Zusammenfassung
- Definition:Benigne und maligne Tumoren im Auge. Die häufigsten malignen intraokulären Tumoren sind Retinoblastome, uveale Melanome und Metastasen.
- Häufigkeit:Maligne intraokuläre Tumoren sind selten.
- Symptome:Asymptomatische Verläufe über längere Zeit möglich. Symptome umfassen Einschränkungen des Sehvermögens, Doppelbilder, Rötungen und Schwellungen, Veränderungen der Linse und Schmerzen.
- Befund:Leukokorie (weiße Pupille) bei fortgeschrittenem Retinoblastom. Weitere Befunde abhängig vom Stadium und Lokalisation des Tumors, z. B. Pigmentveränderungen, Exophthalmus, Strabismus.
- Diagnostik:Diagnostik mittels ophthalmologischer und bildgebender Diagnostik. In einigen Fällen histopathologische Diagnostik.
- Behandlung:Therapeutisches Vorgehen wird individuell und in der Regel in interdisziplinären Tumorkonferenzen abhängig von der Entität, Lokalisation und Symptomatik festgelegt. Gutartige Tumoren bedürfen in der Regel keiner Therapie.
Allgemeine Informationen
Definition
- Solide intraokuläre Tumoren können gut- und bösartig sein sowie primär intraokulär oder sekundär metastasiert sein.1-2
Häufigkeit
- Retinoblastom
- Uveale Melanome (Malignes Melanom, „Aderhautmelanom")
- häufigster primär intraokularer maligner Tumor im Erwachsenenalter
- Inzidenz von 0,6–0,7 pro 100.000 Einwohnern1
- Erkrankung typischerweise in der 6. Lebensdekade
- Intraokulare Metastasen
- Nachweis von intraokulären Metastasen bei 12,6 % der Betroffenen mit metastasierter Tumorerkrankung (pathologische Untersuchung von Spenderaugen)1
- Aderhautnävus (choroidaler Naevus)
- häufigster, gutartiger intraokuläre Tumoren
- Prävalenz von etwa 5 % der Bevölkerung2
Ätiologie und Pathogenese
Primäre intraokuläre Tumoren
- Retinoblastom1-2
- Ursache sind Veränderungen des Tumorsuppressorgens RB1
- 25–30 % der Fälle sind hereditär, 70–75 % treten spontan auf.
- Uveale Melanome1
- meist sporadisch
- Assoziation zu seltenem dysplastischem Nävus-Syndrom (DNS- oder FAMM-Syndrom) sowie BAP1-Mutationen
Metastasen
- Ätiologie
- Primärtumoren bei intraokulären Metastasen:1
- Mammakarzinom (> 50 %)
- Bronchialkarzinom (25 %)
- Tumor des Gastrointestinaltrakts (ca. 4 %)
- Prostatakarzinom (ca. 2 %)
- kutanes Melanom (ca. 2 %)
- Nierenzellkarzinom (ca. 2 %)
- Primärtumoren bei intraokulären Metastasen:1
- Lokalisation
- Aderhaut (Choroidea)
- Ziliarkörper (selten)
- Iris (selten)
- intraretinal und intravitreal (sehr selten)
Prädisponierende Faktoren
- Genetische Prädisposition
ICPC-2
- F74 Neubild. Auge / -Anhangsgebilde
ICD-10
- C69 Bösartige Neubildung des Auges und der Augenanhangsgebilde
- C69.0 Konjunktiva
- C69.1 Kornea
- C69.2 Retina
- C69.3 Choroidea
- C69.4 Ziliarkörper
- C69.5 Tränendrüse und Tränenwege
- C69.6 Orbita
- C69.8 Auge und Augenanhangsgebilde, mehrere Teilbereiche überlappend
- C69.9 Auge, nicht näher bezeichnet
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Nachweis des Tumors in einer ophthalmologischen oder bildgebenden Untersuchung
- In einigen Fällen histopathologische Diagnosesicherung
Differenzialdiagnosen
- Intrakranielle Tumoren bei Erwachsenen
- Hypophysentumoren
- Morbus Coats
- Grauer Star
- Frühgeborenenretinopathie
- Infektionen (z. B. Toxoplasmose)
- Vordere und hintere Uveitis
Anamnese
Beschwerden2
- Intraokuläre Tumoren teils asymptomatisch
