Eisenüberladung (Hämosiderose, Hämochromatose)

Zusammenfassung

  • Definition:Pathologische Eisenüberladung mit Ablagerungen am häufigsten in Leber, Pankreas, Gelenken, Herz, Hypophyse und Gonaden.
  • Häufigkeit:Die Prävalenz in Deutschland liegt bei ca. 1/1.000.
  • Symptome:Zu Beginn diffus, Abgeschlagenheit und Müdigkeit, nach einiger Zeit Gelenkschmerzen. Später treten Symptome je nach Organbefall auf.
  • Befunde:Anfangs wenige klinische Befunde, nach etablierter Krankheit am häufigsten Zeichen einer Leberzirrhose.
  • Diagnostik:Serumferritin und Transferritinsättigung sind erhöht. Ein Gentest bestätigt die Diagnose.
  • Therapie:Wird mit Aderlass oder Erythrozytapherese behandelt. Chelattherapie nur, wenn ein Aderlass nicht möglich ist.

Allgemeine Informationen

  • Sofern nicht anders vermerkt, basiert der Artikel auf diesen Referenzen.1-6

Definition

  • Der Begriff Eisenüberladung bezeichnet pathologische Prozesse, die entweder durch eine erhöhte Eisenzufuhr oder eine gestörte Elimination von überschüssigem Eisen zustande kommen.
    • Als Hämosiderose werden die damit einhergehenden Ablagerungen von Eisen bezeichnet, am häufigsten in Leber, Pankreas, Gelenken, Herz, Hypophyse und Gonaden.
    • Biochemisch wird bei den meisten Betroffenen eine hohe Serum-Transferrin-Sättigung festgestellt, viele haben erhöhte Ferritinwerte und mäßig erhöhte Transaminasen (GPT) im Serum.
  • Primäre (hereditäre) Eisenüberladung (Hämochromatose)
    • Hämochromatose Typ 1 (HFE-Hämochromatose)
      • angeboren, Mutationen im HFE-Gen
      • häufigste genetisch bedingte Erkrankung in der nordeuropäischen Bevölkerung
      • autosomal-rezessive Erbkrankheit
      • Ursache für 80–90 % aller Hämochromatosefälle
  • Sekundäre Eisenüberladung
    • erworbene Eisenüberladung, meist aufgrund von anderen Erkrankungen
      • z. B. bei Thalassämie, Lebererkrankungen oder infolge zahlreicher Bluttransfusionen
  • Die Begriffe Hämochromatose und Hämosiderose werden in der medizinischen Literatur nicht einheitlich verwendet.
    • Mit Hämochromatose im engeren Sinn sind nur die hereditären Formen der Eisenüberladung gemeint.
    • Gelegentlich wird Hämochromatose auf alle Formen der Eisenüberladung bezogen, die durch eine vermehrte Eisenaufnahme entstehen, oder sogar gleichbedeutend mit „Hämosiderose“ und „Eisenüberladung“ verwendet.
    • Im Folgenden verwenden wir als Überbegriff „Eisenüberladung“. Als „Hämochromatose“ bezeichnen wir nur die hereditären Formen.

Häufigkeit

  • Hämochromatose ist die häufigste Erbkrankheit unter Europäer*innen, insbesondere aus den nördlichen Teilen Europas.
  • Prävalenz der Krankheit
    • Schätzungsweise gibt es in Deutschland über 200.000 homozygote Personen, die bereits erkrankt sind oder die Krankheit im Laufe ihres Lebens entwickeln können.
    • Studien zeigen, dass die Penetranz des Gens, d. h. der Anteil der Personen mit Gendefekt, die die Krankheit entwickeln, zwischen 1–3 % liegt.
      • Bei heterozygoten Träger*innen erkrankt ca. 1 Person von 300 Betroffenen an Hämochromatose.
  • Geschlecht
    • Hämochromatose tritt etwa 10- bis 20-mal häufiger bei Männern als bei Frauen auf.

