Asthmaanfall bei Kindern und Jugendlichen

Zusammenfassung

  • Definition:Akute Atemwegsobstruktion bei vorbestehendem Asthma mit unmittelbarem Behandlungsbedarf.
  • Häufigkeit:2018 gab es 4.653 Hospitalisierungen in Deutschland bei Kindern und Jugendlichen < 15 Jahre aufgrund asthmatischer Beschwerden.
  • Symptome:Variabel, u. a. Engegefühl in der Brust, Atemnot und trockener Husten.
  • Befunde:Atemgeräusche (exspiratorischer Stridor), Kurzatmigkeit, verlängertes Exspirium, erhöhte Atem- und Herzfrequenz bis zu abgeschwächtem Atemgeräusch, Zyanose, Bewusstseinsminderung.
  • Diagnostik:In der akuten Phase ist der klinische Befund entscheidend.
  • Therapie:Richtet sich nach dem Schweregrad. Basistherapie: Beruhigung und abgeschirmte Umgebung, schnellwirksame Beta-2-Sympathomimetika inhalativ, atmungserleichternde Körperhaltung und Lippenbremse.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Asthmaanfall bei Kindern und Jugendlichen mit unmittelbarem Behandlungsbedarf
  • Synonym: akute Asthmaexazerbation
  • Ursache ist eine akute Atemwegsobstruktion bei vorbestehendem Asthma mit Zunahme der Symptome oder Abnahme der Lungenfunktion außerhalb der bisherigen Variabilität.
  • Ein akuter Asthmaanfall kann auch Erstmanifestation der Erkrankung sein.
  • Ein Asthmaanfall von mindestens 24 Stunden Dauer trotz Therapie wird als Status asthmaticus bezeichnet und ist potenziell lebensbedrohlich.1

Häufigkeit

  • 2018 wurden 4.653 Kinder und Jugendliche < 15 Jahre in Deutschland im Krankenhaus wegen Asthma behandelt. 2
    • Davon 577 mit Status asthmaticus.
    • Die durchschnittliche stationäre Verweildauer betrug 2,8 Tage.
    • Es gab dabei keinen einzigen Todesfall.
  • Bei Schulkindern wurde eine Häufung von Asthmaexazerbationen nach Ferienende beobachtet, vermutlich auf dem Boden von viralen Infekten.3

Ätiologie und Pathogenese

  • Asthma ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung der Atemwege, die durch bronchiale Hyperreagibilität und reversible Atemwegsobstruktion zu respiratorischen Symptomen führt.
  • Die Erkrankung ist heterogen und kann verschiedene Ursachen und Pathomechanismen haben.
  • Siehe auch die Artikel Asthma und Asthma bei Kindern und Jugendlichen.
  • Akute Anfälle werden häufig durch äußere Faktoren ausgelöst.
    • nichtallergische Faktoren (z. B. virale oder bakterielle Infekte, Kälte, körperliche Belastung)
    • allergische Faktoren (Pollen, Tierhaare, Staub)
  • Etwa 80–95 % der Asthmaexazerbationen bei Schulkindern sollen im Zusammenhang mit viralen Atemwegsinfekten stehen.4
  • Eine Häufung von Asthmaanfällen kann Ausdruck einer unzureichenden Basistherapie sein.5

Prädisponierende Faktoren

  • Allergenexposition
  • Infektionen der oberen und unteren Atemwege, meist viraler Genese3
  • Körperliche Anstrengung
  • Acetylsalicylsäure und NSAR können einen Anfall auslösen.

ICPC-2

  • R96 Asthma

ICD-10

  • J46 akutes schweres Asthma bronchiale

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Asthmananfälle können je nach Schweregrad in leichte bis mittelschwere, schwere und lebensbedrohliche Anfälle eingeteilt werden.1,6
  • Parallel zur Einschätzung des Schweregrads sollte die Initialtherapie begonnen werden.6
  • Der klinische Befund ist für das weitere Vorgehen entscheidend, da im Notfall wenig Möglichkeit zur ausführlichen Diagnostik besteht.
  • Die wichtigsten Asthma-Symptome bei Kindern sind:1
    • Atemnot
    • Husten ohne Infekt, v. a. im Zusammenhang mit körperlicher Belastung
    • Atemgeräusche (Giemen und Pfeifen bei Exspiration).

