Struma und Schilddrüsenknoten

Prüfungsrelevant für die Facharztprüfung Allgemeinmedizin1

Allgemeine Informationen

Definition

  • Struma ist die Bezeichnung für eine vergrößerte Schilddrüse.
  • Eine normale Schilddrüse wiegt 20–30 g, jeder Lappen misst ungefähr 2 x 4 x 2,5 cm in der Breite, Höhe und Dicke.
  • Normalwerte des Schilddrüsenvolumens sind bis 18 ml bei Frauen und bis 25 ml bei Männern. Bei Kindern gelten altersspezifische Grenzwerte: 6- bis 10-Jährige < 8 ml, 11- bis 14-Jährige < 10 ml, 15- bis 18-Jährige < 15 ml.2
  • Mit großer Struma ist gemeint, dass die Schilddrüse äußerlich sichtbar ist (ab ca. 40 ml), Kompressionssymptome verursacht oder ein Volumen von mehr als 50–100 ml aufweist.
  • Eine Struma kann sich als Struma diffusa (simplex) ohne Knoten, als Struma uninodosa oder multinodöse Struma sowie als Struma nodosa colloides (zystische Knoten/Zysten) präsentieren.

Häufigkeit

  • Knoten in der Schilddrüse treten häufig auf, vor allem bei Frauen3; sie sind bei 4–7 % der Erwachsenen palpierbar.4
  • Die Prävalenz einer (Knoten-)Struma liegt in Deutschland bei 30–35 % der Bevölkerung und nimmt mit dem Alter und dem Grad des Jodmangels auf bis zu 50 % zu.5-6
  • Nur in sehr wenigen Fällen mit palpierbaren Knoten in der Schilddrüse liegt ein Karzinom zugrunde.7
    • Prävalenz von Schilddrüsenkarzinom in Deutschland: 4 von 100.000 Männer bzw. 9 von 100.000 Frauen8
  • Obwohl Deutschland nach Aussage der WHO kein ausgewiesenes Jodmangelgebiet mehr ist, sind laut „Arbeitskreis Jodmangel“ (ein Zusammenschluss von Expert*innen der Sektion Schilddrüse der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung) immer noch wesentliche Teile der Bevölkerung nicht ausreichend versorgt.   
  • Siehe auch Artikel Knotenstruma.

Diagnostische Überlegungen

  • Ist die Schilddrüsenhormonproduktion normal? Sie wird bestimmt auf Grundlage von:
    • Anamnese
    • der klinischen Untersuchung
    • TSH und FT4.
  • Führt die Struma zu lokalen, mechanischen Komplikationen?
  • Kann es sich um eine maligne Erkrankung handeln?
    • Suspekte Knoten in der Schilddrüse müssen ggf. mit Zusatzuntersuchungen abgeklärt werden.
  • Frühere Strahlenbehandlung am Hals, vor allem in der Kindheit, erhöht das Risiko für ein Schilddrüsenkarzinom.4

Konsultationsgrund

  • Eine große Struma wird entweder als Zufallsbefund bei Patient*innen diagnostiziert, die sich aus anderen Gründen vorstellen, oder bei Patient*innen, die ärztlichen Rat aufgrund der Struma oder durch diese verursachte Komplikationen suchen.

