Non-Hodgkin-Lymphom

Unter dem Begriff Non-Hodgkin-Lymphom wird eine Vielzahl von Krebserkrankungen des lymphatischen Systems zusammengefasst. Es kommt zu einer unkontrollierten Vermehrung von lymphoidem Gewebe.

Was ist ein Non-Hodgkin-Lymphom?

Definition

Unter dem Begriff Non-Hodgkin-Lymphom wird eine Gruppe verschiedener Krebserkrankungen zusammengefasst, bei der es zu einer unkontrollierten Vermehrung von lymphoidem Gewebe kommt. Zum lymphoiden Gewebe gehören Zellen der körpereigenen Immunabwehr, die sich vorwiegend in Lymphknoten, Knochenmark, Blut und Milz befinden. Die zugehörigen Zellen werden B-Lymphozyten und T-Lymphozyten genannt. Es gibt mehr als 50 verschiedene Unterarten des Non-Hodgkin-Lymphoms.

Symptome

In den meisten Fällen äußert sich die Erkrankung im Frühstadium durch unspezifische Zeichen, das heißt durch Symptome, die nicht ausschließlich bei Lymphknotenkrebs, sondern auch bei anderen Erkrankungen auftreten können. Es können schmerzlose Lymphknotenvergrößerungen und Begleitsymptome wie Fieber, nächtliches Schwitzen, Juckreiz, unerklärlicher Gewichtsverlust und allgemeine Abgeschlagenheit vorliegen. Ein Befall des Knochenmarks kann zu Anämie (Blutarmut), Hauteinblutungen und erhöhter Infektanfälligkeit führen.

Das lymphoide Gewebe kann sich in verschiedene Körperregionen ausbreiten und entsprechend unterschiedliche Beschwerden verursachen:

  • Ist der Kopf betroffen, können Schwindel, Kopfschmerzen und andere neurologische Symptome auftreten. Es kann auch zu einem Gesichtsödem (Wasseransammlungen im Gewebe) kommen, wenn durch die Tumormasse der Lymphabfluss aus dem Bereich des Schädels behindert wird.
  • Magen- und Rückenschmerzen können durch Lymphknotenschwellungen im Bauchraum, die evtl. Druck auf das Rückgrat ausüben, verursacht werden.
  • Durch eine Ausbreitung im Bauchraum sind auch Verdauungsstörungen möglich, die im fortgeschrittenen Stadium bis hin zum Darmverschluss reichen können.
  • Befinden sich vergrößerte Lymphknoten im Bereich von Luftröhre oder Lungen, können Husten oder ein auffälliges Atemgeräusch die Folge sein.

Ursachen

Das Non-Hodgkin-Lymphom betrifft bestimmte Zellen des Immunsystems, die sog. Lymphozyten, genauer gesagt die B-Lymphozyten (B-Zellen) und T-Lymphozyten (T-Zellen). Bei der Erkrankung kommt es zu einer unkontrollierten Vermehrung krankhaft veränderter Lymphozyten, die ihre Funktionsfähigkeit einbüßen und das gesunde Gewebe nach und nach verdrängen.

Die genaue Ursache für die Entstehung eines Non-Hodgkin-Lymphoms ist nicht bekannt. Gewisse Risikofaktoren scheinen allerdings in Zusammenhang mit der Krankheitsentwicklung zu stehen, z. B. bestimmte Virusinfektionen. Dazu gehören u. a.:

Auch das Bakterium Helicobacter pylori (Erreger von Magenschleimhautentzündungen) wurde in Zusammenhang mit der Entstehung einer seltenen Unterform des Non-Hodgkin-Lymphoms gebracht (MALT-Lymphom).