Besonderheiten des Asthmaanfalls bei Kindern unter 2 Jahren1,6 

  • Die Klinik eines Asthmaanfalls ist bei Säuglingen und Kleinkindern häufig weniger eindeutig.
  • Ähnliche Beschwerden und Atemgeräusche, wie z. B. Giemen, können auch durch Virusinfektionen entstehen.
  • Rezidivierende obstruktive Bronchitiden verschwinden in der Regel nach dem 3. Lebensjahr.
  • Die Kooperationsfähigkeit ist insbesondere bei Kleinkindern oft eingeschränkt.

Schweregrad des Asthmaanfalls

  • Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.6

Leichter bis mittelschwerer Anfall

  • Symptome 
    • Unvermögen einen längeren Satz während eines Atemzuges zu vollenden.
  • Klinische Zeichen
    • Atemfrequenz < 30/min
    • Atemmuster
      • verlängerte Ausatmung
      • Zeichen der Dyspnoe: Einziehungen, Nasenflügeln
      • trockene Rasselgeräusche im Exspirium: Giemen und Brummen
  • Apparative Zeichen
    • Blutdruck normoton
    • Peak Expiratory Flow (wenn am Gerät geschult)
      • < 80 % und > 50 % des persönlichen Bestwertes
    • Pulsoxymetrie SaO2 ≥ 92 %

Schwerer Anfall

  • Symptome
    • Unvermögen einen längeren Satz während eines Atemzuges zu vollenden.
  • Klinische Zeichen
    • Atemfrequenz
      • > 5 Jahre: > 30/min
      • 2–5 Jahre: > 40/min
    • Atemmuster
      • verlängerte Ausatmung
      • Zeichen der Dyspnoe: Einziehungen, Nasenflügeln
      • trockene Rasselgeräusche im Exspirium: Giemen und Brummen
  • Apparative Zeichen
    • Blutdruck normoton
    • Peak Expiratory Flow (wenn am Gerät geschult)
      • < 50 % des persönlichen Bestwertes
    • Pulsoxymetrie SaO2 < 92 % (Zyanose)

Lebensbedrohlicher Anfall

  • Symptome
    • Erschöpfung, Konfusion
  • Klinische Zeichen
    • Atemfrequenz
      • > 5 Jahre: > 30/min
      • 2–5 Jahre: > 40/min
      • auch Bradypnoe oder Apnoe möglich
    • Atemmuster
      • Zeichen der Dyspnoe: Einziehungen, Nasenflügeln
      • trockene Rasselgeräusche im Exspirium: Giemen und Brummen
      • auch fehlendes Atemgeräusch („stille Lunge") möglich
  • Apparative Zeichen
    • Blutdruck hypoton
    • Peak Expiratory Flow (wenn am Gerät geschult)
      • ggf. nicht messbar
    • Pulsoxymetrie SaO2 < 92 % (Zyanose)

Differenzialdiagnosen

Säugling

Kleinkind

Kinder und Jugendliche

Anamnese

  • Anfall mit akuter Verschlechterung eines vorbekannten Asthmas
  • Asthmaanfälle treten bei Kindern häufig bei oder nach dem Spielen oder sportlicher Betätigung auf.
  • Möglicherweise saisonale Häufung von Asthmaanfällen, z. B. bei Pollenallergie
  • Die Beschwerden umfassen häufig:1
    • erschwerte Atmung und Atemnot
    • Engegefühl in der Brust
    • trockenen Husten
    • pfeifende Geräusche bei der Ausatmung.
  • Manche Kinder mit einem Asthmaanfall sind subjektiv kaum beeinträchtigt.6

Klinische Untersuchung

  • In der klinischen Untersuchung können während des Asthmaanfalls folgende Befunde erhoben werden:1,6
    • angestrengte Atmung, Atemnot
    • exspiratorischer Stridor
    • Giemen oder pfeifendes Atemgeräusch
    • Klopfschall hypersonor
    • erhöhte Atemfrequenz
    • Tachykardie
    • Einsatz der Atemhilfsmuskulatur
    • im schweren Asthmaanfall fehlendes Atemgeräusch durch Überblähung („stille Lunge“), Zyanose, Blutdruckabfall, Erschöpfung, Verwirrtheit
  • Bei Kindern sollte zusätzlich geachtet werden auf:1
    • Atopie-Zeichen, z. B. atopisches Ekzem 
    • Einziehungen jugulär, interkostal und epigastrisch
    • erhöhter Thoraxdurchmesser durch Überblähung.

