BBB MK 26.04.2022 umfassend revidiert und umgeschrieben.
chck go 7-6-16
CCC MK 24.04.2018, überarbeitet und neue LL ergänzt
Ulcus cruris
Ulcus cruris arteriosum
Ulcus cruris mixtum
periphere arterielle Verschlusskrankheit
pAVK
Ratschow-Test
ABI
Knöchel-Arm-Index
Zusammenfassung
Definition:Substanzdefekt der Haut und Unterhaut als Folge einer fortgeschrittenen peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK).
Häufigkeit:Anteil am chronischen Ulcus cruris ca. 15 %.
Symptome:Arterielle Ulzera sind häufig schmerzhaft.
Befunde:Prädilektionsstellen sind die Akren der Füße und der distale Unterschenkel. Ulzera sind häufig klar umschrieben (wie „ausgestanzt“) und relativ tief.
Diagnostik:Diagnostik im Hinblick auf PAVK: Knöchel-Arm-Index, Farbduplex-Sonografie, Angiografie (CT, MR, DSA).
Therapie:Therapie der PAVK, lokale Wundbehandlung.
Allgemeine Informationen
Definition
Unter Ulcus cruris versteht man allgemein einen Substanzdefekt der Haut und Unterhaut des Unterschenkels, der bis zum Knochen reichen kann.1
Eine arteriell bedingte Ischämie der Haut bis zur Ulzeration kann verursacht werden durch:8
progrediente Atherosklerose
arterielle Embolisation.
Insbesondere im Alter besteht eine leichtere Verletzbarkeit der Haut mit schlechterer Wundheilung, u. a. durch:1
verringerte antioxidative Kapazität
Verschlechterung der mechanischen Eigenschaften des Hautbindegewebes
Abnahme der dermalen Gefäßdichte und der Gefäßkaliber.
Das arterielle Ulkus stellt das Endstadium der chronischen PAVK dar.1
Bei einem Teil der Patient*innen mit PAVK besteht ein Diabetes mellitus mit Neigung zu neuropathischen Ulzera, sodass auch ein gemischtes Ulkus („neuroischämisches Ulkus“) vorliegen kann.9
Klinisches Bild
Im Rahmen der PAVK häufig Claudicatio intermittens und schließlich Ruheschmerz
Zunahme der Beschwerden meist nach Hochlagerung der Beine7
Schwerpunkte der Behandlung sind abhängig vom klinischen Stadium; im Stadium III und IV nach Fontaine steht der Gliedmaßenerhalt im Vordergrund.11
Bestandteile der PAVK-Therapie sind grundsätzlich:11
Behandlung der Risikofaktoren
strukturiertes Gehtraining
Thrombozytenaggregationshemmung
vasoaktive Substanzen
interventionelle/operative Revaskularisation
Wundbehandlung.
Bei geriatrischen, insbesondere bettlägerigen, Patient*innen sollten periinterventionelles/-operatives Risiko und der erwartete Nutzen besonders sorgfältig abgewogen werden.1
Schaffung lokaler Bedingungen, die die Abheilung der Wunde ermöglichen.
Schaffung eines Wundgrundes, der frei von avitalen Belägen, Fremdkörpern, Belägen und Detritus ist.
Prophylaxe von Entzündung und Infektionserkrankung
Herstellung und Erhaltung eines optimal feuchten Wundmilieus
Schutz des Wundrandes und der Umgebung (z. B. vor Mazeration).
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Komplikationen
Gangrän und Amputation
Prognose
Chronische Wundheilungsstörungen sind gekennzeichnet durch:3
hohen Krankheitswert
große Einbußen an Lebensqualität.
Die durchschnittliche Abheilungsdauer des Ulcus cruris arteriosum beträgt unter den Bedingungen einer Wundsprechstunde (größtenteils von Hausärzt*innen- und Spezialist*innen zugewiesene Patient*innen) 6,5 Monate.16
Patient*innen mit Ulcus cruris arteriosum müssen häufiger hospitalisiert werden als Patient*innen mit venösem Ulkus oder Ulkus anderer Ursache.16
Verlaufskontrolle
In den Leitlinien wird hinsichtlich der Verlaufskontrolle und -dokumentation Folgendes empfohlen:13
Die Wundbeurteilung im Rahmen des Heilungsverlaufs sollte regelhaft erfolgen und bei jeder Veränderung mit therapeutischer Konsequenz.13
Die Durchführung der therapeutischen Maßnahmen sollte immer dokumentiert werden.
Die Intervalle der Verbandwechsel sollten der Grunderkrankung, den Erfordernissen der Wunde und den Bedürfnissen und Zielen der betroffenen Person angepasst werden.
Die Erhebung von Schmerzen sowie deren Therapie sollten im Verlauf dokumentiert und evaluiert werden.
Ist 6 Wochen nach Beginn einer leitliniengerechten Behandlung keine Heilungstendenz erkennbar, soll das Vorliegen anderer Ursachen für die fehlende Heilungstendenz differenzialdiagnostisch abgeklärt werden. Hierzu soll im Zweifel eine zweite Meinung eingeholt werden.
