Akute Probleme bei schwerem Bluthochdruck (hypertensiver Notfall)

Während Bluthochdruck in den meisten Fällen keine Beschwerden verursacht, kann es bei stark erhöhtem Blutdruck (> 180/110–120 mmHg) zu akuten Komplikationen kommen. Man spricht von einem hypertensiven Notfall, der eine sofortige Krankenhausbehandlung erforderlich macht.

Was ist ein hypertensiver Notfall?

Definition

Bluthochdruck

Beim Bluthochdruck (arterielle Hypertonie) ist der Druck in den arteriellen Blutgefäßen des Körpers erhöht. Im Allgemeinen wird Bluthochdruck in Deutschland definiert als in der Arztpraxis gemessene Blutdruckwerte, die höher liegen als systolisch 140 mmHg und/oder diastolisch 90 mmHg.

Hypertensive Gefahrensituation

Misst eine Person unter üblichen Bedingungen in Ruhe einen Blutdruck von > 180 mmHg systolisch und/oder 110–120 mmHg diastolisch, hat dabei aber keine akute Erkrankung, die eine Notfallbehandlung erforderlich macht, spricht man von einer hypertensiven Gefahrensituation. Dabei können aber durchaus Symptome auftreten (s. u.).

Hypertensiver Notfall

Deutlich anders verhält es sich, wenn der Blutdruck > 180 mmHg systolisch bzw. > 110–120 mmHg diastolisch liegt und gleichzeitig Zeichen einer Organschädigung auftreten. Es handelt sich dann um einen hypertensiven Notfall, der eine sehr rasche Behandlung im Krankenhaus erforderlich macht. Dabei können verschiedene Komplikationen auftreten:

Auch das Vorliegen so hoher Blutdruckwerte bei Schwangeren macht eine sofortige Krankenhausbehandlung notwendig.

Symptome

Bluthochdruck verursacht bei den meisten Betroffenen zunächst keine Beschwerden und führt lediglich nach vielen Jahren zu einem erhöhten Risiko für Komplikationen wie HerzschwächeSchlaganfall und Herzinfarkt.

Bei stark erhöhtem Blutdruck können folgende Symptome auftreten:

  • Kopfschmerzen
  • Nasenbluten
  • Kurzatmigkeit
  • Brustschmerzen
  • Schwindel
  • Erbrechen
  • innere Unruhe
  • Kribbeln/Taubheitsgefühle
  • Schwächegefühl

Beim hypertensiven Notfall weisen, neben den o. g. Beschwerden, folgende Symptome auf eine Organschädigung hin und sind Alarmzeichen:

  • Ausfälle von Nervenfunktionen, z. B. Sprechstörung, Lähmungen
  • Trübung des Bewusstseins, z. B. Nicht-Reagieren auf Ansprache
  • starke brennende oder stark beengende Schmerzen im Brustraum
  • Atemnot

Ursachen

Zu den Ursachen des Bluthochdrucks im Allgemeinen siehe Artikel Bluthochdruck (arterielle Hypertonie).

Das Risiko für einen hypertensiven Notfall ist erhöht bei nicht erkanntem, unbehandeltem oder schlecht medikamentös eingestelltem Bluthochdruck. Auch emotionaler Stress und Nierenerkrankungen können zu stark erhöhten Blutdruckwerten führen. In seltenen Fällen ist ein Phäochromozytom (Tumor der Nebenniere) die Ursache.

Häufigkeit

Laut einer Studie besteht bei 4,6 % aller Blutdruckmessungen in der Arztpraxis eine hypertensive Gefahrensituation.

Untersuchungen

  • Liegen die o. g. Symptome vor und hat die betroffene Person erhöhte Blutdruckwerte gemessen, wird das ärztliche Personal nochmals genauer und mehrmals den Blutdruck bestimmen.
  • Zusätzlich werden Herz und Lunge abgehört und die Sauerstoffsättigung bestimmt.
  • Ein Elektrokardiogramm (EKG) liefert Informationen über die Herzfunktion.
  • Zudem erfolgt eine körperliche Untersuchung in Hinblick auf die neurologischen Funktionen (Sehvermögen, Schwäche/Lähmung, Taubheit, Sprechvermögen etc.).
  • Besteht ein hypertensiver Notfall, so wird eine sofortige Einweisung in eine Klinik erfolgen.