Abwendbar gefährlicher Verlauf

ICPC-2

  • T81 Struma

ICD-10

  • E01 Jodmangelbedingte Schilddrüsenkrankheiten und verwandte Zustände
    • E01.0 Jodmangelbedingte diffuse Struma (endemisch)
    • E01.1 Jodmangelbedingte, mehrknotige Struma (endemisch)
    • E01.2 Jodmangelbedingte Struma (endemisch), nicht näher bezeichnet
  • E03 Sonstige Hypothyreose
    • E03.0 Angeborene Hypothyreose mit diffuser Struma
  • E04 Sonstige nichttoxische Struma
    • E04.0 Nichttoxische diffuse Struma
    • E04.1 Nichttoxischer solitärer Schilddrüsenknoten
    • E04.2 Nichttoxische mehrknotige Struma
    • E04.8 Sonstige näher bezeichnete nichttoxische Struma
    • E04.9 Nichttoxische Struma, nicht näher bezeichnet
  • E05 Hyperthyreose [Thyreotoxikose]
    • E05.0 Hyperthyreose mit diffuser Struma
    • E05.1 Hyperthyreose mit toxischem solitärem Schilddrüsenknoten
    • E05.2 Hyperthyreose mit toxischer mehrknotiger Struma
  • E06 Thyreoiditis
    • E06.3 Autoimmunthyreoiditis
    • E06.5 Sonstige chronische Thyreoiditis
  • E07 Sonstige Krankheiten der Schilddrüse
    • E07.1 Dyshormogene Struma
  • P72 Sonstige transitorische endokrine Krankheiten beim Neugeborenen
    • P72.0 Struma beim Neugeborenen, anderenorts nicht klassifiziert

Differenzialdiagnosen

Einfache Struma

  • Siehe Artikel Knotenstruma.
  • Einfache Struma, Struma uni- oder multinodosa und kolloide Knotenstruma sind Varianten derselben Erkrankung, die sich im Laufe der Zeit entwickeln.
  • Langsam wachsend
  • Nach und nach heterogen mit Knoten durchsetzt
  • Meist euthyreot, aber Achtung: Entwicklung autonomer Areale möglich!

Struma, diffus, atoxisch

  • Siehe Artikel Jodmangel.
  • Vielfältige Ursachen: endemisch, angeboren, physiologisch, Thyreoiditis, autoimmune Reaktion
  • Häufig aufgrund von Fehlern in der Thyroxin- und Trijodthyroninsynthese (T4, T3)
  • Eine physiologische Struma kommt vor allem bei Teenagern und bei Schwangeren vor.

Struma, diffus, toxisch: Morbus Basedow

  • Siehe Artikel Morbus Basedow.
  • Autoimmune Ursachen (TSH-Rezeptor Antikörper, TRAK)
  • Häufigste Ursache für Hyperthyreose bei Jüngeren
  • Die Schilddrüse ist meist diffus vergrößert, kann sich jedoch in Einzelfällen zu einer großen Struma entwickeln.
  • Bei vielen Patient*innen treten klinische Anzeichen einer endokrinen Orbitopathie (lymphozytäre Infiltration Retrobulbärraum) auf.
  • Sonografie: diffuse Echoarmut und verstärkte Durchblutung 

Hashimoto-Thyreoiditis (Chronisch lymphozytäre Thyreoiditis)

  • Siehe Artikel Morbus Hashimoto.
  • Ist die häufigste Form der Thyreoiditis.9
  • Chronisch, gehäuft bei Frauen mittleren Alters, genetische Disposition
  • Initial kann eine Vergrößerung der Schilddrüse vorkommen (hypertrophe Form, Kinder/Jugendliche), im weiteren Verlauf kommt es meist zu einer Verkleinerung der Schilddrüse (atrophische Form).
  • Eine Hyperthyreose (meist ohne Beschwerden) kann dabei anfangs auftreten, eine Hypothyreose folgt im späteren Verlauf, oder es bleibt eine Euthyreose bestehen.
  • Kann durch Nachweis von Autoantikörpern (bei 90 % der Patient*innen TPO-Antikörper, bei 70 % Thyreoglobulin-Antikörper)10 bestätigt werden.
  • Sonografie: zu Beginn verstärkte Durchblutung, im Verlauf zunehmende persistierende diffuse oder fleckförmige Echoarmut und Größenabnahme (Atrophie) im Rahmen einer voranschreitenden lymphozytären Infiltration

Struma, nodulär

  • Siehe Artikel Knotenstruma.
  • Im Laufe des Lebens entwickeln bis zu 50 % der Bevölkerung einen oder mehrere Knoten in der Schilddrüse, Frauen 4- bis 8-mal so häufig wie Männer.
  • „Knoten“ können sich als Zysten, Adenome oder Karzinome (selten) darstellen. In multinodulären Strumen treten mehrere verschiedene Knoten nebeneinander auf.
  • Die Wahrscheinlichkeit für Malignität in Knoten ist erhöht bei früherer Bestrahlung des Halses, bei schnellem Tumorwachstum oder in den Fällen mit einer positiven Familienanamnese von Schilddrüsenkarzinom.11
  • Das Krebsrisiko ist bei Patient*innen mit klinisch solitären Knoten genauso hoch wie bei multinodulärer Struma, insgesamt aber sehr gering.8,12

