Rationale Antibiotikatherapie in der Hausarztpraxis

Allgemeines zur Antibiotikatherapie

  • Siehe Tabelle Rationale Antibiotikatherapie in der Hausarztpraxis – orale Therapie der Wahl laut aktueller AWMF-Leitlinien (Stand 22.12.2022).
  • In diesem Kapitel werden häufige, typischerweise in der Hausarztpraxis behandelte Infektionen und ihre leitliniengerechte orale antibiotische Therapie dargestellt.
  • Spezifische Infektionskrankheiten oder solche, die in der Regel eine Diagnostik und Therapie bei Spezialist*innen erforderlich machen, werden in den jeweiligen Krankheitsartikeln gesondert beschrieben.
  • Grundsätzlich ist der Einsatz von Antibiotika mit dem Risiko leichter (z. B. antibiotikaassoziierte Diarrhö) und/oder schwerer Nebenwirkungen (z. B. Clostridium-difficile-Kolitis) und der Zunahme von Antibiotikaresistenzen verbunden.
  • Antibiotika sollten nur bei klarer Indikation (nicht bei banalen Infekten oder Erkältung) und am besten entsprechend den aktuellen Leitlinienempfehlungen verordnet werden.
    • Auch die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) rät im Rahmen ihrer Initiative Klug Entscheiden von einer Antibiotikagabe bei akuten Infekten der oberen Atemwege inklusive der akuten Bronchitis ebenso ab wie von der Stellung der Indikation für eine Antibiotikatherapie allein aufgrund eines erhöhten CRP oder OCT.
  • Der Gebrauch von oralen Cephalosporinen und Fluorchinolonen ist in Deutschland immer noch weit verbreitet, obwohl
    • aufgrund der schlechten Bioverfügbarkeit von Oralcephalosporinen diese in fast keiner aktuellen Leitlinie mehr als Therapie der 1. Wahl empfohlen sind (Ausnahme: Rhinosinusitis).
    • diese beiden Substanzklassen mit einem besonders hohen Risiko für eine Clostrididioides-difficile-Kolitis einhergehen.
  • Nach dem Rote-Hand-Brief mit Hinweis auf ein erhöhtes Risiko von Aortendissektionen und -aneurysmen unter der Einnahme von Fluorchinolonen durch die AkdÄ im Oktober 2018, gibt es im November 2018 eine Information des BfArM zu schweren und langanhaltenden Nebenwirkungen von Fluorchinolonen an Muskeln, Gelenken und Nervensystem und zu folgenden Empfehlungen der Europäischen-Arzneimittelagentur (im April 2019 noch einmal ein ergänzender Rote-Hand-Brief):1
    • Keine Anwendung von Fluorchinolonen bei Infektionen, die auch ohne Behandlung abklingen, die nicht schwerwiegend sind oder nicht bakteriell bedingt.
    • keine Verschreibung bei nicht schweren oder selbstlimitierenden Infektionen wie Pharyngitis, Tonsillitis, akute Bronchitis
    • nicht bei leichten bis mittelschweren Infektionen wie unkomplizierte Zystitis, akute Exazerbation einer chronischen Bronchitis und einer COPD, akuter bakterieller Rhinosinusitis oder akuter Otitis.
    • keine Anwendung von Fluorchinolonen zur Vorbeugung von Reisediarrhö oder von rezidivierenden unteren Harnwegsinfektionen
    • keine Anwendung von Fluorchinolonen als Mittel der 1. Wahl zur Behandlung leichter und mittelschwerer Infektionen
    • Keine Anwendung von Fluorchinolonen bei Patient*innen, bei denen schon einmal schwere Nebenwirkungen von Chinolonen oder Fluorchinolonen aufgetreten sind.
    • besonders hohes Risiko für Sehnenschäden bei älteren Patient*innen, Nierenfunktionsstörung, nach solider Organtransplantation oder unter Kortikoidtherapie
      • keine gleichzeitige Behandlung mit Fluorchinolonen und Kortikosteroiden.
  • Das Risiko einer Clostridiioides-difficile-Kolitis ist besonders hoch bei Clindamycin, Fluorchinolonen, Cephalosporinen, Breitbandpenicillinen und Clarithromycin und nicht bis gering erhöht bei Tetrazyklinen, Makroliden, Sulfonamiden oder Aminoglykosiden.
  • Die folgenden Therapieempfehlungen zu den einzelnen Krankheitsbildern orientieren sich an den jeweiligen aktuellen Leitlinien.

Streptokokken-Infektionen des Halses – Tonsillitis und Scharlach

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.2
  • Siehe auch die Artikel:
  • Alle Patient*innen ohne Kontraindikationen
    • Lokaltherapie: nichtmedikamentöse Lutschtabletten und/oder medikamentöse Lutschtabletten mit Lokalanästhetika/oder NSAR
    • keine Lutschtabletten mit Lokalantiseptika oder Antibiotika
    • Kurzzeitige symptomatische Therapie mit Ibuprofen oder Naproxen anbieten.

Antibiotikatherapie bei Tonsillitis

  • Siehe Artikel Akute Tonsillitis.
  • Zur Verkürzung der Krankheitsdauer
  • Bei einem Centor-/McIsaac-/FeverPAIN-Score von 3
    • Antibiotika ausschließlich mittels Delayed Prescribing anbieten.
  • Bei einem Centor-/McIsaac-/FeverPAIN-Score von 4
    • Antibiotische Therapie mittels Delayed Prescribing ODER eine sofortige antibiotische Therapie anbieten.
  • Falls bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 3–15 Jahren eine antibiotische Therapie ärztlich erwogen oder von Elternseite erwartet wird, kann bei einem Centor-/McIsaac-/FeverPAIN-Score 3 ein Schnelltest auf Gruppe-A-Streptokokken zur Therapieentscheidung herangezogen werden.
  • Alter ab 16 Jahre
    • Penicillin V: Penicillin V 0,8–1,0 Mio. IE in 3 Einzeldosen p. o. für 5–7 Tage
    • bei Penicillinunverträglichkeit: für 5 Tage
      • Clarithromycin 2 x tgl. 250–500 mg p. o.
  • Kinder (3–15 Jahre)
    • Penicillin V 0,05–0,1Mio. IE/kg KG/d in 3 Einzeldosen p. o. für 5–7 Tage
    • bei Penicilinunverträglichkeit: für 5 Tage
      • Clarithromycin 15 mg/kg KG/d in 2 Einzeldosen p. o. für 5 Tage

Antibiotikatherapie bei Scharlach

  • Siehe Artikel Scharlach.
  • Bei unkompliziertem Verlauf und leichtem Krankheitsbild ist laut DEGAM eine Antibiotikatherapie nicht zwingend indiziert.
  • Bei klassischem Scharlach ist eine Antibiotikabehandlung indiziert.
  • Laut RKI ist eine frühzeitige Antibiotikatherapie empfohlen, auch damit nach frühestens 24 Stunden eine Zulassung zu Gemeinschaftseinrichtungen wieder möglich ist.
  • Laut RKI wird Penicillin V für 10 Tage empfohlen. 
    • Alternativ werden vom RKI für Kinder orale Cephalosporine für 5 Tage empfohlen (aber nicht von der DEGAM).
    • Bei Penicillin-Allergie werden vom RKI Makrolide für 5–10 Tage empfohlen (also z. B. Clarithromycin, s. o.).
    • Nach Ansicht der DEGAM reicht eine Behandlungsdauer wie bei der Tonsillopharyngitis aus (5–7 Tage).