Ätiologie und Pathogenese

  • Die hereditäre Hämochromatose ist eine Störung der Eisenregulierung, die zu einer toxischen Erhöhung von Eisen in vitalen Organen und dadurch zur Entwicklung von Leberzirrhose, Knochen- und Gelenkerkrankungen, Diabetes mellitus und Herzerkrankungen führt.
  • Hereditäre Hämochromatose7
    • Hämochromatose Typ 1, autosomal-rezessive Erbkrankheit
    • Über 90 % der von einer hereditären Hämochromatose Betroffenen sind homozygot mit C282Y-Mutationen im HFE-Gen auf Chromosom 6.
      • Seltener kann auch eine H63D-Mutation im HFE-Gen als Krankheitsursache vorliegen.
    • Ein Defekt im HFE-Gen führt zu einer erhöhten Eisenaufnahmen im Dünndarm.
    • Es gibt auch andere, seltenere genetische Varianten der Hämochromatose:
      • Hämochromatose Typ 2 (juvenile Hämochromatose, Mutation im HFE2-Gen oder HAMP-Gen)
      • Hämochromatose Typ 3 (Mutation im TRF2-Gen)
      • Hämochromatose Typ 4 (Mutation im Ferroportin-Gen/SLC40A1-Gen).
  • Heterozygote
    • Heterozygote entwickeln selten die Krankheit.
    • Heterozygote mit C282Y-Mutation
      • Entwickeln die Krankheit nur in Ausnahmefällen.
    • Compound-Heterozygotie (C282Y-Mutation kombiniert mit H63D-Mutation im HFE-Gen)
      • Das Krankheitsrisiko ist erhöht, aber niedriger als bei einer C282Y-Homozygotie.
  • Erhöhte Eisenaufnahme
    • Bei einer täglich erhöhten Eisenaufnahme von 1–3 mg über den Normalbedarf (ca. 1 mg) hinaus hat der Körper nach 40–50 Jahren 20–40 g Eisen aufgenommen.
    • Die Eisenablagerung betrifft vor allem die Leber, später aber auch andere Organe und kann zur Zerstörung von Gewebe führen.
    • Mit steigenden Eisenmengen nimmt die Menge an freiem Eisen, das direkt toxisch auf die Zellen wirkt, zu.
    • Es dauert einige Zeit, bis sich so große Eisenmengen ablagern, dass Organe geschädigt werden.
  • Frauen
    • Frauen im fertilen Alter scheinen aufgrund einer geringeren Eisenaufnahme über die Nahrung und des monatlichen Eisenverlustes teilweise gegen eine Eisenüberladung geschützt zu sein.

ICPC-2

  • B99 Blut-/Lymph-, Milzerkrankung, andere
  • D97 Lebererkrankung NNB

ICD-10

  • E83.1 Störungen des Eisenstoffwechsels; Hämochromatose8

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Zum diagnostischen Vorgehen siehe Leitlinienkasten Empfohlene Diagnostik.
  • Anamnese, Familienanamnese, klinische Befunde und (oft zufälliger) Fund von erhöhtem GPT begründen den Krankheitsverdacht.
  • Serumferritin
    • Kann normal sein, steigt aber nach und nach an.
    • Weiterführende Diagnostik wird empfohlen bei:
      • Ferritin > 300 µg/l (> 633 pmol/l) bei Männern
      • Ferritin > 200 µg/l (> 422 pmol/l) bei Frauen.

Weiterführende Untersuchungen

  • Transferrinsättigung (S-Eisen/TEBK)
    • Verdacht auf Eisenüberladung bei:
      • Transferrinsättigung > 55 % bei Männern
      • Transferrinsättigung > 50 % bei Frauen.
    • Gleichzeitig erhöhtes Ferritin bestätigt die Diagnose.
  • Gentest zum Nachweis der HFE-Mutation
    • Testung nur erwägen, wenn Serumferritin und Transferrinsättigung erhöht sind.
    • vor der Entscheidung für oder gegen eine Testung
      • genetische Beratung durch eine humangenetische Beratungsstelle gemäß Gendiagnostikgesetz
    • nachgewiesene Mutation (Homozygotie) und erhöhte Serumwerte
      • Die Diagnose gilt als sicher.
    • nachgewiesene Mutation ohne Veränderung der Serumwerte
      • Reicht nicht aus, um die Diagnose zu stellen.
      • Nur 1–3 % der Betroffenen entwickeln die Krankheit.
  • Eisen
  • Transferrin
  • Leberbiopsie mit Histologie 
    • Bei negativem Gentest, wenn Klinik und Blutwerte auf eine Eisenüberladung deuten und mittels nichtinvasiver Methoden nicht sicher entschieden werden kann, ob eine Hämosiderose vorliegt.
    • zum Nachweis einer evtl. Leberzirrhose
  • Screening?
    • Ein allgemeines genetisches oder biochemisches Screening wird nicht empfohlen.
    • Nur ein kleiner Anteil der Homozygoten (1–3 %) gelangt unbehandelt in ein klinisches Stadium.
    • geringe Krankheitsanfälligkeit bei den durch das Screening aufgedeckten Fällen
    • Prädiktive Gentests sollten nur auf Initiative der Betroffenen erfolgen und erfordern eine vorausgehende ergebnisoffene genetische Beratung.

