Dakryozystitis

Zusammenfassung

  • Definition:Entzündung des Tränensacks.
  • Häufigkeit:Gehäuft bei Kindern und Patient*innen zwischen 60–70 Jahren.
  • Symptome:Entzündungszeichen im Bereich des Tränensacks, d. h. Schwellung, Rötung, Schmerzen, Überwärmung.
  • Untersuchung:Positive West-Probe mit Expression von Eiter aus dem Tränenpünktchen.
  • Diagnostik:Zusätzliche Untersuchungen sind selten erforderlich.
  • Therapie:Abhängig vom Schweregrad ist orale oder i. v. Antibiose indiziert.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Entzündung des Tränensacks1

Häufigkeit

  • Altersgipfel bei Kleinkindern sowie Personen zwischen 60–70 Jahren2
  • Frauen sind häufiger als Männer betroffen.2

Ätiologie und Pathogenese

  • Bei akuter Dakryozystitis meist Monoinfektion mit Staphylokokken, Pseudomonaden oder E. coli3
  • In der Regel Folge einer Obstruktion in den Tränenwegen
    • Ansammlung von Sekret als Nährboden für Bakterien
  • Selten Folge einer fortgeleiteten Sinusitis3
  • In seltenen Fällen Obstruktion durch Ablagerung (Dakryolith)
  • Persistenz der Hasner-Membran bei konnataler Dakryostenose4

Prädisponierende Faktoren

  • Schmales Gesicht und folglich enge Tränenwege2

ICPC-2

  • F73 Augeninfektion/-entzündung, and.

ICD-10

  • H04 Affektionen des Tränenapparates
    • H04.3 Akute und nicht näher bezeichnete Entzündung der Tränenwege

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Hochrote, z. T. sehr schmerzhafte Schwellung unterhalb des medialen Lidbändchens, bei der man gelegentlich purulentes Sekret aus dem Tränenpünktchen exprimieren kann (positive West-Probe).3

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Meist einseitig
  • Schwellung, Schmerzen, Rötung
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    Dakryozystitis
  • Tränenfluss kann bei chronischen Erkrankungen das einzige Symptom sein.

Klinische Untersuchung

  • Entzündungszeichen in der Tränensackgegend: Schmerzen, Schwellung, Rötung, Überwärmung
  • Positive West-Probe: Expression von Eiter aus dem Tränenpünktchen

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

  • Sind selten erforderlich.
  • Erreger können durch einen Abstrich aus dem betroffenen Gewebe gewonnen werden.3
  • Falls es bei akuter Dakryozystitis nicht zu einer spontanen Abszesseröffnung kommt, kann versucht werden, eitriges Sekret durch Kompression des Tränensacks retrograd aus den Tränenpunkten zu exprimieren und mit einem Abstrichtupfer aufzufangen.5

Indikationen zur Überweisung

  • Neugeborene sollten von Kinderophthalmolog*innen oder von in der Behandlung erfahrenen Kinderärzt*innen behandelt werden.
  • Einweisung zur intravenösen Antibiotikatherapie bei schwerer Infektion, Phlegmone oder Abszess

Therapie

Therapieziele

  • Sanierung der Infektion
  • Prävention von Komplikationen

Allgemeines zur Therapie

  • Akute Dakryozystitis bei Kindern erfordert eine sofortige Behandlung, um eine Orbitalphlegmone zu vermeiden.
  • Keine Antibiotika verabreichen:
    • bei Kindern unter 2 Jahren mit Tränenfluss/Sekretion ohne Anzeichen einer Infektion
    • Eine mögliche spontane Öffnung des Tränenkanals abwarten. Schleimige Substanz kann aus dem Tränensack massiert werden.

Empfehlungen für Patient*innen

  • Warme Kompression, um mögliche Verstopfung des Tränenkanals zu lösen.2
  • Vorsichtige Massage des Tränensacks

Medikamentöse Therapie

Antibiotikatherapie

  • Bei Neugeborenen sind Kinderophthalmolog*innen oder in der Behandlung erfahrene Kinderärzt*innen für die Therapie von Dakryozystitis zuständig.
  • Unkomplizierte Dakryozystitis und Patient*in in gutem Allgemeinzustand:
    • orales Antibiotikum, z. B. Amoxicillin/Clavulansäure2
  • Dakryozystitis mit orbitaler Beteiligung, Phlegmone oder Abszess:
    • intravenöses Antibiotikum, z. B. Ceftriaxon2

Weitere Therapien

Operative Therapie in chronischen Fällen

  • Dakryozystorhinostomie als Therapieoption
  • Schaffung einer permanenten Anastomose zwischen dem Tränensack und der Nasenhaupthöhle in Höhe des mittleren Nasengangs4

Infantile Dakryozystitis

  • Wird in der Regel dadurch verursacht, dass die Hasner-Membran im Tränenkanal persistiert. Diese öffnet sich jedoch bei den meisten Kindern spontan im Laufe der ersten 2 Lebensjahre.
  • Stufenkonzept zur Eröffnung der Membran:4
    1. angeleitete Tränensackmassage
    2. Sondierung und Überdrückspülung
    3. Ultima Ratio operative Eröffnung in Allgemeinanästhesie.

Prävention

  • Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.2
  • Regelmäßiges Spülen der Nase mit Kochsalzlösung
  • Regelmäßige Anwendung von warmen Kompressen

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Ein verengter Tränenkanal bei Kindern führt selten zu einer Infektion und öffnet sich bei den meisten vollständig spontan im Laufe der ersten 2 Lebensjahre.
  • Bei älteren Patient*innen treten sowohl akute als auch chronische Infektionen auf, die jedoch selten zu Komplikationen führen.
  • Tritt die Dakryozystitis rezidivierend auf, sollten die Patient*innen sich augenärztlich untersuchen lassen, um die Notwendigkeit eines operativen Eingriffs zu beurteilen.

Komplikationen

  • Orbitalphlegmone, vor allem bei Kindern

Prognose

  • Häufig rezidivierend

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

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Dakryozystitis: entzündeter Tränensack

Quellen

Literatur

  1. Pinar-Sueiro S, Sota M, Lerchundi TX, Gibelalde A, Berasategui B, Vilar B, et al. Dacryocystitis: Systematic Approach to Diagnosis and Therapy. Curr Infect Dis Rep 2012; 14: 137-46. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  2. Gilliland GD. Dacryocystitis. Medscape, last updated, Oct 08, 2019. emedicine.medscape.com
  3. Stemplewitz B, Richard G. Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. Berlin, Heidelberg: Springer, 2016. link.springer.com
  4. Heichel J, Struck HG, Glien A. Diagnostik und Therapie von Tränenwegserkrankungen. HNO 2018; 66: 751–759. doi.org
  5. Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie. Mikrobiologische Diagnostik bei Infektionen des Auges. AWMF-Nr. 067 - 008. Stand 2011. www.awmf.org

Autor*innen

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Frankfurt a. M.
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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