Allergische Rhinitis

Zusammenfassung

  • Definition:Symptomatische Erkrankung der Nase, hervorgerufen durch IgE-vermittelte Entzündung der Nasenschleimhaut nach Allergenkontakt.
  • Häufigkeit:Bis zu 25 % der Erwachsenen in Deutschland und Europa sind von allergischer Rhinitis betroffen.
  • Symptome:Verstopfte Nase, klare Sekretion, Juckreiz in der Nase und Niesen.
  • Befunde:Mundatmung, Sekretfluss aus Nase, ggf. zusätzlich gerötete Konjunktiven.
  • Diagnostik:Anamnese zur Klassifizierung mittels Dauer und Schweregrad der Symptomatik. Nachweis einer immunologischen Sensibilisierung (Hauttest oder In-vitro-Diagnostik).
  • Therapie:Medikamentöse Stufentherapie. Bei leichten Symptomen intranasale oder orale Antihistaminika, bei mäßigen oder schweren Symptomen intranasale Kortikosteroide. Bei ausbleibendem Therapieerfolg Kombination mit Antihistaminika. Kausale Therapie durch Allergenkarenz oder allergenspezifische Immuntherapie (Hyposensibilisierung).

Allgemeine Informationen

Definition

  • Symptomatische Erkrankung der Nase, hervorgerufen durch IgE-vermittelte Entzündung der Nasenschleimhaut nach Allergenkontakt1

Klassifizierung 

  • Die frühere Unterteilung in saisonale oder perenniale Form wird mittlerweile von der Klassifizierung gemäß ARIA (Allergic Rhinitis and its Impact on Asthma) Guideline anhand von Dauer und Schwere der Symptomatik abgelöst.2
    • Grund: Auch saisonale Allergene können ganzjährig Beschwerden verursachen, und auch perenniale Allergene zeigen saisonale Schwankungen.1
  • Dauer
    • intermittierend
      • < 4 Tage pro Woche oder
      • < 4 Wochen bestehend
    • persistierend
      • > 4 Tage pro Woche und
      • > 4 Wochen bestehend
  • Schwere der Symptomatik 
    • gering
      • Die Symptome beeinträchtigen die Lebensqualität nicht.
      • Die Lebensqualität umfasst Schlaf, schulische oder berufliche Leistungen, Alltagstätigkeiten und sportliche Aktivitäten.
    • mäßig bis schwer
      •  Die Symptome beeinträchtigen die Lebensqualität.

Häufigkeit

  • Prävalenz 
    • Bis zu 25 % der Erwachsenen in Deutschland und Europa sind von allergischer Rhinitis betroffen.1,3
    • Bei Jugendlichen von 14–17 Jahren sind in Deutschland 20 % der Jungen und 16 % der Mädchen von Heuschnupfen betroffen.4
      • In jüngerem Alter ist die Prävalenz deutlich niedriger.
  • Entwicklungstendenz
    • Prävalenz und Schwere nehmen zu.5

Ätiologie und Pathogenese

Ätiologie

  • Allergische Rhinitis durch IgE-vermittelte allergische Reaktion Typ 1 auf Allergene verursacht
  • Hauptauslösende Allergene für:6
    • eher saisonale Beschwerden: Pollen von Gräsern und Bäumen
    • eher perenniale Beschwerden: Hausstaubmilben und Haustiere
    • beruflich bedingte Beschwerden: Holzstaub bei Waldarbeiter*innen, Mehlstaub bei Bäcker*innen.7
  • Es gibt 2 Hypothesen für die Zunahme von Allergien in der Bevölkerung:8
    1. fehlende oder mangelhafte Stimulation des Immunsystems in früher Kindheit („Hygiene"- oder „Urwald"-Hypothese)
    2. Einfluss anthropogener Schadstoffe, insbesondere feiner partikulärer Luftschadstoffe („Schadstoff-Hypothese").
  • Der Klimawandel begünstigt die allergische Rhinitis durch verlängerte Pollenflugzeiten wegen längerer und heißerer Sommer.9

