Struma ist die Bezeichnung für eine vergrößerte Schilddrüse.
Eine normale Schilddrüse wiegt 20–30 g, jeder Lappen misst ungefähr 2 x 4 x 2,5 cm in der Breite, Höhe und Dicke.
Normalwerte des Schilddrüsenvolumens sind bis 18 ml bei Frauen und bis 25 ml bei Männern. Bei Kindern gelten altersspezifische Grenzwerte: 6- bis 10-Jährige < 8 ml, 11- bis 14-Jährige < 10 ml, 15- bis 18-Jährige < 15 ml.2
Mit großer Struma ist gemeint, dass die Schilddrüse äußerlich sichtbar ist (ab ca. 40 ml), Kompressionssymptome verursacht oder ein Volumen von mehr als 50–100 ml aufweist.
Eine Struma kann sich als Struma diffusa (simplex) ohne Knoten, als Struma uninodosa oder multinodöse Struma sowie als Struma nodosa colloides (zystische Knoten/Zysten) präsentieren.
Häufigkeit
Knoten in der Schilddrüse treten häufig auf, vor allem bei Frauen3; sie sind bei 4–7 % der Erwachsenen palpierbar.4
Die Prävalenz einer (Knoten-)Struma liegt in Deutschland bei 30–35 % der Bevölkerung und nimmt mit dem Alter und dem Grad des Jodmangels auf bis zu 50 % zu.5-6
Nur in sehr wenigen Fällen mit palpierbaren Knoten in der Schilddrüse liegt ein Karzinom zugrunde.7
Prävalenz von Schilddrüsenkarzinom in Deutschland: 4 von 100.000 Männer bzw. 9 von 100.000 Frauen8
Obwohl Deutschland nach Aussage der WHO kein ausgewiesenes Jodmangelgebiet mehr ist, sind laut „Arbeitskreis Jodmangel“ (ein Zusammenschluss von Expert*innen der Sektion Schilddrüse der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung) immer noch wesentliche Teile der Bevölkerung nicht ausreichend versorgt.
Führt die Struma zu lokalen, mechanischen Komplikationen?
Kann es sich um eine maligne Erkrankung handeln?
Suspekte Knoten in der Schilddrüse müssen ggf. mit Zusatzuntersuchungen abgeklärt werden.
Frühere Strahlenbehandlung am Hals, vor allem in der Kindheit, erhöht das Risiko für ein Schilddrüsenkarzinom.4
Konsultationsgrund
Eine große Struma wird entweder als Zufallsbefund bei Patient*innen diagnostiziert, die sich aus anderen Gründen vorstellen, oder bei Patient*innen, die ärztlichen Rat aufgrund der Struma oder durch diese verursachte Komplikationen suchen.
Chronisch, gehäuft bei Frauen mittleren Alters, genetische Disposition
Initial kann eine Vergrößerung der Schilddrüse vorkommen (hypertrophe Form, Kinder/Jugendliche), im weiteren Verlauf kommt es meist zu einer Verkleinerung der Schilddrüse (atrophische Form).
Eine Hyperthyreose (meist ohne Beschwerden) kann dabei anfangs auftreten, eine Hypothyreose folgt im späteren Verlauf, oder es bleibt eine Euthyreose bestehen.
Kann durch Nachweis von Autoantikörpern (bei 90 % der Patient*innen TPO-Antikörper, bei 70 % Thyreoglobulin-Antikörper)10 bestätigt werden.
Sonografie: zu Beginn verstärkte Durchblutung, im Verlauf zunehmende persistierende diffuse oder fleckförmige Echoarmut und Größenabnahme (Atrophie) im Rahmen einer voranschreitenden lymphozytären Infiltration
Im Laufe des Lebens entwickeln bis zu 50 % der Bevölkerung einen oder mehrere Knoten in der Schilddrüse, Frauen 4- bis 8-mal so häufig wie Männer.
„Knoten“ können sich als Zysten, Adenome oder Karzinome (selten) darstellen. In multinodulären Strumen treten mehrere verschiedene Knoten nebeneinander auf.
