Ulkuskrankheit (Magen- und Duodenalgeschwüre)

Zusammenfassung

  • Definition:Schleimhautschäden im Bereich von Magen (Ulcus ventriculi) oder Zwölffingerdarm (Ulcus duodeni), die bis in die Submukosa reichen und einen Diameter von > 5 mm aufweisen. Häufigste Ursachen sind eine Infektion durch Helicobacter pylori und Einnahme von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR).
  • Häufigkeit:Lebenszeitprävalenz ca. 5–10 %.
  • Symptome:Variierende Symptome mit geringer Sensitivität und Spezifität: epigastrischer Schmerz, Völlegefühl, Übelkeit. Häufig nächtliche Beschwerden.
  • Klinische Befunde:Keine spezifischen klinischen Befunde.
  • Diagnostik:Diagnosestellung durch Gastroskopie. Nachweis einer Helicobacter-pylori-Infektionen durch invasive oder nichtinvasive Tests.
  • Therapie:Eradikation einer H.-pylori-Infektion. Gabe von Protonenpumpeninhibitoren (PPI), möglichst Beenden einer NSAR-Therapie. Prophylaktische PPI-Gabe bei bestimmten medikamentösen Therapien.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Schleimhautschäden im Bereich von Magen (Ulcus ventriculi) oder Zwölffingerdarm (Ulcus duodeni), die
    • bis in die Submukosa reichen.
    • einen Diameter von > 5 mm aufweisen.1-2

Häufigkeit

  • Prävalenz
    • Lebenszeitprävalenz ca. 5–10 %3
  • Inzidenz
    • jährliche Inzidenz ca. 0,1–0,2 %4-5
    • rückläufiger Trend in den vergangenen 20 Jahren4
  • Alter und Lokalisierung
  • Geschlecht
    • Verhältnis Frauen zu Männern ca. 1:16

Ätiologie und Pathogenese

  • Die sog. peptischen Ulzera resultieren aus einem Missverhältnis zwischen:7
    • schädigenden Faktoren
      • Salzsäure
      • Pepsin
      • H.-pylori-Infektion
      • nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)/ASS
      • biliärer Reflux
    • Schutzmechanismen
      • Schleim
      • Prostaglandine
      • Bikarbonat
      • gute Durchblutung der Schleimhaut.
  • Wichtigste ätiologische Faktoren sind:
    • H.-pylori-Infektion
      • ca. 90 % der Patient*innen mit Ulcus duodeni8
      • ca. 70 % der Patient*innen mit Ulcus ventriculi8
    • Einnahme von NSAR und/oder ASS9-10
  • Seltenere Ursachen sind:101,11-12
    • entzündliche Erkrankungen
    • idiopathisch
    • Infektionen
      • CMV
      • HSV
      • Candida, EBV, Helicobacter heilmannii, Mucorales, Mykobakterien, Treponema pallidum
    • Ischämien oder Nekrosen
      • kürzlich durchgeführte Interventionen wie transarterielle Chemoembolisation (TACE), perkutane Strahlentherapie oder Radioembolisation (SIRT), Coiling (am Magen oder Duodenum)
      • Crack-Kokain-Abusus, Amphetamin-Abusus
    • medikamenteninduziert oder -assoziiert
      • SSRI
      • Biphosphonate, Kalium
      • Sirolimus, Mycophenolat
      • Chemotherapie (z. B. 5-FU oder MTX)
      • Spironolakton
    • neuroendokrine Tumoren bzw. mediatorinduziert
      • Gastrinome (inkl. MEN-1)
      • systemische Mastozytose
      • Basophilie bei myeloproliferativen Erkrankungen
    • Obstruktion
      • Duodenalstenose, z. B. bei Pankreas anulare
    • postoperativ
      • Magenresektion
      • Magen-Bypass
    • schwere Erkrankungen („Stressulzera“)
    • Tumorinfiltration

