Hyperosmolare Hyperglykämie

Die hyperosmolare Hyperglykämie ist eine akute, lebensbedrohliche Erkrankung, die insbesondere bei älteren Patient*innen mit Typ-2-Diabetes auftritt.

Was ist hyperosmolare Hyperglykämie?

Definition

Hyperosmolare Hyperglykämie bezeichnet einen Zustand, bei dem sich zu viel Zucker (Glukose) im Blut befindet (> 600 mg/dl). Meist betrifft dies vor allem ältere Patient*innen mit nicht diagnostiziertem oder medikamentös nicht ausreichend gut eingestelltem Typ-2-Diabetes.

Symptome

Dieses lebensgefährliche Krankheitsbild entwickelt sich über mehrere Tage oder Wochen. Es kommt dabei zu vermehrtem Harndrang, starkem Durst, Schwäche und Sehstörungen. Übelkeit und Erbrechen, sowie neurologische Symptome (Verwirrtheit, Krampfanfälle) können auftreten. Die Betroffenen sind in der Regel erheblich ausgetrocknet, kneift man in die Haut, bleibt die entstehende Hautfalte bestehen und bildet sich nicht zurück. Die Mundschleimhaut ist trocken, Arme und Beine sind kalt und der Puls ist meist schnell.

Es kann schwierig sein, die Symptome gleich zu Beginn der Krankheit richtig zu deuten, weil viele Patient*innen gleichzeitig an anderen Krankheiten leiden, die ähnliche Beschwerden hervorrufen, und/oder weil die Betroffenen ihre Beschwerden und Bedürfnisse nicht adäquat mitteilen können.

Ursachen

Der stark erhöhte Blutzucker bringt den Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt (Natrium, Kalium und andere Mineralstoffe) des Körpers ins Ungleichgewicht. Die Glukose wird über die Nieren ausgeschieden. Mit dem Zucker wird auch Flüssigkeit ausgeschieden, was zu erhöhtem Harndrang und langsam zunehmender Austrocknung trotz vermehrtem Durstgefühl führt. Durch den zu hohen Flüssigkeitsverlust verschiebt sich die Zusammensetzung von Flüssigkeit und Elektrolyten im Blut und im Gewebe des Körpers. 

Die häufigste Ursache ist eine Infektion (ca. 50–60 % der Fälle). Weitere Ursachen können sein:

  • Medikamente, z. B. Thiaziddiuretika, Betablocker, Glukokortikoide oder atypische Neuroleptika
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Schlaganfall oder Herzinfarkt
  • unzuverlässige Einnahme der Diabetes-Medikamente
  • Drogen wie Alkohol oder Kokain.

Eine andere, ebenfalls lebensgefährliche Komplikation tritt vorwiegend bei Diabetes mellitus Typ 1 auf: die diabetische Ketoazidose. Kennzeichnend ist neben einem erhöhten Blutzucker eine begleitende Übersäuerung des Körpers.

Häufigkeit

Weniger als 1 % aller diabetesbedingten Krankenhauseinweisungen sind auf eine hyperosmolare Hyperglykämie zurückzuführen. Das durchschnittliche Alter der Patient*innen liegt bei 60 Jahren.

Untersuchungen

Die Anamnese und die Befunde der körperlichen Untersuchung durch die Ärzt*innen (deutliche Zeichen der Dehydrierung, Bewusstseinsstörung etc.) sind starke Indikatoren für die Erkrankung.

In der Blutuntersuchung zeigen sich sehr hohe Blutzuckerwerte und Störungen des Elektrolythaushalts, was die Diagnose bestätigt. Da oft eine Infektion ein Auslöser ist, sind ggf. ein Röntgenbild der Lungen oder ein CT sinnvoll. Manchmal gelingt es außerdem, den verursachenden Erreger einer Infektion aus dem Blut zu isolieren (Blutkultur).

Behandlung

Die Therapie beinhaltet verschiedene Maßnahmen. Ziel ist es, den Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt wiederherzustellen, den Blutzuckerspiegel zu normalisieren und den auslösenden Faktor unter Kontrolle zu bekommen. Dies erfordert eine Krankenhausbehandlung und meistens sogar eine intensivmedizinische Überwachung, denn die erforderlichen Maßnahmen führen schnell zu Veränderungen des Blutzuckers und müssen regelmäßig kontrolliert und ggf. angepasst werden.

Die Therapie der hyperosmolaren Hyperglykämie besteht aus 4 Hauptmaßnahmen:

  1. intensive Flüssigkeitszufuhr über das Blut (Infusion)
  2. Zufuhr von Elektrolyten, die dem Körper fehlen.
  3. Zufuhr von Insulin
  4. Diagnose und Therapie der auslösenden und begleitenden Faktoren.

Prognose

Die Sterblichkeit bei hyperosmolarer Hyperglykämie liegt zwischen 5–16 %. Faktoren für ein erhöhtes Risiko, zu sterben, sind ein hohes Lebensalter, ein hoher Grad an Austrocknung, eine Kreislaufinstabilität, schwere bestehende Begleiterkrankungen und eine deutliche Bewusstseinstrübung.

Weitere Informationen

Autorin

  • Susanna Allahwerde, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Berlin

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References

Based on professional document Hyperglykämisches hyperosmolares Syndrom. References are shown below.

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