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Hämochromatose in der Familie

Frühsymptome

  • Die meisten Betroffenen haben in der Frühphase der Erkrankung keine Beschwerden.
  • Symptome treten selten vor dem 30. Lebensjahr bei Männern bzw. vor dem 50. Lebensjahr bei Frauen auf.
  • Müdigkeit und Abgeschlagenheit (Asthenie)
    • Sind häufig die ersten Beschwerden.
  • Gelenkschmerzen und -veränderungen (Arthropathie)
    • Treten bei vielen Betroffenen nach und nach auf.
    • Häufiger Befall des 2. und 3. MCP-Gelenks, aber auch größere Gelenke wie Knie und Hüfte können betroffen sein.
    • Chondrokalzinose: radiologisch sichtbare Kalzifizierungen von hyalinem Knorpel oder Faserknorpel
  • Verringerte Libido und Potenz bei Männern und Amenorrhö bei Frauen
    • Sind nicht ungewöhnlich.
  • Evtl. Bauchschmerzen

Fortgeschrittene Krankheit

  • Symptome einer Leberzirrhose und Leberinsuffizienz
    • Treten erst spät auf.
  • Kardiale Symptome
  • Diabetes
    • Tritt bei 50–60 % auf.
  • Blutende Ösophagusvarizen aufgrund einer Leberzirrhose erst im späten Krankheitsverlauf

Klinische Untersuchung

  • In der Frühphase gibt es keinen klinischen Befund.
  • Arthritis, Befall von MCP-Gelenken können erste Symptome sein.
  • Anzeichen einer gestörten Leberfunktion (Spätsymptome)
    • Palmarerythem
    • Verlust der Körperbehaarung
    • Hodenathrophie, Gynäkomastie
  • Andere Hautveränderungen?
    • evtl. Verfärbung der Haut durch Eiseneinlagerung
      • grau oder bronzefarben
      • Der klassische Bronzediabetes aufgrund einer Pankreassiderose und daraus resultierendem Insulinmangel ist äußerst selten.
    • Porphyria cutanea tarda
      • brüchige Haut
      • Blasenbildung an lichtexponierten Hautstellen (Hände, Unterarmstreckseiten, Gesicht, Nacken)
  • Hepatomegalie und Splenomegalie (Spätsymptome)

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

  • Transferrinsättigung
    • Bestimmung anhand von S-Fe und TEBK (normal 15–45 %) 
    • Blutentnahme morgens nüchtern
    • Grenzwerte
      • > 50 % (Frauen) bzw. > 55 % (Männer): Verdacht auf Eisenüberladung
      • > 61 %: Sensitivität und Spezifität für Hämochromatose ca. 95 %
      • < 45 % schließt die Erkrankung aus.
    • Bei Verdacht auf Eisenüberladung sollten die Werte wegen erheblicher Tagesschwankungen nach 6–8 Wochen kontrolliert werden.
  • Serumferritin
    • Ist meist erhöht.
    • Kann aber auch normal sein, vor allem bei Jüngeren und im frühen Krankheitsverlauf.
      • Jugendliche und fertile Frauen mit Hämochromatose können normale Serumferritinwerte haben.
      • Männer und ältere Menschen zeigen dagegen häufig deutlich erhöhte Werte (oft > 5.000 µg/l [> 10.550 pmol/l]).
    • Wird als Akut-Phase-Protein von vielen anderen möglichen
      Begleiterkrankungen beeinflusst.
      • Ein einzelner Serumferritinwert ist hinsichtlich der Beurteilung des Körpereisengehaltes nicht verlässlich.
    • Ist klinisch relevant, weil Serumferritin stärker mit den klinischen Manifestationen korreliert als die Transferrinsättigung und für die Behandlung daher bestimmend ist.
  • Gentest zum Nachweis der HFG-Mutation
    • Nur dann erwägen, wenn Transferrinsättigung und Serumferritin auf eine Hämochromatose deuten.
    • meist homozygote C282Y-Mutation im HFG-Gen (Ia)
      • Es gibt auch andere und seltenere genetische Varianten der Hämochromatose.
  • HbA1c, evtl. Glukose nüchtern
  • Bei Personen mit erhöhtem Ferritin und erhöhtem Osteoporoserisiko Knochendichtemessung

