Häufigkeit:Tritt am häufigsten bei Säuglingen, bei Personen im 3. und 4. Lebensjahrzehnt sowie bei älteren Menschen auf.
Symptome: Hautschuppung, ekzematöse Veränderungen, Entzündungen der Haut.
Befunde:Die Veränderungen sind am häufigsten auf der Kopfhaut, im Gesicht, im oberen Rumpfbereich, in den Achselhöhlen und in der Leistengegend.
Diagnostik:Klinische Diagnose, ggf. mykologische oder bakteriologische Diagnostik, selten Hautbiopsie.
Therapie:Lokalbehandlung mit antimykotischen Salben, ggf. zusätzlich mit kortisonhaltigen Präparaten. In ausgeprägten Fällen kann eine systemische Therapie notwendig sein. Eine Heilung ist nicht möglich.
Allgemeine Informationen
Definition
Das seborrhoische Ekzem ist ein schuppendes, chronisches Ekzem (Dermatitis), das vor allem in Hautbereichen, die viele Talgdrüsen enthalten, vorkommt. Es betrifft insbesondere die Kopfhaut, das Gesicht, die Brust und intertriginöse Bereiche und führt zu Schuppung und Rötung.1-2
Die seborrhoische Dermatitis kann bei Patienten jeden Alters von Säuglingen bis hin zu älteren Menschen auftreten, ist häufig bei Säuglingen im Alter von 3–6 Monaten und bei Erwachsenen im Alter von 30–60 Jahren.4-5
Die Prävalenz ist bei älteren Menschen höher als im Durchschnitt der Bevölkerung.6-7
Männer sind häufiger betroffen als Frauen.
Ätiologie und Pathogenese
Viele Faktoren (Hormonspiegel, Pilzinfektionen, immunologische Situation und neurogene Faktoren) spielen bei der Ätiologie der Erkrankung eine Rolle.4,6
Eine gesteigerte Produktion der Talgdrüsen führt zu einer Veränderung der Hautflora, der Anteil der Fettsäuren erhöht sich und begünstigt die Entstehung eines Ekzems.
Rötung, Juckreiz und Schuppung entstehen aufgrund veränderter Hautzellfunktionen.
Hormone
Unterschiedliche Hormonspiegel haben Einfluss auf die Seborrhö.
Pilz
Der Pilz Malassezia furfur, früher Pityrosporum ovale genannt, der Teil der normalen Hautflora ist8, scheint eine Rolle zu spielen, kommt jedoch auch bei Personen ohne Ekzem in der gleichen Häufigkeit vor.
Malassezia kommt in Körperbereichen vor, die reich an Talgdrüsen sind, z. B. auf dem Kopf, der Brust, im oberen Rückenbereich, in den Achselhöhlen und in der Leistengegend.
Malessezia ist als Auslöser der Pityriasis versicolor bekannt, hierbei verändert sich der Pilz allerdings zu einer pathologische Mycelform, und es kommt zu Pigmentveränderungen.
Beim seborrhoischen Ekzem scheint Malassezia furfur eine unspezifische Immunreaktion hervorzurufen, die wiederum die Kaskade von Hautveränderungen aktiviert.9-11
Neurogene Faktoren
Das seborrhoische Ekzem tritt bei Morbus Parkinson und anderen neurologischen Störungen, z. B. infolge eines Schlaganfalls, Epilepsie, Verletzungen des zentralen Nervensystems, Gesichtslähmung und Neuroleptika mit extrapyramidalen Nebenwirkungen vermehrt auf.8
Infektionen/Immunschwäche
Patienten mit HIV erkranken deutlich häufiger, sodass vermutlich ein Zusammenhang mit der verminderten Immunreaktion besteht.
Bei Kindern kann es durch immunologische Störungen im Komplementsystem zu einer Variante des seborrhoischen Ekzems kommen (Leiner-Dermatitis oder Erythrodermia desquamativa).
