Allgemeine Informationen
Diagnostische Überlegungen
- Bei vielen Hauterkrankungen sind als Teil des klinischen Bildes Hautveränderungen im Gesicht zu beobachten.
- So treten bei einigen Hauterkrankungen, die in der Regel noch weitere Teile des Körpers betreffen, die ersten Symptome im Gesicht auf. Bei anderen ist dagegen nur das Gesicht betroffen.
ICPC-2
- S06 Rötung / Ausschlag, lokalisiert
ICD-10
- R21 Hautausschlag und sonstige unspezifische Hauteruptionen
- B00.- Infektionen durch Herpesviren [Herpes simplex]
- B08.3 Erythema infectiosum [Fünfte Krankheit]
- B05 Masern
- B06 Röteln [Rubeola] [Rubella]
- B86 Skabies
- A38 Scharlach
- A76 Virales Exanthem NNB, andere
- L01 Impetigo
- L02 Hautabszess, Furunkel und Karbunkel
- L20 Atopisches [endogenes] Ekzem
- L23 Allergische Kontaktdermatitis
- L24 Toxische Kontaktdermatitis
- L25 Nicht näher bezeichnete Kontaktdermatitis
- L70 Akne
- L71 Rosazea
- L71.0 Periorale Dermatitis
- L73.9 Krankheit der Haarfollikel, nicht näher bezeichnet
- L81.1 Chloasma
- L93 Lupus erythematodes
- L93.0 Diskoider Lupus erythematodes
Differenzialdiagnosen
Akute Hautveränderungen
Erythema infectiosum
-
- Am häufigsten im Alter zwischen 3 und 8 Jahren, aber auch bei Erwachsenen möglich
- Zu Beginn oft hochroter Ausschlag auf den Wangen, periorale Blässe und leichtes Fieber; feuerroter, makulopapulöser, konfluierender Ausschlag, retikulär bis girlandenförmig auf dem Rumpf
- Häufig Lymphknotenschwellungen, evtl. Begleitarthritiden1
- Normalerweise dauert die Krankheit 2–4 Tage an und ist selbstlimitierend mit milden Symptomen.
- Der Ausschlag kann länger bestehen (Wochen), mit wechselnder Intensität und geht dann auch oft mit Juckreiz einher.
- Fetale Todesfälle bei ca. 5 % der Infektionen während der ersten 20 SSW, häufig Spontanaborte während der Frühschwangerschaft
- Bei 30–50 % der akut infizierten Schwangeren verläuft die Infektion asymptomatisch.2
Masern
- Auch das charakteristische makulopapulöse Masernexanthem (bräunlich-rosafarbene konfluierende Hautflecken) beginnt im Gesicht und hinter den Ohren und bleibt 4–7 Tage bestehen.3
- Masern (Morbilli) sind eine durch das Morbillivirus (Masernvirus) verursachte Virusinfektion.
- Sie gehören zu den ansteckendsten Viruserkrankungen, die meist im Kindesalter auftreten.
- Masern sind aufgrund möglicher Komplikationen keine harmlose Erkrankung.
Röteln
- Auch die Röteln beginnen oft mit einem kleinfleckiges makulöse oder makulopapulösen Exanthem im Gesicht.4
- Eine vom Röteln-Virus, einem RNA-Virus aus der Gruppe der Togaviren, hervorgerufene Infektion mit Hautausschlag, Fieber und Lymphknotenschwellungen.
- Während der Schwangerschaft können Röteln zu einer Fehlgeburt oder zu schweren Schädigungen des Fetus führen.2
Scharlach
- Der Scharlach ist eine Streptokokken-Infektion, die meist in Form einer Angina auftritt und von einem charakteristischen Exanthem begleitet wird.5
- Bei Scharlach gibt es neben dem konfluierenden Exanthem aus kleinfleckigen Papeln, das am Oberkörper beginnt und sich zentrifugal ausbreitet, häufig eine intensive Rötung des Gesichts mit perioraler Blässe.
Windpocken
- Bei einer Windpockeninfektion bestehen die Hautläsionen aus Papeln, Bläschen und Schorf in verschiedenen Entwicklungsstadien („Sternenhimmel"). Die Läsionen, die sich innerhalb kurzer Zeit zu Blasen entwickeln, erscheinen zuerst am Stamm, dann aber auch im Gesicht.6
- Durch starkes Kratzen oder bakterielle Superinfektionen können Narben zurückbleiben.
Drei-Tage-Fieber
- Die Erkrankung wird durch das humane Herpesvirus 6 und 7 ausgelöst und tritt fast ausschließlich bei Kindern im Alter zwischen 6 Monaten und 3 Jahren auf.