Untersuchungen im Krankenhaus 

  • Eine augenärztliche Untersuchung des Augenhintergrundes (hier können sich verschiedene Schäden zeigen)
  • Ein umfangreiches EKG
  • Blutuntersuchungen (Herzinfarktdiagnostik, Nierenfunktion u. a.)
  • Ggf. eine Ultraschalluntersuchung von Gefäßen, Herz und Niere
  • Ggf. ein Röntgenbild der Lungen
  • Ggf. eine Computertomografie von Lunge/Aorta
  • Ggf. eine Computertomografie oder Magnetresonanztomografie des Gehirns
  • Ggf. ein Schwangerschaftstest
  • ggf. ein Urintest auf Drogen

Behandlung

  • Bei Messung eines Blutdrucks zu Hause von systolisch > 180 und/oder diastolisch 110–120 mmHg ohne weitere Symptome sollten Sie erstmal Ruhe bewahren und eine zweite Dosis Ihres üblichen Blutdruckmedikamentes zusätzlich nehmen. Messen Sie nach einer halben Stunde nochmals den Blutdruck. Haben Sie Beschwerden und/oder bleiben die Werte erhöht, sollten Sie ärztliche Hilfe suchen.
  • In der Hausarztpraxis wird der Blutdruck mit verschiedenen Medikamenten schrittweise wieder in den Normalbereich gesenkt (über Stunden bis Tage).
  • Es stehen verschiedene blutdrucksenkende Medikamente für diese Situation zur Verfügung: Nitroglyzerin, Clonidin, Captopril, Losartan, Furosemid, Nifedipin. Anhand von Vorerkrankungen und Nebenwirkungen wird ein passendes Medikament für Sie ausgesucht.
  • Nach der Blutdruckeinstellung wird die langfristige Blutdruckmedikation ggf. angepasst oder (bei bisher noch nicht verordneten Medikamenten) eine medikamentöse Therapie gestartet.
  • Im Verlauf erfolgt ggf. eine Überweisung an eine kardiologische oder nephrologische Praxis zur Abklärung der Ursache.
  • Schwangere mit erhöhtem Blutdruck werden am besten gynäkologisch betreut.
  • Liegt ein hypertensiver Notfall vor, so ist eine rasche notärztliche Hilfe erforderlich. Bereits auf dem Weg in die Klinik werden verschiedene Medikamente zur langsamen Blutdrucksenkung gegeben, in der Regel als Infusion, was dann in der Klinik fortgeführt wird.
  • Je nach Ausmaß und Art der Organschäden wird zudem eine entsprechende Behandlung erfolgen.

Was können Sie selbst tun?

  • Falls bei Ihnen bereits ein Bluthochdruck besteht: Achten Sie darauf, regelmäßig Ihre Medikamente in der verordneten Dosis einzunehmen.
  • Messen Sie Ihren Blutdruck regelmäßig (beim Arztbesuch und zu Hause per Selbstmessung).
  • Nehmen Sie Kontrolltermine regelmäßig wahr, um ärztlich feststellen zu lassen, ob die Medikation noch passend ist.
  • Fragen Sie bei empfohlenen anderen Medikamenten nach, ob diese evtl. einen Einfluss auf den Blutdruck haben.

Prognose

  • In der Regel lässt sich eine hypertensive Gefahrensituation mit ambulanter Behandlung gut beherrschen.
  • Es gibt wenige Daten zum Verlauf der Bluthochdrucks nach einer hypertensiven Gefahrensituation. Laut einer größeren amerikanischen Studie weisen rund 2/3 aller Patient*innen auch 6 Monate nach dem Ereignis keine angemessene Blutdruckkontrolle auf.
  • Die Prognose eines hypertensiven Notfalls hängt von Begleiterkrankungen sowie Art und Ausmaß der Endorganschädigung ab.

Weitere Informationen

Autorin

  • Martina Bujard, Wissenschaftsjournalistin, Wiesbaden

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Hypertensive Gefahrensituation/hypertensiver Notfall. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

  1. Lohnstein M, Eras J, Hammerbacher C. Der Prüfungsguide Allgemeinmedizin - Aktualisierte und erweiterte 3. Auflage. Augsburg: Wißner-Verlag, 2018.
  2. Kochen MM. Hypertensiver Notfall? Hypertensive Krise? (Hypertensive Urgency? Hypertensive Emergency?) DEGAM-Benefit . Z Allg Med 2018; 94: 197-9. www.online-zfa.de
  3. Deutsche Gesellschaft für Kardiologie. Stand 2018. Pocket-Leitlinie: Management der arteriellen Hypertonie. leitlinien.dgk.org
  4. Patel KK, Young L, Howell EH, Hu B, Rutecki G, Thomas G, Rothberg MB. Characteristics ans Outcomes of Patients Presenting With Hypertensive Urgency in the Office Setting. JAMA Intern Med 2016; 176(7): 981-8. doi:10.1001/jamainternmed.2016.1509 DOI
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  6. 2018 ESC/ESH Clinical Practice Guidelines for the Management of Arterial Hypertension. Stand 2018. www.escardio.org