Angioödem

Zusammenfassung

  • Definition:Meist 1–3 Tage dauernde, lokalisierte Ödeme im Bereich von Haut, Magen-Darm-Trakt, Zunge/Larynx/Pharynx. Verschiedene Erkrankungen können bradykininvermittelt oder mastzellvermittelt Angioödeme auslösen.
  • Häufigkeit:Am häufigsten im Rahmen von Anaphylaxie, Urtikaria oder medikamenten-induziert (ACE-Hemmer), seltener hereditär.
  • Symptome:Juckreiz bei mastzellvermittelten Angioödemen. Bauchschmerzen bei gastrointestinaler Beteiligung. Heiserkeit, Stridor, Dyspnoe beim Larynxödem bis hin zur respiratorischen Insuffizienz.
  • Befunde:Ödeme, bei anaphylaktischer Reaktion Hypotonie/Tachykardie, Quaddeln bei Urtikaria.
  • Diagnostik:In der Akutsituation beruht die Diagnose auf Anamnese und klinischem Befund. Im weiteren Verlauf ggf. Diagnostik im Rahmen der Abklärung von Allergien oder Urtikaria. Bei hereditärem Angioödem laborchemischer Nachweis von C1-Inhibitor-Mangel/-defizienz.
  • Therapie:Sicherung der Atemwege hat höchste Priorität. Bei mastzellvermittelten Angioödemen Adrenalin i. m., Antihistaminika, Glukokortikoide. Bei bradykininvermitteltem Angioödem C1-INH-Konzentrat oder Itacibant.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Definition der Angioödeme (früher auch Quincke-Ödeme genannt)1
    • 1–3 Tage (max. 7 Tage) dauernde lokalisierte Ödeme
    • Manifestionsorgane sind Haut, Magen-Darm-Trakt, seltener Zunge/Larynx/Pharynx.
    • Rezidive in unregelmäßigen Abständen
    • Das klinische Symptom „Angioödem“ gehört zu mehreren Krankheitsentitäten unterschiedlicher Pathogenese.

Klassifikation

  • Angioödeme werden grundsätzlich in bradykininvermittelte und mastzellvermittelte unterteilt, jeweils mit Untergruppen.2
  • Die Unterscheidung hat auch therapeutische Bedeutung.
Bradykininvermittelte Angioödeme
  • C1-INH-Defizienz/Defekt (C1-INH = C1-Inhibitor)
    • angeboren (HAE = hereditäres Angioödem)
      • HAE 1 (C1-INH-Defizienz)
      • HAE 2 (C1-INH-Defekt)
    • erworben (AAE = erworbenes Angioödem)
      • AAE-C1-INH (erworbenes Angioödem mit C1-INH-Defizienz)
  • C1-INH normal
    • angeboren
      • HAE-nC1-INH (hereditäres Angioödem mit normalem C1-INH) durch Genmutation von Faktor XII, Angiopoietin-1 oder Plasminogen
    • erworben
      • medikamenteninduziertes Angioödem (z. B. durch ACE-Hemmer)
Mastzellvermittelte Angioödeme
  • IgE-vermittelt
  • Nicht-IgE-vermittelt
    • Angioödeme mit Urtikaria
Unklarer Mediator
  • Idiopathische Angioödeme

Häufigkeit

  • Angioödeme können in allen Altersstufen auftreten.3
  • Angioödeme kommen bei ca. 45 % aller anaphylaktischen Reaktionen vor.4
  • Angioödeme als Nebenwirkung von ACE-Hemmern treten bei 0,2–0,7 % der Patient*innen auf.4
  • Das hereditäre Angioödem ist im Vergleich relativ selten.1
    • Inzidenz ca. 1,5:100.000
    • Erstmanifestation meist in den ersten beiden Lebensdekaden
    • Männer und Frauen gleich häufig betroffen

Ätiologie und Pathogenese

  • Angioödeme sind Schwellungen tiefer dermaler/subkutaner bzw. mukosaler/submukosaler Gewebe.2
  • Die Schwellungen entstehen durch eine passager erhöhte Permeabilität von Blutgefäßen.2
  • Ätiologisch können die hereditären von den erworbenen Angioödemen unterschieden werden, pathophysiologisch die bradykininvermittelten von den mastzellvermittelten.