Prädisponierende Faktoren

  • Prädisponierende Faktoren sind:106-7
    • zunehmendes Alter (> 60 Jahre)
    • Medikamente: NSAR, ASS
    • Rauchen
    • St. n. Ulkuskrankheit
    • positive Familienanamnese auf Ulkuskrankheit
    • niedriger sozioökonomischer Status
    • psychosoziale Belastung, Depression
    • schwere Grunderkrankung, Operationen, intensivmedizinische Behandlung

ICD 10

  • K25 Ulcus ventriculi
    • K25.0 Ulcus ventriculi: Akut, mit Blutung
    • K25.1 Ulcus ventriculi: Akut, mit Perforation
    • K25.2 Ulcus ventriculi: Akut, mit Blutung und Perforation
    • K25.3 Ulcus ventriculi: Akut, ohne Blutung oder Perforation
    • K25.4 Ulcus ventriculi: Chronisch oder nicht näher bezeichnet, mit Blutung
    • K25.5 Ulcus ventriculi: Chronisch oder nicht näher bezeichnet, mit Perforation
    • K25.6 Ulcus ventriculi: Chronisch oder nicht näher bezeichnet, mit Blutung und Perforation
    • K25.7 Ulcus ventriculi: Chronisch, ohne Blutung oder Perforation
    • K25.9 Ulcus ventriculi: Weder als akut noch als chronisch bezeichnet, ohne Blutung oder Perforation
  • K26 Ulcus duodeni
    • K26.0 Ulcus duodeni: Akut, mit Blutung
    • K26.1 Ulcus duodeni: Akut, mit Perforation
    • K26.2 Ulcus duodeni: Akut, mit Blutung und Perforation
    • K26.3 Ulcus duodeni: Akut, ohne Blutung oder Perforation
    • K26.4 Ulcus duodeni: Chronisch oder nicht näher bezeichnet, mit Blutung
    • K26.5 Ulcus duodeni: Chronisch oder nicht näher bezeichnet, mit Perforation
    • K26.6 Ulcus duodeni: Chronisch oder nicht näher bezeichnet, mit Blutung und Perforation
    • K26.7 Ulcus duodeni: Chronisch, ohne Blutung oder Perforation
    • K26.9 Ulcus duodeni: Weder als akut noch als chronisch bezeichnet, ohne Blutung oder Perforation
  • K27 Ulcus pepticum, Lokalisation nicht näher bezeichnet
    • K27.0 Ulcus pepticum, Lokalisation nicht näher bezeichnet: Akut, mit Blutung
    • K27.1 Ulcus pepticum, Lokalisation nicht näher bezeichnet: Akut, mit Perforation
    • K27.2 Ulcus pepticum, Lokalisation nicht näher bezeichnet: Akut, mit Blutung und Perforation
    • K27.3 Ulcus pepticum, Lokalisation nicht näher bezeichnet: Akut, ohne Blutung oder Perforation
    • K27.4 Ulcus pepticum, Lokalisation nicht näher bezeichnet: Chronisch oder nicht näher bezeichnet, mit Blutung
    • K27.5 Ulcus pepticum, Lokalisation nicht näher bezeichnet: Chronisch oder nicht näher bezeichnet, mit Perforation
    • K27.6 Ulcus pepticum, Lokalisation nicht näher bezeichnet: Chronisch oder nicht näher bezeichnet, mit Blutung und Perforation
    • K27.7 Ulcus pepticum, Lokalisation nicht näher bezeichnet: Chronisch, ohne Blutung oder Perforation
    • K27.9 Ulcus pepticum, Lokalisation nicht näher bezeichnet: Weder als akut noch als chronisch bezeichnet, ohne Blutung oder Perforation

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Die Diagnosestellung einer Ulkuskrankheit erfolgt durch Endoskopie.
    • Klinisch ist eine sichere Unterscheidung zwischen Ulkuskrankheit und funktioneller Dyspepsie nicht möglich.4

