Hepatitis E

Zusammenfassung

  • Definition:Akute Hepatitis, die durch das Hepatitis-E-Virus (HEV) verursacht wird. Die Übertragung erfolgt in Deutschland meist über infiziertes Schweinefleisch, in Ländern mit niedrigem Hygienestandard fäkal-oral, z. B. über kontaminiertes Wasser.
  • Häufigkeit:Epidemisches Auftreten in Entwicklungsländern, sporadisches Auftreten in Industrieländern. Keine Chronifizierung der HEV-Infektion bei immunkompetenten Personen.
  • Symptome:Inkubationszeit von 3–8 Wochen; Prodromalphase mit Allgemeinsymptomen, danach ikterische Phase und anschließend schrittweise Rekonvaleszenz. Evtl. atypische Manifestationen in Nervensystem, Niere und anderen Organen.
  • Befunde:Ikterus, evtl. Vergrößerung von Leber und Milz.
  • Diagnostik:GPT erhöht; Anti-HEV-IgM positiv (in der symptomatischen Phase).
  • Therapie:Bei immunkompetenten Patient*innen nur symptomatisch-unterstützende Therapie. Prävention durch Einhaltung hygienischer Maßnahmen bei Reisen in Endemiegebiete sowie bei Zubereitung und Verzehr von Fleisch. Bei chronischen Verläufen, progredienter Nieren- oder Leberbeteiligung ggf. antivirale Therapie mit PEG-Interferon-alpha und/oder Ribavirin.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Die Hepatitis E ist eine Infektion der Leber mit dem Hepatitis-E-Virus (HEV).
  • HEV kann fäkal-oral übertragen werden.1-3 Der wahrscheinlich wichtigste Infektionsweg ist aber der Verzehr von unzureichend gegartem Fleisch, am häufigsten Schweinefleisch, aber auch Wild, besonders Wildschwein.4
  • Klinisch verläuft die Erkrankung wie eine Hepatitis A und ist bei immunkompetenten Personen in der Regel selbstlimitierend. Bei immunsupprimierten Patient*innen (z. B. Transplantatempfänger, Chemotherapie, HIV/AIDS) kann die akute HEV-Infektion chronifizieren und zur Leberzirrhose führen.5 
  • HEV sollte als Erreger einer akuten Hepatitis in Betracht gezogen werden, wenn die betroffene Person sich zuvor in einem HEV-Endemiegebiet aufgehalten hat und/oder die anderen bekannten Hepatitisviren ausgeschlossen wurden.
  • HEV wurde erstmals 1983 durch immunelektronenmikroskopische Untersuchungen im Stuhl nachgewiesen.

Häufigkeit

  • Geografische Verteilung
    • Das Virus kommt weltweit vor. Bezüglich der vorhandenen Genotypen gibt es regionale Unterschiede.5
      • In Deutschland, anderen europäischen Ländern und Nordamerika ist HEV Genotyp 3 endemisch.
    • In Ländern mit überwiegend niedrigem Einkommen wird das Virus häufig durch kontaminiertes Wasser übertragen und führt zu teilweise sehr weitreichenden Epidemien, meist mit HEV vom Genotyp 1 oder 2.
    • Die ersten dokumentierten Epidemien fanden 1985 und 1986 in Somalia, im Sudan und in Mexiko statt.
  • In Europa nimmt die Inzidenz zu mit einer Verdreifachung der Fallzahlen von 2011 bis 2015 (Genotyp 3 ist am häufigsten).6 
    • Die häufigste Ursache ist wahrscheinlich die Übertragung durch infiziertes Schweinefleisch.
  • Epidemiologie
    • In vielen Ländern liegt die Seroprävalenz bei über 20 % in der Altersgruppe der 16- bis 20-Jährigen.7
    • 2008 kam es unter den britischen Passagier*innen eines Kreuzfahrtschiffs zu einem Ausbruch, der vermutlich durch Schalentiere verursacht wurde.8
    • In Großbritannien wurde im Zeitraum 2012–2013 von 2.848 Blutspender*innen einer positiv auf HEV getestet.9
  • Alter
    • Tritt in erster Linie bei Personen zwischen 15 und 40 Jahren auf.