Pathogenese Allergie allgemein

  • Die allergische Reaktion besteht immer aus einer Sensibilisierungs- und Entzündungsphase.8
  • Das Immunsystem identifiziert einen an sich harmlosen Umweltfaktor bei Kontakt als schädliche Substanz, entwickelt eine spezifische Reaktion und löst bei jedem weiteren Kontakt mit dem  entsprechenden Umweltfaktor eine Entzündungskaskade aus.8

Pathogenese der allergischen Rhinitis

  • IgE-vermittelte allergische Reaktion vom Soforttyp7
  • Nach der Sensibilisierung auf das Antigen mit Ausbildung spezifischer IgE-Antikörper führt das Antigen, z. B. Gräserpollen, zur Vernetzung der auf Mastzellen gebundenen IgE-AK.
  • Die Folge ist eine Degranulation der Mastzellen mit Ausschüttung von Histamin und Leukotrienen und anschließender Migration von Entzündungszellen in der Nasenschleimhaut.
  • Die Stärke der Reaktion der Nasenschleimhaut auf den Allergenkontakt ist variabel und u. a. vom Entzündungszustand der Schleimhaut abhängig.10
    • Priming: gesteigerte Reaktion aufgrund eines vorangegangenen wiederholten Kontakts zum Allergen
    • Auch nur vorübergehender Allergenkontakt in der Pollensaison kann zu andauernder Entzündung der Schleimhäute führen.

Prädisponierende Faktoren

  • Prädisponierende Faktoren für Allergien gemäß der AWMF-Leitlinie zur Allergenprävention11
  • Personen mit genetischer Vorbelastung („Risikokinder")
    • Mindestens ein Elternteil oder Geschwisterkind leidet unter einer atopischen Erkrankung.
  • Bei „Risikokindern" erhöhtes Allergierisiko bei Katzenhaltung
    • Gilt nicht für Hunde im Haushalt.
  • Erhöhter BMI
  • Schimmel und Feuchtigkeit in der Wohnung
  • Exposition gegenüber Tabakrauch
  • Luftschadstoffe, z. B. Autoabgase
  • Kaiserschnitt
  • Protektiv: Stillen in ersten 4 Monaten

ICPC-2

  • R97 Heuschnupfen

ICD-10

  • J30.1 Allergische Rhinopathie durch Pollen
  • J30.2 Sonstige saisonale allergische Rhinopathie
  • J30.3 Sonstige allergische Rhinopathie (ganzjährig bestehend)
  • J30.4 Allergische Rhinopathie, nicht näher bezeichnet

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Verdachtsdiagnose bei typischen Symptomen (Niesen, juckende Nase, verstopfte Nase) und zu Allergie passender Anamnese7
    • Verdachtsdiagnose erlaubt bereits einen „diagnostischen" Therapieversuch mit Antihistaminika oder intranasalen Glukokortikoiden.
    • Bei Ansprechen auf die Therapie ist kein Nachweis einer immunologischen Sensibilisierung (Hauttest oder In-vitro-Diagnostik) notwendig.

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Relevante Fragen zur Klassifizierung
    • Beginn und Dauer der Symptomatik
    • Auswirkungen auf die Lebensqualität (Schwere der Symptomatik)
      • Schlaf, schulische oder berufliche Leistungen, Alltagstätigkeiten und sportliche Aktivitäten
      • Bestimmung des Schweregrads auf der visuellen Analog-Skala von 0–10
  • Beschreibung der Symptomatik
  • Beschwerdezeitraum (s. u. Beschwerdezeitraum und Allergenquelle)
  • (Atopische) Vorerkrankungen
  • Familiäre Vorbelastung
  • Bisherige diagnostische und therapeutische Maßnahmen

Beschwerdezeitraum und Allergenquelle

  • Der Beschwerdezeitraum lässt Rückschlüsse auf die mögliche Allergenquelle zu.6
  • Januar–April: Hasel, Erle, Birke
  • April: Esche
  • Mai–Juli: Gräser
  • August–September: Beifuß, Traubenkraut

Klassische Symptomatik

  • Pollenbedingte Rhinitis1
    • Niesen, Sekretion und Begleitkonjunktivitis
    • allgemeines Krankheitsgefühl mit z. B. Schwäche, Müdigkeit, Schlafstörungen und Abgeschlagenheit
  • Persistierende Rhinitis, z. B. bei Hausstaubmilben1
    • verstopfte Nase 