Akute Otitis media

  • Der Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.3-4
  • Siehe Artikel Akute Otitis media.
  • Bei einer unkomplizierten akuten Otitis media kann die Erkrankung ohne Antibiotika 1‒2 Tage lang beobachtet werden.
  • Indikationen für Antibiotika
    • schwere Otitis media
    • in den ersten 6 Lebensmonaten
    • in den ersten 2 Lebensjahren bei beidseitiger AOM
    • Otorrhö mit persistierenden Beschwerden (Schmerzen und/oder Fieber)
    • Patient*innen mit Risikofaktoren, u. a. Immundefizienz, schwere Grundkrankheiten, Influenza, Paukenröhrchen, kraniale Fehlbildungen
  • Präparatewahl
    • 1. Wahl
      • Amoxicillin 50–90 mg/kg KG/d (2‒3 Einzeldosen) über 7 Tage
    • 2. Wahl
      • Aminopenicillin + Betalaktamase-Inhibitor
      • Cephalosporin 2./3. Generation
      • Makrolid
      • Cotrimoxazol (Erwachsene)
      • Doxycyclin (ab 9. Lebensjahr)
    • bei Vorliegen von Risikofaktoren und wiederholten Rezidiven
      • Aminopenicillin + Betalaktamase-Inhibitor – oder –
      • Cefpodoxim (Cephalosporin der 3. Generation)
  • Eine nur 5-tägige Therapie kann ausreichend sein.

Akute Rhinosinusitis

  • Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.5
  • Siehe Artikel Akute Rhinosinusitis.
  • Nasentropfen/-spray aufgrund von Rebound-Effekt nicht mehr als 7–10 Tage ohne Unterbrechung
  • Analgetika: NSAR/Paracetamol
  • Antibiotikatherapie – Indikationen
    • starke Beschwerden
    • Fieber > 38,3 °C
    • Verstärkung der Beschwerden im Laufe der Erkrankung
    • drohende Komplikation
    • Patient*innen mit chronisch entzündlicher Lungenerkrankung
    • immundefiziente bzw. immunsupprimierte Patient*innen
    • schwere Grundleiden, besondere Risikofaktoren
  • Im Fall einer Antibiotikagabe gilt Amoxicillin 3 x 500 mg/d bzw. ein Cephalosporin (Cefuroxim 2 x 250 mg/d) als Mittel der 1. Wahl.
    • Anmerkung der Redaktion: Cefuroxim wird aufgrund der schlechten oralen Bioverfügbarkeit in keiner anderen deutschen Leitlinie mehr empfohlen.
  • Mittel der 2. Wahl sind Makrolide, z. B. Azithromycin 500 mg/d oder Amoxicillin + Clavulansäure oder Doxycyclin oder Co-Trimoxazol.

Akute Bronchitis

  • Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.6
  • Siehe Artikel Akute Bronchitis.
  • Die Erkältungskrankheit und die akute Bronchitis bei erwachsenen Patient*innen sollen nicht mit Antibiotika behandelt werden.
    • Bei Patient*innen mit schweren kardialen oder respiratorischen Krankheiten, angeborenen oder erworbenen Immundefekten sowie bei gebrechlichen Patient*innen ist im Einzelfall eine antibiotische Therapie zu erwägen, weil bei diesen Gruppen Pneumonien oft schwer abzugrenzen sind.
  • Bei der akuten Bronchitis ist kein Erregernachweis anzustreben.

Pneumonie

Ambulant erworbene Pneumonie 

  • Siehe Artikel Pneumonie.
  • Die Behandlung erfolgt entsprechend einer dreiklassigen Risikostratifikation.7
  • Leichtgradige Pneumonie: Patient*innen ohne Schweregradkriterien (CRB-65 = 0 und Oxygenierungskriterien) oder Risikofaktoren (keine instabile Komorbidität und gute Funktionalität)
  • Mittelschwere Pneumonie: Patient*innen mit erhöhtem Letalitätsrisiko (1–2 Minorkriterien, instabile chronische Komorbidität (insbesondere kardial), Laktat > 2 mmol/l. Die chronische Bettlägerigkeit geht zwar mit einer erhöhten Letalität einher, impliziert aber nicht per se die Notwendigkeit eines intensivierten Monitorings und wird daher nicht als unabhängiges Schweregradkriterium gewertet.
  • Schwere Pneumonie: Patient*innen mit Pneumonie als Notfall: (> 2 Minorkriterien oder systemische Hypotension mit Vasopressortherapie bzw. Beatmung)
  • Minorkriterien
    • schwere akute respiratorische Insuffizienz
    • Atemfrequenz ≥ 30/min
    • multilobäre Infiltrate in der Röntgen-Thorax-Aufnahme
    • neu aufgetretene Bewusstseinsstörung
    • systemische Hypotension
    • akutes Nierenversagen
    • Leukopenie
    • Thrombozytopenie
    • Hypothermie.

Leichtgradige Pneumonie ohne Komorbidität 

  • Amoxicillin ist Mittel der Wahl (B).
    • Amoxicillin 1.000 mg 3 x/d
  • Bei Penicillin-Allergie oder -Unverträglichkeit
    • Azithromycin 500 mg 1 x/d
    • Clarithromycin 500 mg 2 x/d
    • Doxycyclin 200 mg 1 x/d, Loadingdose 200 mg
  • Nachgeordnet
    • Moxifloxacin 400 mg 1 x/d
    • Levofloxacin 500 mg 2 x/d

Leichtgradige Pneumonie mit definierter Komorbidität

  • Erhöhte Wahrscheinlichkeit für Infektion mit S. aureus und Enterobacteriaceae
  • Therapie der Wahl ist ein Aminopenicillin mit BLI (B).
    • Amoxicillin-Clavulansäure 875/125 mg 2–3 x/d
  • Alternativ
    • Fluorchinolon: Moxifloxacin, Levofloxacin
  • Bei schwerer COPD und/oder Bronchiektasen als Komorbidität (Risiko für P. aeruginosa) kann eine Kombinationstherapie von Amoxicillin und Ciprofloxacin oder eine Monotherapie mit Levofloxacin gegeben werden.

Mittelschwere Pneumonie

  • Patient*innen mit mittelschwerer Pneumonie werden stationär behandelt.
  • Therapieoptionen sind Aminopenicilline mit Betalaktamaseinhibitor und Cephalosporine der Generation 2 und 3a, ggf. mit Makrolid (B).
  • In der Regel wird initial intravenös therapiert.
    • z. B. Amoxicillin-Clavulansäure 2,2 g 3 x/d i. v.
    • z. B. Cefuroxim 1,5 g 3–4 x/d i. v.
  • Bei Betalaktam-Allergie oder -Unverträglichkeit sollte ein Fluorochinolon (Moxifloxacin, Levofloxacin) gegeben werden. Diese Substanzen können aufgrund der guten Bioverfügbarkeit auch initial oral appliziert werden (B).
  • Werden bei klinischer Stabilisierung keine atypischen bakteriellen Erreger nachgewiesen, soll die ggf. begonnene Makrolidtherapie nach 3 Tagen beendet werden.

Schwere Pneumonie

  • Mittel der Wahl: Piperacillin / Tazobactam, Ceftriaxon, Cefotaxim jeweils in Kombination mit einem Makrolid für 3 Tage (B)
    • z. B. Piperacillin/Tazobacam 4,5 g 3–4 x/d i. v.
    • z. B. Ceftriaxon 2 g 1 x/d i. v.
    • z. B. Cefotaxim 2 g 3–4 x/d i. v. – plus –
    • Clarithromycin 500 mg 2 x/d i. v. – oder plus –
    • Azithromycin 500 mg 1 x/d i. v.
  • Das Makrolid soll nach 3 Tagen abgesetzt werden, wenn keine atypischen bakteriellen Erreger nachgewiesen worden sind.
  • Alternativ
    • Moxifloxacin, Levofloxacin (Monotherapie nicht bei septischem Schock)

Therapiedauer

  • Bei der leichten bis mittelschweren Pneumonie soll die Dauer der antimikrobiellen Therapie 5 Tage betragen. Kürzere Therapien sind möglich bei rascher klinischer Stabilisierung. Vor Therapieende soll eine klinische Stabilisierung für mindestens 2 Tage erfolgt sein (A).
  • Bei schwerer Pneumonie soll die Dauer der Therapie 7 Tage betragen. Es sollte ebenfalls eine klinische Stabilisierung für mindestens 2 Tage erfolgt sein, bevor die antimikrobielle Therapie beendet wird (B).
  • Bei der mittelschweren Pneumonie soll nach klinischer Besserung (Reduktion Entzündungsparameter, Entfieberung, besserer Allgemeinzustand) eine orale Sequenztherapie durchgeführt werden (A).
  • Bei der schweren Pneumonie soll initial für mindestens 3 Tage eine parenterale Behandlung erfolgen, eine anschließende Sequenztherapie ist auch hier möglich (B).