Arterielle Ulzera treten meist distal des Knöchels auf.
Arterielle Ulzera sind häufig klar umschrieben, wie „ausgestanzt“ und relativ tief. Der Grund eines ischämischen Ulkus blutet in der Regel nicht. Die Oberfläche ist gelblich, bräunlich, grau oder schwarz, häufig nekrotisch und weist in der Regel kein Granulationsgewebe auf.
Angiografischer Nachweis einer Beckenarterienstenose (1)
Die rote Markierung kennzeichnet eine Arterienstenose, die mit einem Stent (1) behandelt wurde. (2) zeigt den Katheter.
Beinarterien
Blutdruckmessung am Knöchel
Quellen
Leitlinien
Deutsche Gesellschaft für Angiologie – Gesellschaft für Gefäßmedizin e. V. Periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK), Diagnostik, Therapie und Nachsorge. AWMF-Leitlinie Nr. 065–003. S3, Stand 2015, überarbeitete Langfassung Stand 2016. www.awmf.org
Literatur
Duschek N, Trautinger F. Ulcus cruris beim alten Patienten. Z Gerontol Geriat 2019; 52: 377-390. doi:10.1007/s00391-019-01567-7 DOI
Dissemond J. Differenzialdiagnose des chronischen Ulcus cruris. Gefässchirurgie 2017; 22: 505-514. doi:10.1007/s00772-017-0321-4 DOI
Augustin M, Mayer G, Wild T. Herausforderungen der alternden Haut Versorgung und Therapie am Beispiel des Ulcus cruris. Hautarzt 2016; 67: 160-168. doi:10.1007/s00105-015-3756-0 DOI
Diener H, Debus E, Herberger S, et al. Versorgungssituation gefäßmedizinischer Wunden in Deutschland. Gefässchirurgie 2017; 22: 548-557. doi:10.1007/s00772-017-0326-z DOI
Körber A, Jockenhöfer F, Sondermann W, et al. Erstmanifestation eines Ulcus cruris - Analyse der Daten von 1000 Patienten. Hautarzt 2017; 68: 483-491. doi:10.1007/s00105-017-3950-3 DOI
Fink M. Das arterielle Ulcus cruris – Diagnostik und Therapie. Wiener klinisches Magazin 2010; 6: 28-32. doi:10.1007/s00740-010-0313-4 DOI
Dissemond J. Chronisches Ulcus cruris. Hautarzt 2017; 68: 614-620. doi:10.1007/s00105-017-4010-8 DOI
Gabriel A. Vascular ulcers. Medscape, last updated Aug 17, 2021. Zugriff 13.04.22. emedicine.medscape.com
Rümenapf G, Morbach S, Rother U, et al. Diabetisches Fußsyndrom – Teil1: Definition, Pathophysiologie, Diagnostik und Klassifikation. Chirurg 2021; 92: 81-94. doi:10.1007/s00104-020-01301-9 DOI
Wollina U, Unger L, Stelzner C, et al. Ulcus cruris. Internist 2013; 54: 1323–1329. doi:10.1007/s00108-013-3342-4 DOI
Deutsche Gesellschaft für Angiologie – Gesellschaft für Gefäßmedizin e. V. Periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK), Diagnostik, Therapie und Nachsorge. AWMF-Leitlinie Nr. 065–003, Stand 2015, überarbeitete Langfassung Stand 2016. www.awmf.org
Rüttermann M, Maier-Hasselmann A, Nink-Grebe B, Burckhardt M: Clinical Practice Guideline: Local treatment of chronic wounds in patients with peripheral vascular disease, chronic venous insufficiency and diabetes. Dtsch Arztebl Int 2013; 110(3): 25–31. www.aerzteblatt.de
Deutsche Gesellschaft für Wundheilung und Wundbehandlung e. V.: Lokaltherapie chronischer Wunden bei Patienten mit den Risiken periphere arterielle Verschlusskrankheit, Diabetes mellitus, chronische venöse Insuffizienz. AMWF-Leitlinien-Nr. 091-001, Stand 12.06.2012. www.awmf.org
Karrer S. Für jede Wunde die richtige Auflage. MMW - Fortschritte der Medizin 2010; 21: 81-87. doi:10.1007/BF03366649 DOI
Baczako A, Fischer T. Das können Sie als Hausarzt tun - Chronische Wunden richtig behandeln. MMW - Fortschritte der Medizin 2019; 5: 48-53. doi:10.1007/s15006-019-0006-x DOI
Läuchli S, Bayard I, Hafner J, et al. Unterschiedliche Abheilungsdauer und Häufigkeit der Hospitalisation bei Ulcus cruris verschiedener Ursachen. Hautarzt 2013; 64: 917–922. doi:10.1007/s00105-013-2671-5 DOI
Autor*innen
Michael Handke, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Intensivmedizin, Freiburg i. Br.
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).