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Geringe Sensitivität und Spezifität der Symptomatik4
  • Mögliche Symptome4
    • epigastrischer Schmerz
    • Völlegefühl
    • Blähung
    • Übelkeit
  • Abhängigkeit der Beschwerden von Mahlzeiten
    • Nüchternschmerz, Besserung nach Mahlzeit (Duodenalulkus)1
    • Beschwerden kurz nach einer Mahlzeit (Magenulkus)1
  • Nächtliche Beschwerden6
    • 50–80 % der Fälle mit Duodenalulkus
    • 30–40 % der Fälle mit Magenulkus
  • Bei starker Blutung Teerstuhl
  • Gewichtsverlust (Malignom)
  • Risikofaktoren
    • Medikation: NSAR, ASS
    • Rauchen
    • Familienanamnese auf Ulkuskrankheit
    • Systemerkrankungen

Klinische Untersuchung 

  • Häufig keine Befunde zu erheben.
  • Druckschmerz bei epigastrischer Palpation
  • Blässe bei blutungsbedingter Anämie
  • Abwehrspannung bei Perforation

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

Allgemeines Labor

Nichtinvasive Tests auf H. pylori

  • Zu Details der Diagnostik siehe Artikel Helicobacter-pylori-Infektion.
  • Im Rahmen der hausärztlichen Diagnostik können nichtinvasive Tests auf H. pylori eingesetzt werden, die invasiven Verfahren setzen eine Gastroskopie voraus.
    • Eingeschränkte Kostenerstattung: Zwar sind die nichtinvasiven Tests sowohl für die Erstdiagnostik auf H. pylori als auch zur Beurteilung des Eradikationserfolges einsetzbar, allerdings werden Harnstoff-Atemtest und Stuhl-Antigennachweis nur zur Kontrolle des Eradikationserfolges erstattet oder zum Ausschluss einer Reinfektion bei gesicherter Erkrankung.13
      • Info laut KBV: Die Gebührenordnungsposition 32706 ist grundsätzlich nur berechnungsfähig zur Erfolgskontrolle nach Eradikationstherapie einer Helicobacter-pylori-Infektion (frühestens 4 Wochen nach Ende der Therapie) oder zum Ausschluss einer Reinfektion bei einer gastroduodenoskopisch gesicherten Ulcus-duodeni-Erkrankung oder bei Kindern mit begründetem Verdacht auf eine Ulkus-Erkrankung.
  • Für eine zuverlässige H.-pylori-Diagnostik (dies gilt für nichtinvasive und invasive Tests) sollten folgende Zeiträume eingehalten werden:10
    • 2 Wochen nach Ende einer Behandlung mit Protonenpumpen-Inhibitoren (PPI)
    • 4 Wochen nach Eradikation oder sonstiger antibiotischer Therapie.
  • Siehe auch Tabelle Sensitivität und Spezifität der verschiedenen Nachweismethoden von H. pylori.
Harnstoff-Atemtest
  • Orale Aufnahme von mit Kohlenstoffisotopen (13C oder 14C) markiertem Harnstoff
  • Rasche Aufspaltung durch die Urease von H. pylori in Ammoniak und isotopenmarkiertes CO2, das über die Ausatemluft gemessen wird.14
  • Sensitivität 85–95 %, Spezifität 85–95 %10
    • Vergleichbar zu Stuhl-Antigentest, eine Cochrane-Analyse ergab für den Atemtest eine etwas höhere Genauigkeit.13,15
Stuhl-Antigentest
  • Nachweis von Helicobacter-Antigen im Stuhl unter Verwendung monoklonaler Antikörper16-17
  • Sensitivität 85–95 %, Spezifität 85–95 %10
Serologie
  • Unterscheiden nicht zwischen einer aktuellen und einer früheren, inzwischen aber eradizierten Infektion.10
  • Im klinischen Alltag wenig sinnvoll, Anwendung vor allem in epidemiologischen Studien13