Pneumonie in Pflegeeinrichtungen

  • Siehe Artikel Pneumonie in Pflegeeinrichtungen.
  • Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.7
  • Leichtgradige Pneumonie ohne Komorbidität
    • Die Letalität der leichtgradigen Pneumonien ohne Komorbidität ist sehr gering, die antimikrobielle Therapie dient vor allem der Verkürzung und der Verhinderung schwerer Verläufe.
    • Amoxicillin ist das Mittel der Wahl, bei Komorbiditäten (z. B. Herzinsuffizienz) Aminopenicillin/Beta-Laktamase-Inhibitor.
    • Therapiedauer 5 Tage
  • Mittelschwere Pneumonie 
    • Die prognostische Relevanz von Legionellen steigt deutlich (Letalität ca. 10 %).
    • Kombinationstherapie Aminopenicillin / Beta-Laktamase-Inhibitor (oder Cephalosporin 2/3a) mit Makrolid
    • Neuere Makrolide können aufgrund guter Bioverfügbarkeit auch initial oral gegeben werden.
    • Bei klinischer Stabilisierung ohne Nachweis eines atypischen bakteriellen Erregers soll die Makrolidgabe nach 3 Tagen beendet werden (1. Deeskalation, 2. Reduktion potenzieller Makrolidtoxizität).
    • Therapiedauer 5 Tage
  • Schwere Pneumonie
    • Piperacillin / Tazobactam (oder Ceftriaxon / Cefotaxim) in Kombination mit Makrolid
    • Die initiale kalkulierte antimikrobielle Therapie muss breit angelegt sein, einschließlich einer Wirksamkeit auf Legionellen.8
    • Beginn immer i. v.
    • Absetzen des Makrolids nach 3 Tagen, wenn kein Nachweis atypischer bakterieller Erreger
    • Therapiedauer 7 Tage

Aspirationspneumonie

  • Streptokokken und Staphylococcus aureus sind die häufigsten Erreger.
  • Cave: Aspirationspneumonien und Pneumonien mit Klebsiella spp. und Escherichia coli!9
  • Parenterale Therapie mit:
    • Ampicillin / Sulbactam
    • Clindamycin plus Cephalosporin der Gruppen II/III
    • Moxifloxacin.
      • Indikationseinschränkungen beachten, s. o.

Chlamydien-Pneumonie und Mykoplasmen-Pneumonie

  • Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.7
  • Siehe Artikel Chlamydien-Pneumonie und Mykoplasmen-Pneumonie.
  • Mittel der Wahl
    • Doxycyclin bei Patient*innen ab 9 Jahren 2 x 100 mg über 5–7 Tage
  • Alternativen
    • Azithromycin 1 x 100 mg über 3 Tage – oder – Clarithromycin 1 x 500 mg über 5–7 Tage
    • Moxifloxacin 1 x 400 mg – oder – Levofloxacin 1–2 x 500 mg über 5–7 Tage
    • Für Fluorchinolone wurden von der Europäischen Arzneimittel-Agentur Anwendungsbeschränkungen empfohlen: Besondere Vorsicht bei Älteren und bei Patient*innen mit Nierenfunktionseinschränkung, mit Aortenaneurysma und bei Sportler*innen. Keine Kombination mit Kortikosteroiden. Nicht empfohlen als Mittel der 1. Wahl zur Behandlung leichter und mittelschwerer Infektionen.1
  • Kinder bis 8 Jahre10
    • Erythromycin, Clarithromycin oder Azithromycin

Pneumonie bei Kindern

Allgemeines zur antibiotischen Behandlung von Kindern

  • Die primäre Behandlung erfolgt in der Regel empirisch.
  • Die Empfehlungen zur Dauer sind nicht einheitlich, zur Vermeidung von Resistenzentwicklung möglichst kurze Gabe.
  • In nationalen und internationalen Leitlinien wird einheitlich Amoxicillin p. o. oder Ampicillin i. v. als Antibiotikum der 1. Wahl (für Kinder und Erwachsene) empfohlen.
  • Makrolide und Cephalosporine sollten nicht primär eingesetzt werden.
    • Makrolide haben ein großes Potenzial zur Induktion von Resistenzen.
    • Die verbreitete Anwendung von Cephalosporinen fördert die Selektion von multiresistenten gramnegativen Enterobakterien (MRGN).
  • Bei nachgewiesenen relevanten Erregern aus Blutkultur, Atemwegssekret oder Punktat soll nach Resistogramm behandelt werden.

Empirische antibiotische Therapie von Kindern und Jugendlichen mit ambulant erworbener Pneumonie

  • Primäre Wahl
    • Amoxicillin p. o.
      • 50(–90) mg/kg/d in 2–3 Einzeldosen (ED)
  • Parenterale Alternative
    • Ampicillin i. v.
      • 100(–200) mg/kg/d in 3 ED
  • Bei Penicillinunverträglichkeit
    • Cefuroximaxetil p. o.
      • 30 mg/kg/d in 2 ED
    • Cefuroxim i. v.
      • 100(–150) mg/kg/d in 3 ED
    • Clarithromycin p. o.
      • 15 mg/kg/d in 2 ED
    • Doxycyclin p. o. (ab 9 Jahren)
      • am 1. Tag 4 mg/kg/d in 1 ED, ab dem 2. Tag 2 mg/kg/d in 1 ED
  • Bei Therapieversagen, bei Komplikationen, bei Influenza-/Masern-Erkrankung mit V. a. bakterielle Koinfektion
    • Ampicillin-Sulbactam i. v.
      • 100(–150) mg/kg/d (Ampicillin-Anteil) in 3 ED
    • Cefuroxim i. v.
      • 100(–150) mg/kg/d in 3 ED
    • Amoxicillin-Clavulansäure p. o.
      • 45(–60) mg/kg/d (Amoxicillin-Anteil) in 3 ED
    • Sultamicillin p. o.
      • 50 mg/kg/d in 2 ED
    • Cefuroximaxetil p. o.
      • 30 mg/kg in 2 ED
  • Bei schwerer pCAP (pädiatrisch ambulant erworbene Pneumonie) und Hinweis auf Mycoplasmen- oder Chlamydien-Infektion
    • Amoxicillin-Clavulansäure p. o./i. v. plus Clarithromycin p. o.
      • Dosierung s. o.
    • Amoxicillin-Clavulansäure p. o./i. v. plus Azithromycin p. o.
      • Dosierung Azithromycin: 10 mg/kg in 1 ED an Tag 1, 5 mg/kg in 1 ED an Tag 2–5
    • Amoxicillin-Clavulansäure p. o./i. v. plus Doxycyclin p. o. (ab 9 J.)
      • Dosierung s. o.
  • Verabreichung
    • Orale Antibiotika können auch bei Patient*innen mit schwerer pCAP eingesetzt werden.
    • I. v. Antibiotika sollten bei pCAP eingesetzt werden, wenn die Patient*innen orale Medikamente nicht ein- oder aufnehmen können.
    • Bei unkompliziertem Verlauf und klinischer Verbesserung kann eine intravenös begonnene Therapie auf orale Gabe umgesetzt werden.
  • Therapiedauer
    • Nicht schwere pCAP: Die antibiotische Therapie sollte über 5 Tage durchgeführt werden.
    • schwere pCAP: antibiotische Therapie mindestens 7 Tage
    • pCAP und Komplikationen (Erguss, Pleuraempyem, Lungenabszess): individuelle Therapiedauer, bis 6 Wochen

