Akute Nagelfalzentzündung

Die Nagelfalzentzündung (umgangssprachlich Umlauf) ist die häufigste Infektion der Hand. Insbesondere Personen, die bei der Arbeit mit Feuchtigkeit/Nässe in Berührung kommen, z. B. Reinigungspersonal, neigen zu derartigen Entzündungen.

Was ist eine Nagelfalzentzündung?

Definition

Die Nagelfalzentzündung (Paronychie) ist eine Entzündung des weichen Gewebes rund um den Fingernagel oder Zehennagel. Sie kann akut oder chronisch verlaufen.

Symptome

Typische Symptome sind Schmerzen, Empfindlichkeit, Schwellungen einer der seitlichen Nagelwälle, manchmal mit Eiteransammlungen unter dem Nagelwall.

Das entzündete Gewebe ist rot und geschwollen. In einigen Fällen kann die Infektion so weit fortgeschritten sein, dass sich unter der Haut seitlich des Nagels Eiter bildet. Bei ausbleibender oder unzureichender Behandlung kann die Infektion auch auf die Nagelwurzel übergreifen. In seltenen Fällen kann sich die Entzündung unterhalb des Nagels bis zur anderen Seite hin ausbreiten und eine Infektion der Nagelwälle auf beiden Seiten des Nagels hervorrufen. Sehr selten kann auch eine Ausbreitung der Infektion in der Unterhaut über den gesamten Finger beobachtet werden, sodass der Nagel von dem darunterliegenden Abszess aus dem Nagelbett gehoben wird.

Im fortschreitenden Krankheitsverlauf verdickt und verfärbt sich die Nagelplatte, zudem können Querrillen entstehen.

Ursachen

Die häufigste Ursache für Nagelfalzentzündungen sind kleine Wunden, die die physische Barriere zwischen dem Nagel und der umliegenden Haut zerstören. So können Mikroorganismen wie Bakterien oder Pilze in den Nagelfalz oder das Nagelbett gelangen, sich vermehren und eine Infektion hervorrufen. Eine solche Entzündung kann durch Bagatellen wie eine ausgefranste Nagelhaut oder aber durch Nägelkauen, Fingersaugen, übertriebene oder unprofessionelle Maniküre sowie die Verwendung von Kunstnägeln entstehen.

Bei einer akuten Nagelfalzentzündung wird die Infektion hauptsächlich durch Staphylokokken, aber auch durch Streptokokken und andere Bakterien oder Pilze verursacht.

Chronische Verläufe entstehen häufig infolge einer Entzündungsreaktion auf Allergene und Reizstoffe (Laugen oder Säuren). Sehr häufig wird eine chronische Nagelfalzentzündung durch eine Infektion mit Hefepilzen (Candida) verursacht. Auch ein eingewachsener Zehennagel kann eine Nagelfalzentzündung hervorrufen. Selten können schwerwiegende Erkrankungen (z. B. HIV) oder Nebenwirkungen von bestimmten Medikamenten zu chronischen Nagelfalzentzündungen führen.

Insbesondere Personen, die beruflich mit Feuchtigkeit/Nässe zu tun haben, neigen zu derartigen Entzündungen; hierzu zählt z. B. Reinigungs- und Küchenpersonal. Auch Personen mit Diabetes, Übergewicht, starkem Handschweiß, Raynaud-Syndrom oder Immunschwäche sind vermehrt von Nagelfalzinfektionen betroffen.

Häufigkeit

Die Erkrankung kommt häufig vor. Bei rund 35 % aller Handinfektionen handelt es sich um eine Nagelfalzentzündung, sie ist damit die häufigste Infektion der Hand. Frauen sind häufiger betroffen als Männer, eine Erkrankung ist in jedem Alter möglich.

Untersuchungen

  • Bei der ärztlichen Untersuchung wird der betroffene Finger oder Zeh begutachtet und nach möglichen Auslösern der Entzündung gefragt.
  • Häufig lässt sich eine leichte Verletzung im Bereich der Fingerspitze oder rund um den Nagel feststellen.
  • Bei einer akuten Nagelfalzentzündung ist in der Regel nur ein Nagel beteiligt und die Beschwerden bestehen weniger als sechs Wochen.
  • Eine chronische Nagelfalzentzündung kann auch an mehreren Nägeln bestehen.
  • Bei komplizierten Verläufen und Immunschwäche kann ein Abstrich entnommen werden, um die Erreger zu bestimmen.