Klinische Untersuchung

  • Typische klinische Befunde1
    • Sekretfluss aus der Nase
    • Mundatmung
    • gerötete Konjunktiven
    • Tränenfluss
  • Atopie-Zeichen bzw. Anhalt für andere atopische Erkrankungen, z. B.:
    • juckende, trockene Haut 
    • Hyperpigmentierung periorbital
    • laterale Ausdünnung der Augenbrauen (Hertoghe-Zeichen)

Diagnostik bei Spezialist*innen

  • Nachweis einer immunologischen Sensibilisierung nur notwendig bei inadäquatem Ansprechen auf den Therapieversuch7
  • Die Auswahl der Tests ist abhängig von den Patient*innen.7
    • Hauttest: günstiger, spezifischer und sensitiver als In-vitro-Diagnostik
      • Nachteil: 2–3 Tage vorher ist ein Absetzen von Antihistaminika oder Medikamenten mit antihistaminergen Eigenschaften (z. B. trizyklische Antidepressiva) notwendig.
    • In-vitro-Diagnostik: Sinnvoll bei Patient*innen mit starken Hautekzemen oder Dauermedikation, die nicht abgesetzt werden soll.
  • Hauttests 
    • Standard ist der Pricktest.
    • Intrakutantest: bei Zweifel an den Befunden des Pricktests oder schwach sensitiven Allergenen
  • In-vitro-Diagnostik   
    • Bestimmung allergenspezifischer IgE-Antikörper im Blut
  • Nasaler Provokationstest1
    • bei negativem Hauttest und fehlendem Nachweis allergenspezifischer IgE-Antikörper, aber hohem Verdacht auf eine Allergie
      • Syndrom der lokalen IgE-Produktion
    • Nasale Allergenapplikation, um die Reaktion der Nasenschleimhaut auf ein vermutetes Allergen aufzuzeigen.

Indikationen zur Überweisung

  • Sofern das Allergen nicht gemieden werden kann, sollte bei bestätigter Sensibilisierung auf ein spezifisches Allergen sowie mäßiger bis schwerer Rhinitis-Symptomatik eine Überweisung an Spezialist*innen zur Einleitung einer ASIT möglichst früh im Krankheitsverlauf erwogen werden.1

Checkliste zur Überweisung

Allergische Rhinitis, Heuschnupfen

  • Zweck der Überweisung
    • Bestätigende Diagnostik? Immuntherapie? Sonstiges?
  • Anamnese
    • Beginn und Dauer? Entwicklung?
    • Symptomatik? Nasenbeschwerden? Augenbeschwerden? Asthma? Systemische Auswirkungen?
    • Bekannte Allergene? Basierend auf dem klinischen Bild oder auf Tests?
    • Welche Behandlungen wurden bereits versucht? Wirkung? Behandlungsresistenz?
    • Andere relevante Krankheiten (früheres atopisches Ekzem)? Familiäre Häufung?
    • Auswirkungen der Beschwerden auf Arbeitsfähigkeit, Lebensqualität, Wachstum?
  • Klinische Untersuchung
  • Ergänzende Untersuchungen
    • Evtl. Allergietests? Spezifisches IgE, Pricktest, andere?

Therapie

Therapieziele

  • Symptome lindern.
  • „Etagenwechsel" zum allergischen Asthma verhindern.

Allgemeines zur Therapie

  • Die einfachste kausale Maßnahme ist die Elimination des Allergens, dies ist jedoch nicht immer möglich.7
    • Beispielsweise gut möglich: Bei Katzenhaarallergie Katze aus dem Haushalt abgeben.
  • Eine symptomatische Pharmakotherapie ist abhängig von dem Schweregrad.7
    • Im Abschnitt medikamentöse Therapie ist erst ein Vorgehen nach Stufentherapie allgemein beschrieben. Anschließend erfolgt die Vorstellung der Präparate mit empfohlener Dosierung.
    • Überprüfung der Wirksamkeit nach 1–2 Wochen (mindestens 2 Wochen bei intranasalen Glukokortikoiden) und Therapie ggf. anpassen.
  • Weitere kausale Maßnahmen allergenspezifische Immuntherapie (ASIT; Hyposensibilisierung)
  • Sekundärpräventive Aspekte, insbesondere Reduktion von Neusensibilisierungen und vermindertes Asthma-Risiko, sind wichtige Gründe, den Therapiebeginn der ASIT im Kindes- und Jugendalter früh zu wählen, sofern das Allergen nicht eliminiert werden kann.12
    • Die Wirksamkeit ist vor allem für Pollen- und Hausstaubmilbenallergie belegt.12