Pertussis

  • Der Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.6,8
  • Siehe Artikel Pertussis.
  • Eine antibio­tische Therapie kann grund­sätzlich nur dann Dauer und Heftigkeit der Husten­attacken beeinflussen, wenn sie möglichst früh (d. h. vor Beginn oder in ersten 1–2 Wochen ab Beginn des Hustens) verabreicht wird.
  • Zudem zur Unter­brechung der Infektions­ketten von erheblicher Bedeutung
    • Sinnvoll, solange Patient*in Bordetellen ausscheidet, d. h. positiver Erregernachweis im Naso­pharyngeal­sekret.
    • Die Patient*innen dürfen frühestens 5 Tage nach Behandlungsbeginn mit Antibiotika als nicht mehr ansteckend betrachtet werden (bei Gabe von Azithromycin ggf. nach 3 Tagen).
  • Makrolide sind die Medikamente der Wahl.
  • Azithromycin und Clarithromycin sind ebenso wirksam wie Erythromycin und aufgrund ihrer besseren Verträglichkeit und besseren Anwendung heute Mittel der Wahl.
  • Alternativ zu Makroliden kann Trimethoprim-Sulfamethoxazol verwendet werden (nicht im Alter unter 2 Monaten).
  • Dosierung Kinder < 1 Monat
    • Azithromycin: 10 mg/kg KG/d in 1 Dosis für 5 Tage
    • Erythromycin-Estolat: 40 mg/kg KG/d in 2 Dosen für 14 Tage 
    • Clarithromycin: nicht empfohlen
  • Dosierung Kinder 1–6 Monate
    • Azithromycin: 10 mg/kg KG/d in 1 Dosis für 5 Tage
    • Erythromycin-Estolat – cave: hypertrophe Pylorusstenose (selten)!
    • Clarithromycin: 15 mg/kg KG/d in 2 Dosen für 7 Tage
    • Trimethoprim-Sulfamethoxazol: ab einem Alter > 2 Monate TMP 8 mg/kg KG/d, SMX 40 mg/kg KG/d in 2 Dosen für 14 Tage
  • Dosierung Kinder > 6 Monate, Kleinkinder, Kinder
    • Azithromycin: 10 mg/kg KG in 1 Dosis am Tag 1, 5 mg/kg KG/d an Tagen 2–5 (max. 500 mg)
    • Erythromycin-Estolat: 40 mg/kg KG/d in 2 Dosen für 14 Tage (max. 2 g/d) 
    • Clarithromycin: 15 mg/kg KG/d in 2 Dosen für 7 Tage (max. 1 g/d)
    • Trimethoprim-Sulfamethoxazol: ab einem Alter > 2 Monate TMP 8 mg/kg Kg/d, SMX 40 mg/kg KG/d in 2 Dosen für 14 Tage
  • Dosierung Erwachsene
    • Azithromycin: 500 mg in 1 Dosis am Tag 1, 250 mg an Tagen 2–5
    • Erythromycin-Estolat: 2 g/d in 2 Dosen für 14 Tage 
    • Clarithromycin: 1 g/d in 2 Dosen für 7 Tage
    • Trimethoprim-Sulfamethoxazol: TMP 320 mg/d, SMX 1.600 mg/d in 2 Dosen für 14 Tage

Harnwegsinfekte

Unkomplizierte Zystitis bei Frauen

Allgemeines zur Antibiotikatherapie bei unkompliziertem Harnwegsinfekt

  • Der Abschnitt basiert aud diesen Referenzen.12-13
  • Die Diagnose beruht im Wesentlichen auf der Beschwerdeanamnese.
  • Bei typischen, akut aufgetretenen Symptomen ist die Wahrscheinlichkeit für eine Harnwegsinfektion sehr hoch.
  • Weitere Diagnostik bringt nur wenig zusätzliche Diagnosesicherheit.
    • bei uneindeutigen Beschwerden Urin-Teststreifen
    • bei unkomplizierten Harnwegsinfektionen keine mikrobiologische Diagnostik empfohlen
  • Antibiotische Therapie
    • Antibiotische Therapie dient der Verkürzung der Symptomdauer und der Vermeidung von Komplikationen.
    • Empfohlen ist, wenn möglich eine antibiotische Kurzzeittherapie (1–3 Tage) durchzuführen.
    • Fluorchinolone und Cephalosporine sollen nicht eingesetzt werden.
    • Laut Leitlinien der DEGAM und DGU sollte eine antibiotische Therapie empfohlen werden.
      • Bei nur leichten/mittelgradigen Beschwerden kann eine alleinige symptomatische Therapie als Alternative erwogen werden.
      • partizipative Entscheidungsfindung
      • Auswahl des Antibiotikums nach individuellem Risiko, Wirksamkeit (Erregerspektrum, orale Bioverfügbarkeit u. a.), Nebenwirkungen und dem vermehrten Auftreten von Resistenzen.
    • akute unkomplizierte Zystitis in der Regel spontan selbstlimitierend innerhalb 1 Woche
      • nichtantibiotische Behandlung und Konzept der verzögerten Verschreibung bei Frauen akzeptiert und gewünscht
      • Alleinige symptomatische Therapie kann bei leichten oder mittelgradigen Beschwerden als Alternative angeboten werden.

Empfohlene Antibiotika12-13

  • Siehe Tabelle Unkomplizierte Zystitis, Antibiotikatherapie.
  • In den Leitlinien der DEGAM und DGU werden folgende Antibiotika zur möglichen Erstlinientherapie bei unkomplizierter Harnwegsinfektion bei Frauen empfohlen:
  • Fosfomycin-Trometamol
    • Dosierung: Einmaldosis 3 g
    • konstant geringe Resistenzrate von E. coli
    • hohe Behandlungskosten
    • Kann in der Stillzeit verwendet werden (Embryotox).
  • Nitrofurantoin
    • Dosierung: 50 mg 4 x/d über 7 Tage oder Retardform 100 mg 2 x/d über 5 Tage
    • niedrige Resistenzraten und Kollateralschäden
    • geringere Behandlungskosten
    • seltene unerwünschte Arzneimittelwirkungen (z. B. Lungenfibrose) erst bei längerer Gabe
    • Kontraindikation bei Niereninsuffizienz
    • Kontrolle der Transaminasen bei Lebererkrankungen
    • in der Stillzeit strenge Indikationsstellung (Embryotox)
  • Nitroxolin
    • Dosierung: 250 mg 3 x/d über 5 Tage
    • seit den 1960er-Jahren als orales Harnwegstherapeutikum bei akuten und chronischen Infektionen zugelassen
  • Pivmecillinam
    • Dosierung: 400 mg 2–3 x/d über 3 Tage
    • Betalaktam-Antibiotikum, das ausschließlich zur Behandlung der Zystitis empfohlen ist.
      • seit 2016 in Deutschland zugelassen
    • Kann in der Stillzeit verwendet werden (Embryotox).
  • Trimethoprim, bei lokalen Resistenzraten < 20 %
    • Dosierung: 200 mg 2 x/d über 3 Tage
    • Resistenzraten im hausärztlichen Bereich meist < 20 % (Grenzwert für empirische Therapie)
    • Monosubstanz Trimethoprim (statt Cotrimoxazol) aufgrund des günstigeren Nebenwirkungsspektrums
    • Kann in der Stillzeit verwendet werden (Embryotox).
  • Nicht eingesetzt werden sollten in der Erstlinientherapie:
    • Cefpodoxim-Proxetil
    • Ciprofloxacin
    • Cotrimoxazol
    • Levofloxacin
    • Norfloxacin
    • Ofloxacin.

Unterer Harnwegsinfekt bei Männern

Asymptomatische Bakteriurie

  • Eine asymptomatische Bakteriurie bei jüngeren Männern ohne sonstige relevante Begleiterkrankungen soll nicht antibiotisch behandelt werden.