- Das Exanthem mit diskreten, blassroten Elementen mit einem Durchmesser von 2–5 mm, das nach dem Fieber auftritt, ist am deutlichsten am Hals und am Körper, aber auch an den proximalen Extremitäten und im Gesicht.
Skabies
- Die Skabies (Krätze) ist eine stark juckende Dermatose, die durch die Milbe Sarcoptes scabiei verursacht wird.
- Bei Skabies ist meist nicht das Gesicht betroffen, aber bei Borkenkrätze und insbes. bei Säuglingen und Kleinkindern können die juckende Papeln, kleinen Vesikel und im weiteren Verlauf Sekundärveränderungen mit Exkoriationen auch im Gesicht auftreten.7
Herpes-simplex-Infektion der Haut
-
- Insbes. im Bereich des Mundes und der Genitalien
- In selteneren Fällen als primäre Gingivostomatitis
Impetigo contagiosa
-
- Die Impetigo contagiosa ist eine oberflächliche Hautinfektion, die durch S. aureus und/oder
Streptokokken verursacht wird.9 - Gelber Schorf auf leicht erythematöser Haut, allein oder in Kombination mit schlaffen Blasen auf erythematöser Haut.
- Im Gesicht, insbes. auf der Nase und in den Mundwinkeln sowie an den Ohrläppchen, Händen, Handgelenken und am Rumpf lokalisiert.
Follikulitis
-
- Klinische Präsentation in Form von Furunkeln, Furunkulose, Sycosis barbae und Karbunkeln
Pseudofolliculitis barbae
- Auf eine Fremdkörperreaktion auf eingewachsene Bartstoppeln zurückzuführen.
- Beschwerden verschwinden, wenn der Bart stehen gelassen wird.
Ekzem, akutes
-
- nach Friseurbesuchen
- nach der Anwendung von Kosmetika und Hautpflegeprodukten direkt im Gesicht
- infolge der Verwendung von Nagellack oder eines sonstigen Kontakts der Hände mit Chemikalien.
- Ekzeme der Haut können auch durch Medikamente oder Erkrankungen wie z. B. HIV hervorgerufen werden.
- Rötung, Ödem, diffuse Begrenzung, Papeln, Vesikel, evtl. Bullae
- Im weiteren Verlauf Exsudation und Verkrustung, schließlich Abschuppung
- Eine sekundäre Besiedelung durch Bakterien, Dermatophyten oder Hefepilzen, seltener auch durch Viren, können die Diagnose erschweren und komplizieren die Therapie.10
Polymorphe Lichtdermatose
-
- Stärkste Ausprägung im Frühling, bevor eine gewisse schützende Pigmentierung aufgebaut wurde; manche Patienten vertragen jedoch gar keine Sonnenstrahlung.
- 2 Stunden bis 5 Tage nach der Sonnenexposition Entstehung kleiner, juckender, roter papulovesikulöser oder ekzematöser Plaques
Photoallergische Reaktion
-
- Entzündung und Rötung der sonnenexponierten Haut, Bildung von Vesikeln und Bullae, Ausschlag evtl. nach einigen Tagen
Phototoxische Reaktion
- Bei der Verwendung von Arzneimitteln oder dem Kontakt mit Stoffen, die UV-Strahlen absorbieren.
- Präsentation in Form eines ausgeprägten Sonnenbrands, bei der Heilung evtl. Hyperpigmentierung der Haut
Chronische Hauterkrankungen, bei denen das Gesicht betroffen ist
Ekzem, atopisches
-
- Juckender, entzündlicher Hautbefall bei sehr trockener Haut
- Typische Lokalisationen sind das Gesicht, der Hals, der obere Teil des Rumpfes, die Ellenbeugen und die Kniekehlen.
Ekzem, seborrhoisches
-
- Es handelt sich um ein schuppiges chronisches Ekzem, das Hautbereiche mit einer hohen Dichte an Talgdrüsen befällt.
- Bei Säuglingen tritt das seborrhoische Ekzem auf der Kopfhaut, in intertriginösen Bereichen und im Windelbereich auf.
- Bei Jugendlichen und Erwachsenen tritt das Ekzem an den Nasenflügeln, in den Nasolabialfalten, entlang der Augenbrauen, auf der Kopfhaut und entlang des Haaransatzes, in den Gehörgängen und hinter den Ohren sowie prästernal und interskapulär auf.
- Bei älteren Patienten liegt das seborrhoische Ekzem in Form eines scharf begrenzten Ausschlags in Hautfalten vor, und es kann sich zu einem generalisierten Ausschlag entwickeln.