Untersuchungsstrategie bei erhöhtem Ferritin

  • Erhöhte Ferritinwerte werden außerhalb einer „akuten Phase” nachkontrolliert.
    • Bei Infektionen abwarten, bis diese abgeklungen sind.
    • Die Blutentnahme sollte am Morgen nüchtern erfolgen mit zusätzlicher Bestimmung der Transferrinsättigung.
    • Sind Serumferritin und Transferrinsättigung erhöht, sollte ein Gentest erwogen werden.
  • Andere Erklärungen für hohe Ferritinwerte
    • Lebererkrankungen, erhöhter Alkoholkonsum, metabolisches Syndrom und maligne Erkrankungen (Leukämie, Lymphom)
    • Es ist deshalb wichtig, eine Hyperferritinämie genauer zu untersuchen, wenn Hämochromatose nicht die Ursache sein kann.

Leitlinie: Empfohlene Diagnostik9

  • Bei Verdacht auf Eisenüberladung und erhöhte Leberwerte
  • Bei Personen mit chronischer Lebererkrankung unklarer Ursache und erhöhter Transferrinsättigung sollte der Gentest erwogen werden.
  • Bei Patient*innen mit hohem Ferritinwert sollte unbedingt nach einer der folgenden Ursachen geforscht werden (liegen sehr häufig vor):
  • Diagnosekriterien der HFE-assoziierten hereditären Hämochromatose laut EASL-Gremium
    • C282Y-Homozygotie + Eisenüberladung mit oder ohne klinische Symptome
      • Eisenüberladung wird gut durch eine Hyperferritinämie und einem MRT oder SQUID der Leber abgebildet.
      • Leberbiopsie ist nicht mehr Goldstandard für die Diagnose.
  • Familienscreening bei Geschwistern von Hämochromatose-Betroffenen
  • Gesunde mit C282Y-Homozygotie

Diagnostik bei Spezialist*innen

Zur Früherkennung von Organschäden (obligat)

  • Detektion kardialer oder hepatischer Eisenüberladung
    • Eisengehalt der Leber (quantitative MRT)
    • Kardio-MRT (T2-gewichtet) ab einem Patientenalter von 10 Jahren
  • Leber
  • Herz
    • ab einem Patientenalter von 10 Jahren
    • ab einem Patientenalter von 16 Jahren
      • Langzeit-EKG
  • Endokrine Funktionen

Weitere Untersuchungen (optional)

  • Leberbiopsie mit Histologie
    • zur Diagnosestellung nicht notwendig
    • Wird bei besonders hohen Ferritinwerten (> 1.000 µg/l [> 2.110 pmol/l]) empfohlen, wenn das Ausmaß des Leberschadens nicht auf anderem Wege ermittelt werden kann.9
    • Bei erhöhtem Serumferritin ohne HFE-Mutationen ist eine Leberbiopsie notwendig, um die Diagnose zu stellen.
  • Knochendichtemessung beim Vorliegen zusätzlicher Risikofaktoren für Osteoporose (z. B. Alter, Rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum etc.)5
  • Weitere Laborparameter
    • Cortisol-24-Stundenausscheidung
    • Amylase, Lipase (ab einem Patientenalter von 10 Jahren)
    • GnRH‐Test, STH‐Tests, ggf. nächtliches STH‐Sekretionsprofil

Indikationen zur Überweisung

  • Die Überweisung erfolgt bei Verdacht auf Eisenüberladung, der durch zwei aufeinanderfolgende Tests (Transferrinsättigung, Serumferritin) bestätigt wird.
  • An Praxis für Hepatologie, um das Ausmaß der Leberschädigung zu beurteilen.
  • An Praxis für Endokrinologie oder Andrologie bei V. a. Hypogonadismus

Therapie

Therapieziel

  • Komplikationen verhindern.

Allgemeines zur Therapie

  • Eisenüberladung wird in der Regel mit Aderlass behandelt.
  • Eine frühe Behandlung ist wichtig, um dauerhafte Gewebsschäden zu verhindern, und kann vorbeugend wirken.