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

  • In der Akutsituation klinische Diagnose stellen.

Indikationen zur Überweisung

  • Bei einem schweren oder lebensbedrohlichen Asthmaanfall sollte nach der Initialtherapie die sofortige Einweisung in ein Krankenhaus organisiert werden, ggf. mit notärztlicher Begleitung (bei lebensbedrohlichem Anfall).6
  • Zeigt sich 30–60 Minuten nach der initialen Versorgung des leichten bis mittelschweren Asthmaanfalls keine nachhaltige Besserung, empfiehlt die Leitliniengruppe die umgehende Einweisung in das Krankenhaus bzw. die weitergehende Behandlung in der Notaufnahme.6
  • Krankenhauseinweisung erwägen, wenn unklar ist, ob die Patient*innen und/oder die Angehörigen mit der Situation zurechtkommen.

Therapie

Therapieziele

  • De akuten Anfall behandeln.
  • Den Krankheitsverlaufs nach dem Anfall stabilisieren.

Allgemeines zur Therapie

  • Siehe auch Artikel Asthmaanfall bei Kindern, Akutbehandlung.
  • Ein Asthmaanfall ist oft eine durch Angst bestimmte Situation.6
    • Beruhigen Sie die Patient*innen und bringen Sie diese in eine ruhige, abgeschirmte Umgebung.

Basistherapie des akuten Asthmaanfalls6

  • Atmungserleichternde Körperstellung (Hinsetzen, Aufstützen der Arme)
  • Dosierte Lippenbremse
  • 2–4 Hübe schnell wirksames Beta-2-Sympathomimetikum (SABA)

Behandlungsempfehlungen

  • Es existieren sowohl eine nationale Versorgungsleitlinie (NVL) Asthma6 als auch eine Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP)1 und der Global Initiative of Asthma (GINA).7
  • Im folgenden Leitlinienkasten haben wir uns vor allem auf die NVL bezogen, Zitate aus der Leitlinie der DGP und GINA sind kursiv gedruckt.

Leitlinien Asthma (NVL, DGP und GINA): Initialtherapie1,6-7

  • Die Initialtherapie umfasst stets eine atmungserleichternde Körperstellung (Hinsetzen, Aufstützen der Arme), dosierte Lippenbremse und 2–4 Hübe eines schnell wirksamen Beta-2-Sympathomimetikums (SABA).
  • Bei einem schweren oder lebensbedrohlichen Asthmaanfall sollte nach der Initialtherapie die sofortige Einweisung in ein Krankenhaus organisiert werden, ggf. mit notärztlicher Begleitung (bei lebensbedrohlichem Anfall).
  • Bei Kindern und Jugendlichen sollen inhalative Glukokortikoide als Hochdosistherapie nicht zur Notfallbehandlung des Asthmaanfalls eingesetzt werden.

Leichter bis mittelschwerer Anfall

  • Selbsthilfetechniken
    • atmungserleichternde Körperstellung und Lippenbremse
  • SABA inhalativ
    • 2–4 Hübe alle 10–20 Minuten
    • 4–10 Hübe, alle 20 Minuten für 1 Stunde wiederholen (GINA).
  • Ipratropiumbromid inhalativ
    • Nicht anwenden.
  • Sauerstoff
    • in der Regel nicht notwendig
  • Prednisolon
    • Wenn kein ausreichendes Ansprechen auf 2–4 Hübe SABA alle 10 Minuten 2-mal in Folge: 1–2 mg/kg Körpergewicht Prednisolon oral oder i. v.
    • Maximaldosis Prednisolon 40 mg (GINA)