Symptome sind rasche Ausbreitung des Ekzems, Darmkandidose, Fieber, Anämie, dünnflüssige Stühle und Lebervergrößerung.12
Die häufigste Lokalisation ist die Kopfhaut, auf der Schuppungen in unterschiedlicher Ausprägung zu beobachten sind.
Das seborrhoische Ekzem tritt meist symmetrisch auf.
Weitere häufige Lokalisationen sind der mittlere Bereich des Gesichts, der mittlere und obere Bereich des Rumpfs, die Gehörgänge, der Genitalbereich und intertriginöse Bereiche der Achselhöhle und Leiste.
Die Hautveränderungen sind gelbbraun bis erythematös, rötlich und in schwerwiegenden Fällen nässend.
Bei einem seborrhoischen Ekzem besteht meist kein Juckreiz, durch Superinfektionen kann jedoch ein Juckreiz ausgelöst werden.
Bei Säuglingen kann das Ekzem schon in den ersten 3 Lebensmonaten auftreten im Gegensatz zum atopischen Ekzem, das erst nach dem 3. Lebensmonat manifest wird.15
Klinische Untersuchung
An den Prädilektionsstellen ist die Haut des Patienten entweder leicht schuppend, gerötet und trocken, oder sie weist einen fettigen, braungelben Belag auf.
U. U. kann auch eine Kombination dieser beiden Erscheinungsformen vorliegen.
Zudem können juckende, follikuläre Eiterbläschen vorhanden sein.
Prädilektionsstellen
Seborrhoisches Ekzem
Säuglinge
Bei Säuglingen tritt das seborrhoische Ekzem auf der Kopfhaut, Gesicht, Hals, Brustbereich, intertriginös und im Windelbereich auf.15
Erwachsene
Bei diesen tritt das Ekzem an den Nasenflügeln, in den Nasolabialfalten, entlang der Augenbrauen, auf der Kopfhaut entlang des Haaransatzes, in den Gehörgängen und hinter den Ohren sowie prästernal und interskapulär auf.
Ergänzende Untersuchungen
Der Verdacht auf eine Pilzinfektion sollte durch direkte Mikroskopie und/oder durch die Anlage einer Kultur bestätigt werden.
Bei Verdacht auf eine Superinfektion kann eine bakteriologische Untersuchung indiziert sein.
Bei nicht heilenden Ekzemen kann ggf. eine Hautbiopsie notwendig sein.
Indikationen zur Überweisung
Therapierestistente Verläufe
Therapie
Therapieziel
Gute Eindämmung des Ekzems
Allgemeines zur Therapie
Das seborrhoische Ekzem ist chronisch oder chronisch rezidivierend, die Symptome können aber durch eine Therapie vollständig eingedämmt werden.
Bei Säuglingen ist der Verlauf selten chronisch.
Sowohl pilzabtötende Mittel als auch lokale Steroide sind wirksam und können zur Steigerung der Wirkung miteinander kombiniert werden.16
Empfehlungen für Patienten
Schuppen entfernen.
Duftstoff- und alkalifreie Duschgels verwenden.
Anti-Pilz-Shampoos verwenden.
Fettende Cremes und Salben vermeiden.
Nässende Beugen und Falten mit abtrocknenden Pasten behandeln.
Stress vermeiden.
Medikamentöse Therapie
Lokale Therapie
Auf der Kopfhaut
Stark schuppende bzw. krustende Kopfherde können mit 0,5–2 % Salicylsäure-Öl aufgeweicht werden.15
alternativ Teer- oder ichtyolhaltige Präparate
Bei ausgedehnterem Befall kommen Antimykotika (Ketoconazol, Cotrimazol und Ciclopirox) zum Einsatz.17-19
Sind die Herde stark entzündlich, können kurzfristig Steroidlösungen angewendet werden.16
Im Gesicht
Im Gesicht kommen ebenfalls antimykotische Salben zum Einsatz.