Struma, nodulär, toxisch

  • Siehe Artikel Hyperthyreose.
  • Eine multinoduläre Struma kommt bei älteren Patient*innen oft vor.
    • häufigste Ursache für Hyperthyreose im Alter13
  • Autonome Adenome produzieren autonom Schilddrüsenhormone. Sie werden nicht mehr durch die hypophysäre Achse gesteuert. Dadurch kann es zu einer latenten (nur TSH erniedrigt, FT4/FT3 normal) oder manifesten Hyperthyreose (TSH erniedrigt, FT4/FT3 erhöht) kommen.
  • Autonome Adenome können auch als solitäre Knoten auftreten.

Thyreoideakarzinom

  • Siehe Artikel Schilddrüsenkarzinom.
  • Selten (ca. 6.000 Fälle pro Jahr in Deutschland, Stand 2017)
  • Fester, nicht schmerzender Tumor und evtl. vergrößerte, lokale Lymphknoten
  • Achtung bei früherer Bestrahlung des Halses oder positiver Familienanamnese mit Schilddrüsenkarzinom
  • Die Diagnose wird bei normalem FT4 und TSH, auffälliger klinischer Untersuchung, ergänzt durch Sonografie (meist echoarme Knoten), Feinnadelaspiration und ggf. Biopsie oder durch Histologie gestellt.
  • Die Szintigrafie spielt für die Unterscheidung gutartige oder bösartige Knoten keine Rolle.
  • Sonografisch verspricht die neue Technik der Elastografie eine bessere Differenzierung gegenüber benignen Knoten. Die klinische Wertigkeit ist bisher aber nicht abschließend untersucht.

Thyreoiditis, subakut (Thyreoiditis de Quervain)

  • Siehe Artikel Subakute granulomatöse Thyreoiditis.
  • Am häufigsten bei jungen Frauen und Frauen mittleren Alters, wahrscheinlich virenbedingt, Genese jedoch nicht abschließend geklärt
  • Auftreten oft nach einer oberen Atemwegsinfektion
  • Schmerzen im Schilddrüsenbereich mit Schluckbeschwerden, häufig Ausstrahlung zu den Ohren, Fieber und Mattigkeit
  • Beschwerdebild sehr variabel, typischerweise aber schweres Krankheitsgefühl und starkes Schmerzgefühl
  • Empfindliche und vergrößerte Schilddrüse, evtl. klinische Anzeichen von Hyperthyreose (Freisetzung bereits gebildeter Hormone aus der geschädigten Schilddrüse)
  • Hohe BSG/CRPFT4 kann leicht erhöht sein, initial meist keine erhöhten Autoantikörper (können sekundär als Immunantwort auf die entzündungsbedingte Antigenfreisetzung entstehen).
  • Sonografisch ausgeprägte echoarme, z. T. konfluierende Herde; wechselnde Lokalisationen, im Verlauf zurückgehend

Medikamenteninduziert

  • Amiodaron (Antiarrhythmikum)
  • Lithium

Einnahme jodhaltiger Präparate

  • Übertriebene Jodzufuhr in Form von Seealgenmehl, jodhaltigen Kontrastmitteln, jodhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln können zu Hypothyreose und gelegentlich auch zu Hyperthyreose (z. B. bei latenter Hyperthyreose bei vorhandenem autonomen Adenom) führen.

Jodmangel

  • Deutschland gilt laut WHO offiziell nicht als Jodmangelgebiet. Aufgrund der fehlenden Jodierung des Trinkwassers (im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern), kann es jedoch zu verminderter Jodversorgung kommen. Ein früher beschriebenes Nord-Süd-Gefälle kann heute nicht mehr festgestellt werden.
  • Führt zu einer Reduktion der Schilddrüsenproduktion, reaktivem TSH-Anstieg und damit über den proliferativen Effekt von TSH zur Struma.