Studien haben gezeigt, dass Betroffene mit:

Häufigkeit

In Deutschland erkranken jährlich etwa 9.000–11.000 Menschen an einem Non-Hodgkin-Lymphom, was 10–15 Neuerkrankungen pro 100.000 Einw. entspricht. AIDS-Patient*innen haben eine bis zu 1.000-fach erhöhte Erkrankungsrate. Die Erkrankung kann in jedem Alter auftreten, die meisten Betroffenen sind bei Diagnosestellung allerdings älter als 40 Jahre. Bei Kindern macht das Non-Hodgkin-Lymphom 6,6 % aller bösartigen Erkrankungen unter 15 Jahren aus. Bei den 15- bis 17-Jährigen nimmt der Anteil zu.

Untersuchungen

Die Krankengeschichte und körperliche Untersuchung können den Verdacht auf ein Non-Hodgkin-Lymphom wecken, genügen aber nicht zur sicheren Diagnose. Bei der ärztlichen Untersuchung lassen sich oftmals schmerzlose, geschwollene Lymphknoten und Anzeichen einer Anämie (z. B. Blässe, Entzündungen in den Mundwinkeln und brüchige Nägel) feststellen, zudem können selten Leber und Milz vergrößert sein.

Zu den üblichen Untersuchungen gehören eine Blutuntersuchung, eine Urinprobe und eine Ultraschalluntersuchung von Bauch, Brustkorb und bei Männern zusätzlich der Hoden.

Bei Verdacht auf ein Non-Hodgkin-Lymphom werden Betroffene zeitnah für die weitere Diagnostik zu einer Fachärztin/einem Facharzt der Hämatoonkologie überwiesen. Zur Sicherung der Diagnose wird ein Lymphknoten entnommen und mikroskopisch untersucht. Es kann je nach Fragestellung ebenfalls eine Knochenmarkbiopsie (Entnahme einer Knochenmarkprobe) erfolgen, um die entarteten Zellen genauer untersuchen und klassifizieren zu können. 

Darüber hinaus ist das Stadium der Erkrankung zu ermitteln, d. h. es wird beurteilt, wie weit die Krankheit bereits fortgeschritten ist. Dies geschieht mittels Röntgen, Echokardiografie oder auch computertomografischer Untersuchungen von Becken, Brust- und Bauchraum. Je nach Fragestellung und Beschwerden können weitere Untersuchungen folgen.

Behandlung

Die Therapie richtet sich nach der Unterart des Lymphoms und dem Allgemeinzustand der erkrankten Person. In spezialisierten Zentren wird die passende Therapie durchgeführt die aus Chemotherapie, Radiotherapie (Bestrahlung), medikamentöser Therapien und/oder chirurgischen Eingriffen bestehen kann. In manchen Fällen ist eine Knochenmarktransplantation sinnvoll.

Jede erkrankte Person erhält ein Therapieprotokoll, das auf den entsprechenden Krankheitstyp zugeschnitten ist. Bei Non-Hodgkin-Lymphomen ist meist die genaue Unterart des Lymphoms wichtiger für die Wahl der Behandlung als das klinische Stadium.

Bei 2 von 3 Betroffenen ist die Krankheit bereits disseminiert, d. h. sie hat sich auf weitere Bereiche im Körper ausgebreitet und ist nicht mehr lokal begrenzt. In diesem Stadium ist eine Kombination aus Chemo- und Radiotherapie erforderlich, während bei lokalisierter Erkrankung nur eine Strahlentherapie ausreichend sein kann.

Schutzimpfungen

Nach abgeschlossener Chemotherapie und Stammzellentransplantation sind bestimmte Auffrischungsimpfungen wichtig:

  • nach 12 Monaten: Tetanus, Diphtherie und Polio
    nach 24 Monaten: Pneumokokken-Impfung
  • Grippe-Impfung (Influenza).

Verlaufskontrolle und Nachsorge

In den spezialisierten Zentren werden auch während und nach der Behandlung regelmäßige Verlaufskontrollen mit Blutbildkontrollen durchgeführt und Folgeerscheinungen der Erkrankung und/oder Behandlung behandelt. Da das Risiko von Gerinnselbildungen erhöht ist, wird häufig eine medikamentöse Thromboseprophylaxe durchgeführt. Auch eine Überwachung des Infektionsrisikos ist wichtig. Wenn Fieber auftritt und die Leukozytenzahl unter einen kritischen Wert fällt, sollte eine stationäre Aufnahme im Krankenhaus erfolgen.