Alternativ kann eine Therapie mit Metronidazol-Creme (1–2 %)20 oder 1–2 % Erythromycin-Creme erfolgreich sein.3
Kortikosteroide sollten wegen der Gefahr der Hautatrophie im Gesicht allenfalls sehr kurzfristig angewendet werden, hier können alternativ Calcineurin-Inhibitoren (Pimecrolimus, Tacrolimus) verwendet werden.21-22
Off-Label-Use bei seborrhoischem Ekzem
kostenintensiv
Hautirritationen sind relativ verbreitet.
Auf der Haut
ebenfalls antimykotische Salben, ggf. kurzfristig topische Glukokortikoide
Bei Säuglingen können Bäder mit entzündungshemmenden Zusätzen wie Weizenkleie- und Haferstrohextrakt eingesetzt werden.15
Es gibt Hinweise, dass Lithiumsalze zur lokalen Behandlung eine ebenso gute Wirkung wie Imidazol-Präparate haben.16
Zur Lokaltherapie können Präparate mit Zusatz von Teer, Zink und/oder Selen sinnvoll sein.
Prädilektionsstellen des seborrhoischen Ekzems beim Säugling sind die Kopfhaut, die intertriginösen Bereiche und der Windelbereich.
Seborrhoisches Ekzem, ein chronisches und schuppendes Ekzem unbekannter Ursache. Bei prädisponierten Personen können Stress oder Schlafmangel zu einem leichten bis ausgeprägten Erythem im Gesicht, vor allem in den Nasolabialfalten, führen.
Seborrhoisches Ekzem. In der Mitte der Brust (Brustbeinregion) tritt es anfangs oft in Form von kleinen rotbraunen, follikulären oder perifollikulären Papeln in Erscheinung. Diese Papeln entwickeln sich typischerweise zu Flecken, die den Kronblättern einer Blume oder einem Medaillon ähneln.
Seborrhoisches Ekzem, Kopfhaut. Bei Erwachsenen/Jugendlichen bricht das seborrhoische Ekzem meist in Form einer leichten, fettigen Schuppung im Kopfhautbereich sowie eines schuppenden Erythems im Bereich der Nasolabialfalten oder hinter den Ohren aus.
Seborrhoisches Ekzem. Häufigste Lokalisation ist die Kopfhaut mit unterschiedlich ausgeprägter Schuppung.
Seborrhoisches Ekzem, Axilla. Insbesondere bei älteren Menschen tritt das Ekzem oft als scharf begrenzter Ausschlag in den Hautfalten der Achselhöhlen, der Leisten, des submammären und anogenitalen Bereichs und des Nabels auf.
Seborrhoisches Ekzem im Stirnbereich. Fettige Haut mit schuppenden Ekzem und gelben Schuppen im Bereich von Stirn und Augenbrauen. Die Erkrankung ist meist chronisch, zeigt jedoch eine variierende Intensität. Phasen mit viel Stress und/oder wenig Schlaf können den Ausschlag verstärken.
Seborrhoisches Ekzem, typische Veränderungen mit fettiger Haut und gelber Schuppung in den Nasolabialfalten. Bei den Erwachsenen sind Männer häufiger betroffen.
Quellen
Leitlinie
Deutsche Gesellschaft für Dermatologie: Tinea der freien Haut, AWMF-Leitlinie Nr. 013-002. S1, Stand 2008. www.awmf.org
Deutsche Gesellschaft für Dermatologie: Kontaktekzem, AWMF-Leitlinie Nr. 013-055. S1, Stand 2013. www.awmf.org
Literatur
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Autoren
Monika Lenz, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Neustadt am Rübenberge
Kurt Østhuus Krogh, spesialist i barnesykdommer, Redaksjonsmedarbeider NHI/ overlege Barne- og ungdomsklinikken, St. Olavs Hospital
Morten Dalaker, spesialist i hudsykdommer, Trondheim Hudlegesenter, Trondheim