Die Wahrscheinlichkeit für Malignität in Knoten ist erhöht bei früherer Bestrahlung des Halses, bei schnellem Tumorwachstum oder in den Fällen mit einer positiven Familienanamnese von Schilddrüsenkarzinom.11
Das Krebsrisiko ist bei Patient*innen mit klinisch solitären Knoten genauso hoch wie bei multinodulärer Struma, insgesamt aber sehr gering.8,12
Autonome Adenome produzieren autonom Schilddrüsenhormone. Sie werden nicht mehr durch die hypophysäre Achse gesteuert. Dadurch kann es zu einer latenten (nur TSH erniedrigt, FT4/FT3 normal) oder manifesten Hyperthyreose (TSH erniedrigt, FT4/FT3 erhöht) kommen.
Autonome Adenome können auch als solitäre Knoten auftreten.
Selten (ca. 6.000 Fälle pro Jahr in Deutschland, Stand 2017)
Fester, nicht schmerzender Tumor und evtl. vergrößerte, lokale Lymphknoten
Achtung bei früherer Bestrahlung des Halses oder positiver Familienanamnese mit Schilddrüsenkarzinom
Die Diagnose wird bei normalem FT4 und TSH, auffälliger klinischer Untersuchung, ergänzt durch Sonografie (meist echoarme Knoten), Feinnadelaspiration und ggf. Biopsie oder durch Histologie gestellt.
Die Szintigrafie spielt für die Unterscheidung gutartige oder bösartige Knoten keine Rolle.
Sonografisch verspricht die neue Technik der Elastografie eine bessere Differenzierung gegenüber benignen Knoten. Die klinische Wertigkeit ist bisher aber nicht abschließend untersucht.
Am häufigsten bei jungen Frauen und Frauen mittleren Alters, wahrscheinlich virenbedingt, Genese jedoch nicht abschließend geklärt
Auftreten oft nach einer oberen Atemwegsinfektion
Schmerzen im Schilddrüsenbereich mit Schluckbeschwerden, häufig Ausstrahlung zu den Ohren, Fieber und Mattigkeit
Beschwerdebild sehr variabel, typischerweise aber schweres Krankheitsgefühl und starkes Schmerzgefühl
Empfindliche und vergrößerte Schilddrüse, evtl. klinische Anzeichen von Hyperthyreose (Freisetzung bereits gebildeter Hormone aus der geschädigten Schilddrüse)
Hohe BSG/CRP, FT4 kann leicht erhöht sein, initial meist keine erhöhten Autoantikörper (können sekundär als Immunantwort auf die entzündungsbedingte Antigenfreisetzung entstehen).
Sonografisch ausgeprägte echoarme, z. T. konfluierende Herde; wechselnde Lokalisationen, im Verlauf zurückgehend
Medikamenteninduziert
Amiodaron (Antiarrhythmikum)
Lithium
Einnahme jodhaltiger Präparate
Übertriebene Jodzufuhr in Form von Seealgenmehl, jodhaltigen Kontrastmitteln, jodhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln können zu Hypothyreose und gelegentlich auch zu Hyperthyreose (z. B. bei latenter Hyperthyreose bei vorhandenem autonomen Adenom) führen.
Jodmangel
Deutschland gilt laut WHO offiziell nicht als Jodmangelgebiet. Aufgrund der fehlenden Jodierung des Trinkwassers (im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern), kann es jedoch zu verminderter Jodversorgung kommen. Ein früher beschriebenes Nord-Süd-Gefälle kann heute nicht mehr festgestellt werden.
Führt zu einer Reduktion der Schilddrüsenproduktion, reaktivem TSH-Anstieg und damit über den proliferativen Effekt von TSH zur Struma.
Anamnese
Typische Symptome bei Hyperthyreose
Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.14
Herzklopfen (Palpitationen)
Tachykardie
Müdigkeit
Nervosität
Reizbarkeit
Gewichtsabnahme trotz gutem Appetit
Schwitzen
Wärmeintoleranz
Augensymptome bei M. Basedow (Photophobie, Brennen, Schwellung der Augenlider, retrobulbäre Schmerzen, Doppelsehen)
Zysten, Zystenblutungen oder Blutungen in großen Strumen können schnell wachsen.
