Zusammenfassung
- Definition:Eine oberflächliche Hautinfektion mit Hefepilzen der Gattung Candida, die fast überall am Körper auftreten kann.
- Häufigkeit:Recht häufig.
- Symptome:Symptome sind Erytheme insbesondere in Hautfalten und lästiger Juckreiz oder Brennen.
- Befunde:Klinische Befunde sind juckende, gerötete, nässende Veränderungen in großen Hautfalten.
- Diagnostik:Proben für eine Kultur sollten dann genommen werden, wenn das klinische Bild nicht spezifisch ist.
- Therapie:Lokale Behandlung mit antimykotischer Creme, Suspension etc.
Allgemeine Informationen
Definition
- Es handelt sich um eine oberflächliche Hefepilzinfektion der Haut, der Hautanhangsgebilde und der Schleimhäute.1
- Häufig betroffen sind Hautfalten (Intertrigo) oder Haut, die wenig Kontakt nach außen hat (Windeldermatitis).
- Als mukokutane Kandidosen sind die vulvovaginalen Kandidose und die oropharyngeale Kandidose zu nennen.2
- Unter dem Begriff der chronisch-mukokutanen Kandidose wird eine Reihe von seltenen Krankheitskomplexen zusammengefasst, deren übergeordnete Gemeinsamkeit persistierende oder chronisch rezidivierende Kandidosen der Haut und Schleimhaut sowie der Nägel sind.2
- Bei den Betroffen liegen meist angeborene immunologische oder endokrinologische Störungen vor, die Mehrzahl erkrankt bereits im Kleinkindalter.
Häufigkeit
- Recht häufige Erkrankung; betroffen sind am ehesten sehr junge, sehr alte oder sehr kranke Menschen.
- Die Häufigkeit steigt, da es immer mehr Menschen mit Immundefiziten ud chronischen Erkrankungen gibt, der Anteil der Älteren und der Anteil der Frühgeborenen immer höher wird.1
Ätiologie und Pathogenese
- Menschen sind im gesamten Magen-Darm-Trakt vom Mund bis zum Anus Träger von Hefepilzen, einschließlich Candida, die Teil der normalen Darmflora sind.
- Das Spektrum der durch Candida-Arten hervorgerufenen Erkrankungen umfasst oberflächliche und invasive Infektionen.2
- 75 % der anscheinend ansonsten gesunden Frauen entwickeln mindestens
einmal im Leben eine Vulvovaginalkandidose.- Symptome sind:
- Juckreiz
- Ausfluss
- Brennen
- Rötung
- Schmerzen beim Wasserlassen oder Geschlechtsverkehr.3
- Symptome sind:
Pathophysiologie
- Eine Behandlung mit Antibiotika verändert die endogene Mikroflora und fördert das Wachstum von Candida-Organismen.
- Weitere das Wachstum von Candida fördernde Faktoren sind Adipositas, Feuchtigkeit und Hitze.
- Eine seltene, schwer therapierbare Sonderform ist die chronische mukokutane Kandidose, die meist mit Immundefekten einhergeht.
Prädisponierende Faktoren
- Genetische Disposition
- Diabetes mellitus
- Übergewicht
- Mangelernährung
- Antibiotika-Einnahme
- Geschwächtes Immunsystem
- Kortikosteroide
- Arbeiten im feuchten Milieu
- Verletzungen oder Mazerationen der Haut
- Parenterale Ernährung
ICPC-2
- S74 Dermatophyten
ICD-10
- B37 Kandidose
- B37.2 Kandidose der Haut und der Nägel
Diagnostik
Diagnosekriterien
- Die Diagnose erfolgt meist klinisch.
- Für eine sichere Diagnose sollten Abstriche für die direkte Mikroskopie und eine Probe für die Pilzkultur genommen werden.
Differenzialdiagnosen
- Allergische Kontaktdermatitis
- Atopische Dermatitis
- Seborrhoische Dermatitis
- Inverse Psoriasis vulgaris
- Pemphigus
- Ekzem mit intertriginöser Lokalisierung
- Tinea cruris
- Erythrasma
- Kutane Malignome
- Andere Mykosen der Haut
Anamnese
- Juckreiz und Brennen
- Beginn der Veränderungen
- Vorerkrankungen
- Evtl. Auslöser: Medikamente, Ernährung, Verletzungen, regelmäßige Tätigkeiten im feuchten, warmen Milieu (Beruf)
- Rezidivierende Ereignisse
Klinische Untersuchung
- Juckende, gerötete, nässende Veränderungen
- Pustulöse Veränderungen können im Randbereich auftreten.
- Satellitenbläschen neben den roten Veränderungen sind nicht ungewöhnlich.
- Zudem können Paronychien und Nagelveränderungen auftreten.
- Möglicherweise gleichzeitige Schleimhautaffektionen wie orale
- Einige Formen der chronische mukokutanen Kandidose gehen mit Haarausfall oder Vitiligo einher.4
Ergänzende Untersuchungen
- Proben für eine mykologische Kultur sollten dann genommen werden, wenn das klinische Bild nicht eindeutig ist.
- Histologische und immunologische Untersuchung bei therapieresistenten Verläufen und bei Verdacht auf eine chronische mukokutane Kandidose2
Indikationen zur Überweisung
- Chronische und komplexe Fälle sowie Fälle mit starker Ausbreitung erfordern ggf. eine spezialisierte dermatologische Mitbehandlung.
Therapie
Therapieziele
- Infektion heilen.