Rehabilitative Maßnahmen

Non-Hodgkin-Lymphome sind Krankheiten, die je nach Verlauf die Lebenserwartung und Lebensqualität erheblich beeinträchtigen können und daher bereits bei Diagnosestellung und im weiteren Verlauf der Behandlung oft eine seelische Extrembelastung für die Betroffenen darstellen. Körperlich und psychisch besteht oft ein Bedarf an rehabilitativen Maßnahmen:

  • Ein individuell angepasstes Trainingsprogramm kann zur Verbesserung der Kondition, Verminderung der chronischen Muskelschmerzen und des chronischen Erschöpfungszustandes beitragen; auch Ergotherapie oder Lymphdrainage können erforderlich sein.
  • Eine psychotherapeutische Begleitung (Psychoonkologie) ist meist hilfreich. Eventuell kann auch eine Familientherapie angezeigt sein.
  • Mit dem Hamburger Modell kann eine schrittweise Wiedereingliederung ins Berufsleben erfolgen, auch Umschulungsmaßnahmen könnten erfolgen.
  • Möglicherweise ist eine langfristige Versorgung, z. B. mit häuslicher Krankenpflege oder Haushaltshilfe notwendig.

Palliative Behandlung

Bei Betroffenen mit geringen Heilungschancen ist die Behandlung auf eine Linderung der Beschwerden und die Erhaltung der Lebensqualität ausgerichtet. Der Schwerpunkt liegt dann auf der Linderung von Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen, Müdigkeit, Gewichtsverlust und Atembeschwerden.

Prognose

Aufgrund von stetiger Weiterentwicklung der Therapieprotokolle verbessert sich laufend die Prognose. Je nach biologischen Eigenschaften des Non-Hodgkin-Lymphoms kann der Krankheitsverlauf erheblich variieren. Bei etwa 70 % der Patient*innen mit Non-Hodgkin-Lymphom hat die Erkrankung bei Diagnosestellung bereits auf Gewebe außerhalb des lymphatischen Systems übergegriffen.

Die Prognose hängt erheblich davon ab, wie weit die Erkrankung bei Behandlungsbeginn fortgeschritten ist und welche Variante des Non-Hodgkin-Lymphoms vorliegt. Etwa 50 % der aggressiven Non-Hodgkin-Lymphome können vollständig geheilt werden. Bei einer ausbleibenden Behandlung aggressiver Formen liegt die Überlebenszeit allerdings nur bei ca. 6 Monaten.

Auch für die Behandlung der langsamer wachsenden Non-Hodgkin-Lymphome liegen ebenfalls neue Behandlungsprinzipien vor, die teilweise noch in Studien untersucht werden, und zu einer Verlängerung des Überlebens führen. Die Hälfte der Patient*innen überlebt die Diagnosestellung um 10 Jahre.

Zu den Komplikationen zählen Probleme, die durch das Tumorwachstum bedingt sind (Druck auf andere Organe, z. B. Speiseröhre, Harnleiter). Das Risiko von Gerinnseln (Thrombosen) ist erhöht.

Strahlen- und Chemotherapie bergen ebenfalls das Risiko gewisser Folgeschäden. Dazu zählen Infertilität und Schädigungen an Darm, Herz, Lunge und Haut. Es können durch die Therapien andere Folgetumore auftreten (z. B. Brustkrebs in Folge einer Bestrahlung des Brustkorbs). Eine ausgeprägte Müdigkeit (Fatigue) kann die Krankheit begleiten.

Weitere Informationen

Autorin

  • Susanna Allahwerde, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Berlin

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Non-Hodgkin-Lymphom. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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