Behandlung

  • Die Behandlung zielt auf die Abtötung der Mikroorganismen und somit die Heilung der Entzündung ab.
  • Darüber hinaus sollten prophylaktische Maßnahmen ergriffen werden, um eine erneute Infektion zu vermeiden.
  • Die Art der Behandlung ist abhängig vom Ausmaß der Infektion.
  • Waschen Sie den infizierten Finger 3- bis 4-mal täglich mit warmem Seifenwasser.
  • Bei Bedarf können Sie auch ein rezeptfrei in der Apotheke erhältliches Desinfektionsmittel wie Chinosol verwenden oder den Finger in Kaliumpermanganat-Lösung baden.
  • Bei mäßigen Beschwerden können Sie Salbenverbände mit Polyvidon-Jod oder Natriumbituminosulfonat anlegen.
  • Bei einem Abszess können Ärzt*innen einen kleinen Hautschnitt vornehmen, um den Eiter abzulassen.
  • Bakterielle Infektionen werden mit antibiotischen Salben (Nadifloxacin) oder in schweren Fällen mit Antibiotika zum Einnehmen behandelt.
  • Bei einer chronischen Nagelfalzentzündung kann eine Kortisoncreme angewendet werden.
  • Pilzinfektionen werden mit antimykotischen Wirkstoffen behandelt, entweder lokal mit einer Lösung oder Creme oder mit Tabletten.

Operation

  • Bei einer schweren chronischen Nagelfalzentzündung ist unter Umständen eine kleine Operation erforderlich. Dabei wird das gesamte entzündliche Gewebe sowie ein Teil des Nagels entfernt.
  • Die Wundränder werden mit einem Wundverband bedeckt, der regelmäßig erneuert werden muss. Nach 2–3 Wochen ist die Operationswunde normalerweise soweit abgeheilt, dass der Verband entfernt werden kann.
  • Der Nagel wächst innerhalb von 6–9 Monaten nach, selten kann es auch bis zu einem Jahr dauern.

Was können Sie selbst tun?

  • Vermeiden Sie Manipulationen an dem betroffenen Nagel.
  • Vermeiden Sie Kälte, Feuchtigkeit oder die Haut reizende Substanzen.
  • Waschen Sie den betroffenen Finger mehrmals täglich mit warmem Seifenwasser.
  • Die Nägel sollten warm und trocken gehalten werden.

Vorbeugung

  • Achten Sie auf eine gute Handhygiene.
  • Halten Sie die Nägel kurz, aber schneiden Sie nicht das Nagelhäutchen. Fußnägel sollten nicht rund geschnitten werden.
  • Verwenden Sie keine künstlichen Fingernägel.
  • Vermeiden Sie Nägelkauen und Lutschen an den Fingern.
  • Personen in Berufen mit viel Wasserkontakt sollten auf eine gute Hautpflege achten.
  • Pflegen Sie trockene Nagelfalze regelmäßig mit einer Feuchtigkeitscreme.
  • Diabetes-Patient*innen sollten regelmäßig die Füße kontrollieren und auf passende Schuhe achten.

Prognose

Nagelfalzentzündungen neigen dazu, immer wiederzukehren, bei einigen Menschen werden sie sogar chronisch. Dies gilt insbesondere für Personen, die aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit häufig feuchte oder nasse Finger haben, sodass schnell kleine Risse und Wunden entstehen können. Schlimmstenfalls kann eine berufliche Neuorientierung erforderlich sein.

Bei schneller Behandlung ist die Prognose gut. Die Behandlung von chronischen Nagelfalzentzündungen ist jedoch langwierig.

In manchen Fällen breitet sich die Infektion auf umliegendes Gewebe aus. Als weitere Komplikation können Wachstumsstörungen der Nägel auftreten.

Weitere Informationen

  • Paronychie – Informationen für ärztliches Personal

Autorin

  • Martina Bujard, Wissenschaftsjournalistin, Wiesbaden

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Paronychie. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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