Epidemiologie in Deutschland4-5,10-11

  • In Deutschland nahm die Zahl der gemeldeten HEV-Infektionen in den letzten 10 Jahren stark zu (Stand 2019).
    • 2018 betrug die Inzidenz 4,1 Erkrankungen pro 100.000 Einw. Insgesamt wurden 3.396 Erkrankungen dem Robert Koch-Institut gemeldet, was einer Zunahme um etwa 15 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. In mehr als 80 % der Fälle erfolgte die Ansteckung in Deutschland.
    • 2014 wurden 670 Erkrankungen gemeldet, 2007 waren es noch unter 100.
  • Wahrscheinlich beruht diese Zunahme auf einer erhöhten ärztlichen Aufmerksamkeit einschließlich häufigerer Labortests, Diagnosestellungen und Meldungen.
    • Die Seroprävalenz- und Serokonversionsraten lassen eher ein leichtes Nachlassen des Infektionsdrucks und der Zahl der Neuinfektionen vermuten.12
  • Der Verzehr von unzureichend gegartem Schweinefleisch und daraus hergestellten Produkten ist vermutlich der häufigste Übertragungsweg.
  • In Deutschland lag die Seroprävalenz von HEV-Antikörpern in der Erwachsenenbevölkerung in den Jahren 2008–2011 bei 16,8 %.5,13
    • Seropositiv waren 5 % der unter 30-Jährigen und 25 % der über 60-Jährigen.

Ätiologie und Pathogenese

Virus

  • Das Hepatitis-E-Virus (HEV) ist ein RNA-Virus.
  • Früher zählte man das HEV zur Familie der Caliciviridae, inzwischen aber wird es der Familie der Hepeviridae zugeordnet. Das HEV zeigt Gemeinsamkeiten mit den Alpha- und den pflanzlichen Furoviren auf.
  • Das in Säugetieren auftretende HEV umfasst 4 Genotypen, aber nur einen Serotyp, was bezüglich einer Impfstoffentwicklung positiv ist.
  • Es besteht keine Verwandtschaft zwischen dem HEV und den anderen Hepatitisviren (A, B, C und D).14

HEV bei Tieren

  • Für die Genotypen 3 und 4 stellt das Hausschwein das vermutlich wichtigste tierische Reservoir dar.
  • HEV-ähnliche Viren wurden weltweit auch bei anderen Primaten, Schweinen, Nagetieren und Vögeln nachgewiesen. Inwiefern diese auf den Menschen übertragbar sind, ist unklar.5
  • Diese Viren können bei der jeweiligen Tierart Hepatitis auslösen und werden der Gattung Hepevirus zugeordnet, als dessen Prototyp das HEV gilt.15

Übertragungsweg

  • Übertragung durch Trinkwasser
    • Zu Epidemien kommt es in der Regel durch fäkal verunreinigtes Trinkwasser infolge unzureichender sanitärer Verhältnisse, z. B. im Zuge von Überschwemmungen.
    • Importierte Einzelfälle sind vor allem in Epidemiezeiten bei Personen, die sich in den betroffenen Regionen infiziert haben, zu verzeichnen.
    • Filtrierende Organismen wie Muscheln können HEV aus infiziertem Wasser anreichern und ebenfalls als Infektionsquelle dienen.5
  • Direkte Übertragung von Mensch zu Mensch
    • Ist bei reiseassoziierten HEV-1 und -2-Infektionen durch Schmierinfektion möglich.5 Scheint aber deutlich seltener vorzukommen als bei Hepatitis A.16
  • Übertragung über Nahrungsmittel
    • Die Übertragung kann durch den Verzehr von unzureichend gegartem Wild- und Schweinefleisch und dessen Produkten sowie von Muscheln erfolgen.5
    • In Europa scheint unzureichend gegartes Schweinefleisch die Hauptinfektionsquelle zu sein.6
    • Genotyp 1 und 2 kann in Ländern mit unzureichendem Hygienestandard auch über kontamininierte Lebensmittel übertragen werden.5
  • Weitere Infektionswege
    • Berichte über HEV-Übertragungsfälle durch vertiklale Transmission (Mutter – Kind) und Bluttransfusion liegen vor.17