Diagnostik bei Spezialist*innen 

Ösophago-Gastro-Duodenoskopie (ÖGD)

  • Goldstandard der Diagnostik7
    • breit verfügbar
    • bei Älteren genauso sicher durchführbar wie bei Jüngeren4
    • Ermöglicht Biopsie (Diagnostik auf H. pylori und Malignome).
      • Endoskopisch benigne imponierende Ulzera sind in 0,8–4,3 % der Fälle maligne.4

Invasive Tests auf H. pylori

  • Die Gastroskopie ermöglicht die Durchführung invasiver Tests auf H. pylori.
  • Bei peptischem Ulcus ventriculi oder duodeni soll auf H. pylori getestet werden.10
  • Alle invasiven Verfahren basieren auf der Untersuchung von Gewebebiopsien.1
  • Weitere Informationen siehe auch Artikel Helicobacter pylori.
Urease-Schnelltest
  • Schneller, unkomplizierter und kostengünstigster Bedside-Test1
  • Sensitivität 90–95 %, Spezifität 90–95 %10
PCR
  • Molekulargenetische Diagnostik mittels Polymerase-Chain-Reaction (PCR)1
  • Sensitivität 90–95 %, Spezifität 90–95 %10
Histologie
  • Neben Nachweis von H. pylori kann durch eine histologische Untersuchung von Gewebe eine chronische Gastritis nachgewiesen und die Benignität eines Ulkus geklärt werden.
  • Sensitivität 80–98 %, Spezifität 90–98 %10
Kultur
  • In der Praxis nur im Zusammenhang mit Resistenzbestimmung von Bedeutung18
  • Sensitivität 70–90 %, Spezifität 100 %10

Laboruntersuchungen

  • Gastrin bei V. a. Zollinger-Ellison-Syndrom (multiple oder refraktäre Ulzera, Diarrhö, Familiengeschichte auf multiple endokrine Neoplasie (MEN I)7

CT/MRT

  • Bei V. a. auf eine maligne Erkrankung

Therapie

Therapieziele

  • Ausheilung des Ulkus
  • Eradikation einer H.-pylori-Infektion: signifikanter Rückgang von Inzidenz und Mortalität gastroduodenaler Ulkuserkrankungen durch Eradikation, außerdem Beitrag zur Prävention des Magenkarzinoms10 
  • Symptomlinderung

Allgemeines zur Therapie

  • Die Behandlung beruht auf:  
    • Allgemeinmaßnahmen
    • medikamentöser Therapie
    • im Einzelfall interventionelle/operative Therapie von Komplikationen.

Allgemeinmaßnahmen

  • Eine Behandlung mit NSAR sollte – wenn möglich – vermieden oder reduziert werden.
  • Rauchstopp
  • Keine spezielle Schonkost, entscheidend ist die individuelle Verträglichkeit von Speisen.19
  • Berücksichtigung psychosomatischer Aspekte, ggf. Intervention1

H.-pylori-positive Ulkuskrankheit

Allgemeines zur Eradikation

  • Der Nachweis von H. pylori bei Ulcus ventriculi oder duodeni ist eine absolute Therapieindikation.20
  • Bis vor Kurzem war die clarithromycinbasierte Tripel-Therapie weltweit Standard, durch Resistenzen verminderte Wirksamkeit.20
    • in Deutschland ca. 11 % primäre Clarythromycinresistenz mit steigender Tendenz21
  • Risikofaktoren für eine primäre Clarithromycinresistenz20
    • Herkunft aus Süd- oder Osteuropa
    • frühere Behandlung mit Makrolidantibiotika
      • Da die Einnahme von Makroliden häufig nicht sicher eruierbar ist, kann die häufige Einnahme von Antibiotika pragmatisch als indirektes Indiz hierfür gewertet werden.13
  • Die prätherapeutische Resistenzlage ist von großer Relevanz, die Wahl des Therapieschemas sollte die Wahrscheinlichkeit einer möglichen Antibiotikaresistenz berücksichtigen.10
  • Allerdings unzureichende Daten zur lokalen Resistenzlage für Deutschland, daher wird die Clarithromycin-basierte Triple-Therapie neuerdings nicht mehr zur Erstlinientherapie empfohlen.10