Empfehlungen für Patient*innen

  • Eine ausgewogene Ernährung wird empfohlen. Es ist nicht nachgewiesen, dass eine eisenarme Diät einen positiven Effekt auf die Krankheit hat.5,9
  • Eine zusätzliche Eisenzufuhr über Eisenpräparate oder entsprechende Nahrungsergänzungsmittel ist zu vermeiden. Dasselbe gilt für Vitamin-C-Präparate.6
    • Begleitend zu einer Chelattherapie mit Desferrioxamin können niedrig dosierte Vitamin-C-Gaben möglicherweise von Nutzen sein, weil dadurch die Verfügbarkeit von reaktionsfähigem Eisen erhöht wird.
  • Mäßigung beim Alkohol ist wichtig, weil sowohl Eisen als auch Alkohol lebertoxisch sind.
    • Bei nachgewiesenem Leberschaden ist Alkoholabstinenz notwendig.

Medikamentöse Therapie

  • Chelate werden nur in Ausnahmefällen angewandt, wenn Aderlässe nicht durchgeführt werden können, z. B. bei:
  • Deferasirox 10–30 mg/kg/d oral oder Desferrioxamin 20–60 mg/kg/d i. v. oder s. c. über 8–12 Stunden

Aderlass (Venae sectio, Phlebotomie)

  • Es wird empfohlen, dass bei jedem Aderlass 400–500 ml Blut abgelassen werden.9
    • Die Häufigkeit hängt vom Ferritinwert ab: Häufige Aderlässe werden bei Ferritin > 500 µg/l (> 1.055 pmol/l) empfohlen.
    • In einigen Fällen ist es notwendig, zu Beginn der Behandlung jede oder jede 2. Woche einen Aderlass durchzuführen.
    • Als Dauerbehandlung sind 3–4 Aderlässe im Jahr meist ausreichend, mit dem Ziel den Ferritinwert bei < 50–100 µg/l (< 105–211 pmol/l) zu halten.10
  • Das Blut kann für Transfusionen verwendet werden, vorausgesetzt die Spender*innen sind ansonsten gesund.9
  • Vor dem Aderlass auf ausreichende Hydrierung achten.6
  • Nach dem Aderlass mindestens für 24 Stunden schwere körperliche Anstrengungen vermeiden.6

Prävention

  • Es kann erforderlich sein, Familienmitglieder von Erkrankten zu untersuchen, sofern sie es selbst wünschen.
  • Bei einer Transferrinsättigung < 45 % kann die Erkrankung mit großer Sicherheit ausgeschlossen werden.
    • Evtl. kann der Ferritinwert alle 5 Jahre überprüft werden.
  • Bei Gesunden mit C282Y-Homozygotie werden jährliche Ferritinkontrollen und je nach Wert und klinischem Bild ggf. weitere Untersuchungen empfohlen.9
  • Impfung gegen Hepatitis A und B bei allen Hämochromatose-Betroffenen6

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Bei Männern bis zum 30.–40. Lebensjahr und bei Frauen bis zum 50.–60. Lebensjahr verläuft die Krankheit häufig asymptomatisch.
  • Wird mit der Behandlung frühzeitig begonnen (bevor Gewebeschäden entstehen), kann man Beschwerden und Komplikationen vorbeugen.
  • Wenn Komplikationen eintreten, kann die Behandlung kardiale Beschwerden lindern und evtl. den Insulinbedarf reduzieren.

Komplikationen

Prognose

  • Wird frühzeitig mit der Aderlasstherapie begonnen (bevor sich eine Leberzirrhose entwickelt hat), ist die Lebenserwartung normal.
  • Wenn Gelenkbeschwerden oder erektile Dysfunktion auftreten, scheinen Aderlässe dies nur geringfügig zu beeinflussen.
  • Beim Auftreten von Komplikationen wie Leberzirrhose, Diabetes oder Kardiomyopathie ist die durchschnittliche Lebenserwartung reduziert.

Verlaufskontrolle

  • Die Kontrollen erfolgen in Zusammenarbeit von Spezialist*in und Hausärzt*in.
  • Anfangs sind meist häufige Aderlässe notwendig, später dann seltener (im Abstand von 2–4 Monaten).
    • Während der Erhaltungstherapie sollte Ferritin bei < 50–100 µg/l (< 105–211 pmol/l) liegen.
    • Die Transferrinsättigung sollte normal sein.