Empfehlungen für Patient*innen

Exposition reduzieren

  • Bei Tierallergien jeden Kontakt mit der entsprechenden Tierart meiden.
  • An Tagen mit besonders hoher Pollenkonzentration ggf. drinnen bleiben.
  • Bettwäsche und Kleidung in der Pollensaison zum Trocknen nicht draußen aufhängen.
  • Bei starker Pollenbelastung nach Aktivitäten im Freien unmittelbar duschen.
  • Bei starker Pollenbelastung während der Autofahrten Fenster geschlossen halten.
  • Urlaubsgebiete mit geringer Pollenkonzentration wählen: Berge, Küste.
  • Bei Allergie gegen Hausstaubmilben sorgfältiges Waschen, Staubwischen und Staubsaugen. Beim wöchentlichen Staubsaugen auch Betten, Matratzen und Bettgestelle reinigen. Teppiche entfernen.13
    • Ersatz von organischem Bettzeug durch waschbares, synthetisches Bettzeug (Bettbezüge) hat keine nachweisbare Wirkung.
  • Zigarettenrauch vermeiden.

Einhaltung des Therapieplans

  • Problematisch ist, dass viele Patient*innen nur bei starken Beschwerden Medikamente einnehmen und selbstständig frei verkäufliche Präparate erwerben.14

Medikamentöse Therapie

Stufentherapie anhand der Symptomschwere

  • Empfehlungen gemäß Best Practice (BMJ, Stand 2021)7
  • Für eine Einteilung des Schweregrads der Symptome siehe Klassifikation.
  • Milde Symptome
    • topische oder systemische Antihistaminika
    • Bei fehlendem Ansprechen ist ein Wechsel auf andere Applikationsformen möglich.
      • jedoch keine Kombination empfohlen
    • bei fehlendem Ansprechen oder intolerablen Nebenwirkungen Leukotrien-Rezeptor-Antagonist Montelukast
      • in Deutschland nur bei allergischer Rhinitis mit Komorbidität Asthma zugelassen (ab 15. Lebensjahr)15
  • Mäßige bis schwere Symptome
    • intranasale Glukokortikoide Mittel der 1. Wahl
    • Falls nach 4 Wochen keine ausreichende Besserung eintritt, Kombination mit intranasalem Antihistaminikum.
      • empfohlene Kombination: Fluticason + Azelastin 
    • Falls die Kombination nicht ausreichend ist, die Dosierung von Fluticason erhöhen.
    • Dekongestivum (Alpha-Sympathomimetikum) kann für 3–5 Tage eingesetzt werden bei schwerer Verstopfung der Nase, insbesondere wenn andere Nasensprays sonst nicht richtig verwendet werden können.
    • Vorherige Nasendusche mit Kochsalzlösung kann die Anwenung der Nasensprays ebenfalls erleichtern.
    • Bei schwerer, persistierender Verstopfung der Nase kann ein systemisches Glukokortikoid für maximal 7 Tage eingesetzt werden.

Antihistaminika

  • Topisch (intranasal)
    • Beispiel: Azelastin Nasenspray16
    • Anwendung Azelastin 1 mg/ml Nasenspray 
      • 2 x täglich je 1 Sprühstoß pro Nasenloch17
      • Wirkung innerhalb von 15 min16
      • für Kinder ab 6 Jahren16
      • maximal 6 Wochen16
  • Systemisch (oral)
    • Präparate der 2. Generation empfohlen (hydrophil, daher keine Passage der Blut-Hirn-Schranke und im Gegensatz zur 1. Generation nicht sedierend)
    • Beispiel: Loratadin16
    • Anwendung Loratadin18 
      • ab 12 Jahren und > 30 kg Körpergewicht: 1 x täglich 10 mg
      • ab 2 Jahren und/oder < 30 kg Körpergewicht: 1 x täglich 5 mg