Akute komplizierte Harnwegsinfektion mit resistenzgerechter Therapie

  • Bei Männern mit Harnwegsinfektion und Indikation für antibiotische Therapie sollte eine Resistenztestung durchgeführt werden.
  • Antibiotische Therapie
    • angepasst an Ergebnisse der Kultur und Resistenztestung

Akute unkomplizierte Zystitis bei jüngeren Männern mit empirischer Therapie

  • Es gibt wenige aussagekräftige Studien aufgrund der Seltenheit unkomplizierter Harnwegsinfektionen bei Männern.
  • Empirische orale Therapie mit Pivmecillinam und Nitrofurantoin empfohlen12-13
    • Für Fosfomycin und Nitroxolin gibt es keine Daten.
    • Zur Therapiedauer gibt es keine evidenzbasierten Daten.
  • Bei jüngeren Männern empfiehlt die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Urologie:12
    • Pivmecillinam, z. B. 400 mg 2–3 x/d über 3 Tage
      • Ein Betalaktam-Antibiotikum, das ausschließlich zur Behandlung einer Zystitis zugelassen ist.
      • seit 2016 in Deutschland zugelassen
    • Nitrofurantoin, z. B. 50 mg 4 x/d über 7 Tage oder Retardform (100 mg 2 x/d über 5 Tage)
      • Kontraindikation: Niereninsuffizienz!
      • kostengünstig
      • Nitrofurantoin kann interstitielle Pneumonien und Lungenfibrosen sowie Neuropathien verursachen.
      • Voraussetzung bei Nitrofurantoin: keine Beteiligung der Prostata

Asymptomatische Bakteriurie in der Schwangerschaft

Harnwegsinfektionen in der Schwangerschaft

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.12-13
  • Siehe Artikel Harnwegsinfektionen bei Schwangeren.
  • In der Schwangerschaft ist immer eine antibiotische Behandlung bei symptomatischer Harnwegsinfektion empfohlen, um Komplikationen für Mutter und Kind zu vermeiden.
  • In der Schwangerschaft werden länger dauernde und höher dosierte Therapieregime empfohlen.
    • Für die Bevorzugung eines Therapieregimes fehlt die Evidenz.
    • In der Regel wird eine Antibiotikatherapie bis zu 7 Tagen empfohlen.
    • Die Kurzzeittherapie bei Schwangeren ist nicht so gut wie bei Nicht-Schwangeren untersucht.
  • Folgende Substanzgruppen in der Schwangerschaft wegen möglicher teratogener Schäden nur, wenn keine Alternativen zur Verfügung stehen:12
    • Aminoglykoside
    • Fluorchinolone
    • Nitrofurantoin
    • Sulfonamide (in Cotrimoxazol)
    • Trimethoprim (in Cotrimoxazol)
    • Tetrazykline
    • Siehe auch Embryotox.

Antibiotische Behandlung bei akuter Zystitis ohne sonstige relevante Begleiterkrankungen

  • Einsatz von primär Penicillinderivate, Cephalosporine oder Fosfomycin-Trometamol
    • Pivmecillinam: z. B. 400 mg 2–3 x/d über 3 Tage
      • Ein Betalaktam-Antibiotikum, das ausschließlich zur Behandlung einer Zystitis zugelassen ist.
      • seit 2016 in Deutschland zugelassen
    • Cefuroxim: z. B. 250 mg 2 x/d über 3–7 Tage
      • ein Cephalosporin der 2. Generation
      • Gehört laut Embryotox zu den Antibiotika der Wahl in der Schwangerschaft.
    • Fosfomycin-Trometamol, Einmaldosis 3 g
      • laut Embryotox nur 2. Wahl bei Schwangeren aufgrund der begrenzten Erfahrung
  • Nach der Therapie Urinkultur zur Sicherung des Therapieerfolgs

Antibiotische Behandlung bei akuter unkomplizierter Pyelonephritis

  • Wegen der Gefahr von Frühgeburten und der oft schweren Verläufe in der Schwangerschaft soll die stationäre Behandlung erwogen werden.
  • Antibiotikagabe sollte initial parenteral zusammen mit einer ausreichenden Flüssigkeitsgabe erfolgen.
  • Empirische Therapie
    • Cephalosporine der Gruppe 2 und 3 empfohlen
  • Weitere Antibiotikatherapie
    • nach dem Ergebnis der vor Beginn der Antibiotikatherapie eingeleiteten Urinkultur
  • Nach der Therapie Urinkultur zur Sicherung des Therapieerfolgs
    • Bei persistierender Bakteriurie ggf. antibiotische Dauerprävention während der weiteren Schwangerschaft erwägen.

Harnwegsinfektion bei Kindern

Antibiotikatherapie von HWI im Kindesalter

  • Der Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.13-14
  • Bei Kindern ist die antibiotische Therapie bei Harnwegsinfekten grundsätzlich indiziert.
    • Ausnahme: Bei jugendlichen Mädchen mit rezidivierendem unterem HWI ohne komplizierende Faktoren kann unter engmaschiger Kontrolle eine phytotherapeutische Behandlung erfolgen.
    • bei ausbleibender Besserung der Symptomatik nach 48 Stunden Einleitung einer antibiotischen Therapie
  • Vor Einleitung einer antibakteriellen Therapie im Säuglings- und Kindesalter ist unbedingt die Asservierung einer Urinprobe für die mikrobiologische Diagnostik anzustreben.
  • Bei Verdacht auf Pyelonephritis soll schnell eine Therapie eingeleitet werden, weil die unreifen Nieren von Kindern leicht dauerhaft geschädigt werden können.
  • Dauer der Therapie
    • Bei Pyelonephritis wird eine längere Behandlungsdauer (7–14 Tage) empfohlen.
    • Bei älteren Kindern mit einer Zystitis werden kurze Behandlungen (3–5 Tage) durchgeführt.
  • Eine asymptomatische Bakteriurie sollte nicht antibiotisch behandelt werden.13
  • Bei einem Rezidiv einer Harnwegsinfektion innerhalb von 3 Monaten sollte ein Wechsel des Antibiotikums erwogen werden, weil das Risiko für eine Infektion mit resistenten Erregern deutlich erhöht ist.13

Zystitis

  • Falls die Symptome der Zystitis kaum beeinträchtigend sind:
    • bis zum Erhalt des mikrobiologischen Befundes zunächst rein symptomatische Behandlung.
    • Die antibakterielle Therapie erfolgt dann direkt resistenzgerecht.
  • Die DEGAM empfiehlt zur Behandlung einer nicht fieberhaften Harnwegsinfektion in erster Linie Nitrofurantoin oder Trimethoprim, in der Leitlinie der deutschen Gesellschaft für pädiatrische Nephrologie werden eine Reihe möglicher Antibiotika genannt.
    • Die Auswahl sollte vor allem vom lokalen Resistenzspektrum abhängig gemacht werden.
    • Oralcephalosporine sollten bei unkomplizierter Zystitis möglichst nicht zum Einsatz kommen, um Resistenzen (insbesondere der Entwicklung von ESBL- Bildnern) vorzubeugen.
Antibiotika zur peroralen Therapie von HWI im Säuglings-, Kindes und Jugendalter
  • Amoxicillin
    • 50–90 mg/kg KG p. o. in 3 ED
    • Jugendliche: 1,5–6 g p. o. in 3 ED
    • als Monotherapie für die empirische Therapie nicht geeignet (hohe Resistenzquoten bei E. coli); bei bekannter Erregerempfindlichkeit und v. a. bei Enterococcus-faecalis-Infektionen jedoch gut einsetzbar
  • Amoxicillin / Clavulansäure [4:1-Formulierung]
    • 50–80 mg/kg KG (bezogen auf Amoxicillin -Anteil) p. o. in 3 ED
    • Jugendliche: 1.500 + 375 mg p. o. in 3 ED
  • Amoxicillin / Clavulansäure [7:1-Formulierung]
    • Kinder 2–12 J. (bis 40 kg): 50–80 mg/kg KG, bezogen auf Amoxicillin-Anteil; p. o. in 2 ED
    • Kinder > 40 kg: 1.750 + 250 mg p. o. in 2 ED
    • 7:1-Formulierung (besser verträglich als die 4:1-Formulierung, wird lediglich 2 x/d verabreicht)
  • Trimethoprim
    • 5 mg/kg KG p. o. in 2 ED
    • zur Therapie bei Zystitis geeignet
    • Trimethoprim ist bei Früh- und Neugeborenen kontraindiziert
    • Anwendungsbeschränkung für Säuglinge unter 6 Wochen wegen nicht ausreichender Erfahrungen
    • Bei einer regionalen E.-coli-Resistenzrate > 20 % sollte TMP nicht zur initialen kalkulierten Therapie einer HWI eingesetzt werden.
  • Ciprofloxacin
    • Kinder und Jugendliche von 1–17 Jahren: 30–40 mg/kg KG (max. ED 750 mg); max. Tagesdosis: 1,5 g p. o. in 2 ED
    • Ist zugelassen als Zweit- und Drittlinientherapie von komplizierten HWI und akuten Pyelonephritiden ab dem 2. Lebensjahr.
    • Der Einsatz soll auf Infektionen durch Pseudomonas aeruginosa oder multiresistente gramnegative Keime beschränkt werden, bei denen eine parenterale Therapie nicht möglich und kein anderes orales Antibiotikum einsetzbar ist.
  • Fosfomycin
    • Mädchen ab 12 J. und Frauen > 50 kg KG: 3 g p. o. 1 ED einmalig
    • Gegenanzeige: Nierenfunktionseinschränkung (GFR < 80 ml/min x 1,73 qm)
    • Kann zur Einmaltherapie bei Zystitis eingesetzt werden.
  • Nitrofurantoin
    • 3–5 mg/kg KG p. o. in 2 ED
    • Jugendliche: 0,3–0,4 g p. o. in 2–4 ED
    • geeignet zur Therapie der unkomplizierten Zystitis
    • Bis zum 3. Lebensmonat u. a. wegen der Gefahr einer hämolytischen Anämie nicht zugelassen.
  • Nitroxolin
    • Kinder ab 3 Jahren: 10–20 mg/kg KG p. o. in 3 ED
    • Jugendliche ab 14 Jahren: 450 mg p. o. in 3 ED
    • geeignet zur Therapie der unkomplizierten Zystitis
    • Derzeit existieren lediglich Weichkapseln à 150 und à 250 mg auf dem Markt, die ab 14 Jahren zugelassen sind.
    • geringere Dosierungen derzeit nicht im Handel

