Merkmal der chronischen Wunde ist eine fehlende Abheilung innerhalb von 8 Wochen.2
Häufigkeit
In Deutschland leiden ca. 1 Mio. Patient*innen an einer chronischen Wunde. Hiervon sind überwiegend geriatrische Patient*innen betroffen.
Das diabetische Fußulkus ist mit einer Prävalenz von ca. 3 % eine wichtige Komplikation des Diabetes mellitus und führt immer noch zu häufig zu einer Amputation.2
ICPC-2
S29 Hautsymptomatik/-beschw., andere
S97 Chronische Ulzeration Haut
ICD-10
L98.4 Chronisches Ulkus der Haut, anderenorts nicht klassifiziert
Differenzialdiagnosen
Maligne Geschwüre
Chronische Ulzera in lichtexponierten Bereichen bei Patient*innen mittleren und höheren Alters können auf ein baso- oder spinozelluläres Karzinom, seltener auch auf ein malignes Melanom zurückzuführen sein.
Venöse Ulzera können auf eine venöse Insuffizienz mit Ödemen, mitunter auch auf Varizen oder Thrombophlebitiden zurückzuführen sein.
Ulcus cruris venosum
Die venösen Ulzera befinden sich in der Regel am Innenknöchel, können groß sein und sind unterschiedlich tief, scharf begrenzt und häufig schmerzfrei.
Arterielle Ulzera entstehen aufgrund einer Arteriosklerose, und die Patient*innen weisen häufig noch weitere Symptome einer Durchblutungsstörung (z. B. verminderte Gehstrecke) auf.
Arterielle Ulzera sind oft an den Zehen und im distalen Bereich des Fußes lokalisiert. Die Ulzera sind häufig trocken nekrotisch, tief und wie ausgestanzt.
Bei immobilisierten Patient*innen und bei Erkrankten mit eingeschränkter Sensibilität können sich Druckgeschwüre entwickeln.
Der Dekubitus kann sich in Form eines anhaltend hyperämischen, bullösen, rissigen oder nekrotischen Hautbereichs präsentieren.
Dekubitus
Darunter liegende Strukturen wie Muskeln und Knochen können mitbeteiligt sein.
Druckgeschwüre treten in der Regel bei Patient*innen mit eingeschränkten oder fehlenden sensorischen Funktionen oder bei pflegebedürftigen, gelähmten oder bettlägerigen Erkrankten auf.
Fußulkus bei Diabetes
Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.3
Der Erkennung des diabetischen Fußsyndroms kommt große Bedeutung zu.4
Bakterielle Infektionen, Gewebeischämie, ständige Traumata, fehlende Entlastung und schlechte Behandlung bewirken, dass Fußgeschwüre bei Menschen mit Diabetes langsam heilen und sich schnell zu chronischen Wunden entwickeln.
Nicht heilende Ulzera können auch bei jüngeren Menschen auftreten. Meist liegt eine chronische Erkrankung (Autoimmunerkrankung) oft mit Vaskulitis vor.
Ein schmerzhaftes Ulkus mit einem girlandenförmigen, violetten, unterminierten Rand
Andere Ursachen
Wunden, die nicht heilen, können auf eine Infektion oder einen Fremdkörper zurückzuführen sein.
Mitunter kann es durch selbstverletzendes Verhalten zu chronischen, nicht heilenden Wunden kommen.
Anamnese
Anzeichen einer generalisierten Erkrankung
Im Rahmen der Anamnese abklären, ob es sich um eine isolierte Hautveränderung bei ansonsten gesunden Patient*innen handelt oder ob die Ulzeration Ausdruck einer systemischen Erkrankung oder eines reduzierten Allgemeinzustands ist.
Bei unklaren Geschwüren am Unterschenkel soll die Durchblutung geprüft werden.
Wenn über einen bestimmten Zeitraum (z. B. 4 Wochen) nachweislich keine Veränderungen objektiv nachweisbar sind, ggf. reevaluieren, ob die Grunderkrankung richtig erkannt und ausreichend therapiert wurde (z. B. regelmäßige Lagerungswechsel bei Drucknekrosen, konsequentes Tragen der Kompressionsstrümpfe, Kompressionsstrümpfe fachgerecht?).
Mögliche Pflegefehler mit in Betracht ziehen.
