgestützte CT erfolgen.

Schweregrad – Prognose und Einstufung

  • Sowohl Risikofaktoren (Alter, Komorbidität) als auch klinische (SIRS-Kriterien) und laborchemische Parameter erhoben bei Aufnahme und nach 48 Stunden sollten zur Vorhersage des Schweregrades herangezogen werden.
  • Die Überwachung und Reevaluation einer AP sollte täglich durch Erfassung des klinischen Befundes, der Kriterien von SIRS und Organversagen sowie der Bestimmung von Laborparametern wie z. B. des C-reaktiven Proteins erfolgen.
  • Der Schweregrad wird durch Organversagen und Komplikationen bestimmt und kann nach revidierter Atlanta-Klassifikation eingestuft werden: mild, moderat, schwer.

Bildgebung – Verlauf

  • Bei klinischem Verdacht auf Komplikationen der akuten Pankreatitis sollte eine transabdominale Sonografie erfolgen.
  • Im Falle eines nicht eindeutigen Befundes soll die weitere Diagnostik mittels kontrastmittelverstärkter CT erfolgen.
    • Zur Diagnosesicherung von Nekrosen sollte eine CT nicht innerhalb der ersten 3 Tage nach Symptombeginn erfolgen.
  • Nach akuter stattgehabter idiopathischer Pankreatitis sollte im Intervall eine Endosonografie (oder MRT mit MRCP) zum Ausschluss einer Choledocholithiasis oder Raumforderung erfolgen.

Therapie

Therapieziele

  • Ausheilung
  • Beseitigung kausaler Ursachen, z. B. Konkrement
  • Ggf. intensivmedizinische Stabilisierung
  • Behandlung von Komplikationen
  • Schmerzlinderung

Allgemeines zur Therapie

  • Bei allen Patient*innen sollte in den ersten 24–48 h nach Aufnahme ein Monitoring durchgeführt werden (EKG, Blutdruck, O2-Sättigung, Urinausscheidung, Elektrolyte, Glukose, BGA)27
    • 15–20 % der Patient*innen mit schwerer Pankreatitis und Gefahr des Schocks durch massiven Flüssigkeitsverlust in den 3. Raum (interstitiell)
  • Basiselemente der Therapie sind:1,29
    • Volumenersatz
    • rasche und konsequente Analgesie (meist mit Opiaten)
    • frühe enterale Ernährung
    • bei biliärer Pankreatitis mit Cholangitis möglichst sofortige (< 24 h) Durchführung einer ERCP mit Papillotomie.

Flüssigkeitsersatz

  • Eine adäquate Volumentherapie verringert die Häufigkeit von Organversagen und Nekrosen.5 
    • Ringer-Laktat-Lösung ist wegen des entzündungshemmenden Effekts besser als reine Kochsalzlösung.5
  • Ursachen des intravaskulären Volumenmangels, v. a. bei nekrotisierender Pankreatitis:8
    • unzureichende Flüssigkeitsaufnahme wegen Übelkeit
    • Erbrechen
    • paralytischer Ileus
    • AszitesPleuraergüsse
    • entzündliches Ödem, Exsudationen
    • Kapillarleck.

Analgesie

  • Niedrig potente Analgetika sind in der Regel nicht ausreichend.7
  • Meist ist der Einsatz von Opiaten notwendig.7
  • Patientengesteuerte Analgesie kann hilfreich sein.25
  • Bei therapierefraktären Schmerzen Analgesie über Periduralkatheter als Option35

Enterale oder parenterale Ernährung1

  • In der Vergangenheit gab es kontroverse Diskussionen hinsichtlich der Ernährung bei akuter Pankreatitis.36
  • Parenterale Ernährung erhöht das Risiko für Infektionen (Schleimhautatrophie, erhöhte Permeabilität für Bakterien) und eine verstärkte Entzündungsreaktion.12
  • Heutzutage wird ein möglichst früher Beginn der enteralen Ernährung empfohlen.1
  • Es gibt keine Evidenz, dass eine fettarme Ernährung günstiger ist.37

Antibiotische Therapie

  • Antibiotische Therapie bei Patient*innen mit Cholangitis oder infizierten Nekrosen6
    • Etwa 1/3 der Patient*innen mit nekrotisierender Pankreatitis entwickelt Infektionen.13
  • Der Nutzen einer antibiotischen Prophylaxe wird hingegen kontrovers diskutiert.7
  • Uneinheitliche Datenlage: Es gibt sowohl Studien mit Nutzen einer Prophylaxe als auch Studien ohne signifikanten Effekt.12,38-40
  • In den aktuellen AWMF-Leitlinien wird eine prophylaktische Gabe von Antibiotika nicht empfohlen.1