Anamnese

Typische Symptome bei Hyperthyreose

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.14
  • Herzklopfen (Palpitationen)
  • Tachykardie
  • Müdigkeit
  • Nervosität
  • Reizbarkeit
  • Gewichtsabnahme trotz gutem Appetit
  • Schwitzen
  • Wärmeintoleranz
  • Augensymptome bei M. Basedow (Photophobie, Brennen, Schwellung der Augenlider, retrobulbäre Schmerzen, Doppelsehen)
  • Siehe auch Artikel Hyperthyreose.

Typische Symptome bei Hypothyreose

  • Bei voll entwickelter Hypothyreose kommt es zu folgenden Zustandsbildern:
    • Antriebslosigkeit
    • Kälteintoleranz
    • Muskelschmerzen
    • erhöhtes Schlafbedürfnis
    • Gewichtszunahme (selten > 2–3 kg)
    • Obstipation
    • Schwindel
    • Parästhesien (Karpaltunnel-Syndrom)
    • Menorrhagie (Frauen im gebärfähigen Alter)
    • Haarausfall
    • belegte Stimme.
  • Die Symptome der einzelnen Organsysteme können unterschiedlich dominierend sein.
  • Siehe auch Artikel Hypothyreose.

Verdacht auf Larynx- oder Tracheakompression

  • Anstrengungsdyspnoe
  • Inspiratorischer Stridor

Schluckbeschwerden

  • Bei Struma kommt es häufig zu einer leichten Dysphagie, während ausgeprägte Passagenhindernisse sehr selten sind.
  • In diesen Fällen müssen andere Ursachen durch eine Ösophago(gastro)skopie oder eine Röntgenkontrastuntersuchung ausgeschlossen werden.
  • Auch MRT oder CT können hier hilfreich sein.

Schmerzen

  • Kommen selten vor und können auf einen entzündlichen Prozess hinweisen, z. B. bei subakuter Thyreoiditis de Quervain.
  • Eine Einblutung in einer Struma kann schmerzhaft sein und zu einem schnellen „Wachstum“ einzelner Knoten führen.
  • Eine große, langsam wachsende Struma verursacht normalerweise keine Schmerzen, kann aber zu diffusem Unwohlsein und zu lokalem Druckgefühl führen.

Wachstumsmuster

  • Die Knotenstruma und differenzierte Karzinome wachsen häufig langsam.
  • Zysten, Zystenblutungen oder Blutungen in großen Strumen können schnell wachsen.
  • Anaplastisches Schilddrüsenkarzinom und Lymphom können schnell wachsen, und Patient*innen mit sehr schnellem Wachstumsmuster sollten umgehend weiter abgeklärt und behandelt werden.

Verdacht auf Malignität?

  • Schnell wachsende/r Knoten
  • Sonografisch suspekte/r Knoten
  • (Sonografisch) suspekte Halslymphknoten
  • Veränderte Stimme (Dysphonie)
  • Dysphagie
  • Familienanamnese mit medullärem Thyreoideakarzinom
  • Bestrahlung des Halses (als Kind)

Andere Faktoren, die die Struma erklären können

  • Schilddrüsenerkrankungen in der Familie
  • Verwendete Medikamente
  • Jodeinnahme
  • Kürzlich durchlaufene Virusinfektion
  • Rauchen
  • Exposition gegenüber ionisierender Strahlung
  • Schwangerschaft

Klinische Untersuchung

Allgemeines

  • Euthyreose, Hyperthyreose oder Hypothyerose?
  • Größe der Schilddrüse
    • klein, das 1- bis 2-Fache der Normalgröße
    • groß, mehr als das 2-Fache der Normalgröße
  • Form und Konsistenz
  • Bewegung der Schilddrüse beim Schlucken
  • Palpationsschmerz
  • Zervikale Lymphknoten?
  • Wenn möglich, Schilddrüsenunterkante beim Schlucken identifizieren.
    • Kann die untere Kante auch nicht bei nach hinten gebeugtem Kopf oder beim Schlucken palpiert werden, deutet dies auf eine intrathorakale Struma hin.
    • Die meisten Patient*innen mit intrathorakaler Struma haben auch eine vergrößerte zervikale Schilddrüse.

