Augenkontusion

Zusammenfassung

  • Definition: Stumpfes Augentrauma ohne Perforation.
  • Häufigkeit: Nicht ungewöhnlich.
  • Symptome: anamnestisch stumpfes Augentrauma mit nachfolgenden Schmerzen, ggf. Diplopie.
  • Befunde: Hyphäma, Irisverletzung, Linsenschaden, Netzhautablösung, Glaskörperblutung.
  • Diagnostik: Tonometrie, Ophthalmoskopie und Röntgen/CT der Orbita.
  • Therapie: Meist Operation, je nach Art der Verletzung.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Stumpfes Augentrauma ohne Perforation1

Häufigkeit

  • Bulbuskontusion ohne Orbitafraktur ist ein häufiger Konsultationsgrund in der hausärztlich Praxis.

Ätiologie und Pathogenese

  • Entsteht nach stumpfer Gewalteinwirkung im Bereich des Auges, z.B. durch Faustschläge, kleine harte Kugeln oder Bälle.2
  • Kann zur Ruptur des Augapfels, zu Netzhautablösung, Blutungen, Augenmuskelparese usw. führen.3

ICPC-2

  • F79 Augenverletzung, andere

ICD-10

  • S05 Verletzung des Auges und der Orbita
    • S05.1 Prellung des Augapfels und des Orbitagewebes

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Stumpfes Trauma im Bereich des Bulbus oculi

Differenzialdiagnosen

  • Orbitalphlegmone
    • Orbitalphlegmone und Verletzungshämatom sind sehr leicht zu verwechseln.
    • Es muss daher sichergestellt werden, dass ein stumpfes Augentrauma vorliegt, bevor die Diagnose einer Kontusion gestellt werden kann.
  • Bulbusruptur
  • Traumatische Hyphäma
  • Netzhautablösung

Anamnese

  • Stumpfes Augentrauma (z. B. Schlag, Ball) 
  • Schmerzen

Klinische Untersuchung (je nach Art und Ausmaß der Verletzung)

  • Doppelbilder beim Blick nach oben oder unten 
    • Verdacht auf Orbitafraktur.
  • Hyphäma (Blut in der Vorkammer des Auges) 
    • Blutung stammt oft aus der Iriswurzel
    • Reabsorption meist innerhalb weniger Tage
    • evtl. Nachblutung (10-20 %)
      • innerhalb der ersten 2–3 Tage
      • kann durch Blockade des Trabekelnetzwerks die Absorption des Blutes verschlechtern
      • Gefahr eines Sekundärglaukoms. 
    • Dringt das Blut in die Hornhaut ein, kann dies zur Hämochromatose führen.
  • Irisverletzung
    • Traumatische Mydriasis (Anisokorie) bei Irissphinkterschaden
      • Abriss der Iriswurzel (Iridodialyse) oder des M. sphincter pupillae 
      • evtl. Lähmung des Sphinktermuskels - vorübergehend (Iridoplegie) oder dauerhaft (bei Nervenläsionen).
  • Verletzung der Linse
    • Linsenverlagerung infolge der Gewalteinwirkung (Luxatio oder Subluxatio lentis)
      • vergrößert die Kammertiefe, so dass die Iris ihre stützende Unterlage verliert. Dies führt zum Irisschlottern (Iridodonesis).
  • Verletzungen der Netzhaut
    • Netzhautblutung
      • Ophthalmoskopie: kleinere punktförmige oder größere scharf begrenzte retinale Blutungen.
    • Netzhautödem
      • Ophthalmoskopie: grauweiße Verfärbung der Netzhaut 
      • Visusminderung (meistens vorübergehend - jedoch nicht immer, auch wenn das Ödem sich schnell zurückbildet).
  • Traumatische Amotio retinae
    • Ophthalmoskopie: gräuliche Abhebungen der Netzhaut
    • durch Netzhautrisse/-verletzungen dringt Blut oder Exsudat zwischen Retina und Pigmentepithel ein, was zum Ablösen der Netzhaut führt.
    • Narbenveränderungen nach Verletzungen oder Erkrankungen können auch zur Netzhautablösung führen.
  • Glaskörperblutung
    • Blutungen aus Gefäßen der Netzhaut oder des Corpus vitreum
    • verzögerte Absorption des Blutes kann zur Proliferation des Bindegewebes und zur Glaskörpertrübung führen.
  • Dilatierte Pupille
    • Hinweis auf eine mögiche Kopfverletzung.4

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

  • Palpation der Orbitaränder 

Diagnostik beim Spezialisten

  • Tonometrie
  • CT (Röntgen) der Orbita bei Frakturverdacht4

Indikationen zur Überweisung

  • Sofortige Überweisung bei Verdacht auf
    • größere Schäden mit intrabulbären Blutungen
    • Amotio retinae
    • Orbitafraktur.

Therapie

Therapieziel

  • Visusverlust verhindern.

Allgemeines zur Therapie

  • Die Behandlung erfolgt beim Augenarzt.
  • Kontaktlinsen herausnehmen
    • bei späterem Anschwellen kann dies weitaus schwieriger werden.1

Medikamentöse Therapie

  • Abhängig von Art und Ausmaß der Verletzung.

Weitere Therapien

  • Meist Operation
  • Abhängig von Art und Ausmaß der Verletzung.

Prävention

  • Schutzbrille bei Sportarten wie Eishockey, Squash usw.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Komplikationen

  • Abhängig von Art und Ausmaß der Verletzung
  • Nachblutungen bei Hyphäma mit einer Häufigkeit von 10-20  %

Prognose

  • Die Prognose ist in den meisten Fällen gut, Komplikationen können jedoch auftreten.
  • Die Prognose ist schlecht bei traumatischer Netzhautablösung infolge von 
    • Verletzungen im Bereich der Makula
    • großen Netzhauteinrissen
    • Glaskörperverletzungen.

Patienteninformationen

Worüber sollten Sie die Patienten informieren?

  • Symptome bei Netzhautablösung

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

Hyphäma nach stumpfem Augentrauma
Netzhautablösung.jpg
Netzhautablösung

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft. Verletzungen des Auges und seiner Anhangsgebilde. DOG-Leitlinie Nr. 8, Stand 2011. www.augeninfo.de

Literatur

  1. Peate WF. Work-related eye injuries and illness. Am Fam Physician 2007; 75: 1017-22. www.ncbi.nlm.nih.gov
  2. Rodruguez JO, Lavina AM, Agarwal A. Prevention and treatment of common eye injuries in sports. Am Fam Physician 2003; 67: 1481-9, 1494-6.
  3. Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft. Verletzungen des Auges und seiner Anhangsgebilde. DOG-Leitlinie Nr. 8, Stand 2011. www.augeninfo.de
  4. Khaw PT, Shah P, Elkington AR. Injury to the eye. BMJ 2004; 328: 36-8. British Medical Journal

Autoren

  • Nicola Herzig, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Sandnes (Norwegen)
  • Johan H. Seland, professor emeritus, Universitetet i Bergen
  • Anders Behndig, professor och överläkare, Ögonkliniken, Norrlands universitetssjukhus, Umeå (Medibas)

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