- Beschwerden wie Juckreiz und Schmerzen lindern.
- Superinfektion verhindern.
- Etwaige Grunderkrankung behandeln.
- Rezidivbildung verhindern.
Allgemeines zur Therapie
- Sämtliche prädisponierenden Faktoren sollten möglichst behoben werden.
- gute Einstellung von Vorerkrankungen
- Absetzen einer Antibiose, wenn möglich
- In der Regel reicht eine lokale Therapie aus.
- Bei ausgedehntem Befall kann eine perorale Therapie angebracht sein.
- Ein lokales Kortikoid kann in der Anfangsphase bei starkem Juckreiz oder ausgeprägter Entzündungsreaktion zusätzlich hilfreich sein.5
Medikamentöse Therapie
- Antimykotische Creme oder Suspension wie Nystatin, Amphotericin B, Clotrimazol, Terbinafin, oder Ciclopirox oder Terbinafin
- Die Auswahl des Animykotikums hängt ggf. von der Resistenz der Erreger und der Schwere des Befalls ab.
- Viele antimykotischen Salben sind in Deutschland frei verkäuflich.
- 2- bis 3-mal täglich auftragen, übliche Behandlungsdauer 3–4 Wochen oder etwa 2 Wochen nach Symptomfreiheit.
- Für die Behandlung der Kopfhaut gibt es ketoconazolhaltige Shampoos.
- Therapie Vulvovaginalkandidose, oropharyngeale Kandidose und Windeldermatitis siehe in den entsprechenden Artikeln.
- Die Behandlung von asymptomatischen Sexualpartner*innen ist nicht indiziert.3
Systemische Therapie
- Pädiatrische Patient*innen
- oberflächliche Infektionen (Windelsoor, Mundsoor) bei Neugeborenen
- oropharyngeale und vulvovaginale Kandidose, Candida-Infektionen der Haut- und Nägel, chronisch mukokutane Kandidose jenseits des Neugeborenenalters
- Fluconazol 6 mg/kg/d: 1 x tgl. p. o./i. v.2
- Erwachsene (Haut, Nägel, vaginaler Befall, chronische mukokutane Kandidose)
- topische Antimykotika-Applikation mit Substanzen vom Azol-Typ (z. B. Clotrimazol, Bifonazol, Econazol, Isoconazol, Tioconazol und Sertaconazol) bzw. Polyen-Typ (z. B. Nystatin, Natamycin)
- bei Persistenz bzw. Rezidiven peroral2
- Fluconazol 50(–200) mg/d oder 300 mg/Woche
- Itraconazol (100–)200 mg/d oder als Pulstherapie 400 mg/d
über 7 Tage jeden Monat - als 2. Wahl Terbinafin 250 mg/d Dauertherapie
- Bei chronisch-mukokutaner Kandidose (CMC) ist häufig eine Dauertherapie erforderlich:2
- Fluconazol 50–400 mg/d
- Itraconazol 100–400 mg/d
- Posaconazol 100-400 mg/d
- bei Versagen der Azoltherapie.
- Caspofungin Tag 1 „Loading“ 70 mg/d, ab Tag 2 1 x 50 mg/d i. v.
- Micafungin 1 x 100 mg/d i. v.
Empfehlungen für Patient*innen
- Betroffene Bereiche sollten trocken gehalten und so viel wie möglich der Luft ausgesetzt werden.
- Reinigung mit warmem Wasser, möglichst keine Feuchttücher
- Sorgfältig abtrocknen.
- Hilfreich können Mullstreifen als Einlage zwischen den Zehen oder Fingern sein.
- Auf eine gesunde und proteinreiche Ernährung achten.
- Das Aufeinanderliegen von Hautfalten möglichst vermeiden, z. B. durch Gewichtsreduktion, Tragen eines BHs oder gute Lagerung bei immobilen Patient*innen.
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Komplikationen
- Superinfektion mit Bakterien
- Befall anderer Organsysteme
- Systemisch invasive Candida mit Kandidämie, häufig bei Immunsuppression oder unter Breitbandantibiotika oder unter der Verabreichung hypertoner Glukoselösungen
Prognose
- Viele Fälle der kutanen Kandidose heilen schnell und leicht aus, es gibt aber auch sehr hartnäckige und schwere Therapieverläufe.
Patienteninformationen
Patienteninformationen in Deximed
Illustrationen
Quellen
Leitlinien
- Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie (PEG). Candida-Infektionen, Diagnostik und Therapie. AWMF-Leitlinie Nr. 082-005. S1, Stand 2020. www.awmf.org
- Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. Vulvovaginalkandidose. AWMF-Leitlinie Nr. 015-072. S2k, Stand 2020. www.awmf.org
Literatur
- Scheinfeld NS. Candidiasis, cutaneous. Medscape, last updated Jan 17, 2020. emedicine.medscape.com
- Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie (PEG).Candida-Infektionen, Diagnostik und Therapie. AWMF-Leitlinie Nr.: 082-005. Stand 2020 www.awmf.org
- Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. Vulvovaginalkandidose AWMF-Leitlinie Nr. 015-072. Stand 2020 www.awmf.org
- P. Altmeyer.E. Die Online Enzyklopädie der Dermatologie, Venerologie, Allergologie und Umweltmedizin. Zugriff 28.11.12020 www.altmeyers.org
- Suttorp N. , Möckel M. et. al. Harrisons Innere Medizin, Seite 424. Berlin: Thieme, 2016.
Autor*innen
- Monika Lenz, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Neustadt am Rübenberge
- Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).