Schwerer Anfall

  • Selbsthilfetechniken
    • atmungserleichternde Körperstellung und Lippenbremse
  • SABA inhalativ
    • 2–4 Hübe alle 10–20 Minuten
    • 4–10 Hübe, alle 20 Minuten für 1 Stunde wiederholen (GINA).
  • Ipratropiumbromid inhalativ
    • 2–4 Hübe alle 6–8 Stunden als Add-on zu SABA
    • Die Addition von Ipratropiumbromid zu ausreichend dosierter oder kontinuierlicher Beta-2-Sympathomimetika-Inhalation bringt meist keine Verbesserung, aber besonders Kleinkinder reagieren in einzelnen Fällen besonders gut (DGP).
  • Sauerstoff
    • Zielsättigung: > 94 %
  • Prednisolon
    • Wenn kein ausreichendes Ansprechen auf 2–4 Hübe SABA alle 10 Minuten 2-mal in Folge: 1–2 mg/kg Körpergewicht Prednisolon oral oder i. v.
    • Maximaldosis Prednisolon 40 mg (GINA)
  • Da besonders bei Kleinkindern oft klinisch nicht zu entscheiden ist, ob ein schwerer Asthmaanfall oder eine Bronchiolitis vorliegt, ist bei mangelnder Besserung unter Beta-2-Sympathomimetika besonders in dieser Altersstufe ein Versuch mit Adrenalin zur Inhalation gerechtfertigt (DGP).

Lebensbedrohlicher Anfall

  • Selbsthilfetechniken
    • atmungserleichternde Körperstellung und Lippenbremse
  • SABA inhalativ
    • 2–4 Hübe alle 10–20 Minuten
    • 4–10 Hübe, alle 20 Minuten für 1 Stunde wiederholen (GINA).
    • alternativ: Dauerverneblung des SABA mit Sauerstoff unter Kontrolle der Herzfrequenz
  • Ipratropiumbromid inhalativ
    • 2–4 Hübe alle 6–8 Stunden als Add-on zu SABA
    • Die Addition von Ipratropiumbromid zu ausreichend dosierter oder kontinuierlicher Beta-2-Sympathomimetika-Inhalation bringt meist keine Verbesserung, aber besonders Kleinkinder reagieren in einzelnen Fällen besonders gut (DGP).
  • Sauerstoff
    • Zielsättigung: > 94 %
  • Prednisolon
    • Sofort, soweit möglich: 1–2 mg/kg Körpergewicht Prednisolon i. v.
    • Maximaldosis Prednisolon 40 mg (GINA)
  • Da besonders bei Kleinkindern oft klinisch nicht zu entscheiden ist, ob ein schwerer Asthmaanfall oder eine Bronchiolitis vorliegt, ist bei mangelnder Besserung unter Beta-2-Sympathomimetika besonders in dieser Altersstufe ein Versuch mit Adrenalin zur Inhalation gerechtfertigt (DGP).

Inhalation mit Beta-2-Sympathomimetika

  • Schnellwirksame Beta-2-Sympathomimetika (SABA) stellen die wirksamste Therapie zur Bronchodilatation dar und werden bei einem akuten Asthmaanfall für Kinder und Jugendliche aller Altersgruppen empfohlen.8
  • Die Inhalation von SABA führt zu schnellerer Bronchodilatation mit weniger Nebenwirkungen als die orale oder intravenöse Gabe.5
  • Die Inhalation kann per Dosieraerosol, ggf. mit Spacer und Maske (wahrscheinlich die beste Alternative bis zum Alter von 2 Jahren)9 oder kontinuierlicher Verneblung mit Sauerstoff, erfolgen.10
  • Eine Dauerinhalation (Feuchtinhalation mittels Verneblermaske und Sauerstoff) zeigt sehr gute Wirksamkeit und führt zu ähnlichen Wirkspiegeln wie die parenterale Gabe.1,11

Klimabewusste Verordnung von inhalativen Arzneimitteln

  • Die Angaben zu diesem Abschnitt beziehen sich auf die entsprechende Leitlinie der DEGAM.12
  • Dosieraerosole (DA) benutzen Treibmittel, um den Wirkstoff in tiefe Lungenabschnitte zu transportieren.
    • Diese schädigen zwar die Ozonschicht nicht, sind aber starke Treibhausgase.
    • Dadurch haben DA im Vergleich zu Pulverinhalatoren ein vielfach höheres Schädigungspotenzial für die Atmosphäre.
  • Nichtsdestotrotz sind DA in folgenden Fällen indiziert:
    • bei Kindern < 5 Jahre für die Inhalation von Beta-2-Sympathomimetika oder Glukokortikosteroiden
    • bei akutem Asthmaanfall.
  • Verschreibende, Apotheker*innen und Patient*innen sollten berücksichtigen, dass zwischen den einzelnen DA beträchtliche Unterschiede in ihrem Global Warming Potential bestehen, und das DA mit einem möglichst niedrigen GWP bevorzugen, wenn sie klinisch vergleichbar wirksam sind.