ERCP

  • Reduktion von Komplikationen der Pankreatitis durch ERCP bei biliärer Genese8,41-42
    • frühzeitige ERCP (< 24 h) bei akuter Pankreatitis mit Cholangitis1
    • Bei nachgewiesener persistierender Obstruktion des Gallengangs profitieren Patient*innen wahrscheinlich von einer ERCP.5

Cholezystektomie

  • Frühe Cholezystektomie bei leichter biliärer Pankreatitis verkürzt den Krankenhausausaufenthalt und erhöht nicht das Risiko von Komplikationen.13

Interventionelle und chirurgische Therapie von Nekrosen

  • Früher galt der Nachweis von Nekrosen als Indikation zur OP.8
  • In den vergangenen Jahren gab es einen fundamentalen Paradigmenwechsel:43
    • von Beginn an interdisziplinäre, häufig nichtchirurgische Therapie.
  • Zunehmend Ablösung der primär chirurgischen Nekrosektomie durch interventionelles „Step-up“ mit:7 
    • radiologischer Drainage
    • endoskopischem und ggf. videoassistiertem perkutanem retroperitonealem Débridement (VARD).
  • In Einzelfällen ist eine Chirurgie weiterhin notwendig.6
    • anderweitig nicht sanierbare Nekrosen
    • Komplikationen wie Arrosionsblutung oder Perforation
    • intraabdominelles Kompartmentsyndrom mit Notwendigkeit zur Dekompressionslaparatomie

Andere Verfahren

  • Bei Patient*innen mit Hypertriglyzeridämie als vermuteter Ursache kann eine Plasmapherese erwogen werden.44
    • in ca. 65 % der Fälle Rückgang der Triglyzeridwerte nach 1, in ca. 80 % nach 2 Plasmapheresen
    • allerdings keine eindeutige Evidenz zum klinischen Nutzen durch die Studienlage

Prävention 

  • Alkoholkarenz
  • Behandlung einer Hypertriglyzeridämie
    • Nach einer hypertriglyzeridämischen Pankreatitis sollten die Triglyzeridwerte unter 500 mg/dl (5,7 mmol/l) gehalten werden, um einem Rezidiv vorzubeugen.14
    • Eine Lebensstiländerung ist Bestandteil der Behandlung:
      • Gewichtsabnahme
      • fettarme Ernährung
      • Alkoholabstinenz
      • Behandlung sekundärer Risikofaktoren wie Diabetes.
    • Fibrate als Erstlinienmedikation

Leitlinie: Therapie der akuten Pankreatitis1

Ort der Behandlung

  • Patient*innen sollten bei Vorliegen prognostisch ungünstiger Marker (z. B. Hämatokrit-Erhöhung ≥ 44 % beim Mann, ≥ 40 bei der Frau), Harnstoff ≥ 25 mg/dl; Anstieg des SOFA-Scores um ≥ 2 Punkte) auf eine Intensivstation verlegt werden.
  • Bei absehbar schwerem Verlauf und/oder Auftreten von Organversagen sollte die Verlegung der Patient*innen an ein spezialisiertes Zentrum erwogen werden.

Volumentherapie

  • Eine kontrollierte Volumentherapie sollte unmittelbar nach Diagnosesicherung begonnen werden.
  • Solange keine zielgerichtete Volumentherapie durchgeführt werden kann, sollten initial 200–250 ml/h zugeführt werden. Unter Annahme eines bereits bestehenden Flüssigkeitsdefizites kann eine initiale Bolus-Gabe sinnvoll sein.
  • Die zielgerichtete Volumentherapie bei schwerer akuter Pankreatitis sollte sich u. a. an Serum-Harnstoff, Hämatokrit und Parametern des erweiterten hämodynamischen Monitorings orientieren. Der zentrale Venendruck ZVD sollte nicht als Ziel einer zielgerichteten Volumentherapie verwandt werden.
  • Die initiale Volumentherapie soll vorwiegend mit Ringer-Laktat-Lösung durchgeführt werden.
  • Persistenz und Rückbildung von Organversagen sowie der SIRS-Kriterien sollten zur Beurteilung des Ansprechens auf die initiale Volumentherapie herangezogen werden.

Analgesie

  • Die Schmerztherapie sollte bei starken Schmerzen mit Opioiden (vorzugsweise mit Buprenorphin und Pethidin) durchgeführt werden. Auf Intensivstation kann die Periduralanästhesie angewandt werden.
  • Zur Schmerztherapie können Kombinationen verschiedener Analgetika angewandt werden.