Pyelonephritis

  • Eine frühzeitige antibakterielle Therapie bei Pyelonephritis ist eine wirksame Maßnahme zur Verhinderung pyelonephritischer Narben.
  • Indikationen zur initial parenteralen antibakteriellen Therapie:
    • Früh- und Neugeborene, Säuglinge in den ersten 3 Lebensmonaten
    • Verdacht auf Urosepsis
    • Nahrungs- bzw. Flüssigkeitsverweigerung
    • Erbrechen, Durchfall
    • Non-Compliance
  • Pyelonephritis bei Säuglingen > 3 Monate und bei Kindern
    • Bei unkomplizierter Pyelonephritis ist die ausschließliche orale Therapie mit einem Cephalosporin der Gruppe 3 (z. B. Cefixim) oder Amoxicillin/Clavulansäure der üblichen 2- bis 4-tägigen intravenösen Therapie mit nachfolgender oraler Behandlung ebenbürtig.
    • Im Säuglingsalter ist die relativ hohe Inzidenz von Enterococcus faecalis zu berücksichtigen, die gegenüber Cephalosporinen eine natürliche Resistenz aufweisen.
    • Eine Therapiedauer von 7(–10) Tagen ist bei unkompliziertem Verlauf ausreichend.
  • Kalkulierte Therapie der Pyelonephritis
    • im Neugeborenen- und Säuglingsalter ≤ 3 Monate
      • Aminoglykosid + Ampicillin oder Cephalosporin der Gruppe 3 + Ampicillin
        • parenteral bis mindestens 2 Tage nach Entfieberung, dann orale Therapie gemäß Antibiogramm
        • Dauer mindestens 7–14 Tage
    • unkomplizierte Pyelonephritis bei Säuglingen > 3 Monate und Kindern
      • Cephalosporin Gruppe 3 oder Amoxicillin / Clavulansäure
        • peroral 7(–10) Tage
      • Aminoglykosid + Ampicillin oder Ampicillin / Sulbactam oder Cephalosporin Gruppe 3
        • initial parenteral, anschließend perorale Therapie nach Vorliegen des Antibiogramms 7(–10) Tage
    • Cefixim
      • 8 mg/kg KG (Jugendliche 0,4 g) p. o. in 1–2 ED
      • Nicht für Neugeborene zugelassen. Bioverfügbarkeit 40–50 %, kann durch gleichzeitige Nahrungsaufnahme um 10–30 % gesteigert werden.
    • Cefpodoximproxetil
      • 8–10 mg/kg KG (Jugendliche 0,4 g) p. o. in 2 ED
      • Nicht für Neugeborene zugelassen. Bioverfügbarkeit 50 %, kann durch gleichzeitige Nahrungsaufnahme um 10–30 % gesteigert werden.
    • Cefaclor
      • 30–50(–100) mg/kg KG (Jugendliche 1,5–4 g) p. o. in 2–3 ED
        Oralcephalosporin Gruppe 1; zur kalkulierten Therapie der Pyelonephritis weniger geeignet als die Oralcephalosporine der Gruppe 3
    • Amoxicillin
      • 50–90 mg/kg KG p. o. in 3 ED
      • Jugendliche: 1,5–6 g p. o. in 3 ED
      • als Monotherapie für die empirische Therapie nicht geeignet (hohe Resistenzquoten bei E. coli); bei bekannter Erregerempfindlichkeit und v. a. bei Enterococcus-faecalis-Infektionen jedoch gut einsetzbar
    • Amoxicillin / Clavulansäure [4:1-Formulierung]
      • 50–80 mg/kg KG (bezogen auf Amoxicillin -Anteil) p. o. in 3 ED
    • Jugendliche: 1.500 + 375 mg p. o. in 3 ED

Komplizierter Harnwegsinfekt

  • Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.12-13
  • Siehe Artikel Komplizierter Harnwegsinfekt.
  • Die Urinkultur mit Antibiogramm ist Grundlage der gezielten antibiotischen Behandlung.

Komplizierende Faktoren und Risikofaktoren für einen komplizierten Verlauf einer Harnwegsinfektion in der Hausarztpraxis

  • Alle HWI bei KindernMännernSchwangeren
  • Funktionelle oder anatomische Besonderheiten
  • Z. n. OP
  • Immunsupprimierte Patient*innen
  • Fieber, Flankenschmerz
  • Urologische/renale Erkrankung
  • Nierensteine
  • Innerhalb der letzten 2 Wochen:
    • Anlage eines Urinkatheters
    • Entlassung aus einem Krankenhaus oder einer Pflegeeinrichtung
    • Antibiotikatherapie in den letzten 2 Wochen.

Empfohlene Medikamente

  • Amoxicillin + Aminoglykosid
  • Cephalosporin der 2. Generation + Aminoglykosid
  • Cephalosporin der 3. Generation i. v. bei systemischen Symptomen
  • Ciprofloxacin (z. B. 500–750 mg 2 x tgl. über 7–10 Tage) nur, falls:
    • lokale Resistenzraten < 10 % – oder –
    • keine Hospitalisierung erforderlich ist – oder –
    • eine Betalaktam-Allergie vorliegt.
    • Für Fluorchinolone wurden von der Europäischen Arzneimittel-Agentur Anwendungsbeschränkungen empfohlen: Besondere Vorsicht bei Älteren und bei Patient*innen mit Nierenfunktionseinschränkung. Keine Kombination mit Kortikosteroiden. Nicht empfohlen als Mittel der 1. Wahl zur Behandlung leichter und mittelschwerer Infektionen.1
  • Nicht verwendet werden sollten aufgrund der Resistenzlage:
    • Amoxicillin +/– Clavulansäure
    • Trimethoprim +/– Sulfamethoxazol.