Therapeutischer Algorithmus

Erstlinientherapie
  • Da in Deutschland die Resistenzraten für Clarithromycin auf > 10 % angestiegen sind, wird die bismuthaltige Quadrupel-Therapie bevorzugt als Erstlinientherapie für mindestens 10 Tage eingesetzt.10
Resistenzprüfung
  • Nach erfolgloser primärer Vierfach-Therapie sollte eine Resistenztestung erfolgen.10
Zweitlinientherapie
  • Die Zweitlinientherapie soll unter Berücksichtigung der Resistenztestung über 14 Tage erfolgen mit:10
    • Standard-Tripel-Therapie oder
    • Fluorochinolon-haltigen Tripel-Therapie.
Drittlinientherapie
  • Nach Versagen einer Zweitlinientherapie sollen weitere Therapieversuche nur durch Spezialist*innen erfolgen.10
    • abnehmende antibiotische Therapieoptionen nach fehlgeschlagener resistenzadaptierter Zweitlinientherapie
Begleitmaßnahmen
  • Der Erfolg einer medikamentösen Eradikation kann unterstützt werden durch:13
    • sorgfältige Aufklärung
    • Motivation zur Therapietreue
    • Einnahme der Medikamente vor den Mahlzeiten
    • Milderung von Antibiotika-Nebenwirkungen durch Probiotika22
    • Rauchstopp.

Therapieprotokolle10,13,20-21

  • Bei allen Protokollen können folgende PPI 2 x tgl. verabreicht werden: Omeprazol 20 mg, Pantoprazol 40 mg, Esomeprazol 20 mg, Lansoprazol 30 mg, Rabeprazol 20 mg.
Bismut-Quadrupel-Therapie – 10 Tage
  • PPI 1–0–1
  • Bismut-Kalium-Salz 140 mg 3–3–3–3
  • Tetracyclin 125 mg 3–3–3–3
  • Metronidazol 125 mg 3–3–3–3
Standard-Tripel-Therapie (französisch) – 14 Tage
  • PPI 1–0–1
  • Clarithromycin 500 mg 1–0–1
  • Amoxicillin 1.000 mg 1–0–1
Standard-Tripel-Therapie (italienisch) – 14 Tage
  • PPI 1–0–1
  • Clarithromycin 250–500 mg 1–0–1
  • Metronidazol 400–500 mg 1–0–1
Fluorchinolon-Tripel-Therapie – 10 Tage
  • PPI 1–0–1
  • Levofloxacin 500 mg oder Moxifloxacin 400 mg 1–0–0
    • Zu Nebenwirkungen und Anwendungsbeschränkungen von Fluorchinolonen siehe auch Rote-Hand-Brief.23
  • Amoxicillin 1.000 mg 1–0–1

H.-pylori-negative Ulkuskrankheit

  • Eine NSAR-Therapie ist die häufigste Ursache für eine H.-pylori-negative Ulkuskrankheit und sollte möglichst beendet werden.4
  • Medikamentöse Behandlung mit PPI für 4–8 Wochen4,7
    • H2-Antagonisten heutzutage nur bei Unverträglichkeit von PPI7
    • Antazida sind nicht empfohlen.7
  • Nach Langzeit­einnahme von PPI ist ein Säurerebound mit Refluxbeschwerden nach dem Absetzen möglich, daher ist eine allmähliche Reduktion sinnvoll.24-25