Anaplastisches Schilddrüsenkarzinom und Lymphom können schnell wachsen, und Patient*innen mit sehr schnellem Wachstumsmuster sollten umgehend weiter abgeklärt und behandelt werden.
Insgesamt ist der positive Vorhersagewert von (sonografischen) Malignitätskriterien gering, d. h. die meisten „suspekten" Knoten sind keine malignen Knoten.
Auf der anderen Seite besteht eine große Gefahr von Überdiagnose und Übertherapie (Entdeckung und Behandlung von kleinen, gut differenzierten SD-Karzinomen, die zu Lebzeiten der Patient*innen keine Probleme verursacht hätten).
Auf keinen Fall sollte ein (sonografisches) Schilddrüsen-Screening erfolgen. Ein staatliches Screening in Südkorea hatte zu einer massiven Überdiagnose des Schilddrüsenkarzinoms geführt und wurde daher wieder verlassen.15
Horner-Syndrom (einseitige Ptosis, Miosis, Enophtalmus) und Parese im N. phrenicus oder N. recurrens können bei benigner Struma vorkommen, sollten aber auch den Verdacht auf eine maligne Erkrankung wecken.18
Subklinische oder manifeste Hyperthyreose ist bei großer multinodulärer Struma durch das Vorhandensein eines autonomen Adenoms/einer diffusen Autonomie möglich.
nur bei Verdacht auf ein genetisch bedingtes Schilddrüsenkarzinom, z. B. aufgrund der Familienanamnese (das sehr seltene C-Zell-Karzinom, schlechte Prognose) oder bei gleichzeitigem Vorkommen anderer Erkrankungen (z. B. Phäochromozytom/MEN-Syndrome).
Jodmessung im Urin
im Wesentlichen nur für wissenschaftliche Fragestellungen interessant, z. B. bei gefährdeten Gruppen (Patient*innen aus geografischen Gebieten mit Jodmangel oder bei Personen mit sehr einseitiger Ernährung) als Maß für einen evtl. zugrunde liegenden Jodmangel
Bei generalisierter oder multinodulärer Struma kann die Ultraschalluntersuchung eine retrosternale Struma erkennen helfen.
Bei Spezialist*innen
Konventionelle Röntgenuntersuchung, Szintigrafie, CT oder MRT sind bei unkomplizierter kleiner Struma oder bei Knoten in einer ansonsten unauffälligen, euthyreoten Schilddrüse nicht erforderlich.
Eine klinisch diffuse, nicht größenprogrediente oder langsam wachsende Struma bei euthyreoten Patient*innen ist normalerweise kein Grund für eine erweiterte Bilddiagnostik.
Ein kleiner oder mehrere kleine Knoten, die (zufällig) im Ultraschall, CT oder MRT entdeckt wurden, werden in der Regel nicht weiter abgeklärt. Ausnahmen sind gleichzeitiges Auftreten von Bedingungen, die einen Verdacht auf ein Schilddrüsenkarzinom wecken können.
Ultraschall
Möglichkeit zur ultraschallgestützten Aspiration für Zytologie oder Biopsie zu histologischen Zwecken
Neuere Techniken wie die Elastografie werden die diagnostischen Möglichkeiten der Sonografie womöglich weiter verbessern.
CT, MRT, Röntgen
CT oder MRT
bei unauffälliger Struma nicht erforderlich
Hals- und/oder Thorax-CT/MRT
ggf. bei Anzeichen für Obstruktion und intrathorakaler Struma indiziert
MRT ist am genauesten.
Die Verwendung von jodhaltigem Kontrastmittel sollte vermieden werden, da dies eine weitere nuklearmedizinische Diagnostik und Therapie über mehrere Wochen bis Monate unmöglich machen kann.22
Schilddrüsenknoten können zur Abklärung einer möglichen Malignität mithilfe einer Feinnadelzytologie untersucht werden.
Die Methode bietet eine relativ hohe Sensitivität und Spezifität für Karzinome.
Sensitivität und Spezifität sind untersucherabhängig.
Beachte auch das Problem der Überdiagnostik: Nachweis klinisch nicht relevanter Mikrokarzinome!8
Die Untersuchung sollte von im Bereich Schilddrüsendiagnostik erfahrenen Ärzt*innen durchgeführt werden.