Antibiotika

  • Eine prophylaktische Antibiotikatherapie sollte bei mildem/mild prognostiziertem Verlauf der akuten Pankreatitis nicht erfolgen.
  • Eine prophylaktische Antibiotikatherapie bei prognostizierter schwerer Pankreatitis kann zur Vermeidung infektiöser Komplikationen nicht generell empfohlen werden.
  • Wird bei septischem Krankheitsbild und V. a. infizierte (peri-)pankreatische Nekrose (Klinik, Labor und Bildgebung) eine antiinfektiöse Therapie begonnen, so kann bis zum Vorliegen eines Antibiogramms ein Carbapenem gewählt werden.

Ernährung

  • Bei der milden Pankreatitis soll den Patient*innen innerhalb des ersten Tages nach Krankenhausaufnahme eine orale Kost angeboten werden.
  • Bei Patient*innen mit milder/prognostiziert milder Pankreatitis soll keine total parenterale Ernährung erfolgen.
  • Eine enterale Ernährung sollte bei schwerem bzw. prognostiziert schwerem Verlauf so früh wie möglich begonnen werden.
  • Als enterale Kostform sollte eine hochmolekulare Sondenkost verwendet werden.
  • Die Ernährung via nasojejunaler oder nasogastraler Sonde sind als gleichwertig anzusehen.

ERCP

  • Eine ERCP soll nicht bei milder biliärer Pankreatitis ohne Cholangitis und/oder fehlendem Nachweis einer Choledocholithiasis oder fehlender Gallengangsobstruktion durchgeführt werden.
  • Eine ERCP sollte nicht bei vorhergesagter schwerer und komplizierter biliärer Pankreatitis ohne Cholangitis und/oder fehlendem Nachweis einer Choledocholithiasis oder fehlender Gallengangsobstruktion durchgeführt werden.
  • Patient*innen mit akuter biliärer Pankreatitis mit begleitender Cholangitis sollen einer ERCP mit Sphinkterotomie unterzogen werden.
  • Patient*innen mit einer biliären Pankreatitis und nachweisbarer Choledocholithiasis und/oder Gallengangsobstruktion sollen mittels ERCP mit Sphinkterotomie behandelt werden.

Cholezystektomie als Rezidivprophylaxe

  • Nach biliärer akuter Pankreatitis sollte eine Cholezystektomie durchgeführt werden.
  • Bei milder biliärer Pankreatitis soll eine Cholezystektomie im Rahmen des initialen Krankenhausaufenthaltes durchgeführt werden.
  • Der Zeitpunkt der Cholezystektomie bei schwerer (nekrotisierender) biliärer Pankreatitis bleibt eine Einzelfallentscheidung und definiert sich durch die Verlaufsform der schweren akuten Pankreatitis.
  • Kann nach biliärer Pankreatitis keine Cholezystektomie erfolgen, kann eine ERCP mit Sphinkterotomie zur Senkung des Rezidivrisikos erfolgen.

Therapie von sterilen Nekrosen

  • Eine prophylaktische antibiotische/antimykotische Therapie ohne Hinweise auf eine Infektion der (peri-)pankreatischen Nekrose/Klinik, Labor und Bildgebung) soll nicht erfolgen.
  • Bei mutmaßlich steriler nekrotisierender Pankreatitis sollte in Fällen mit durch große Verhalte bedingte Kompressionssymptomen und/oder beginnendem Multiorganversagen eine Intervention erfolgen.

Therapie von infizierten Nekrosen

  • Bei klinischem Verdacht auf das Vorliegen einer infizierten Nekrose sollen vor geplanter Intervention eine endoskopische Ultraschalluntersuchung (EUS) sowie ein kontrastmittelunterstütztes Schnittbildverfahren (CT oder MRT) zur weiteren Abklärung erfolgen.
  • Bei infizierter Pankreasnekrose soll bei klinischer Notwendigkeit (z. B. schwerer/septischer Verlauf) eine Intervention erfolgen.
  • Bei Hinweisen auf eine infizierte pankreatische Nekrose sollte parallel zur Intervention (s. u.) eine antibiotische Therapie erfolgen.
  • Der endoskopische Zugangsweg (transgastrisch oder transduodenal) ist gleich effektiv wie ein perkutaner Zugangsweg, impliziert jedoch eine geringere Fistelrate und senkt die Krankenhausverweildauer. Es sollte daher ein endoskopischer Zugang primär angestrebt werden.
  • Die Art der Intervention (alleinige Drainage, Spülung, Nekrosektomie) soll vom Erscheinungsbild des superinfizierten Verhalts abhängig gemacht werden (Ausmaß, Lokalisation, Nekrosen?).
  • Ein offen chirurgisches Verfahren (Laparotomie) soll primär nur in Ausnahmefällen erfolgen.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Komplikationen