Pathogenese bradykininvermittelter Angioödeme

  • Dysregulation des Kininsystems mit Erhöhung des Bradykininspiegels durch:2
    • verminderte Hemmung der Bradykininproduktion durch Mangel/Defizienz des C1-Inhibitors (oder Mutationen anderer regulierender Faktoren)
    • verminderten Abau von Bradykinin durch Angiotensin-Converting-Enzym, z. B. unter ACE-Hemmer-Therapie
      Hereditäres Angioödem (HAE)
      Hereditäres Angioödem (HAE)
  • Bradykinin ist ein vasoaktives Peptid und führt zu Vasodilatation, erhöhter Gefäßpermeabilität und Ödembildung.
  • Bradykininvermittelte betreffen im Gegensatz zu mastzellvermittelten Angioödemen auch den Gastrointestinaltrakt und häufiger die oberen Atemwege.5-6
Hereditäres Angioödem
  • Selten, Inzidenz ca. 1,5/100.0001
  • autosomal-dominant verererbt, in ca. 20–25 % der Fälle Neumutationen5
  • Beginn von Schwellungen in der Kindheit oder Adoleszenz, etwa 90 % der Patient*innen sind bis zum 21. Lebensjahr symptomatisch.5
  • Häufig Prodromi vor der Attacke (Abgeschlagenheit, Durst, Depression, Aggressivität, Erythema marginatum)1
  • Haut, Gastrointestinaltrakt und Atemwege können betroffen sein.1
    • 1/3 besteht aus rein abdominellen Attacken.7
    • Obere Luftwege sind nur in 1–2 % der Attacken betroffen, das unbehandelte Larynxödem bei HAE-C1-INH weist allerdings eine Mortalität von 30 % auf.7
  • Frequenz und Schweregrad variierend von wöchentlich 2–3 Attacken bis zu seltenen Attacken im Lauf von Jahren7
    • Die Attackenfrequenz ist bei Frauen höher als bei Männern.6
  • Überwiegend spontane Attacken, mögliche Auslöser sind Traumen (Stöße, Druck) psychischer Stress, Infektionen, Operationen im Kopfbereich (Zahnoperationen, Tonsillektomie).1
    • bei Frauen häufiger emotionaler Stress und Östrogene als Trigger, bei Männern eher Traumen und physikalische Faktoren6
Angioödem durch eworbenen C1-INH-Mangel
  • Gleiche Symptomatik wie bei HAE2
  • Laborchemisch erniedrigte C1-INH-Spiegel2
  • Patient*innen sind bei Erkrankungsbeginn im Allgemeinen älter als bei HAE (> 40 Jahre).2
  • Häufig assoziiert mit Grunderkrankungen (Lymphom, benigne monoklonale Gammopathie), daher sollte eine erweiterte Diagnostik durchgeführt werden.2
Medikamenteninduziertes Angioödem
  • Am häufigsten durch ACE-Hemmer verursacht
  • ACE baut Bradykinin in inaktive Metabolite ab, durch ACE-Hemmer akkumuliert Bradykinin
    Angioödem der Lippe. Angioödeme sind oft akut auftretende und klar abgegrenzte Hautödeme im elastischen Gewebe (z.B. Lippe, Augenlid, Ohrläppchen, Zunge und Gaumenzäpfchen).
    Angioödem der Lippen
  • Auftreten vor allem in den ersten 3 Monaten nach Beginn einer ACE-Hemmer-Therapie, vereinzelt aber auch erst nach jahrelanger Einnahme5
  • Am häufigsten Angioödeme im Bereich des oberen Atemtraktes (Zunge > Lippe > Pharynx/ Larynx)2
  • Höheres Risiko bei afrikanischer Abstammung und weiblichem Geschlecht5
  • Weitere Medikamente, die bradykininvermittelte Angioödeme auslösen können (deutlich seltener als ACE-Hemmer) sind u. a.:5,8-9
    • AT-Antagonisten (Sartane)
    • NSAR
    • DPP-4-Hemmer (Gliptine)
    • Neprilysin-Inhibitoren
    • Gewebe-Plasminogen-Aktivator (tPA)
    • Ronalazin
    • Racecadotril
    • mTOR-Hemmer (Sirolimus, Everolimus).

Pathogenese mastzellvermittelter Angioödeme

  • Die Angioödeme entstehen durch Degranulation von Mastzellen mit Freisetzung von Histamin und anderen vasoaktiven und proentzündlichen Mediatoren.5
  • Mastzellvermittelte Angioödeme treten als Symptome allergischer Reaktionen, einer Urtikaria oder pseudoallergischer Episoden auf.4
  • Im Gegensatz zu bradykininvermittelten Angioödemen oft mit Juckreiz und/oder Urtikaria assoziiert4
Angioödeme bei allergischen Reaktionen
  • Angioödeme unmittelbar (Minuten bis wenige Stunden) nach Allergenexposition entsprechen einer Manifestation im Rahmen einer anaphylaktischen Reaktion.5
  • Akute Angioödeme sind mit ca. 45 % ein häufiges Merkmal einer Anaphylaxie.2
  • Auftreten oft nach Exposition gegenüber Insektengiften (Biene, Wespe), Medikamenten oder Nahrungsmitteln5
  • Rezidivierende allergische Angioödeme sind eher selten.
Angioödeme bei Urtikaria
  • Urtikaria (Nesselsucht) ist durch das Auftreten von Quaddeln und/oder Angioödemen definiert5
  • 30 % der Patient*innen mit akuter Urtikaria berichten neben Quadeln auch über Angioödeme.5
  • Bei chronischer Urtikaria können Quaddeln und/oder Angioödeme sowohl spontan als auch getriggert auftreten.5
  • Angioödeme an verschiedenen Lokalisationen wie Zunge, Lippen oder Extremitäten, jedoch in Abgrenzung zum hereditären Angioödem nicht im Gastrointestinaltrakt2