Intranasal Glukokortikoide

  • Erstlinientherapeutika bei moderaten bis schweren Symptomen7
  • Rezeptorunabhängige Sofortwirkungen bereits nach 5–10 min, Wirkmaximum des rezeptorvermittelten Effekts erst nach einigen Wochen
  • Beispiel: Fluticason Nasenspray16
  • Anwendung Fluticason 0,05 mg/Sprühstoß Nasenspray19
    • für Kinder und Jugendliche < 18 Jahre nicht geeignet
    • Ab 18. Lebensjahr: 2 Sprühstöße pro Nasenloch 1 x täglich, vorzugsweise morgens. Sobald eine angemessene Symptomkontrolle erreicht ist, als Erhaltungsdosis 1 x täglich 1 Sprühstoß pro Nasenloch.
    • Bei bekanntem Allergen die Anwendung bereits einige Tage vor dem Kontakt mit dem Allergen beginnen.
    • Anwendung so lange, wie die Allergenexposition besteht.

Kombinationspräparate

  • Bei nicht ausreichender Wirkung von Gukokortikoiden, wird eine Fixkombination aus Fluticason und Azelastin empfohlen.2,20
  • Beispiel: Nasenspray Kombinationspräparat Fluticason/Azelastin
  • Anwendung Kombinationspräparat 130 µg Azelastin/50 µg Fluticason pro Sprühstoß21
    • ab 12. Lebensjahr: 1 Sprühstoß in jedes Nasenloch 2 x täglich (morgens und abends)
    • zur Langzeitanwendung geeignet

Systemische Glukokortikoide 

  • Wenn überhaupt, wird nur ein kurzfristiger Einsatz empfohlen. 
    • zur Symptomkontrolle in besonderen Situationen, z. B. wichtigen Prüfungen
  • Dosierungsvorschlag
    • Prednisolon oral 5–10 mg täglich über 3–7 Tage

Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten

  • Blockieren als kompetitive Inhibitoren Leukotrien-Rezeptoren.15
  • Die Mastzellen schütten neben Histamin auch Leukotriene aus, die zu starker Bronchokonstriktion, erhöhter Kapillarpermeabilität und vermehrter Sekretion der Schleimdrüsen führen.15
  • Wirksamkeit: besser als Placebo, vergleichbar wie systemische Antihistaminika und weniger wirksam als intranasale Glukokortikoide22
    • Nächtliche Symptome werden besser, Symptome tagsüber schlechter unterdrückt als durch Antihistaminika.23
  • Beispiel: Montelukast (in Deutschland nur bei Komorbidität Asthma zugelassen)15
  • Anwendung Montelukast 10-mg-Filmtabletten24
    • ab 15. Lebensjahr
    • 1 Filmtablette 10 mg abends
    • Die therapeutische Wirkung setzt bereits nach 1 Tag ein.
    • Cave: Berichte über einzelne neuropsychiatrische Ereignisse (Aggressionen, Depressionen, Suizide) nach Einnahme!
      • Daher Empfehlung nur als Reservemedikament, wenn die Antihistaminika nicht wirken.7

Intranasal Mastzellstabilisatoren (Cromone)

  • Inhibieren Degranulation und damit Histaminausschüttung der Mastzellen.
  • Wirkung auf nasale Symptome niedriger als bei topischen Glukokortikoiden oder Antihistaminika25-26
  • Vorteil: aufgrund guter Verträglichkeit und günstigem Nebenwirkungsprofil Einsatz auch bei Kleinkindern und Schwangeren möglich
  • Beispiel: Natriumcromoglicat Nasenspray
  • Anwendung Natriumcromoglicat 2,8 mg/Sprühstoß27
    • Daueranwendung mit täglicher regelmäßiger Applikation notwendig
    • keine Sofortwirkung, sondern prophylaktischer Effekt
    • Bereits 2 Wochen vor der zu erwartenden Allergiesaison mit der Applikation beginnen.16
    • etwa 4 x täglich je 1 Sprühstoß in jede Nasenöffnung
    • bei Bedarf Erhöhung auf maximal 6 x täglich je 1 Sprühstoß in jede Nasenöffnung

