Mandelabszess (Peritonsillarabszess)

Der Mandel- oder Peritonsillarabszess ist eine Komplikation bei entzündlichen Halserkrankungen. Die Symptome sind starke Halsschmerzen, Schwierigkeiten beim Schlucken, Kieferschmerzen und Fieber.

Was ist ein Mandelabszess?

Der Mandelabszess (auch Peritonsillarabszess) beschreibt eine Halsinfektion mit Ansammlung von Eiter in der Umgebung der Gaumenmandeln (Tonsilla palatina).

Die Gaumenmandeln liegen beidseits im Mund-Rachen-Bereich an den Seitenwänden zwischen dem vorderen und hinteren Gaumenbogen. Häufig entstehen Mandelabszesse als Folge einer bakteriell entzündeten Gaumenmandel (Tonsillitis).

Symptome

Die Krankheit beginnt meist mit einer gewöhnlichen Halsentzündung. Nach und nach nehmen die Schmerzen in Hals und Rachen zu, während das Fieber steigt und sich ein starkes Krankheitsgefühl einstellt. Die Schmerzen auf der befallenen Seite werden mit der Zeit immer stärker. Auch die Schluckbeschwerden nehmen zu. Bei einigen Betroffenen sammelt sich Speichel im Mund. Auf der befallenen Seite können Ohren- und Kieferschmerzen auftreten. Darüber hinaus kommt es zu Mundgeruch und einer heiseren/kloßigen Stimme. Manche Patient*innen können den Mund nicht mehr vollständig öffnen (Kieferklemme). Mitunter sind auch die Halslymphknoten auf der betroffenen Seite schmerzempfindlich. Wenn sich der Abszess weiter ausbreitet, tritt in seltenen Fällen Atemnot auf.

Ursachen

Der Begriff Abszess bezeichnet eine Infektion, die durch eine Ansammlung von Eiter in einer Gewebetasche gekennzeichnet ist. Der Mandelabszess ist in der Regel eine Bakterieninfektion. Die Krankheitserreger dringen tief in das Gewebe ein und bilden eine Kapsel, weshalb sie nur schwer von der körpereigenen Abwehr bekämpft werden können.

Es gibt Faktoren, die das Risiko für einen Mandelabszess erhöhen:

  • Rauchen
  • Schlechte Mundhygiene
  • Häufige Infektionen (u. a. mit Herpesviren)
  • Schwere Erkrankungen der Zähne oder des Zahnfleisches
  • Bösartige Erkrankungen
  • Vorhandensein eines aggressiven Bakterienstamms im Mundbereich.

Häufigkeit

Mandelabszesse treten hauptsächlich bei Erwachsenen und Jugendlichen auf, seltener auch bei Kindern. Es gibt keine genauen Daten, aber die jährliche Häufigkeit wird auf ca. 40 Fälle pro 100.000 Jugendliche/Erwachsene geschätzt. Männer sind dreimal häufiger betroffen als Frauen. Die meisten Betroffenen erkranken in den Wintermonaten.

Untersuchungen

  • Bei einer einfachen Untersuchung des Rachens wird die Infektion der Halsmandeln festgestellt.
    • Die Mandeln und Gaumenbögen sind nicht mehr symmetrisch.
    • Der Abszess zeigt sich in Form einer Schwellung.
    • Die betroffene Mandel ist zur gesunden Seite hin verschoben.
    • Das Zäpfchen zeigt zur gesunden Seite.
  • Die Diagnose kann durch die Punktion von Eiter aus der Abszesshöhle bestätigt werden.
    • Weiterhin wird der aspirierte Eiter bakteriologisch untersucht, für den Fall, dass die Antibiotika erster Wahl nicht ansprechen.
  • Bildgebung
    • Eine Ultraschalluntersuchung kann im Zweifel den Mandelabszess von einer Infektion des Mandelbereiches ohne Eiteransammlung abgrenzen.
    • Die CT oder MRT sind indiziert, wenn der Verdacht auf eine Ausbreitung der Infektion außerhalb des Mandelbereichs besteht oder Komplikationen von angrenzenden Gefäßen und Weichteilen gefürchtet sind.
  • Für die Diagnose sind in der Regel keine Laboruntersuchungen nötig.
  • Die meisten Patient*innen werden bei Verdacht auf einen Mandelabszess zu Spezialist*innen der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde überwiesen.

Behandlung

  • Die Infektion wird mit Antibiotika behandelt.
    • Aminopenicillin in Kombination mit Betalaktamase-Inhibitoren sind die bevorzugten Wirkstoffe.
    • Als Alternative kommen andere Antibiotika wie Clindamycin, Cephalosporine und Metronidazol in Betracht.
  • Schmerzstillende Medikamente
    • Neben den üblichen Schmerzmedikamenten können bei einem Mandelabszess auch Kortikosteroide die Schmerzen reduzieren und die Heilung beschleunigen. Es sind jedoch mehr Studien erforderlich, um die Langzeitwirkung und die Nebenwirkung dieser Maßnahme zu bewerten.
  • Evtl. Flüssigkeitszufuhr über die Vene, wenn die betroffene Person nicht schlucken kann und dadurch einen Flüssigkeitsmangel hat.
  • In vielen Fällen ist der Mandelabszess so weit fortgeschritten, dass er geöffnet und entleert werden muss.
    • Hierfür kann eine örtliche Betäubung des infizierten Bereichs durchgeführt werden.
    • Dann wird der Abszess eröffnet, damit der Eiter austreten kann.
    • Unter Umständen kann es die ersten Tage nach dem Eingriff erforderlich sein, täglich zu kontrollieren, ob der Abszess weiterhin offen ist und sich entleert.
  • In einigen Fällen wird die operative Entfernung der betroffenen Mandeln empfohlen (Tonsillektomie).
    • Eine sofortige Operation kann bei bestimmten Patientengruppen vorteilhaft sein:
      • Patient*innen mit Schlafapnoe
      • Patient*innen mit wiederholten Mandelentzündungen oder -abszessen
      • Kinder.

Was können Sie tun?

  • Achten Sie darauf, ausreichend zu trinken.
  • Brechen Sie die Antibiotikatherapie trotz Verbesserung Ihrer Beschwerden nicht vorzeitig ab.

Prognose

  • Der Verlauf ist abhängig von der Behandlung und auch davon, wie schnell diese erfolgt.
  • Die Prognose ist in der Regel gut.
    • Eine Abszessleerung in Kombination mit einer Antibiotikatherapie führt in mehr als 90 % der Fälle zu einer Heilung.
    • Wenn eine Behandlung eingeleitet wurde, sind Komplikationen selten.
    • Nur in sehr wenigen Fällen breitet sich der Abszess über die Mandeln hinaus aus.
  • Nach dem Eröffnen der Eitertasche und ihrer Entleerung ist ein Wiederauftreten der Erkrankung selten.

Weitere Informationen

Autorin

  • Hannah Brand, Dr. med., Ärztin, Berlin

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Peritonsillarabszess. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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