Harnwegsinfektion bei Dauerkatheter

Katheterassoziierte Harnwegsinfekte

  • Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.13
  • Keine Therapie bei asymptomatischen Patient*innen, unabhängig vom Nachweis einer Bakteriurie
  • Entfernung oder Wechsel des Katheters vor Beginn der antibiotischen Behandlung
  • Keine Instillation von antiseptischen oder antimikrobiellen Substanzen
  • Ein Harnwegsinfekt bei Patient*innen mit einem liegenden Harnwegskatheter sollte 7 Tage antibiotisch behandelt werden.  
  • Indikationen für eine antibiotische Therapie bei geriatrischen Patient*innen mit Urindauerkatheter:
    • Mindestens eines der folgenden Symptome sollte vorhanden sein:
      • Dysurie
      • Fieber > 37,9 ºC oder Anstieg um 1,5 °C über die individuelle Basistemperatur
      • Schüttelfrost
      • neu aufgetretener Flankenschmerz – oder –
      • delirante Zustände (Verschlechterung des mentalen Zustandes).

Akute Pyelonephritis (bei Erwachsenen)

Leichte bis mittelschwere Pyelonephritis bei gesunden Erwachsenen (keine Risikofaktoren, keine Schwangerschaft)

  • Orale Therapie
  • Ciprofloxacin 500–750 mg 2 x tgl. über 7–10 Tage
  • Levofloxacin 750 mg 1 x tgl. über 5 Tage
  • Cefpodoxim-Proxetil 200 mg 2 x tgl. über 10 Tage
    • Cefpodoxim wird in der DEGAM-Leitlinie als gleichwertige Therapieoption genannt.13
  • Bei klinischer Besserung nach 72 Stunden Fortsetzung der Behandlung; bei fehlender Besserung Umstellung auf parenterale Therapie mit anderen Antibiotika, möglichst nach Resistogramm
  • Urinkultur am 4. Therapietag und ca. 10 Tage nach Therapieende

Schwere Pyelonephritis bei gesunden Erwachsenen (keine Risikofaktoren, keine Schwangerschaft)

  • Stationäre Behandlung
  • Initial parenterale Gabe, bei Besserung nach 72 Stunden Umstellung auf orale Therapie nach Antibiogramm
  • Mittel der 1. Wahl zur Initialtherapie
    • Cefotaxim 2 g 3 x tgl. i. v.
    • Ceftriaxon (1–)2 g 1 x tgl. i. v.
    • Ciprofloxacin 400 mg (2–)3 x tgl. i. v.
    • Levofloxacin 750 mg 1 x tgl. i. v.
  • Urinkultur am 4. Therapietag und ca. 10 Tage nach Therapieende

Divertikulitis

  • Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.16
  • Siehe Artikel Divertikulitis.
  • Ambulante Behandlung unter folgenden Bedingungen:
    • orale Aufnahme (Flüssigkeit, Medikamente) möglich
    • keine signifikanten Komorbiditäten
    • orale Antibiotika verfügbar
    • adäquate Schmerzkontrolle möglich
    • adäquates Follow-up/Unterstützung im sozialen Umfeld
    • Ausschluss einer komplizierten Divertikulitis
    • in Sonografie oder CT Divertikulitis ohne signifikanten Abszess
    • ggf. CRP (Cave: Perforation auch bei normalem CRP möglich!)
  • Bei akuter unkomplizierter linksseitiger Divertikulitis ohne Risikoindikatoren für einen komplizierten Verlauf kann unter engmaschiger Kontrolle auf eine Antibiotikatherapie verzichtet werden.
  • Eine Antibiotikatherapie einer akuten unkomplizierten linksseitigen Divertikulitis sollte bei Patient*innen mit Risikoindikatoren für einen komplizierten Verlauf durchgeführt werden.
  • Risikoindikatoren für einen komplizierten Verlauf
    • klinisch
      • Immunsuppression, Komorbidität, schlechter Allgemeinzustand, hohes Fieber/Sepsis, Komplikationen: Peritonitis/Abszess
    • laborchemisch
    • medikamentös induziert
      • Immunsuppression, NSAR, Kortikosteroide
  • Antibiotikabehandlung sollte bei komplizierter Divertikulitis durchgeführt werden.
  • Zur Wahl des Antibiotikums liegen keine hinreichenden Daten vor.
  • In der klinischen Praxis werden Cefuroxim / Metronidazol, Ceftriaxon / Metronidazol oder Ciprofloxacin / Metronidazol, Ampicillin / Sulbaktam, Piperacillin / Tazobaktam sowie Moxifloxacin angewandt.
    • Zwischen der oralen oder intravenösen Anwendung gibt es keine Präferenz.
  • Therapiedauer: 4–7 Tage (falls Patient*innen darauf ansprechen)
  • Dosierung: nach Herstellerangaben (keine evidenzbasierte Empfehlung bei Divertikulitis)
    • Cefuroxim oral ist für diese Indikation nicht zugelassen, nach Fachinfo hierzu auch keine Dosisangabe
    • Metronidazol p. o.: „Bei niedriger Dosierung (0,6 g/d oder weniger) ist eine mehrtägige Behandlung (5–7 Tage) erforderlich. Bei höherer Dosierung (1–2 g/d) kann eine kurze Therapiedauer (1–3 Tage) ausreichend sein.“
    • Ciprofloxacin p. o.: zugelassen für „intraabdominale Infektionen“; Dosierung 2 x 500–750 mg/d
    • Moxifloxacin ist für diese Indikation nicht zugelassen und soll laut Leitlinie nur bei Penicillinüberempfindlichkeit eingesetzt werden. 1 Generelle Dosisempfehlung für alle Anwendungsgebiete: 1 x 400 mg/d p. o.
    • Amoxicillin / Clavulansäure 2–3 x 875 mg/125 mg/d p. o.
    • Ampicillin / Sulbactam 1.000/500 mg i. v.: Die empfohlene Dosis beträgt für Erwachsene 0,75–3 g Ampicillin / Sulbactam alle 6–8 Stunden. Die Tageshöchstdosis für Erwachsene beträgt 12 g Ampicillin / Sulbactam (entsprechend 8 g Ampicillin und 4 g Sulbactam).
    • Piperacillin / Tazobactam i. v.: 4 g/0,5 g alle 8 Stunden
  • Verlauf
    • Eine Besserung ist innerhalb von 48–72 Stunden zu erwarten.
  • Zur Indikation einer operativen Therapie siehe Artikel Divertikulitis.

Haut- und Weichteilinfektionen

Erysipel

  • Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.17
  • Siehe Artikel Erysipel.
  • Bei unkompliziertem Erysipel ansonsten gesunder Erwachsener ist eine orale Therapie ausreichend.
    • Penicillin V 3 x tgl. 1,2–1,5 Mio. IE p. o. für 7–14 Tage
  • Bei kompliziertem Erysipel (hämorrhagisches, nekrotisierendes oder blasiges Erysipel, Lokalisation im Gesicht) sowie bei sonstigen Indikationen für eine systemische Antibiotikagabe (z. B. venöse oder arterielle Durchblutungsstörungen, gastrointestinale Resorptionsstörungen) ist eine parenterale Antibiotikagabe indiziert.
    • relative Indikationen: Fieber, Leukozytose, Neutrophilie und CRP-Anstieg; hier evtl. rasche Umsetzung auf orale Therapie möglich
    • Penicillin G 3 x tgl. 10 Mio. IU i. v. oder 4 x tgl. 5 Mio. IU i. v. für 7–10 Tage oder für ca. 5–7 Tage mit nachfolgender oraler Gabe von Penicillin V
  • Kann eine begrenzte Phlegmone nicht ausreichend sicher ausgeschlossen werden, umsetzen auf Cefuroxim i. v. (3 x 0,75–1,5 g) bei fehlendem Ansprechen von Penicillin nach 1–3 Tagen.
  • Erysipel oder erysipelähnliche Infektion im Gesicht
    • Infektionen durch Staph. aureus oder H. influenzae können einem Erysipel klinisch sehr ähneln, deswegen entweder
      • primäre Behandlung mit Cefuroxim i. v. – oder –
      • initial Penicillin i. v. und Umstellung auf Cefuroxim, wenn keine Besserung nach 1–3 Tagen
  • Bei Penicillinallergie 
    • 1. Wahl: Clindamycin (3 x 0,3–0,6 g tgl. für 7–10 Tage)
    • 2. Wahl: Clarithromycin (2 x 0,5 g tgl. i. v.) – oder –Roxythromycin (1 x 0,3 g tgl. p. o.)
    • 3. Wahl: Moxifloxacin (1 x 400 mg)
    • Für Fluorchinolone wurden von der Europäischen Arzneimittel-Agentur Anwendungsbeschränkungen empfohlen: Besondere Vorsicht bei Älteren und bei Patient*innen mit Nierenfunktionseinschränkung. Keine Kombination mit Kortikosteroiden. Nicht empfohlen als Mittel der 1. Wahl zur Behandlung leichter und mittelschwerer Infektionen.1