Dekongestiva (Alpha-Sympathomimetika) 

  • Schleimhautabschwellung über Vasokonstriktion der nasalen Mukosa
  • Vorteile: Schneller Wirkeintritt, andere Nasensprays können besser wirken.7
  • Cave: Therapiedauer maximal 3–5 Tage, bei längerer Anwendung Rhinopathia medicamentosa möglich! 
  • Beispiel: Xylometazolin Nasenspray
  • Anwendung Xylometazolin 0,1 % Nasenspray28
    • ab 6. Lebensjahr
    • 2–3 x täglich je 1 Sprühstoß in jede Nasenöffnung
    • So kurz wie möglich!

Beendigung der Therapie

  • So lange die Allergenexposition besteht, sollte bei bekannter allergischer Rhinitis auch eine medikamentöse Therapie erfolgen.
    • Ausnahme: Bei mindestens 48–72 Stunden Symptomfreiheit kann eine Dosisreduktion oder ein Auslassversuch erwogen werden.
  • Sofern Allergenkarenz möglich (z. B. Urlaub an Küste, Ende der Pollensaison) ist, kann die medikamentöse Therapie ebenfalls beendet bzw. pausiert werden.

Allergenspezifische Immuntherapie (ASIT; Hyposensibilisierung)

  • Siehe auch Allergenspezifische Immuntherapie (ASIT).
  • Auf längere Dauer betrachtet im Vergleich zur Pharmakotherapie bei allergischer Rhinitis und allergischem Asthma deutlich kosteneffektiver12
  • Indikationen gemäß Leitlinie (sollen alle erfüllt sein)12
    • Nachweis Immunglobulin-E-vermittelter Sensibilisierung (vorzugsweise mit Hauttest und/oder In-vitro-Diagnostik) und einem eindeutigen Zusammenhang mit der klinischen Symptomatik (ggf. Provokationstestung)
    • Verfügbarkeit von standardisierten bzw. qualitativ hochwertigen Allergenextrakten
    • Wirksamkeitsnachweis der geplanten ASIT für die jeweilige Indikation und Altersgruppe
    • Allergenkarenz nicht möglich oder nicht ausreichend
    • Alter der Patient*innen ≥ 5 Jahre
  • Weitere Indikationen gemäß BMJ Best Practice7
    • fehlendes Ansprechen auf Pharmakotherapie
    • Ablehnen einer dauerhaften Medikamenteneinnahme
    • intolerable Nebenwirkungen der Pharmakotherapie
  • Durchführung
    • subkutane oder sublinguale Immuntherapie mit Gabe von Allergenextrakten in aufsteigender Dosierung über einen längeren Zeitraum
  • Subkutane Immuntherapie (SCIT)
    • Die Wirksamkeit bei allergischer Rhinokonjunktivitis bei Pollenallergie im Erwachsenenalter ist durch zahlreiche Studien sehr gut und im Kindes- und Jugendalter durch wenige Studien belegt.12
    • Die Wirksamkeit bei Hausstaubmilbenallergie im Erwachsenenalter ist durch einige und im Kindesalter durch wenige kontrollierte Studien belegt.12
  • Sublinguale Immuntherapie (SLIT)
    • SLIT zeigt im Hinblick auf anaphylaktische und andere schwere systemische Reaktionen ein besseres Sicherheitsprofil als SCIT.12
    • Die Wirksamkeit ist bei allergischer Rhinokonjunktivitis durch Gräser- und Baumpollen und bei Hausstaubmilbenallergie belegt.12,29-30