- teils Zufallsbefund bei Routineuntersuchungen (z. B. auf diabetische Retinopathie)
- Visusminderung
- Gesichtsfelddefekte
- Metamorphopsie: verzerrtes Sehen
- Photopsien: subj. optische Phänomene wie Farben oder Lichtblitze
- Schielen und Doppelbilder
- Rötung
- periorbitale Schwellung und Exophthalmus
- Schmerzen (v. a. bei Sekundärglaukom)
Klinische Untersuchung
Allgemeine Untersuchung
- Zeichen einer möglichen primären Tumorerkrankung (z. B. malignes Melanom)
Untersuchung bei Spezialist*in
Augenärztliche Untersuchung
- Retinoblastom1
- Frühstadium: weißliche, flache Netzhauttumoren
- fortgeschrittenes Stadium: Leukokorie (weiße Pupille)
- Brückner-Test (Pupillarreflex) als Teil der Früherkennungsuntersuchungen
- Uveales Melanom1
- oft asymptomatisch
- Gesichtsfelddefekte
- Verlagerung der Linse
- Sekundärglaukom
- Aderhautnävus (choroidaler Naevus)2
- flache, pigmentierte Läsion
- überwiegend asymptomatisch (selten geringe Gesichtsfelddefekte)
- Weitere mögliche klinische Befunde
- Strabismus
- Exophthalmus
- Ophthalmologische Diagnostik2
- z. B. Ophthalmoskopie, Spaltlampenuntersuchung, OCT, Sonografie, Gesichtsfeldperimetrie
Bildgebende Untersuchungen
-
- z. B. MRT des Schädels (Ausdehnung), Bildgebung bei V.a. extraokuläre Metastasen
Indikationen zur Überweisung
- Bei Verdacht auf intraokuläre Tumoren Überweisung zu Augenärzt*innen.
Therapie
Allgemeines zur Therapie
- Therapie abhängig von der spezifischen Tumorerkrankung1-2
- Gutartige Tumoren bedürfen in der Regel keiner Therapie.2
- Bei malignen Tumorerkrankungen individuelle Therapieplanung in der Regel in einer interdisziplinären Tumorkonferenz1
- Eingesetzte Verfahren:1-2
- Kryotherapie
- Photokoagulation/Laser
- perkutane Strahlentherapie
- Chemotherapie
- Enukleation
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Komplikationen
- Blindheit
- Verlust des Auges
- Metastasierte Tumorerkrankung
Prognose
- Retinoblastom
- Überlebensrate > 95 % bei früher Diagnose
- Uveale Melanome1
- hohes hämatogenes Metastasierungsrisiko (etwa die Hälfte der Betroffenen verstirbt an Metastasen)
- Intraokuläre Metastasen
- perkutane Strahlentherapie (häufigste Therapiemethode in der bulbuserhaltenden Therapie) mit Remissionsrate von 94 %1
- Aderhautnävus (choroidaler Naevus)
- Risiko einer malignen Transformation sehr gering (ca. 1:800)2
Abbildungen
-
Retinoblastom: weiße Pupille (Leukokorie)
Quellen
Literatur
- Bornfeld N, Biewald E, Bauer S, Temming P, Lohmann D, Zeschnigk M. The Interdisciplinary Diagnosis and Treatment of Intraocular Tumors. Dtsch Arztebl Int. 2018;115(7):106-111. doi:10.3238/arztebl.2018.0106 doi.org
- Fabian, I.D., Sagoo, M.S. (2019). Overview of Intraocular Tumours. In: Chaugule, S., Honavar, S., Finger, P. (eds) Surgical Ophthalmic Oncology. Springer, Cham. doi.org
- Kaatsch P, Grabow D, Spix C. German Childhood Cancer Registry - Annual Report 2016 (1980-2015). Institute of Medical Biostatistics, Epidemiology and Informatics (IMBEI) at the University Medical Center of the Johannes Gutenberg University Mainz, 2016. www.unimedizin-mainz.de
Autoren
- Jonas Klaus, Dr. med., Arzt in Weiterbildung Neurologie, Hamburg
- Trine Hessevik Paulsen, allmennlege og redaksjonsmedarbeider i NEL
- Johan H. Eivind Seland, Professor Emeritus, Universität Bergen.