Nicht empfohlene Therapiemaßnahmen

  • Der Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.1,6
  • Folgende Maßnahmen sollten im akuten Anfall vermieden werden:
    • hohe Dosen inhalativer Glukokortikoide (langsamer Wirkeintritt)
    • Sedativa oder Anxiolytika führen zu Atemdepression.
    • Die Gabe großer Flüssigkeitsvolumina bewirkt kardiale Belastung.
    • Expektoranzien (Mukopharmaka) sind im akuten Asthmaanfall kontraindiziert.
    • Antibiotika sind in der Regel nicht indiziert.
      • Ausnahme ist der Verdacht auf einen bakteriellen Infekt als Auslöser!

Weitergehende Therapiemaßnahmen im Krankenhaus

  • Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.6
  • Initialtherapie weiterführen und ausschöpfen.
  • Bei respiratorischer Insuffizienz Sauerstoffgabe
  • Flüssigkeit bei Bedarf substituieren (oral oder i. v)
  • Magnesium 25–50 mg/kg Körpergewicht (max. 2 g) über 20–30 Minuten i. v. anwenden, üblicherweise 1-mal pro Tag.
  • Zusätzliche ist die individualisierte Therapie mit Beta-2-Sympathomimetika i. v. und/oder Theophyllin i. v. als Ultima Ratio möglich.
    • Leitend ist hier die Überlegung, einen weiteren Wirkmechanismus probatorisch anzuwenden, um damit ggf. eine Beatmung zu vermeiden.
  • Wenn eine parenterale Therapie erforderlich ist, gelten folgende Dosisempfehlungen:1
    • Reproterol (ab 3. Lebensmonat zur parenteralen Gabe bei schwerem Asthmaanfall zugelassen)
      • Kurzinfusion (initial): 1 μg Reproterolhydrochlorid/kg KG/min über 10 Minuten
      • Dauerinfusion: 0,2 μg Reproterolhydrochlorid/kg KG/min über 36–48 Stunden
    • Magnesiumsulfat
      • 25–50 mg/kg/Dosis (max. 2 g) über 20–30 min i. v.
      • dann ggf. 15–25 mg/kg/h
      • Cave: Bradykardie!
    • Theophyllin
      • nach Loading Dose 0,5–1 mg/kg/h
      • Spiegelkontrolle 30 min nach Ende der Loading Dose
      • Spiegel 10–20 mg/l

Betreuung nach einem Asthmaanfall

  • Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.6
  • Nach der Akutversorgung oder der (intensiv-)stationären Behandlung ist neben der Nachsorge die Prävention eines weiteren Asthmaanfalls entscheidend.
  • Folgende Maßnahmen sollten erfolgen:
    • Risikofaktoren für Verschlechterung der Asthmakontrolle identifizieren.
    • Asthma-Aktionsplan aushändigen bzw. überarbeiten.
    • Schulung bzw. Nachschulung anregen.
    • Notwendigkeit einer Intensivierung der Langzeittherapie prüfen.
    • Indikation zu einer Rehabilitation prüfen.
  • Die Leitlinie der GINA empfiehlt nach einem akuten Asthmaanfall, die Controller (langwirksame Medikamente, z. B. inhalative Glukokortikoide oder langwirksame Beta-2-Sympathomimetika) für 1 Woche bis 3 Monate zu erhöhen.7
  • Bezüglich Informationen zu Risikofaktoren, Schulungen und Langzeittherapie beachten Sie bitte auch den Artikel Asthma bei Kindern und Jugendlichen.

Prävention

  • Adäquate Langzeittherapie des chronischen Asthmas
  • Mit PEF-Messungen und Tagebuch zu Hause kann ab dem 5.–6. Lebensjahr begonnen werden.
  • Auslöser, z. B. Allergene, kalte Luft, inhalative Schadstoffe, meiden.
  • Keine potenziell anfallsauslösenden Medikamente (ASS, NSAR oder Betablocker)
  • Schulung über Symptome und frühe Notfallbehandlung eines Asthmaanfalls
  • Ggf. rehabilitative Maßnahmen
  • Bei Jugendlichen: Nicht rauchen!

