Eisenmangelanämie

Eisenmangel ist die häufigste Ursache für Blutarmut (Anämie). Grund für eine Eisenmangelanämie ist z. B. eine unzureichende Zufuhr von Eisen mit der Ernährung. Bei Frauen kann ein Eisenmangel auch aufgrund von starken Menstruationsblutungen entstehen. Auch andauernde kleine Blutverluste, etwa bei einer Magenschleimhautentzündung, können zu Eisenmangel führen.

Was ist Eisenmangelanämie?

Definition

Eisenmangel bedeutet, dass die Eisenspeicher des Körpers leer sind. Der Körper benötigt Eisen für die Bildung von Hämoglobin (Hb), das für den Sauerstofftransport verantwortliche Protein im Blut. Hämoglobin ist der wichtigste Bestandteil der roten Blutkörperchen (Erythrozyten). Nur wenn genügend Eisen im Körper vorhanden ist, werden im Knochenmark ausreichend rote Blutkörperchen gebildet. 

Es ist wichtig zwischen einem Eisenmangel und einer Eisenmangelanämie zu unterscheiden: Bei einem Eisenmangel sind die Eisenvorräte im Körper zwar zu niedrig, aber der Hämoglobingehalt aller Erythrozyten im Blut ist noch ausreichend hoch. In der Blutuntersuchung zeigt sich ein erniedrigtes Speichereisen (Ferritin). Erst wenn auch der Hämoglobingehalt unter bestimmte Werte sinkt, spricht man von einer Anämie (Blutarmut). Ist die Ursache ein dauerhafter Eisenmangel, dann besteht eben eine Eisenmangelanämie.

Eine Anämie liegt vor, wenn die Hämoglobinkonzentration im Blut unter folgende alters- bzw. geschlechtsspezifische Werte absinkt:

  • 11 g/dl bei Schwangeren
  • 12 g/dl bei Frauen im gebärfähigen Alter
  • 14 g/dl bei Männern
  • Normwerte bei Kindern abhängig vom Alter.

Symptome

Klassische Symptome einer Blutarmut (Anämie) sind Blässe, Müdigkeit, verminderte körperliche und geistige Leistungsfähigkeit, Herzklopfen, Kurzatmigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen und Schmerzen in der Brust bei Anstrengung. In seltenen Fällen können Schluckbeschwerden, Zungenbrennen, Entzündungen der Mundwinkel und brüchige Nägel auftreten.

Eisenmangel kann auch durch Blutungen im Magen-Darm-Trakt hervorgerufen werden. Diese können so gering sein, dass man sie gar nicht bemerkt, aber durch eine lange Dauer zu einem deutlichen Blutverlust führen. Der Stuhl weist in diesen Fällen oft eine dunkle bis schwarze Färbung auf.

Starke Menstruationsblutungen (Hypermenorrhö) zählen ebenfalls zu den möglichen Ursachen einer Eisenmangelanämie.

Eisenaufnahme und -verlust

Die Eisenaufnahme geschieht im oberen Teil des Dünndarms (Duodenum). Lediglich 5–10 % des zugeführten Eisens werden täglich im Darm eines gesunden Menschen resorbiert, um den Eisenspiegel stabil zu halten. Bei einer höheren Eisenzufuhr verringert sich die Resorption, sofern der Eisenspiegel ausbalanciert ist. Liegt ein Eisenmangel vor, kann sie jedoch um das Drei- bis Fünffache ansteigen.

Das Eisen, das wir über die Nahrung zu uns nehmen, liegt in zwei Formen vor: als sogenanntes Häm-Eisen (zweiwertiges Eisen), das in tierischen Produkten wie Fleisch und Fisch vorkommt, und als Nicht-Häm-Eisen (dreiwertiges Eisen), das in pflanzlichen Lebensmitteln und in Milchprodukten enthalten ist. Das mit der Nahrung aufgenommene Eisen ist zum größten Teil dreiwertig. Damit es vom Dünndarm resorbiert werden kann, muss es von der Magensäure zu zweiwertigem Eisen reduziert werden; dieser Vorgang wird durch bestimmte Nahrungsmittel stimuliert (Ascorbinsäure = Vitamin C), während andere die Resorption hemmen (Kalzium, Vollkornprodukte bzw. Ballaststoffe, schwarzer Tee, Kaffee).

Eisen wird nicht als solches vom Körper ausgeschieden; es geht nur bei Blutverlust, dem normalen Abbau von roten Blutkörperchen oder auch durch Abschilferung von Zellen im Darm verloren. Männer und nicht menstruierende Frauen verlieren ca. 1 mg Eisen pro Tag. Während der Menstruation verlieren Frauen deutlich mehr Eisen (10 mg bis zu 40 mg bei starker Blutung).

Ursachen

Wenn der Eisenbedarf des Körpers durch die Nahrungszufuhr nicht gedeckt wird, kommt es zu einem Eisenmangel. Unausgewogene Ernährung und eine mangelhafte Eisenresorption im Darm sind allerdings selten die alleinigen Ursachen einer Eisenmangelanämie. Besonders häufig kommt es bei folgenden Gruppen zu einer Eisenmangelanämie, da hier auch ein besonders hoher Eisenbedarf besteht oder infolge chronischer Krankheiten ständig zu wenig Eisen resorbiert werden kann:

  • Säuglinge sowie Kleinkinder im Alter von 1–5 Jahren
  • Jugendliche Mädchen nach Einsetzen der Menstruation oder Frauen mit sehr starker Menstruation
  • Schwangere
  • Frauen, die mittels Kupferspirale verhüten (gilt nicht für die Hormonspirale).
  • Blutspender*innen
  • Patient*innen, die Medikamente mit erhöhtem Blutungsrisiko einnehmen (Antirheumatika, Salicylate, Gerinnungshemmer).
  • Patient*innen mit vollständiger Magenresektion (Gastrektomie)
  • Patient*innen mit Helicobacter-pylori-Infektion
  • Patient*innen mit Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) oder chronischen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa
  • Patient*innen mit einer Krebserkrankung im Magen-Darm-Trakt (betrifft vorwiegend Personen mittleren und höheren Alters).

