Keratokonus

Zusammenfassung

  • Definition:Degenerative meist bilaterale Erkrankung der Kornea, die zu einem unregelmäßigen Astigmatismus mit Auswirkungen auf die Sehkraft führt.
  • Häufigkeit:Seltene Erkrankung, zumeist beginnend zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr.
  • Symptome:Kurzsichtigkeit, Sehstörungen, Verzerrung der visuellen Eindrücke und Episoden mit deutlicher Reduzierung des Sehvermögens.
  • Befunde:Klinische Befunde sind konische Kornea, Kurzsichtigkeit und irregulärer Astigmatismus.
  • Diagnostik:Opthalmologische Untersuchung.
  • Therapie:Kontaktlinsen in der frühen Phase. Später können Operationen indiziert sein.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Progressive bilaterale Erkrankung mit strukturellen Veränderungen der Kornea
  • Häufigste primäre Ektasie der Hornhaut, gekennzeichnet durch Ausdünnung und konische Protrusion der zentralen Kornea1 
  • Die Erkrankungsprogression ist assoziiert mit Zunahme der Myopie und des Astigmatismus sowie Verlust an Sehschärfe infolge Irregularität der Hornhautoberfläche, die mit einer Brille nicht kompensiert werden kann.

Häufigkeit

  • Die geschätzte Prävalenz der Erkrankung liegt zwischen 0,2–4790/100.000 und weist eine große globale Varianz auf, was am ehesten auf unterschiedliche Diagnosekriterien zurückzuführen ist.2
  • Die Erkrankung entwickelt sich am häufigsten in einem Lebensalter von 20–30 Jahren.2

Ätiologie und Pathogenese

  • Der gesamte Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.2-4
  • Es scheint eine multifaktorielle Genese vorzuliegen.
  • Umweltfaktoren sowie genetische Zusammenhänge werden vermutet.
  • Ebenso scheint ständiges Augenreiben einen auslösenden Effekt zu haben.
  • Aufgrund der häufigen Assoziation mit systemischen autoinflammatorischen Erkrankungen ist eine entzündliche Genese ebenfalls denkbar.
  • Es kommt zu einer degenerativen Veränderung der Kornea mit Ausdünnung und zunehmender Protrusion des zentralen Anteils und Entwicklung von linearen Narben im Apex des Konus.
  • Ein akuter Hydrops kann sich in der Kornea mit akuter vorübergehender Sehschwäche entwickeln.

Prädisponierende Faktoren

ICPC-2

  • F99 Auge/Anhangsgeb. Erkrank., and.

ICD-10

  • H18 Sonstige Affektionen der Hornhaut
    • H18.6 Keratokonus

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Die Diagnose erfolgt anhand typischer Symptome und ophthalmologischer Untersuchungsergebnisse.

Anamnese

  • Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.2
  • Reduzierte Sehschärfe, Blendungsphänomen
  • Erhöhte Neigung zu Irritation und Juckreiz der Augen
  • Sehschwäche, in der Regel bilateral
  • Bei progredierender Erkrankung schwächt sich das Sehvermögen weiterhin ab, zuweilen ziemlich schnell.
  • Verzerrung der visuellen Sinneseindrücke. Es werden mehrere „Bilder“ des Objekts, das gerade betrachtet wird, wahrgenommen.
  • Anfälle von zunehmender Sehschwäche aufgrund eines akuten zentralen Korneaödems

Klinische Untersuchung

Courtesy of Indiana University School of Medicine, Department of Ophthalmology.
Keratokonus (Courtesy of Indiana University School of Medicine, Department of Ophthalmology)
  • Konische Kornea: meistens doppelseitig, aber oft mit deutlichem Unterschied zwischen beiden Seiten
  • Die pathologischen Korneakonturen sind am besten beim Blick nach unten am unteren Augenlid zu beobachten, (Munson-Zeichen).
  • Grob orientierende Visusprüfung

Diagnostik bei Spezialist*innen

  • Weitere Diagnostik in der Augenarztpraxis

Indikation zur Überweisung

  • Bei Verdacht auf die Erkrankung

Therapie

Therapieziele

  • Das Sehvermögen verbessern.
  • Komplikationen verhindern.