Das Verfahren ist nur minimal traumatisch und ohne Risiko für schwere Komplikationen.
Feinnadelbiopsie
Die Punktionszytologie hat bestimmte Limitationen, vor allem bei der Diagnostik von hyperplastischen Strumaknoten, follikulärem Adenom, follikulärem Karzinom und der follikulären Variante des papillären Karzinoms.25-27
Bei diesen Krankheitsbildern ist ggf. eine histologische Untersuchung (Biopsie) erforderlich.
Szintigrafie
Ist in der Regel bei der Diagnostik von euthyreoten Patient*innen mit kleinen Schilddrüsenknoten < 10 mm oder diffuser Struma nicht indiziert.28
Bei großer Struma ist eine Szintigrafie häufig nur dann sinnvoll, wenn eine Hyperthyreose vorliegt, oder bei euthyreoten Patien*innen, wenn die Radiojodbehandlung eine mögliche Behandlungsalternative ist.
Die Szintigrafie kann mithilfe der Messung des Uptakes und des Verteilungsmusters helfen, zwischen den unterschiedlichen Ursachen für die Strumaentwicklung zu unterscheiden, die abschließende Differenzierung zwischen benignen und malignen Strukturen ist jedoch auch hier nicht möglich.
Maßnahmen und Empfehlungen
Viele große Strumen sind größenkonstant oder wachsen langsam. Wenn weder Komplikationen, dringender Malignitätsverdacht noch ein kosmetisch problematisches Erscheinungsbild vorliegen, kann abgewartet werden. Diese Konstellation kommt vor allem bei älteren Patient*innen vor.
Diese Patient*innen sollten einmal jährlich klinisch und ggf. mit TSH untersucht werden.
Atoxische diffuse Struma
Kann versuchsweise mit Jod oder Jod + L-Thyroxin behandelt werden, um ein weiteres Wachsen und im Idealfall die Reduktion der Struma zu erreichen.
Die Behandlung erfolgt befristet, z. B. für 12–18 Monate, da Dauertherapie das Risiko von supprimierten TSH-Werten birgt, die mit erhöhtem Risiko für Vorhofflimmern und erhöhter kardiovaskulären Mortalität verknüpft sind. Zudem besteht bei jahrelanger TSH-Suppression die Gefahr der Osteoporose.29
Muss im Verlauf bei Auftreten einer Hypothyreose in den meisten Fällen mit L-Thyroxin behandelt werden. Solange Euthyreose besteht, sollte primär unter regelmäßigen Kontrollen abgewartet werden.
Gewöhnliche Strumaknoten
Die wenigsten Patient*innen mit Knotenstruma müssen operativ behandelt werden.
Bei Larynxkompression ist eine Operation erforderlich.
Leichtere Fälle können mit Acetylsalicylsäure oder NSAR behandelt werden.
Schwerere Fälle können mit Prednisolon behandelt werden.
Die amerikanische Leitlinie (deutsche Leitlinie nicht vorhanden) empfiehlt folgendes Therapieschema:30
40 mg Prednison über 1–2 Wochen
gefolgt von einem Ausschleichen über 2–4 Wochen bzw. je nach klinischem Verlauf auch über längere Zeit
Eine langsamere Reduktion der Steroiddosis im niedrigeren Dosisbereich (2,5 mg pro Woche bei Dosierung unter 15–20 mg/d) kann dazu beitragen, das Auftreten von Rezidiven zu verhindern.31
Propranolol kann bei thyreotoxischen Symptomen eingesetzt werden.
Indikationen zur Überweisung
Bei klinischem Verdacht auf ein Karzinom sollten die Patient*innen zur weiteren Diagnostik und Behandlung überwiesen werden.
Patient*innen mit Larynx- oder Tracheakompression sollten an eine chirurgische Praxis überwiesen werden.
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Autor*innen
Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt
Hannes Blankenfeld, Dr. med., Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin, München (Review)
Caroline Beier, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Hamburg
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
Schilddrüsensonografie Struma ist die Bezeichnung für eine vergrößerte Schilddrüse. Eine normale Schilddrüse wiegt 20–30 g, jeder Lappen misst ungefähr 2 x 4 x 2,5 cm in der Breite, Höhe und Dicke.