Inkubationszeit und Virusausscheidung

  • Die Inkubationszeit beträgt durchschnittlich 40 (15–60) Tage.
  • Etwa eine Woche nach Auftreten der ersten Symptome kommt es zur Virämie und Virusausscheidung im Stuhl.
  • Das Virus ist selten länger als die laborchemischen Hepatitiszeichen im Stuhl und Blut nachweisbar.18
  • Im Rahmen von Epidemien treten die meisten Erkrankungen bei den 15- bis 40-Jährigen auf.
  • Chronische HEV-Infektionen sind selten und kommen praktisch nur bei immunsupprimierten Personen vor.11

Prädisponierende Faktoren

  • Mangelhafte Hygiene

ICPC-2

  • D72 Virushepatitis akut

ICD-10

  • B17 Sonstige akute Virushepatitis
    • B17.2 Akute Virushepatitis E
  • B18.8 Sonstige chronische Virushepatitis19

Diagnostik

Leitlinie: Diagnostik HEV20

Indikation HEV-Testung

  • Auf HEV getestet werden sollen:
    • Reisende mit Hepatitis, die aus Ländern zurückkehren, in denen HEV-1 oder -2 endemisch sind (Ia/A).
    • alle Patient*innen mit akuter oder chronischer Hepatitis im Rahmen der ersten virologischen Abklärung (Ia/A)
    • alle Patient*innen mit Verdacht auf arzneimittelinduzierte Leberkrankheit (Ia/A)
    • alle immunsupprimierten Patient*innen mit unerklärlichen Auffälligkeiten der Leberfunktionstests (Ia/A)
    • alle Patient*innen mit neuralgischer Amyotrophie oder Guillain-Barré-Syndrom (Ib/A)
    • Alle Patient*innen, die, nachdem sie Blutprodukte erhalten haben, abweichende Leberfunktionswerte entwickeln (Ia/A).
  • Eine HEV-Testung kann empfohlen werden bei:
    • unerklärlichen Schüben einer chronischen Lebererkrankung (III/C)
    • Enzephalitis und Myelitis (III/C).

Nierendiagnostik

  • Eine Untersuchung auf Proteinurie kann bei Patient*innen mit HEV-Infektion empfohlen werden (III/C).
  • Tritt bei Patient*innen mit akuter oder chronischer HEV-Infektion eine Proteinurie neu auf, dann kann eine Nierenbiopsie erwogen werden (III/C).

Diagnostische Kriterien

  • Die Anamnese und klinische Untersuchung ergeben die Verdachtsdiagnose einer Hepatitis.
  • Hepatitis E ist zu erwägen, wenn sich Betroffene in HEV- Endemiegebieten aufgehalten haben.
  • Die Diagnose wird durch Laboruntersuchungen und positive Serologie bestätigt.

Differenzialdiagnosen

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.5

Andere Virushepatitis

Hepatotoxische Substanzen

  • Medikamente, z. B. Paracetamol
  • Alkohol
  • Andere Lebergifte, z. B. Pilzgifte

Andere Lebererkrankungen

Anamnese

  • Klinisch verläuft die Erkrankung wie eine Hepatitis-A-Infektion und heilt normalerweise nach ein paar Wochen von selbst aus, ohne bleibende Schäden zu hinterlassen.
  • Zu Beginn der Erkrankung kommt es in der Regel zu grippeartigen Symptomen mit Fieber und Übelkeit.
  • Häufig verläuft die Infektion jedoch asymptomatisch. Nur selten weisen die Patient*innen die klinischen Zeichen einer Hepatitis auf.
  • Einige Patient*innen entwickeln eine cholestatische Verlaufsform mit erhöhten AP- Werten.
  • Die Hepatitis E ist klinisch nicht von den anderen Virushepatitiden zu unterscheiden.