Allgemeines zur Therapie

  • Die Mehrheit der Keratokonus-Patient*innen kann mit angepassten Kontaktlinsen und deren richtigem Gebrauch lebenslang ein gutes Sehvermögen beibehalten.2
    • anfangs weiche Linsen, später harte Linsen
  • Inzwischen stehen zudem mehrere interventionelle Therapien zur Verfügung.2

Empfehlungen für die Patient*innen

  • Augenreiben vermeiden.
  • Kontaktlinsen tragen.
    • deutliche Verbesserung des Sehvermögens in frühen Stadien durch die Korrektur des unregelmäßigen Astigmatismus
    • Am häufigsten werden harte Linsen verwendet, in frühen Stadien können Astigmatismus korrigierende weiche Linsen ausreichen.
    • Die Anpassung der Linsen sollte ausschließlich von Fachleuten mit Erfahrung über derartige Hornhautanomalien ausgeführt werden. Neuanpassungen sind relativ häufig erforderlich, u. U. auch mit großen skleralen Linsen.
    • Größere von Kontaktlinsen hervorgerufene Beschwerden kommen häufiger bei Patient*innen mit einem Keratokonus vor als bei Patient*innen mit normaler Hornhautstruktur. Eine unter die normale harte Linse eingesetzte weiche Linse kann zuweilen für eine Besserung sorgen („Piggyback“).2

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf und Prognose

  • Episoden mit akuter Sehschwäche können auftreten.
    • Verursacht durch ein zentrales Korneaödem, das sich spontan zurückbildet.
  • Eine schrittweise Verschlechterung über mehrere Jahre hinweg ist häufig zu beobachten. Die Progression kann allerdings auch jederzeit stagnieren, vor allem bis zu einem Alter von 40–45 Jahren.2
  • Die Mehrheit der Keratokonus-Patient*innen kann mit harten Kontaktlinsen und deren richtigem Gebrauch lebenslang ein gutes Sehvermögen beibehalten.

Komplikationen

  • In extrem seltenen Fällen können Korneaperforationen vorkommen.

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

Keratokonus, Spaltlampenbild
Keratokonus. Courtesy of Indiana University School of Medicine, Dep. of Ophtalmology
Keratokonus. Courtesy of Indiana University School of Medicine, Dep. of Ophtalmology

Quellen

Literatur

  1. Scheschy U, Scheschy H. Keratoconus und dessen Behandlung mit Hornhautvernetzung und Kontaktlinsen: ein Überblick. Spektrum Augenheilkd. (2016) 30: 15. doi:10.1007/s00717-015-0290-5 link.springer.com
  2. Santodomingo-Rubido J, Carracedo G, Suzaki A, Villa-Collar C, Vincent SJ, Wolffsohn JS. Keratoconus: An updated review. Cont Lens Anterior Eye. 2022 Jun;45(3 pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  3. Weissman BA. Keratoconus. Medscape Emedicine. Updated 3 March 2016 emedicine.medscape.com
  4. Sugar J, Macsai MS. What causes keratoconus?. Cornea 2012; 31: 716-9. pmid:22406940 PubMed
  5. Woodward MA, Blachley TS, Stein JD. The Association Between Sociodemographic Factors, Common Systemic Diseases, and Keratoconus: An Analysis of a Nationwide Heath Care Claims Database. Ophthalmology 2016; 123: 457-465.e2. pmid:26707415 PubMed
  6. Sykakis E, Karim R, Evans JR, Bunce C, Amissah-Arthur KN, Patwary S, McDonnell PJ, Hamada S. Corneal collagen cross-linking for treating keratoconus. Cochrane Database of Systematic Reviews 2015, Issue 3. Art. No.: CD010621. DOI: 10.1002/14651858.CD010621.pub2. DOI

Autor*innen

  • Bonnie Stahn, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Hamburg
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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