  • Pankreasnekrose
  • Bakterielle Sekundärinfektion
  • Pankreasabszess
  • Peritonitis
  • Schock/Einzel- oder Multiorganversagen
  • Entstehung von Pseudozysten
  • Chronische Pankreatitis
  • Endokrine und exokrine Insuffizienz
  • Pankreaskarzinom
    • Bereits nach einmaliger akuter Pankreatitis ist das Risiko für ein Pankreaskarzinom im Verlauf erhöht (19-fach in den beiden ersten Jahren, 2-fach nach mehr als 5 Jahren), insbesondere nach idiopathischer und biliärer Pankreatitis.45

Verlauf und Prognose

  • Große Variation des Schweregrades von milden, selbstbegrenzenden Fällen bis hin zu schweren, fatalen Verläufen
  • Bei 80 % der Patient*innen nur leichte Schädigung und Erholung ohne Komplikationen12
  • 20 % der Patient*innen mit schwerem Verlauf, 10–30 % dieser Patient*innen sterben an der Erkrankung.10
  • Eine akute Pankreatitis ist sowohl als einmaliges Ereignis als auch als wiederholte Erkrankung möglich.
    • rezidivierende Verläufe vor allem bei Alkoholmissbrauch
    • Bei biliärer Pankreatitis sind Rezidive nach Sanierung der Gallenwege selten.
      • ohne Sanierung Risiko für erneuten Schub 30–63 %42
  • 20–30 % der Patient*innen mit rezidivierendem Verlauf27
  • 1/4 bis 1/3 der Patient*innen entwickeln eine chronische Pankreatitis.5
  • Die Mortalität ist abhängig vom Schweregrad.27
    • leichte Pankreatitis: Mortalität 1 %
    • schwere Pankreatitis: Mortalität bis zu 24 %27

Verlaufskontrolle

  • Bei beschwerdefreien Patient*innen mit erster Episode einer nicht-alkoholinduzierten, milden akuten Pankreatitis mit bekannter und therapierter Ätiologie kann auf eine strukturierte Nachsorge verzichtet werden.1,5
  • Folgenden Patient*innen sollte nach der ersten Episode einer akuten Pankreatitis eine strukturierte Nachsorge empfohlen werden:1
    • „nicht-milder“ Schweregrad, unabhängig von der Ätiologie
    • alkoholinduzierte Pankreatitis, jeder Schweregrad
    • jeder Schweregrad bei unklarer Ätiologie und Alter über 40 Jahre
    • fehlende Beschwerdefreiheit nach Entlassung.

Leitlinie: Verlaufskontrolle1

  • Bei beschwerdefreien Patient*innen nach erster Episode einer nicht-milden akuten Pankreatitis sollten unabhängig von der Ätiologie einmal jährlich durchgeführt werden:
    • eine klinische Untersuchung
    • eine Untersuchung auf exokrine und endokrine Insuffizienz mittels Stuhl-Elastase
    • HbA1c/Nüchtern-Glukose
  • Bei beschwerdefreien Patient*innen nach alkoholinduzierter Pankreatitis sollte in den ersten zwei Jahren alle 6 Monate Folgendes durchgeführt werden:
    • eine klinische Untersuchung
    • eine Untersuchung auf exokrine und endokrine Insuffizienz
    • eine Verhaltensintervention, Ziel ist die vollständige Alkoholkarenz.
  • Beschwerdefreie Patient*innen mit erster Episode einer akuten Pankreatitis, deren Ätiologie nicht bekannt ist und die über 40 Jahre alt sind, sollten spätestens 3 Monate nach Abheilung der Pankreatitis eine kontrastmittelgestützte Schnittbildgebung oder eine Endosonografie erhalten, um ein Pankreaskarzinom auszuschließen.

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

Gallenblase und Bauchspeicheldrüse
Gallenblase und Bauchspeicheldrüse
Sonographie: Ödematöse Pankreaskopfpankreatitis in der Sonografie.  (Mit freundlicher Genehmigung von sonographiebilder.de ©Albertinen-Diakoniewerk e.V., Hamburg)
Sonografie: Ödematöse Pankreaskopfpankreatitis in der Sonografie (mit freundlicher Genehmigung von sonographiebilder.de ©Albertinen-Diakoniewerk e. V., Hamburg)

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten. Pankreatitis. AWMF-Leitlinie Nr. 021-003. S3, Stand 2021. www.awmf.org

Literatur

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Autor*innen

  • Michael Handke, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Intensivmedizin, Freiburg i. Br.
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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