Präventiver Magenschutz

  • Bei einigen medikamentösen Therapien oder klinischen Konstellationen ist ein präventiver Magenschutz indiziert.
  • Bei der Indikationsstellung ist zu berücksichtige, ob Risikofaktoren (andere als H. pylori) für das Auftreten gastroduodenaler Ulzera bzw. Risikofaktoren für Ulkusblutungen/-komplikationen vorliegen.10
Risikofaktoren für gastroduodenale Ulzera
  • Alter > 60 Jahre
  • Ulkusanamnese
  • Medikamente: NSAR, ASS
  • Andere Risikofaktoren: schwere Begleiterkrankungen, schwere psychosoziale Belastungen, Rauchen
Risikofaktoren für Ulkusblutungen/-komplikationen
  • Alter > 60 Jahre
  • Ulkusanamnese
  • Medikamente: NSAR, ASS, SSRI, P2Y12-Inhibtoren, Antikoagulanzien (Vit-K-Antagonisten, NOAK, Heparine), systemische Kortikosteroide
  • Andere Risikofaktoren: schwere Begleiterkrankungen

PPI-Prophylaxe der H.-pylori-negativen Ulkuskrankheit10

  • Wenn eine Therapie mit NSAR begonnen wird, soll gleichzeitig eine prophylaktische Therapie mit einem PPI durchgeführt werden, sofern ein weiterer Risikofaktor für das Auftreten eines gastroduodenalen Ulkus und/oder einer Ulkuskomplikationvorliegt. Wenn nur der Risikofaktor Alter (> 60 Jahre) und sonst kein Risikofaktor vorliegt, ist eine Prophylaxe nicht erforderlich.
  • Wenn unter einer Dauertherapie mit NSAR ein gastroduodenales Ulkus und/oder eine obere gastrointestinale Ulkusblutung auftritt, sollte das NSAR bis zur Abheilung der Läsionen abgesetzt werden, und anschließend sollte im Falle einer erneuten Gabe eine dauerhafte PPI-Prophylaxe erfolgen.
  • Nach Auftreten einer Ulkuskomplikation soll eine Dauerprophylaxe mit einem PPI immer dann erfolgen, wenn die NSAR-Medikation fortgesetzt wird. Dies gilt auch, wenn eine begleitende H.-pylori-Infektion erfolgreich behandelt wurde.
  • Wenn eine Monotherapie mit ASS, einem P2Y12-Inhibitor, DOAK oder VKA durchgeführt wird, sollte eine PPI-Prophylaxe erfolgen, sofern mindestens ein weiterer Risikofaktor für das Auftreten eines gastroduodenalen Ulkus und/oder einer Ulkuskomplikation vorliegt. Wenn nur der Risikofaktor Alter (> 60 Jahre) und sonst kein Risikofaktor vorliegt, ist eine Prophylaxe nicht erforderlich.
  • Nach Auftreten einer Ulkuskomplikation unter Thrombozytenaggregationshemmung und/oder Antikoagulation soll bei H.-pylori-negativen Patient*innen sowie auch nach erfolgreicher Eradikationstherapie bei zuvor H.-pylori-positiven Patient*innen eine Dauerprophylaxe mit einem PPI erfolgen, wenn die Thrombozytenaggregationshemmung und/oder Antikoagulation fortgesetzt wird.
  • Tritt unter einer Monotherapie mit einem P2Y12-Inhibitor eine gastroduodenale Ulkusblutung auf, kann in Ergänzung zu einer dauerhaften PPI-Prophylaxe eine Umstellung auf ASS erwogen werden, wenn dies aus kardiovaskulärer Sicht vertretbar ist.
  • Wenn unter einer Monotherapie mit ASS, einem P2Y12-Inhibitor, DOAK oder VKA eine obere gastroduodenale Ulkusblutung eintritt, sollte bei Therapiefortführung eine dauerhafte PPI-Prophylaxe erfolgen. Im Falle einer gastroduodenalen Ulkusblutung unter einer Dauertherapie mit ASS sollte keine Umstellung auf eine Monotherapie mit einem P2Y12-Inhibitor erfolgen.
  • Im Falle einer gleichzeitigen Therapie mit zwei gerinnungsaktiven Substanzen soll eine Prophylaxe mit einem PPI erfolgen.
  • Wenn unter einer Therapie mit systemischen Kortikosteroiden ein gastroduodenales Ulkus und/oder eine Ulkuskomplikation (z. B. Blutung) auftreten, sollte neben dem Ausschluss einer Infektion mit H. pylori nach Möglichkeit ein Wechsel auf ein anderes Medikament zusätzlich zu einer PPI-Therapie erfolgen. Ist dies nicht möglich, sollte die niedrigst mögliche Steroiddosis gegeben werden und eine PPI-Propylaxe erfolgen.
  • Wenn eine Therapie mit SSRI durchgeführt wird, sollte eine PPI-Prophylaxe erfolgen, sofern in der Vorgeschichte ein Ulkus und/oder einer Ulkuskomplikation aufgetreten ist oder eine Komedikation mit einem NSAR, einem Coxib oder einem P2Y12 vorliegt. Wenn eine Komedikation mit einem Antikoagulans (DOAK oder VKA) vorliegt, kann eine PPI-Prophylaxe erfolgen.