Spezielle Faktoren

Verdacht auf Malignität?

  • Harte Knoten
  • Verwachsung mit dem umliegenden Gewebe (fehlende Verschieblichkeit)
  • Sonografisch suspekter Knoten (echoarm, großer Tiefendurchmesser, unregelmäßig, kein Halo, Mikrokalk, gesteigerter Blutfluss intranodal)
  • Vergrößerte, (sonografisch) suspekte Lymphknoten
  • Insgesamt ist der positive Vorhersagewert von (sonografischen) Malignitätskriterien gering, d. h. die meisten „suspekten" Knoten sind keine malignen Knoten.
  • Auf der anderen Seite besteht eine große Gefahr von Überdiagnose und Übertherapie (Entdeckung und Behandlung von kleinen, gut differenzierten SD-Karzinomen, die zu Lebzeiten der Patient*innen keine Probleme verursacht hätten).
  • Auf keinen Fall sollte ein (sonografisches) Schilddrüsen-Screening erfolgen. Ein staatliches Screening in Südkorea hatte zu einer massiven Überdiagnose des Schilddrüsenkarzinoms geführt und wurde daher wieder verlassen.15

Verdacht auf Thyreoiditis?

  • Schmerzen bei Palpation

Mechanische Komplikationen?

  • Tracheakompression kann zu Dyspnoe mit inspiratorischem Stridor führen.
    • Ruhedyspnoe und inspiratorischer Stridor können auf eine bedeutende Tracheakompression hinweisen.
    • Die Strumagröße ist nicht notwendigerweise mit einer respiratorischen Beeinflussung assoziiert, die auf Grundlage einer Spirometrie beurteilt wurde.16
    • In einigen Fällen kann die Spirometrie dazu beitragen, zwischen strumainduzierter Atemwegsobstruktion und einer Lungenerkrankung zu unterscheiden.
  • Dyspnoe und Venenstase können sich durch Anheben der Arme und das Nach-hinten-Beugen des Kopfes oder Niesen verschlimmern (Pemberton-Manöver).17
  • Alternative Erklärungen für die Dyspnoe
  • Stimmbandparese bei Affektion des N. recurrens

Augenuntersuchung

  • Kann eine endokrine Orbitopathie aufdecken, die gehäuft mit dem Morbus Basedow assoziiert ist.
  • Horner-Syndrom (einseitige Ptosis, Miosis, Enophtalmus) und Parese im N. phrenicus oder N. recurrens können bei benigner Struma vorkommen, sollten aber auch den Verdacht auf eine maligne Erkrankung wecken.18

Ergänzende Untersuchungen

In der Hausarztpraxis

Laboruntersuchungen

  • TSH (und FT4)
    • bei sichtbarer oder klinisch auffälliger Struma
    • Subklinische oder manifeste Hyperthyreose ist bei großer multinodulärer Struma durch das Vorhandensein eines autonomen Adenoms/einer diffusen Autonomie möglich.
    • Eine initiale Hyperthyreose kommt bei Patient*innen mit autoimmuner Thyreoiditis häufiger vor.
    • Hypothyreose ist bei großer Struma ungewöhnlich.
  • TRAK (TSH-Rezeptor-Antikörper)
    • Bei Hyperthyreose, wenn eine autoimmune Schilddrüsenerkrankung eine mögliche Differenzialdiagnose sein kann.
    • Hinweis auf Morbus Basedow
  • Antikörper gegen Thyreoideaperoxidase (Anti-TPO-Ak)
  • Kalzitonin?
    • normalerweise nicht erforderlich
    • nur bei Verdacht auf ein genetisch bedingtes Schilddrüsenkarzinom, z. B. aufgrund der Familienanamnese (das sehr seltene C-Zell-Karzinom, schlechte Prognose) oder bei gleichzeitigem Vorkommen anderer Erkrankungen (z. B. Phäochromozytom/MEN-Syndrome).
  • Jodmessung im Urin
    • im Wesentlichen nur für wissenschaftliche Fragestellungen interessant, z. B. bei gefährdeten Gruppen (Patient*innen aus geografischen Gebieten mit Jodmangel oder bei Personen mit sehr einseitiger Ernährung) als Maß für einen evtl. zugrunde liegenden Jodmangel