Untersuchungsintervalle bei Eisenüberladung

  • Serumferritin
    • bei Werten unter der Interventionsgrenze jährlich
    • ansonsten monatlich
  • Verlaufskontrolle kardialer oder hepatischer Eisenüberladung
    • Eisengehalt der Leber (quantitative MRT) jährlich
    • Kardio-MRT (T2-gewichtet) jährlich ab einem Patientenalter von 10 Jahren
  • Leberlabor
  • Sonografie Abdomen (jährlich)
  • Herz (jährlich)
  • Endokrine Funktionen
  • Ab einem Patientenalter von 10 Jahren zusätzlich (jährlich):

Bei Leberzirrhose

Toxizitätsmonitoring unter Chelatbildnertherapie

  • Deferipron
    • 2–4-wöchentlich, im 1. Jahr wöchentlich: Differenzialblutbild
    • jährlich: Zink im Serum (nüchtern)
  • Deferoxamin
    • jährlich: ophthalmologische Untersuchung, Audiometrie, ggf. Kreatinin-Clearance (ab einem Patientenalter von 6 Jahren)
    • 3-monatlich: Cystatin C
  • Deferasirox
    • monatlich (im 1. Monat und bei Dosissteigerung wöchentlich): Kreatinin
    • monatlich (im 1. Monat und bei Dosissteigerung 2-wöchentlich): GOT, GPTGamma-GTAPBilirubin
    • monatlich: Cystatin C
    • alle 3 Monate: Blutgasanalyse (Hydrogencarbonat), Kalzium, Phosphat, Urin-Stix (Proteinurie?)
    • jährlich: ophthalmologische Untersuchung, Audiometrie

Patienteninformationen

Worüber sollten Sie die Patient*innen informieren?

  • Über die Ernährung
    • Eine spezielle Diät hat keine Bedeutung für die Erkrankung.
    • Es wird eine normale gesunde Ernährung empfohlen.
    • Die zusätzliche Einnahme von Vitamin C sollte vermieden werden, weil dies die Eisenaufnahme fördert.

Patienteninformationen in Deximed

Patientenorganisation

Quellen

Leitlinien

  • Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie. Diagnostik und Therapie der sekundären Eisenüberladung bei Patienten mit angeborenen Anämien. AWMF-Leitlinie Nr. 025-029. S2k, Stand 2022. www.awmf.org

Literatur

  1. Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie. Diagnostik und Therapie der sekundären Eisenüberladung bei Patienten mit angeborenen Anämien. AWMF-Leitlinie Nr. 025-029. S2k, Stand 2022. www.awmf.org
  2. Meesmann M. Hämosiderose. Pschyrembel Online. Letzte Aktualisierung März 2019. Letzter Abruf 16.07.2022 www.pschyrembel.de
  3. Hamilton JPA. Eisenüberladung im Überblick (Hämosiderose, Hämochromatose). MSD MANUAL Ausgabe für medizinische Fachkreise. Zuletzt geändert Januar 2019. Letzter Abruf 16.07.2022. www.msdmanuals.com
  4. Crownover BK, Covey CJ. Hereditary hemochromatosis. Am Fam Physician 2013; 87: 183-90. www.ncbi.nlm.nih.gov
  5. Powell LW, Seckington RC, Deugnier Y. Haemochromatosis. Lancet 2016 Aug 13; 388(10045): 706-16. pmid:26975792 PubMed
  6. Brown KE. Haemochromatosis. BMJ Best Practice. Last reviewed: 16 Jun 2022, last updated: 11 Mar 2021. bestpractice.bmj.com
  7. Porto G, Brissot P, Swinkels DW, et al. EMQN best practice guidelines for the molecular genetic diagnosis of hereditary hemochromatosis (HH). Eur J Hum Genet 2016; 24: 479-95. pmid:26153218 www.ncbi.nlm.nih.gov
  8. Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI): ICD-10-GM Version 2022. Stand 17.09.2021; letzter Zugriff 16.07.2022 www.dimdi.de
  9. European Association for the Study of the Liver. EASL clinical practice guidelines for HFE hemochromatosis. J Hepatol 2010; 53: 3-22. PubMed
  10. Bacon BR, Adams PC, et al. Diagnosis and Management of Hemochromatosis: 2011 Practice Guideline by the American Association for the Study of Liver Diseases. Hepatology 2011; 54: 328-343. doi:10.1002/hep.24330 DOI

Autor*innen

  • Thomas M. Heim, Dr. med., Wissenschaftsjournalist, Freiburg
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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