Prodromalphase

Ikterische Phase

Atypische Zeichen5,20

Klinische Untersuchung

  • Druckschmerz im rechten Oberbauch
  • Ikterus
  • Lebervergrößerung
  • Splenomegalie
  • Evtl. Spider-Nävi (vorübergehend)
  • Evtl. neurologische Symptome

Ergänzende Untersuchungen

  • Sonografie zum Ausschluss anderer Erkrankungen
  • Blutbild, evtl. Differenzialblutbild und Immunelektrophorese
  • Biochemische Untersuchungen5
    • Gesamt-Bilirubin im Serum und Urobilinogen im Urin erhöht
    • rascher Anstieg der Transaminasen
      • GPT und GOT erreichen ihre Höchstwerte innerhalb von 4–6 Wochen, danach Normalisierung über 1–2 Monaten.
      • in der Regel überproportional zur Erhöhung von AP und Gamma-GT
    • ggf. Nierenfunktionsparameter, Pankreas, Schilddrüse
  • Serologie
    • Bestätigung der Diagnose durch:
      • PCR-Nachweis von Virus-RNA im Blut oder Stuhl
      • Nachweis von HEV-spezifischen IgG- und/oder IgM-Antikörper gegen rekombinant erzeugte Virusproteine
    • Anti-HEV-IgM ist 2–3 Monate lang nach dem Auftreten erster Symptome nachweisbar.
    • Anti-HEV-IgG ist kurz nach erfolgter IgM-Antwort und dann über einen sehr langen Zeitraum positiv: Bei 47 % aller Patient*innen über einen Zeitraum von 14 Jahren.14
    • Ob die Immunität gegenüber HEV verloren geht, wenn keine IgG-Antiköper mehr nachweisbar sind, ist bislang nicht geklärt.5,14
  • Das Virus wird ab Beginn der Erkrankung etwa 2 Wochen lang im Stuhl ausgeschieden, bei immungeschwächten Personen oft länger.
  • Bei unspezifischen IgM-Reaktionen sollte die Diagnose durch direkten Erregernachweis im Blut oder Stuhl mittels Nukleinsäureamplifikationstechniken (NAT) gesichert werden.5,18

 Konsiliarlabor für Hepatitis E

  • Das Konsiliarlabor für Hepatitis E ist Teil des infektionsepidemiologischen Netzwerkes des Robert Koch-Institutes.21
  • Es dient der fachlichen Beratung und bietet diagnostische Leistungen an, z. B. kostenlose Feintypisierungen und Stammvergleiche.5
  • Ein Verzeichnis über alle gegenwärtig berufenen nationalen Referenzzentren und Konsiliarlabore ist beim Robert Koch-Institut zu erhalten.
  • Konsiliarlabor für Hepatitis E am Institut für Klinische Mikrobiologie und Hygiene der Universität Regensburg

Diagnostik bei Spezialist*innen

  • Leberbiopsie?
    • nur bei Verdacht auf andere Lebererkrankung
    • Die Leberbiopsie zeigt bei akuter HEV-Infektion entweder eine unspezifische Entzündung oder eine Cholestase in den Gallengängen zwischen pseudoglandulär angeordneten Hepatozyten (cholestatische Form).

Indikationen zur Überweisung

  • Die meisten Patient*innen können zu Hause behandelt werden.
  • Eine stationäre Aufnahme empfiehlt sich bei Patient*innen, bei denen keine ausreichende Flüssigkeitszufuhr gewährleistet ist.

Meldepflicht

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.5
  • Laut Infektionsschutzgesetz ist die Hepatitis E in Deutschland meldepflichtig. Die Meldung erfolgt an das zuständige Gesundheitsamt.
  • Blutspendeeinrichtungen sollten umgehend informiert werden, wenn der Betroffene möglicherweise in der virämischen Phase Blut gespendet hat.