Akne
-
- Akne ist ein Oberbegriff für papulopustulöse Erkrankungen in talgdrüsenfollikelreichen Regionen mit z. T. unterschiedlicher Ätiologie und Klinik.13
- Sebostase und Entzündung der Talgdrüsen/Haarfollikel im Gesicht und am Oberkörper
- Klinische Diagnose bei Vorliegen der charakteristischen, offenen oder geschlossenen Komedonen in entsprechender Lokalisation.
Rosazea
-
- Chronisch entzündliche Hauterkrankung mit schubhaftem Verlauf im Gesicht
- Ausschlag an Wangen, Nase und Kinn
- Im weiteren Verlauf permanente Rötung, Teleangiektasien, Hyperplasie der Talgdrüsen, Papeln und Pusteln, die den Bereich um Mund und Augen aussparen.
- Das klinische Erscheinungsbild der Rosacea papulopustulosa kann dem der Akne ähneln, es fehlen jedoch Komedonen.14
Periorale Dermatitis
-
- Ein in der Regel symmetrischer, erythematöser, papulöser, seltener auch pustulöser oder leicht schuppiger Ausschlag, der an die Rosazea erinnert; Patienten weisen jedoch keine Teleangiektasien auf.
- Periorale, mitunter auch periorbitale Lokalisation des Ausschlags
Sonstiges
UV-bedingte Veränderungen
-
- solare Elastose
- solare Keratose
- Lentigo solaris
- UV-bedingte maligne Erkrankungen wie baso- und spinozelluläre Karzinome und Lentigo-maligna-Melanome, meist im Gesicht lokalisiert
Diskoider Lupus erythematodes
-
- Benigne Hauterkrankung, die in Form geröteter, scharf begrenzter, schuppiger Plaques in Erscheinung tritt.
- Möglicherweise durch UV-Strahlung entstanden oder verstärkt
- Am häufigsten im Gesicht lokalisiert, bei der Ausheilung häufig zentrale Atrophie, Narbenbildung und Pigmentveränderungen
- Diskoide Läsionen sind in 5 % der Fälle auf systemischen Lupus erythematodes zurückzuführen.
Systemischer Lupus erythematodes
- Der systemische Lupus erythematodes (SLE) ist eine chronisch-rezidivierende Autoimmunerkrankung, die jedes Organ betreffen kann.15
- Am häufigsten bei jungen Frauen
- Häufig unspezifische und wechselnde Symptome wie Muskel- und Gelenkschmerzen, Ausschlag im Gesicht, psychische Symptome
- Häufigste Befunde: „Schmetterlingserythem“ und/oder diskoide Hautveränderungen, Arthralgie/Arthritis und Müdigkeit, die auch nach Schlaf nicht nachlässt, evtl. Fieber.
- Bei aktiver Erkrankung häufig Anämie, erhöhte BSG und Leukopenie, ANA-Test positiv
Chloasma
- Erworbene, meist scharf begrenzte, großflächige oder kleinfleckige, geschlossene oder retikuläre Hyperpigmentierung (Melanose) in sonnenexponierten Arealen, häufig in Zusammenhang mit einer Schwangerschaft.16
Anamnese
Besonders zu beachten
Akut oder chronisch
- Richtungsweisend für das diagnostische Vorgehen
Andere bekannte Hauterkrankungen
Infektionskrankheit
- Generalisiert, viral
- Lokale Entzündung
Reaktion auf Sonnenlicht
- Polymorphe Lichtdermatose, phototoxische oder photoallergische Reaktion
Einnahme von Arzneimitteln
- Anwendung topischer Kortikosteroide kann periorbitale Dermatitis verstärken.
- Phototoxische Reaktion
Klinische Untersuchung
- Anzeichen eines Hautausschlags in anderen Bereichen des Körpers?
- Beurteilung von Lokalisation und Erscheinungsbild
- Anzeichen einer systemischen Erkrankung?
Maßnahmen und Empfehlungen
Indikationen zur Überweisung
Checkliste zur Überweisung
Hautausschlag mit unbekannter Diagnose
- Zweck der Überweisung
- Diagnostik? Therapie? Sonstiges?
- Anamnese
- Beginn und Dauer? Akute oder graduelle Entwicklung? Progression?
- Beschwerden? Beteiligung der Schleimhäute? Erschwerende oder lindernde Faktoren? Andere bekannte Hauterkrankungen? Andere aktuelle Erkrankung? Familiäre Prädisposition?
- Regelmäßig eingenommene Medikamente?
- Konsequenzen?
- Klinische Untersuchung
- Lokalisation? Größe und Merkmale der Läsionen?
- Allgemeinzustand?
- Ergänzende Untersuchungen
Weitere Informationen
- Siehe auch Artikel Hauterkrankungen: Blickdiagnose.