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Der akute Anfall kann in der Regel effektiv behandelt werden.
  • Ein Asthmaanfall ist häufig Ausdruck eines Fortschreitens der Erkrankung oder einer unzureichenden Langzeittherapie. Nach dem akuten Anfall sollte daher eine Kontrolle und evtl. eine Anpassung der Behandlung erfolgen.
  • Siehe auch die Artikel Asthma und Asthma bei Kindern und Jugendlichen.

Komplikationen

  • Akute Asthmaanfälle sind potenziell lebensbedrohlich.
    • Von 2016–2018 gab es in Deutschland bei Kindern < 15 Jahre 2 Todesfälle durch akute Asthmaanfälle.2

Prognose

  • Die allermeisten Anfälle lassen sich effektiv behandeln.
  • Die Anzahl der Einweisungen aufgrund von Asthmaanfällen ist rückläufig. Dies wird der vorbeugenden Behandlung mit inhalativen Glukokortikoiden zugeschrieben.13-14
  • Hospitalisierungen von Kindern < 15 Jahre aufgrund von Asthma in Deutschland:2
    • 2018: 4.653 Fälle
    • 2012: 6.623 Fälle
    • 2006: 9.644 Fälle
    • 2000: 14.592 Fälle.

Verlaufskontrolle

  • Siehe auch den Artikel Asthma bei Kindern und Jugendlichen.
  • Ambulante Vorstellung im Verlauf nach behandeltem Anfall
  • Zusätzliche Diagnostik, z. B. Lungenfunktion, erwägen.
  • Inhalationstechnik und Verwendung Peak-Flow-Meter demonstrieren lassen.
  • Schulung über Warnzeichen und Notfallbehandlung eines Anfalls (Asthma-Aktionsplan)
  • Expositionsprophylaxe bei bekanntem Auslöser

Patienteninformationen

Worüber sollten Sie die Patient*innen informieren?

  • Das Kind sollte im Asthmaanfall nicht unbeaufsichtigt sein und in einer ruhigen Umgebung eine bequeme Position einnehmen können.
  • Die ambulante Erstbehandlung beginnt häufig in Eigenverantwortung des Kindes und seiner Angehörigen. Idealerweise haben die Kinder und deren Angehörige eine Schulung erhalten und können den Asthma-Aktionsplan im Ernstfall strukturiert abarbeiten.6
    • Selbsteinschätzung des Schweregrades (Atmung, Sprache, PEF)
    • Anwendung der Bedarfstherapie, atmungserleichternde Körperhaltung und dosierte Lippenbremse
    • Wirksamkeit objektivieren (Atmung, Sprache, PEF).
    • Wenn unwirksam: Bedarfstherapie wiederholen, frühzeitig und soweit vorhanden orale Glukokortikoide anwenden.
    • Wenn unwirksam: Arzt oder Notaufnahme aufsuchen.

Probleme bei den Selbsthilfemaßnahmen6

  • Nicht geschulte Patient*innen und Angehörige haben Schwierigkeiten, den Schweregrad des Asthmaanfalls einzuschätzen und versuchen oft zu lange, einen Anfall durch Bedarfsmedikamente zu kupieren.
  • Die Anwendung hoher repetitiver Dosen der Bedarfstherapie birgt ein Risiko für unerwünschte Wirkungen. 
  • Zudem besteht bei Eltern häufig Besorgnis über die unerwünschten Wirkungen von oralen Glukokortikoiden, sodass die Anwendung verzögert erfolgt.

