Psoasabszess

Der Psoas ist ein starker Muskel, der von den Wirbeln im unteren Rückenbereich bis zum oberen Teil des Oberschenkelknochens verläuft. Bisweilen kommt es zu einer Infektion, die von Bakterien im Psoas verursacht wird.

Was ist ein Psoasabszess?

Definition

Bei einem Abszess handelt es sich um eine Eiteransammlung im Gewebe, in diesem Fall ist der Psoasmuskel davon betroffen.

Der Psoas ist ein starker Muskel, der von den Wirbeln im unteren Rückenbereich bis zum oberen Teil des Oberschenkelknochens verläuft. Der Psoasmuskel ist ein starker Beuger im Hüftgelenk. Er liegt in unmittelbarer Nähe vieler Organe wie Dickdarm, Dünndarm, Blinddarm, Harnleiter, Hauptschlagader, Nierenbecken, Bauchspeicheldrüse sowie der Lymphknoten in Becken und Wirbelsäule.

Primäre und sekundäre Infektion

Infektionen in den o. g. benachbarten Organen können direkt in den Psoasmuskel übertragen werden. Da der Muskel reichlich mit Blut versorgt wird, können sich Bakterien aber auch aus anderen Körperpartien in den Muskel ausbreiten und dort ansiedeln.

Erfolgt die Infektion über das Blut oder das Lymphsystem von einer anderen Stelle im Körper, handelt es sich um eine primäre Infektion. Wenn die Infektion auf die direkte Übertragung von einem benachbarten Organ zurückzuführen ist, nennt man dies eine sekundäre Infektion.

Symptome

Die Beschwerden sind in der Regel unspezifisch. Die Erkrankung kann sich durch Rückenschmerzen, Schmerzen in der Seite, Fieber ohne ersichtlichen Grund, Leistenschmerzen, häufiges Wasserlassen oder Bauchschmerzen äußern. Der Schmerz kann in die Vorderseite von Hüfte und Oberschenkel ausstrahlen. Andere allgemeine Symptome sind Übelkeit, Abgeschlagenheit und Gewichtsverlust.

Bei Kindern kann sich ein Psoasabszess durch Fieber, Hinken und Hüftschmerzen äußern.

Ursachen

Früher wurden Psoasabszesse vor allem durch Tuberkulose in der Wirbelsäule (Pott-Krankheit) ausgelöst, aber durch den Rückgang der Tuberkulose sind heute in erster Linie von Magen-Darm-Erkrankungen herrührende Bakterien für Psoasabszesse verantwortlich.

Primäre Infektion

Über das Blut können sich Krankheitserreger ausbreiten und in den Psoasmuskel gelangen. Oft handelt es sich dabei um Bakterien namens Staphylococcus aureus. Menschen mit geschwächtem Immunsystem, HIV-Infektionen oder Nierenversagen sind anfälliger für Psoasabszesse.

Sekundäre Infektion

Häufige sekundäre Ursachen für Psoasabszesse sind Morbus Crohn, Blinddarmentzündungen, Colitis ulcerosa, Divertikulitis, Darmkrebs, Entzündungen der Harnwege oder der Genitalien, Entzündungen der Hüftgelenke, z. B. nach einer Hüftgelenksoperation und Entzündungen der Bandscheiben (Spondylodiszitis).

Die häufigsten auslösenden Erreger sind Staphylokokkus aureus, Escherichia coli, Bacteroides und andere Darmkeime, Mykobakterium tuberkulosis.

Häufigkeit

Ein Psoasabszess ist sehr selten. Für Deutschland liegen aktuell keine Daten vor.
Im vereinigten Königreich (UK) gibt es statistisch betrachtet 0,4 Fälle auf 100.000 Einw. pro Jahr.

In Asien und Afrika hat ein Psoasabszess in mehr als 90 % der Fälle eine primäre Ursache, in Europa nur in 19 % der Fälle.

Untersuchungen

Für die behandelnden Ärzt*innen ist es wichtig zu erfahren, ob Vorerkrankungen bestehen oder kürzlich Operationen oder Behandlungen erfolgt sind.

Bei der körperlichen Untersuchung beugen Patient*innen mit Psoasabszess in Rückenlage die Hüfte leicht an und drehen sie nach außen, sie liegen dabei unwillkürlich leicht im Hohlkreuz. Die Beweglichkeit im Hüftgelenk kann eingeschränkt sein. Das Beugen und Strecken des entzündeten Psoasmuskels gegen Widerstand löst Schmerzen aus. Wenn die betroffene Person gebeten wird, das Hüftgelenk zu beugen, und gleichzeitig die Ärztin oder der Arzt Gegendruck auf den Oberschenkel ausübt, sodass die betroffene Person Kraft aufwenden muss, um dem Druck standzuhalten, wird ein Schmerz ausgelöst. Der Bauch kann druckschmerzhaft sein.

Blutuntersuchungen können zeigen, ob eine Infektion vorliegt. Eine Ultraschalluntersuchung kann den Abszess möglicherweise darstellen bzw. andere Erkrankungen bestätigen oder ausschließen; der Befund kann aber häufig nur eingeschränkt beurteilbar sein. Mithilfe einer CT oder MRT lässt sich genauer feststellen, ob es sich um einen Psoasabszess handelt.

Behandlung

Ziel der Behandlung ist es, die Infektion zu beseitigen und sicherzustellen, dass der Hohlraum mit dem Abszess vollständig entleert wird. In erster Linie wird der Abszess punktiert und eine Drainage gelegt, die so lange verbleibt, bis der Abszess entleert ist.
Meist kann dies CT-gesteuert stattfinden.

In manchen Fällen muss die Drainage aber in einer offenen Operation gelegt werden, z. B. wenn der Auslöser eine Divertikulitis (Entzündung des Dickdarms) oder Morbus Crohn (chronisch entzündliche Darmerkrankung) ist, da in diesen Fällen eventuell auch Teile des Darm operiert werden müssen.

Gleichzeitig wird ein Breitspektrum-Antibiotikum gegeben. Die Dauer und Dosis der Antibiotikabehandlung ist individuell zu bestimmen, abhängig vom Zustand der Patient*innen und einer eventuellen Infektion in anderen Bereichen.

Prognose

Die Sterblichkeit kann bis zu 20 % betragen und hängt von der Ursache und möglichen Begleiterkrankungen bzw. dem Allgemeinzustand der betroffenen Personen ab.

Weitere Informationen

Autorin

  • Susanna Allahwerde, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Berlin

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Psoasabszess. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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