Ultraschall

  • Ist Goldstandard in der primären Diagnostik.
  • Kann abklären, ob es sich um eine Zyste oder einen soliden Tumor handelt.3,20
  • Sonografische Kriterien für benigne und maligne Knoten liegen vor, eine sichere Differenzierung ist jedoch nicht möglich.21
  • Bei generalisierter oder multinodulärer Struma kann die Ultraschalluntersuchung eine retrosternale Struma erkennen helfen.

Bei Spezialist*innen

  • Konventionelle Röntgenuntersuchung, Szintigrafie, CT oder MRT sind bei unkomplizierter kleiner Struma oder bei Knoten in einer ansonsten unauffälligen, euthyreoten Schilddrüse nicht erforderlich.
  • Eine klinisch diffuse, nicht größenprogrediente oder langsam wachsende Struma bei euthyreoten Patient*innen ist normalerweise kein Grund für eine erweiterte Bilddiagnostik.
  • Ein kleiner oder mehrere kleine Knoten, die (zufällig) im Ultraschall, CT oder MRT entdeckt wurden, werden in der Regel nicht weiter abgeklärt. Ausnahmen sind gleichzeitiges Auftreten von Bedingungen, die einen Verdacht auf ein Schilddrüsenkarzinom wecken können.

Ultraschall

  • Möglichkeit zur ultraschallgestützten Aspiration für Zytologie oder Biopsie zu histologischen Zwecken
  • Neuere Techniken wie die Elastografie werden die diagnostischen Möglichkeiten der Sonografie womöglich weiter verbessern.

CT, MRT, Röntgen

  • CT oder MRT
    • bei unauffälliger Struma nicht erforderlich
    • Hals- und/oder Thorax-CT/MRT
      • ggf. bei Anzeichen für Obstruktion und intrathorakaler Struma indiziert
    • MRT ist am genauesten.
    • Die Verwendung von jodhaltigem Kontrastmittel sollte vermieden werden, da dies eine weitere nuklearmedizinische Diagnostik und Therapie über mehrere Wochen bis Monate unmöglich machen kann.22
  • Röntgen Larynx/Trachea/Thorax
    • bei Verdacht auf Kompression
    • bei gewöhnlicher Struma nicht erforderlich

Bei Karzinomverdacht 

  • Feinnadelzytologie7,23-24
    • Schilddrüsenknoten können zur Abklärung einer möglichen Malignität mithilfe einer Feinnadelzytologie untersucht werden.
    • Die Methode bietet eine relativ hohe Sensitivität und Spezifität für Karzinome.
      • Sensitivität und Spezifität sind untersucherabhängig.
      • Beachte auch das Problem der Überdiagnostik: Nachweis klinisch nicht relevanter Mikrokarzinome!8
    • Die Untersuchung sollte von im Bereich Schilddrüsendiagnostik erfahrenen Ärzt*innen durchgeführt werden.
    • Das Verfahren ist nur minimal traumatisch und ohne Risiko für schwere Komplikationen.
  • Feinnadelbiopsie
    • Die Punktionszytologie hat bestimmte Limitationen, vor allem bei der Diagnostik von hyperplastischen Strumaknoten, follikulärem Adenom, follikulärem Karzinom und der follikulären Variante des papillären Karzinoms.25-27
    • Bei diesen Krankheitsbildern ist ggf. eine histologische Untersuchung (Biopsie) erforderlich.