Patienteninformationen in Deximed

Asthma

Asthma bei Kindern und Jugendlichen

Illustrationen

Atemwege und Veränderungen bei Asthma bronchiale
Atemwege und Veränderungen bei Asthma bronchiale

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Klimabewusste Verordnung von inhalativen Arzneimitteln. S1, AWMF-Nr. 053-059. Stand 2022. www.degam.de
  • Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). Diagnostik und Therapie von Patienten mit Asthma. AWMF-Leitlinie Nr. 020-009. S2k, Stand 2017. www.awmf.org
  • Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ). Nationale Versorgungsleitline Asthma. 4. Auflage, Stand 2020. www.leitlinien.de
  • Global Initiative for Asthma. Pocket Guide for Asthma Management und Prevention. Stand 2020. www.ginasthma.org

Literatur

  1. Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). Diagnostik und Therapie von Patienten mit Asthma. AWMF-Leitlinie Nr. 020-009, Stand 2017. www.awmf.org
  2. Gesundheitsberichterstattung des Bundes. Gemeinsam getragen von RKI und Destatis. Diagnosedaten der Krankenhäuser. Jahr 2018 (letzter Zugriff 25.09.2020). www.gbe-bund.de
  3. Hershenson MB. Rhinovirus-Induced Exacerbations of Asthma and COPD. Scientifica (Cairo). 2013;2013:405876. doi: 10.1155/2013/405876 Epub 2013 Feb 21. Review. PubMed PMID: 24278777 PMID:24278777 www.ncbi.nlm.nih.gov
  4. Johnston SL, Pattemore PK, Sanderson G, Smith S, Lampe F, Josephs L, Symington P, O'Toole S, Myint SH, Tyrrell DA, et al. Community study of role of viral infections in exacerbations of asthma in 9-11 year old children. BMJ. 1995 May 13;310(6989):1225-9. PubMed PMID: 7767192 www.ncbi.nlm.nih.gov
  5. Williams SJ, Winner SJ, Clark TJ. Comparison of inhaled and intravenous terbutaline in acute severe asthma. Thorax. 1981 Aug;36(8):629-31. PubMed PMID: 7031975 www.ncbi.nlm.nih.gov
  6. Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ). Nationale Versorgungsleitline Asthma. Version 4, Stand 2020. www.leitlinien.de
  7. Global Initiative for Asthma. POCKET GUIDE FOR ASTHMA MANAGEMENT AND PREVENTION. Stand 2020. ginasthma.org
  8. Bateman ED, Hurd SS, Barnes PJ, Bousquet J, Drazen JM, FitzGerald JM, Gibson P, Ohta K, O'Byrne P, Pedersen SE, Pizzichini E, Sullivan SD, Wenzel SE, Zar HJ. Global strategy for asthma management and prevention: GINA executive summary. Eur Respir J. 2008 Jan;31(1):143-78. doi: 10.1183/09031936.00138707 PubMed PMID: 18166595 www.ncbi.nlm.nih.gov
  9. Cates CJ, Welsh EJ, Rowe BH. Holding chambers (spacers) versus nebulisers for beta-agonist treatment of acute asthma. Cochrane Database of Systematic Reviews 2013, Issue 9. Art. No.: CD000052. DOI: 10.1002/14651858.CD000052.pub3. DOI
  10. Mandelberg A, Tsehori S, Houri S, et al. Is nebulized aerosol treatment necessary in the pediatric emergency department? Comparison with a metal spacer device for metered-dose-inhaler. Chest 2000; 117:1309-13. PubMed
  11. Andrews T, McGintee E, Mittal MK, Tyler L, Chew A, Zhang X, Pawlowski N, Zorc JJ. High-dose continuous nebulized levalbuterol for pediatric status asthmaticus: a randomized trial. J Pediatr. 2009 Aug;155(2):205-10.e1. doi: 10.1016/j.jpeds.2009.01.073 Titel anhand dieser DOI in Citavi-Projekt übernehmen. Epub 2009 May 21. PubMed PMID: 19464028 www.ncbi.nlm.nih.gov
  12. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Klimabewusste Verordnung von inhalativen Arzneimitteln. S1, AWMF-Nr. 053-059. Stand 2022. www.degam.de
  13. Wennergren G, Strannegård I-L. Asthma hospitalizations continue to decrease in schoolchildren but hospitalization rates for wheezing illness remain high in young children. Acta Paediatr 2002; 91: 1239 - 45. PubMed
  14. Adams RJ, Fuhlbrigge A, Finkelstein JA, Lozano P, Livingston JM, Weiss KB et al. Impact of inhaled anti-inflammatory therapy on hospitalization and emergency department visits for children with asthma. Pediatrics 2001; 107: 706 - 11. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov

Autor*innen

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt
  • Jonas Klaus, Arzt, Freiburg im Breisgau
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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