Phlegmone

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.17
  • Siehe Artikel Phlegmone.
  • Indikationen für die parenterale (statt orale), allenfalls sequenzielle Antibiotikagabe
    • systemische Infektionszeichen (Leukozytose mit Neutrophilie, Fieber, Anstieg von BSG oder CRP)
    • eingeschränkte Durchblutung oder Resorption
    • oberflächlich ausgedehnte Infektionen
    • ein Übergang in tiefer reichende, schwere Phlegmone
    • eine Lokalisation an den Beugesehnen bzw. im Gesicht
  • Mittel der 1. Wahl bei unkomplizierter (begrenzter) Phlegmone
    • Cefazolin 4 x 0,5 g oder 2 x 1 g i. v. – oder –
    • Flucloxacillin 3 x 1 g oder 4 x 1 g p. o./i. v.
  • Mittel der 2. Wahl bei unkomplizierter (begrenzter) Phlegmone
    • Clindamycin 3 x 0,9 g tgl. p. o./i. v.
    • Wenn das Areal um die Eintrittspforte stark kontaminiert oder mit gramnegativen Erregern besiedelt ist: Cefuroxim 3 x 1,5 g tgl. i. v.
  • Komplizierte (schwere) Phlegmone
    • Cefazolin 4 x 0,5 g oder 2 x 1 g tgl. i. v., bei Verdacht auf gramnegative Erreger bis 2 x 2 g tgl. i. v. – oder –
    • Flucloxacillin 3 x 1 g oder 4 x 1 g tgl. i. v., bei lebensbedrohlichen Infektionen bis 12 g Tagesdosis – oder –
    • Cefuroxim 3 x 1,5 g bis 3 x 3 g tgl. i. v.
    • Bei fehlendem Ansprechen, Penicillin-Allergie oder unbehandelten, aber tieferen Phlegmonen
      • Clindamycin 3 x 0,9 g, 4 x 0,6 g oder 3 x 1,2 g i. v.

Wundinfektionen

Systemische Antibiotika

  • Können indiziert sein, wenn die Lokalbehandlung nicht erfolgreich/nicht möglich war.
  • Können indiziert sein bei Zeichen einer ausgebreiteten Infektion oder wenn tieferes Gewebe betroffen ist.
  • Werden Antibiotika erwogen, sollten Abstriche zur mikrobiologischen Untersuchung gemacht werden, insbesondere bei Patient*innen, die sich kürzlich in einer Umgebung aufgehalten haben (z. B. im Krankenhaus), in der multiresistente Bakterien vorkommen.
  • Empfehlungen zur oralen Antibiotikatherapie (bei unkomplizierten Infektionen)
    • Flucloxacillin 3–4 x 1 g p. o.
    • Mittel der 2. Wahl: Clindamycin 3 x 0,9 g p. o.
  • Indikationen für die parenterale (statt orale), allenfalls sequentielle Antibiotikagabe
    • schwere Infektion mit ausgeprägten systemischen Zeichen oder mit Zeichen einer beginnenden Sepsis
    • kritische Lokalisation mit dem Risiko gravierender Folgen (z. B. Hand- oder Gesichtsbereich)
    • Vorliegen entsprechender Komorbiditäten (z. B. Durchblutungsstörungen, gastrointestinale Resorptionsstörungen)
    • relevante Immunsuppression

Lokale Antibiotika

  • Sind normalerweise nicht indiziert.

Patienteninformationen

Worüber sollten Sie die Patient*innen informieren?

  • Über die Heilungschancen mit und ohne Antibiotikaeinnahme
  • Über Risiken und Nebenwirkungen einer Antibiotikaeinnahme
  • Kontaktaufnahme bei Diarrhö, Bauchschmerzen, Sehnen- und Gelenkschmerzen oder bei fehlender Besserung des Infektes

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Halsschmerzen. AWMF-Leitlinie Nr. 053-010. S3, Stand 2020. www.awmf.org
  • Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin (DEGAM). Ohrenschmerzen. AWMF-Leitlinie Nr. 053-009. S2k, Stand 2014 (abgelaufen). www.awmf.org 
  • Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Antibiotikatherapie bei HNO-Infektionen. AWMF Leitlinie Nr. 017-066. S2k, Stand 2019. www.awmf.org
  • Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Rhinosinusitis. AWMF-Leitlinie Nr. 053-012. S2k, Stand 2017 (in Überarbeitung). www.awmf.org
  • Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Akuter und chronischer Husten. DEGAM-Leitlinie Nr. 11. AWMF-Leitlinie Nr. 053-013. S3, Stand 2021. www.awmf.org
  • DGP, PEG, DGI. Behandlung von erwachsenen Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie. AWMF-Leitlinie Nr. 020-020. S3, Stand 2021. www.awmf.org
  • Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI), Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie (GPP). Management der ambulant erworbenen Pneumonie bei Kindern und Jugendlichen (pädiatrische ambulant erworbene Pneumonie, pCAP). AWMF-Leitlinie Nr. 048-013. S2k, Stand 2017. www.awmf.de
  • Deutsche Gesellschaft für Urologie e. V. (DGU). Harnwegsinfektionen. Epidemiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Management unkomplizierter, bakterieller, ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten. AWMF-Leitlinie Nr. 043-044. S3, Stand 2017. www.awmf.org
  • Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Brennen beim Wasserlassen. AWMF-Leitlinie Nr. 053-001. S3, Stand 2018. www.awmf.org
  • Gesellschaft für Pädiatrische Nephrologie und Arbeitskreis Kinder- und Jugendurologie der Deutschen Gesellschaft für Urologie. Harnwegsinfektionen im Kindesalter – Diagnostik, Therapie und Prophylaxe. AWMF-Leitlinie Nr. 166-004. S2k, Stand 2021. www.awmf.org
  • European Association of Urology (EAU). EAU Guidelines on Urological Infections. Update 2022. www.uroweb.org
  • Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie e. V. (DGAV). Divertikelkrankheit/Divertikulitis. AWMF-Leitlinie Nr. 021-020. S3, Stand 2021. www.awmf.org
  • Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie e. V. (PEG). Kalkulierte parenterale Initialtherapie bakterieller Erkrankungen bei Erwachsenen – Update 2018. AWMF-Leitlinie Nr. 082-006. S2k, Stand 2018. www.awmf.org

Literatur

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  5. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Rhinosinusitis. AWMF-Leitlinie Nr. 053-012. S2k, Stand 2017 (in Überarbeitung). www.awmf.org
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  13. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM). Brennen beim Wasserlassen. AWMF-Leitlinie Nr. 053-001. S3, Stand 2018. www.awmf.org
  14. Gesellschaft für Pädiatrische Nephrologie und Arbeitskreis Kinder- und Jugendurologie der Deutschen Gesellschaft für Urologie. Harnwegsinfektionen im Kindesalter: Diagnostik, Therapie und Prophylaxe. AWMF-Leitlinie Nr. 166-004. S2k, Stand 2021. register.awmf.org
  15. European Association of Urology (EAU). EAU Guidelines on Urological Infections. Update 2022. uroweb.org
  16. Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie e. V. (DGAV). Divertikelkrankheit/Divertikulitis. AWMF-Leitlinie Nr. 021-020. S3, Stand 2021. www.awmf.org
  17. Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie e. V. (PEG). Kalkulierte parenterale Initialtherapie bakterieller Erkrankungen bei Erwachsenen - Update 2018. AWMF-Leitlinie Nr. 082-006. Stand 2018. www.awmf.org

Autorin

  • Marlies Karsch-Völk, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, München

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