Szintigrafie

  • Ist in der Regel bei der Diagnostik von euthyreoten Patient*innen mit kleinen Schilddrüsenknoten < 10 mm oder diffuser Struma nicht indiziert.28
  • Bei großer Struma ist eine Szintigrafie häufig nur dann sinnvoll, wenn eine Hyperthyreose vorliegt, oder bei euthyreoten Patien*innen, wenn die Radiojodbehandlung eine mögliche Behandlungsalternative ist.
  • Die Szintigrafie kann mithilfe der Messung des Uptakes und des Verteilungsmusters helfen, zwischen den unterschiedlichen Ursachen für die Strumaentwicklung zu unterscheiden, die abschließende Differenzierung zwischen benignen und malignen Strukturen ist jedoch auch hier nicht möglich.

Maßnahmen und Empfehlungen

  • Viele große Strumen sind größenkonstant oder wachsen langsam. Wenn weder Komplikationen, dringender Malignitätsverdacht noch ein kosmetisch problematisches Erscheinungsbild vorliegen, kann abgewartet werden. Diese Konstellation kommt vor allem bei älteren Patient*innen vor.
    • Diese Patient*innen sollten einmal jährlich klinisch und ggf. mit TSH untersucht werden.
  • Atoxische diffuse Struma
    • Kann versuchsweise mit Jod oder Jod + L-Thyroxin behandelt werden, um ein weiteres Wachsen und im Idealfall die Reduktion der Struma zu erreichen.
    • Die Behandlung erfolgt befristet, z. B. für 12–18 Monate, da Dauertherapie das Risiko von supprimierten TSH-Werten birgt, die mit erhöhtem Risiko für Vorhofflimmern und erhöhter kardiovaskulären Mortalität verknüpft sind. Zudem besteht bei jahrelanger TSH-Suppression die Gefahr der Osteoporose.29
  • Struma bei Hashimoto-Thyreoiditis
    • Muss im Verlauf bei Auftreten einer Hypothyreose in den meisten Fällen mit L-Thyroxin behandelt werden. Solange Euthyreose besteht, sollte primär unter regelmäßigen Kontrollen abgewartet werden.
  • Gewöhnliche Strumaknoten
    • Die wenigsten Patient*innen mit Knotenstruma müssen operativ behandelt werden.
  • Bei Larynxkompression ist eine Operation erforderlich.

Subakute Thyreoiditis de Quervain

  • Siehe Artikel Subakute granulomatöse Thyreoiditis.
  • Leichtere Fälle können mit Acetylsalicylsäure oder NSAR behandelt werden.
  • Schwerere Fälle können mit Prednisolon behandelt werden.
  • Die amerikanische Leitlinie (deutsche Leitlinie nicht vorhanden) empfiehlt folgendes Therapieschema:30
    • 40 mg Prednison über 1–2 Wochen
    • gefolgt von einem Ausschleichen über 2–4 Wochen bzw. je nach klinischem Verlauf auch über längere Zeit
    • Eine langsamere Reduktion der Steroiddosis im niedrigeren Dosisbereich (2,5 mg pro Woche bei Dosierung unter 15–20 mg/d) kann dazu beitragen, das Auftreten von Rezidiven zu verhindern.31
  • Propranolol kann bei thyreotoxischen Symptomen eingesetzt werden.

Indikationen zur Überweisung

  • Bei klinischem Verdacht auf ein Karzinom sollten die Patient*innen zur weiteren Diagnostik und Behandlung überwiesen werden.
  • Patient*innen mit Larynx- oder Tracheakompression sollten an eine chirurgische Praxis überwiesen werden.