Illustrationen
Quellen
Leitlinien
- Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Viruskrankheiten/Gesellschaft für Virologie. Labordiagnostik schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen. S2k-Leitlinie. AWMF-Leitlinie Nr 093/001. S2k, Stand 2014. www.awmf.org
- Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG). Skabies, Diagnostik und Therapie. AWMF-Leitlinie Nr. 013-052. S1, Stand 2016. www.awmf.org
- Deutsche Dermatologische Gesellschaft. Staphylococcus aureus bedingte Infektionen der Haut und Schleimhäute, Diagnostik und Therapie. S2k, Stand 2011. www.awmf.org
- Deutsche Dermatologische Gesellschaft. Kontaktekzem AWMF-Leitlinie Nr. 013-055. S1, Stand 2016. www.awmf.org
- Deutsche Dermatologische Gesellschaft. Neurodermitis. AWMF-Leitlinie Nr. 013-027. S2k, Stand 2015. www.awmf.org
- Deutsche Dermatologische Gesellschaft. Behandlung der Akne. AWMF-Leitlinie Nr. 013-017. S2k, Stand 2010. www.awmf.org
- Deutsche Dermatologische Gesellschaft. Rosazea. AWMF-Leitlinie Nr. 013-065. S1, Stand 2013. www.awmf.org
- Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. Systemischer Lupus erythematodes. AWMF-Leitlinie Nr. 027-061. Stand 2013. www.awmf.org
Literatur
- Altmeyer, P. Die Online Enzyklopädie der Dermatologie, Venerologie, Allergologie und Umweltmedizin.Erythema infectiosum. Zugriff 5.5.2017 www.enzyklopaedie-dermatologie.de
- Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Viruskrankheiten / Gesellschaft für Virologie. Labordiagnostik schwangerschaftsrelevanter Virusinfektionen. S2k-Leitlinie. AWMF-Leitlinie Nr 0093/001, Stand 2014 www.awmf.org
- Robert-Koch-Institut. RKI-Ratgeber für Ärzte: Masern. Zugriff 5.5.2017 www.rki.de
- Robert-Koch-Institut. RKI-Ratgeber: Röteln. Zugriff 7.5.2017 www.rki.de
- Robert Koch Institut. RKI-Ratgeber für Ärzte: Streptococcus pyogenes-Infektionen, Paratyphus. Berlin, Stand 2009 www.rki.de
- Robert-Koch-Institut. RKI-Ratgeber: Windpocken. Zugriff 7.5.2017 www.rki.de
- Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG). Skabies, Diagnostik und Therapie. AWMF-Leitlinie Nr. 013-052. S1, Stand 2016 www.awmf.org
- Robert Koch Institut Berlin. Infektionskrankheiten Herpes simplex Zugriff 8.5.2017 www.rki.de
- Deutsche Dermatologische Gesellschaft. Staphylococcus aureus bedingte Infektionen der Haut und Schleimhäute, Diagnostik und Therapie, Stand 2011, dgpi.de
- Deutsche Dermatologische Gesellschaft. Kontaktekzem AWMF-Leitlinie Nr. 013-055. Stand 2016 www.awmf.org
- Deutsche Dermatologische Gesellschaft. Neurodermitis. AWMF-Leitlinie Nr. 013-027, Stand 2015. www.awmf.org
- Deutsche Dermatologische Gesellschaft. Behandlung der Akne. AWMF-Leitlinie Nr. 013-017. S2k. Stand 2010. www.awmf.org
- Altmeyer P. Die Online Enzyklopädie der Dermatologie, Venerologie, Allergologie und Umweltmedizin. Akne. Springer 2017. www.enzyklopaedie-dermatologie.de
- Deutsche Dermatologische Gesellschaft. Rosazea. AWMF-Leitlinie Nr. 013-065, Stand 2013. www.awmf.org
- Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. Systemischer Lupus erythematodes. AWMF-Leitlinie Nr. 027 - 061. Stand 2013. www.awmf.org
- P. Altmeyer.E. Die Online Enzyklopädie der Dermatologie, Venerologie, Allergologie und Umweltmedizin. Chloasma. springer 2017.Zugriff 8.5.2017 www.enzyklopaedie-dermatologie.de
Autoren
- Monika Lenz, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Neustadt am Rübenberge
- Tore Särnhult, överläkare, Hudmottagningen, Kungsbacka
- Terje Johannessen, professor i allmennmedisin, Institutt for samfunnsmedisinske fag, Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheim
- Sylvi Torvund, spesialist i allmennmedisin, Nidarvold legesenter, Trondheim
- Kristin Ryggen, overlege, Hudavdelingen, Regionsykehuset i Trondheim