Regelmäßig mit den Pflegekräften und Angehörigen kommunizieren.
Maßnahmen und Empfehlungen
Sowohl das Risiko der Übertragung von Infektionserregern aus einer chronischen Wunde als auch die Besiedelung der Wunde mit Bakterien aus dem Patientenumfeld, meistens durch die an der Pflege beteiligten Personen, ist insbesondere während des Verbandswechsels groß.
Daher spielen Hygienemaßnahmen bei der Wundbehandlung eine entscheidende Rolle.
Indikationen zur Überweisung
Ggf. zum chirurgischen Debridement (wenn hausärztlich nicht durchführbar)
Bei Verdacht auf ein malignes Geschwür sollte eine Überweisung an eine dermatologische oder chirurgische Praxis erfolgen.
Arterielle Ulzera sind auf eine unzureichende Durchblutung und eine damit einhergehende Ischämie des Gewebes zurückzuführen. Die häufigste Grundursache ist eine periphere arterielle Verschlusskrankheit.
Die venöse Hypertonie bei chronisch venöser Insuffizienz scheint bei der Entwicklung venöser Ulcera cruris eine zentrale Rolle zu spielen und stellt somit einen wichtigen Ansatzpunkt bei der Behandlung dar.
Druckgeschwüre sind auf eine ischämische Nekrose und eine Ulzeration von Gewebe über Knochenvorsprüngen zurückzuführen, das über lange Zeit einem Druck von außen ausgesetzt war. Ein Druckgeschwür kann z. B. durch Wundliegen entstehen. Hier ist von einer mehrschichtigen Schädigung mit einer tiefen Wundhöhle auszugehen.
Diabetisches Fußulkus: Infolge einer Neuropathie und einer eingeschränkten Beweglichkeit der Gelenke kann es zu anomalen Druckbelastungen kommen, die in Kombination mit einer peripheren Ischämie bei Diabetes-Patienten zu einem erhöhten Ulzerationsrisiko führen. Das Bild zeigt eine gründlich revidierte Wunde.
Das Pyoderma gangraenosum ist eine seltene, aber schwere ulzerierende Hauterkrankung. In der Hälfte der Fälle geht die Erkrankung mit einer systemischen Grunderkrankung einher.
Quellen
Leitlinien
Deutsche Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung. Lokaltherapie chronischer Wunden bei Patienten mit den Risiken periphere arterielle Verschlusskrankheit, Diabetes mellitus, chronisch venöse Insuffizienz. AWMF-Leitlinie Nr. 091-001. S3, Stand 2012 (abgelaufen, aktuell in Überarbeitung). www.awmf.org
NVL-Programm von BÄK, KBV, AWMF. Nationale VersorgungsLeitlinie (NVL): Typ-2-Diabetes Präventions- und Behandlungsstrategien für Fußkomplikationen. (abgelaufen) www.leitlinien.de
Literatur
Diegelmann RF, Evans MC. Wound healing: an overview of acute, fibrotic and delayed healing. Front Biosci 2004; 9:283. PubMed
Deutsche Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung. Lokaltherapie chronischer Wunden bei Patienten mit den Risiken periphere arterielle Verschlusskrankheit, Diabetes mellitus, chronisch venöse Insuffizienz. AWMF-Leitlinie Nr. 091-001 (abgelaufen, aktuell in Überarbeitung). www.awmf.org
NVL-Programm von BÄK, KBV, AWMF. Nationale VersorgungsLeitlinie (NVL): Typ-2-Diabetes Präventions- und Behandlungsstrategien für Fußkomplikationen. (abgelaufen) www.leitlinien.de
Morbach S, Furchert H, Gröblinghoff U, et al. Long-term prognosis of diabetic foot patients and their limbs: amputation and death over the course of a decade. Diabetes Care 2012; 35:2021. PubMed
Turan A, Mascha EJ, Roberman D, et al. Smoking and perioperative outcomes. Anesthesiology 2011; 114:837. PubMed
Sørensen LT. Wound healing and infection in surgery: the pathophysiological impact of smoking, smoking cessation, and nicotine replacement therapy: a systematic review. Ann Surg 2012; 255:1069. PubMed
Autor*innen
Monika Lenz, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Neustadt am Rübenberge
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).