Weitere Therapien

Alternativ- oder Komplementärmedizin

  • Akupunktur
    • In einer Metaanalyse verschiedener Akupunkturtechniken bestand bei Akupunktur des Ganglion spenopalatinum ein signifikant besserer klinischer Zustand im Vergleich zur konventionellen medikamentösen Therapie.31  
      • Der klinische Zustand wurde 3, 6 und 12 Monate nach Therapiebeginn verglichen.
      • Die Autor*innen der Metaanalyse empfehlen Akupunktur des Ganglion spenopalatinum für Patient*innen, die nicht auf medikamentöse Therapie ansprechen oder unter Nebenwirkungen der Therapie leiden.
  • Probiotika
    • In einer Metaanalyse durch Probiotika im Vergleich zu Placebo wurde eine leichte Verbesserung der Lebensqualität ohne signifikante Veränderung der Symptomatik gezeigt.32
      • Art und Menge der Probiotika sind sehr unterschiedlich, weitere Studien sind für Empfehlungen notwendig.
  • Phytotherapie
    • Vielzahl unterschiedlicher Substanzen in meist kleinen Studien untersucht, sodass noch weitere Untersuchungen bezüglich Wirksamkeit und Sicherheit notwendig sind.33 
    • Eine möglicherweise erfolgsversprechende Substanz ist z. B. die Pestwurz.34
      • Etwa 1/3 der Patient*innen zeigt eine deutliche Symptombesserung.
      • Cave: Hepatotoxische Eigenschaften und Langzeitauswirkungen sind unbekannt!

Prävention

  • Siehe auch Artikel Allergieprävention.
  • Empfehlungen gemäß AWMF-Leitlinie zur Allergieprävention35
  • Rauchen während der Schwangerschaft vermeiden.
  • Stillen scheint gegen eine Entwicklung von atopischen Krankheiten zu schützen, jedoch nur Kinder, bei denen eine erbliche Prädisposition vorliegt.
  • Beikost sollte nach vollendetem 4. Lebensmonat eingeführt werden.
  • Mütter von Kindern mit Allergieveranlagung sollten in den ersten Monaten der Stillzeit starke Allergene wie Kuhmilch, Eier und Fisch nicht aus ihrer Ernährung entfernen.25
  • Familien mit erhöhtem Allergierisiko sollten keine Katzen anschaffen.
  • Innenraumklima, das Schimmelpilzwachstum begünstigt (hohe Luftfeuchtigkeit, mangelnde Ventilation) sollte vermieden werden.
  • Empfehlung zur Gabe von Probiotika kann aufgrund der Studienlage nicht gegeben werden.
  • Bei Kindern besteht ein direkter Zusammenhang zwischen Passivrauchen und späterer Entwicklung von allergischen Erkrankungen.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Allergien können sich in jedem Alter entwickeln, in der Regel im Alter < 20 Jahre.
  • Die Symptomatik ist im Verlauf sehr variabel.7
    • Auf lange Sicht (Jahre) gibt es einen Trend zur Besserung der Symptomatik.
    • auf kurze Sicht (Tage bis Monate) starke Schwankungen, abhängig von Allergenbelastung

Komplikationen

Prognose

  • Chronische atopische Erkrankung, sodass Betroffene als Langzeit-Patient*innen zu betrachten und zu behandeln sind.1
    • Eine kurzzeitige Symptomkontrolle ist nicht ausreichend.
  • Je jünger die Betroffenen beim Beginn der Erkrankung sind, desto wahrscheinlicher lassen die Beschwerden im Laufe der Jahre nach.7
    • Nach etwa 20 Jahren berichtet mehr als Hälfte der Betroffenen über eine deutliche Besserung bis hin zu Symptomfreiheit.
  • Genaue Zahlen zum Risiko für einen „Etagenwechsel" zu Asthma bronchiale sind nicht bekannt, jedoch leiden in Prävalenz-Untersuchungen 32 % der Kinder und 16 % der Erwachsenen mit allergischer Rhinitis auch an Asthma bronchiale.1

Verlaufskontrolle

  • Nach Einleitung einer medikamentösen Therapie sollte die Wirksamkeit nach 1–2 Wochen (mindestens 2 Wochen bei intranasalen Glukokortikoiden) überprüft und die Therapie ggf. angepasst werden.7

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Leitlinien

  • ARIA (Allergic Rhinitis and its Impact on Asthma) Guideline: treatment of allergic rhinitis in the German health system. Stand 2019. www.pubmed.gov

Literatur

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Autor*innen

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Frankfurt a. M.
  • Marlies Karsch-Völk, Dr. med. Fachärztin für Allgemeinmedizin, München
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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