Patienteninformationen

Patientieninformationen in Deximed

Illustrationen

Normalbefund der Schilddrüse mit oberem Ösophagus in der Sonographie (mit freundlicher Genehmigung von sonographiebilder.de ©Albertinen-Diakoniewerk e. V., Hamburg)
Normalbefund der Schilddrüse mit oberem Ösophagus in der Sonografie (mit freundlicher Genehmigung von sonographiebilder.de ©Albertinen-Diakoniewerk e. V., Hamburg).
Solider Schilddrüsenknoten rechts in der Sonographie (mit freundlicher Genehmigung von sonographiebilder.de ©Albertinen-Diakoniewerk e. V., Hamburg)
Solider Schilddrüsenknoten rechts in der Sonografie (mit freundlicher Genehmigung von sonographiebilder.de ©Albertinen-Diakoniewerk e. V., Hamburg).
Struma multinodosa in der Sonografie, großer Knoten im linken SD-Lappen (mit freundlicher Genehmigung von sonographiebilder.de ©Albertinen-Diakoniewerk e. V., Hamburg)
Struma multinodosa in der Sonografie, großer Knoten im linken SD-Lappen (mit freundlicher Genehmigung von sonographiebilder.de ©Albertinen-Diakoniewerk e. V., Hamburg).
Struma diffusa in der Sonografie (mit freundlicher Genehmigung von sonographiebilder.de ©Albertinen-Diakoniewerk e. V., Hamburg)
Struma diffusa in der Sonografie (mit freundlicher Genehmigung von sonographiebilder.de ©Albertinen-Diakoniewerk e. V., Hamburg).
Schilddrüsenkarzinom in der Sonografie: echoarmer Knoten, kein Halo, Mikrokalzifikationen, inhomogen (mit freundlicher Genehmigung von sonographiebilder.de ©Albertinen-Diakoniewerk e. V., Hamburg)
Schilddrüsenkarzinom in der Sonografie: echoarmer Knoten, kein Halo, Mikrokalzifikationen, inhomogen (mit freundlicher Genehmigung von sonographiebilder.de ©Albertinen-Diakoniewerk e. V., Hamburg).

Quellen

Leitlinien

  • Ross DS, Burch HB, Cooper DS, et al. American Thyroid Association guidelines for the diagnosis and management of hyperthyroidism and other causes of thyrotoxicosis. Stand 2016. www.pubmed.gov
  • Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ). Hyperthyreose. AWMF Leitlinie. Nr. 027-041. S1, Stand 2011. (abgelaufen) www.awmf.org
  • Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ). Autoimmunthyreoiditis. AWMF Leitlinie Nr. 027-040. S1, Stand 2011. (abgelaufen) www.awmf.org

Literatur

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  3. Cooper DS, Doherty GM, Haugen BR, et al. American Thyroid Association (ATA) Guidelines Taskforce on Thyroid Nodules and Differentiated Thyroid Cancer. Revised American Thyroid Association management guidelines for patients with thyroid nodules and differentiated thyroid cancer. Thyroid. 2009;19(11):1167–1214. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  4. Stang MT, Carty SE. Recent developments in predicting thyroid malignancy. Curr Opin Oncol. 2009;21(1):11–17. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  5. Führer D, Bockisch A, Schmid KW. Euthyroid goiter with oder without nodules- diagnosis and treatment. Dtsch Arzteblatt Int 2012; 109(29-30): 506-16. www.aerzteblatt.de
  6. Knudsen N, Bulow I, Jørgensen T et al. Goitre prevalence and thyroid abnormalities at ultrasonography: a comparative epidemiological study in two regions with slightly different iodine status. Clin Endocrinol (Oxf) 2000; 53: 479-85. PubMed
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  8. Robert Koch-Institut (RKI). Zentrum für Registerdaten. Schilddrüsenkrebs. Stand: 06.12.2017 www.krebsdaten.de
  9. Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ). Autoimmunthyreoiditis. AWMF Leitlinie Nr. 027-040. S1. Stand 2011. www.awmf.org
  10. Block B. Innere Medizin - Leitlinien 2007/2008. Stuttgart: Georg Thieme, 2007.
  11. Jones MK. Management of nodular thyroid disease (Editorial). BMJ 2001; 323: 293-4. PubMed
  12. Belfiore A, La Rosa GL, La Porta GA, Giuffrieda D, Milazzo G, Lupo L, et al. Cancer risk in patients with cold thyroid nodules: relevance of iodine intake, sex, age and multinodularity. Am J Med 1992; 93: 363-9. PubMed
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  14. Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ). Hyperthyreose. AWMF Leitlinie. Nr. 027-041. S1. Stand 2011 www.awmf.org
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Autor*innen

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt
  • Hannes Blankenfeld, Dr. med., Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin, München (Review)
  • Caroline Beier, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Hamburg
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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