Interventionelle und operative Therapie

Interventionelle Therapie

  • Eine interventionelle Therapie erfolgt überwiegend im Rahmen einer Blutung, seltener zur Behandlung von Magenausgangs- oder Duodenalstenosen.
  • Ca. die Hälfte der OGI-Blutungen wird durch peptische Ulzera verursacht.1
  • In der Mehrzahl der Fälle kann eine Blutung endoskopisch gestillt werden.26

Operation

  • Indikationen zur Operation sind:26
    • interventionell nicht stillbare Blutung
    • Perforation
    • Malignom
    • Magenausgangsstenose.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Komplikationen

Verlauf und Prognose

  • Bei kausaler Behandlung sehr gute Prognose6
  • Ohne Behandlung einer zugrunde liegenden H.-pylori-Infektion kommt es in 60–90 % der Fälle zu Rezidiven.6

Verlaufskontrolle

  • Nach Eradikationstherapie sollte immer eine Erfolgskontrolle durchgeführt werden (unabhängig von der Indikation zur Eradikation).10
  • Durchführung frühestens 4 Wochen nach einer Eradikationsbehandlung bzw. 2 Wochen nach Absetzen einer PPI-Therapie10 
  • Nichtinvasiv kann die Erfolgskontrolle durchgeführt werden durch:
    • 13C-Harnstoff-Atemtest – oder -
    • Antigen-Stuhltest.
  • Bei Vorliegen eines Magenulkus soll nach 4–8 Wochen eine endoskopisch-bioptische Kontrolle durchgeführt werden (bei unvollständiger Abheilung erneut Biopsien zum Malignitätsausschluss).10
  • Eine endoskopische Verlaufskontrolle duodenaler Ulzera ist nicht empfohlen, kann aber im Einzelfall beim komplizierten Ulcus duodeni erwogen werden.10

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

Ulus duodeni mit ödematöser Schleimhaut.jpg
Ulus duodeni mit ödematöser Schleimhaut (mit freundlicher Genehmigung von endoskopiebilder.de, Immanuel Albertinen Diakonie gGmbH, Hamburg)
Antrum-Ulkus.jpg
Antrum-Ulkus (mit freundlicher Genehmigung von endoskopiebilder.de, Immanuel Albertinen Diakonie gGmbH, Hamburg)
Magen- und Duodenalulkus
Magen- und Duodenalulkus

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten. Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit. AWMF-Leitlinie Nr. 021-001. S2k, Stand 2022. www.awmf.org

Literatur

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Autor*innen

  • Michael Handke, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Intensivmedizin, Freiburg i. Br.
  • Guido Schmiemann, Dr. med., Facharzt für Allgemeinmedizin, Bremen (Review)
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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