Therapie

Leitlinie: Therapie HEV20

  • Wenn die HEV-Replikation 3 Monate nach der ersten Detektion von HEV-RNA weiter persistiert, soll eine Ribavirin-Therapie über 12 Wochen erfolgen (Ib/A).
    • Danach sollen Serum und Stuhl auf HEV-RNA getestet werden (Ib/A).
    • Wenn HEV RNA in Serum und Stuhl nicht detektierbar ist, kann Ribavirin abgesetzt werden (III/C).
  • Eine antivirale Therapie kann bei chronischer HEV-Infektion und assoziierter glomerulärer Erkrankung empfohlen werden (III/C).
  • Eine antivirale Therapie mit Ribavirin kann bei schwerer akuter Hepatitis E oder Akut-auf-chronischem Leberversagen (ACLF) erwogen werden (III/C).

Therapieziel

  • Infektionsausbreitung verhindern.

Allgemeines zur Therapie

  • Die Hepatitis E ist bei immunkompetenten Personen eine selbstlimitierende Infektion, für die es keine spezifische Therapie gibt, was auch nicht erforderlich ist.14
    • Das Hauptziel der Behandlung besteht dann in der Verhinderung einer Infektionsausbreitung durch gute Körper- und Wäschehygiene.5
  • Wie aktiv die Patient*innen während der Erkrankung sein kann, richtet sich nach dem jeweiligen Allgemeinzustand.
  • Es ist nicht belegt, dass Bettruhe die Heilung beschleunigt. Im Gegenteil scheint diese die Rekonvaleszenz sogar zu verlängern.

Chronische Infektion bei immunkompromittierten Personen5

  • Eine Viruselimination sollte angestrebt werden, um eine verlängerte Ausscheidungsdauer und ein Fortschreiten von Leberschäden zu verhindern.
  • Wenn die Immunsuppression nicht erfolgreich reduziert werden kann, dann kommt eine antivirale Behandlung infrage.

Lebertransplantation5

  • Einzige Behandlungsoption bei fulminantem Verlauf

Empfehlungen für Patient*innen

  • Gute persönliche Körper- und Wäschehygiene5

Medikamentöse Therapie

  • Immunsupprimierte mit chronischer Hepatitis E werden ggf. antiviral mit PEG-Interferon-alpha und/oder Ribavirin behandelt.5,22
    • Eine retrospektive Fallserie zeigte, dass unter Ribavirin bei Patient*innen mit chronischer Hepatitis E, die eine Organtransplantation erhalten hatten, in 95 % der Fälle eine Viruselimination erzielt wurde.3 

Prävention

Individuelle Prävention5,22-23

  • Bei Reisen in Länder, in denen HEV-1 und -2 endemisch sind:
    • Sollten das Trinken von evtl. kontaminierten Getränken und der Verzehr von rohen oder nicht ausreichend erhitzten Speisen, insbesondere von Schalentieren, gemieden werden.
    • Empfohlen wird die ausschließliche Einnahme von desinfizierten oder industriell hergestellten Getränken.
    • Das Abkochen von Wasser tötet den Erreger ab, wohingegen die Wirkung einer Chlorierung nicht sicher belegt ist.
  • In Deutschland und anderen Ländern, in denen HEV-3 und -4 endemisch sind:
    • Sollten Fleisch von Schwein und Wild, besonders Innereien, nur durchgegart verzehrt werden.
    • Erhitzen auf mindestens 71 °C über 20 Minuten inaktiviert das Virus.
    • Die allgemeinen Verhaltensregeln zur Vermeidung einer lebensmittelbedingten Infektion sollten befolgt werden. U. a. ist auf eine gute Küchenhygiene zu achten, um Kreuzkontaminationen zu vermeiden.
  • Immunkompromitterte Personen sollten diese Präventionsmaßnahmen besonders sorgfältig verfolgen.20

 Impfung

  • Ein Impfstoff gegen die Hepatitis E ist in China bereits eingeführt, steht aber in Europa nicht zur Verfügung.5
    • Eine in China an 50.000 Patient*innen durchgeführte Studie zum neu entwickelten Hepatitis-E-Impfstoff ergab einen 100-prozentigen Impfschutz, der bei 87 % der Geimpften auch noch nach 4,5 Jahren bestand.24-25
  • Intravenöse Gaben von humanem Immunglobulin bieten keinen Schutz, da dieses nur niedrige Anti-HEV-IgG-Titer aufweist.