Häufigkeit

In Europa haben 5–10 % der Bevölkerung eine Eisenmangelanämie. Rund 20 % der Frauen im gebärfähigen Alter und 10–15 % der Kinder sind betroffen.

Untersuchungen

  • Eine gesicherte Diagnose nur anhand der Symptome ist bei Anämie nicht möglich.
  • Das Vorliegen einer Anämie sollte bei entsprechenden Krankheitszeichen allerdings vor allem dann in Betracht gezogen werden, wenn die betroffene Person zu einer der genannten Risikogruppen zählt. 
  • Wichtig ist auch, die Ursache für die Eisenmangelanämie zu ermitteln.
  • Auch eine unausgewogene Ernährung kann Eisenmangel zur Folge haben; hierbei sind z. B. Veganer*innen und Vegetarier*innen gefährdet. Kinder und Jugendliche benötigen wegen des Wachstums vermehrt Eisen und können daher leicht einen Eisenmangel entwickeln. Allein wohnende ältere Menschen sind auch gefährdet, da diese sich oft einseitig ernähren.

Labor

  • Zur Sicherung der Verdachtsdiagnose ist die Erstellung eines Blutbilds nötig. Dabei werden die Werte von Hämoglobin, roten und weißen Blutkörperchen, die mittlere Größe der roten Blutkörperchen (MCV), Ferritin und der Transferrinrezeptor (sTfR) bestimmt.
  • Im Frühstadium zeigt sich die Eisenmangelanämie als Erstes durch eine Abnahme des Speicherproteins Ferritin im Blut (Serum-Ferritin).
  • Der MCV-Wert gibt Auskunft über die durchschnittliche Größe der roten Blutkörperchen; eine deutliche Abnahme zeigt sich hier erst, wenn die Erkrankung bereits weit fortgeschritten ist. 

Untersuchung des Magen-Darm-Trakts

  • Um die Ursache für den Eisenmangel zu ermitteln, ist oftmals eine Untersuchung des Magen-Darm-Trakts auf mögliche Tumoren, Entzündungen oder andere Blutungsquellen erforderlich.
  • Dazu werden Bauch und Enddarm abgetastet. 
  • Evtl. wird eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt.
  • Um schwache, für die Betroffenen nicht sichtbare Blutungen auszuschließen, ist eine Stuhlprobe sinnvoll. Mittels eines einfachen Tests kann nachgewiesen werden, ob sich okkultes (nicht sichtbares) Blut im Stuhl befindet.
  • Insbesondere bei älteren Personen wird auch eine Magen-Darm-Spiegelung (Endoskopie) empfohlen.

Gynäkologische Untersuchung

Behandlung

  • Ziel der Behandlung ist die Normalisierung des Hämoglobinwerts und der Eisenwerte im Blut.
  • Zugrunde liegende Erkrankungen bzw. Blutungen sollen behandelt werden.

Medikamente

  • Eisenpräparate gibt es in Form von Tabletten, Kapseln, Depottabletten, Tropfen oder Injektionslösungen.
  • Je nach Verträglichkeit werden 50–200 mg täglich eingenommen, bevorzugt eine halbe Stunde vor oder 2 Stunden nach dem Essen.
  • Es wird empfohlen, die Eisentabletten zusammen mit Vitamin C (z. B. mit Orangensaft) einzunehmen, um die Eisenresorption zu erhöhen. Tee und Vollkornprodukte hemmen dagegen die Eisenaufnahme.
  • Zu den häufigen Nebenwirkungen einer Behandlung mit Eisenpräparaten zählen Übelkeit, Bauchschmerzen, Verstopfung oder Durchfall.
  • Wenn andere Eisenpräparate keine ausreichende Wirkung zeigen oder nicht vertragen werden, ist auch eine intravenöse Eisenzufuhr (als Infusion) möglich. Aufgrund möglicher allergischer Reaktionen werden Sie anschließend noch etwa 20 Minuten in der Arztpraxis überwacht.
  • Meist dauert es 4–6 Monate bis die Eisenspeicher wieder aufgefüllt sind.
  • In schweren Fällen kann auch eine Bluttransfusion erfolgen.

Vorbeugung

Einem Eisenmangel kann durch gesunde Ernährung vorgebeugt werden. Siehe auch Patientenartikel Ernährung bei Eisenmangel.

Prognose

Der Krankheitsverlauf ist abhängig von der zugrunde liegenden Erkrankung. Normalerweise lässt sich eine Eisenmangelanämie unkompliziert durch die Gabe zusätzlicher Eisenpräparate beheben. Eine nur mäßig ausgeprägte Eisenmangelanämie führt nur selten zu Komplikationen. 

Weitere Informationen

Autorin

  • Martina Bujard, Wissenschaftsjournalistin, Wiesbaden

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Literatur

Dieser Artikel basiert auf dem Fachartikel Eisenmangelanämie. Nachfolgend finden Sie die Literaturliste aus diesem Dokument.

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