 Allgemeine Prävention5

  • Die wichtigsten Maßnahmen zur Eindämmung von HEV-Infektionen sind:
    • Sanitäre Verhältnisse in Endemiegebieten verbessern, vor allem durch Bereitstellung sauberen Trinkwassers für die Bevölkerung.
    • Verzehr von unzureichend erhitztem Schweinefleisch vermeiden und auf gute Hygiene bei der Verarbeitung von Fleisch achten.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Wie bei der Hepatitis A durchlaufen die Patient*innen eine Prodromalphase mit Allgemeinsymptomen, eine ikterische Phase und eine Rekonvaleszenzphase.

Komplikationen

  • Fulminate Hepatitis mit tödlichem Ausgang (0,1–1 %)
    • bei Schwangeren oft am Ende der Schwangerschaft mit hoher Letalitätsrate (10–30 %)
      • Schwangere mit HEV-1 oder -2 sollen engmaschig überwacht und beim Auftreten von Leberversagen in ein Transplantationszentrum überwiesen werden (I/A).20
    • Auch bei bestehender Lebererkrankung – wie schwerem Alkoholabusus, Kombination mit anderer Virus- oder Autoimmunhepatitis – ist das Risiko erhöht.5
  • Chronische Hepatitis bei immunsupprimierten Patient*innen
    • z. B. Transplantatempfänger, Chemotherapie, HIV/AIDS

Prognose

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.5,14,26-27
  • Bei Ansteckungen mit Genotyp 3 ist die Prognose besser als bei den Genvarianten 1 und 2.
  • Bei Immunkompetenten verläuft die Hepatitis E selbstlimitierend und ohne Chronifizierung.
  • Im Rahmen von Epidemien wird die Letalität auf 0,2–4 % geschätzt.
  • Bei Schwangeren, insbesondere im 3. Trimenon und bei Infektionen mit Genotyp 1, ist die Letalität mit 10–30 % sehr viel höher.
    • Bei Genotyp 3 scheint sich eine Schwangerschaft nicht negativ auf die Prognose auszuwirken.

Weitere Informationen

  • Zu dem Thema gibt es einen Fallbericht und Diskussionsmöglichkeit bei Coliquio.

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Leitlinien

  • European Association for the Study of the Liver. EASL Clinical Practice Guidelines on hepatitis E virus infection. J Hepatol 2018; 68(6): 1256-1271. www.easl.eu

Literatur

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  2. Skidmore SJ: Factors in spread of hepatitis E. Lancet 1999; 354: 1049-50. PubMed
  3. Kamar N, Izopet J, Tripon S, et al. Ribavirin for chronic hepatitis E virus infection in transplant recipients. N Engl J Med 2014 Mar 20; 370:1111-20. doi: 10.1056/NEJMoa1215246 DOI
  4. Robert Koch-Institut: Infektionsepidemiologisches Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten für 2018. Berlin, 01.03.2019. www.rki.de
  5. Robert Koch-Institut: Ratgeber für Ärzte, Hepatitis E. Berlin 2015 (23.02.2016). www.rki.de
  6. European Centre for Disease Prevention and Control. Hepatitis E in the EU/EEA, 2005–2015. Stockholm: ECDC; 2017 ecdc.europa.eu
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  11. Hepatitis E. Häufig, aber meist ungefährlich. Pharmazeutische Zeitung 23/2018. (05.06.2018) www.pharmazeutische-zeitung.de
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Autor*innen

  • Thomas M. Heim, Dr. med. Wissenschaftsjournalist, Freiburg
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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