Prädisponierende Faktoren

  • Genetik
  • Allergene
  • Medikamente

ICPC-2

  • A92 Allergie/allergische Reaktion NNB

ICD-10

  • T78.- Unerwünschte Nebenwirkungen, anderenorts nicht klassifiziert
    • T78.3 Angioneurotisches Ödem
  • D84.1 Defekte im Komplementsystem
    • Inkl.:C1-Esterase-Inhibitor[C1-INH]-Mangel

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • In der Akutsituation Stellung der Verdachtsdiagnose basierend auf:
    • Anamnese
    • klinischer Symptomatik.

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Dynamik und Lokalisation eines akuten Angioödems bestimmen die therapeutische Dringlichkeit, eine Schnellanamnese kann folgende Fragen umfassen:5
    1. Nehmen oder nahmen Sie bis vor kurzem ACE-Hemmer oder Sartane ein?
      • Akute Angioödeme, v. a. am Kopf und Hals sind bei Einnahme von ACE-Hemmern (oder AT-Antagonisten) als medikamenteninduziert anzusehen.
    2. Traten die Schwellungen (fast) immer an der Zunge auf?
      • Angioödeme durch ACE-Hemmer (ACEI-AE) treten bevorzugt im Kopf-Hals-Bereich auf, am häufigsten an der Zunge. Andere Angioödeme können auch die Zunge betreffen, jedoch üblicherweise nicht als bevorzugte Lokalisation.
    3. Traten bei Ihnen wiederholt Quaddeln auf?
      • Wiederkehrende Quaddeln sprechen für eine Urtikaria, in deren Rahmen auch Angioödeme auftreten können.
    4. Sprachen die Schwellungen immer gut auf Kortison und Antiallergika an?
      • Dies ist nur bei mastzellinduzierten Angioödemen der Fall.
    5. Traten bei Ihnen wiederholt tagelang andauernde, stärkste krampfartige Bauchschmerzen auf?
      • Dies spricht für das Vorliegen eines bradykininvermittelten Angioödems, vor allem bei HAE oder AAE mit C1-INH-Mangel.
    6. In welchem Alter traten bei Ihnen die Schwellungsbeschwerden (rezidivierende Bauchschmerzen) erstmals auf?
      • Kindheit und Jugendalter sprechen für ein HAE durch C1-INH-Mangel.
      • Jugend- und junges Erwachsenenalter sind typisch für das HAE-nC1-INH.
      • junges und mittleres Erwachsenenalter oft bei Urtikaria
      • Auftreten nach dem 40. Lebensjahr typisch für AAE-C1-INH oder ACEI-AE
    7. Traten und treten die Schwellungen aus heiterem Himmel auf oder können Sie das Auftreten von Attacken zumindest manchmal vorhersagen?
      • Beim HAE durch C1-INH Mangel treten oft Prodromi auf.
      • Mastzellvermittelte Angioödeme treten schlagartig auf.
    8. Waren oder sind andere Familienmitglieder von immer wiederkehrenden Schwellungsbeschwerden (rezidivierende Bauchschmerzen) betroffen?
      • beim HAE mit und ohne C1-INH-Mangel häufig positive Familienanamnese

Klinische Untersuchung

  • Belegte Stimme, Heiserkeit, Stridor? (Larynxödem)
    • wenn möglich, Bestimmung der O2-Sättigung
  • Schluckbeschwerden, kloßiges Gefühl im Hals (Pharynxödem)
  • Blutdruck/Puls (Hypotonie/Tachykardie bei anaphylaktischer Reaktion Grad II–IV)10
  • Hautschwellungen
    • Beim hereditären Angioödem (HAE) sind typischerweise Gesicht, Extremitäten und Genitalbereich betroffen.11
    • Schwellungen beim HAE fast immer ohne Juckreiz, meist mit Spannungsgefühl1
  • Quaddeln (Urtikaria, Anaphylaxie)

Ergänzende Untersuchungen

  • Bei Verdacht auf HAE: laborchemische Bestimmung von C1-INH-Konzentration, C1-INH-Aktivität und C4-Komplement im Plasma1
    • Es sollen keine „Suchtests“ mit nur einem dieser Paramter durchgeführt werden.1
      • bei positivem Ergebnis Kontrollmessung, vorzugsweise in Zentrum mit erfahrenem Labor1
    • Bei nachgewiesenem C1-INH-Mangel sollen alle blutsverwandten Familienmitglieder auf einen C1-INH-Mangel untersucht werden.1
  • Bei Anaphylaxie5,12
    • Allergieabklärung (Hauttests, spezifisches IgE, Provokationstests)
    • Zu Details siehe Artikel Anaphylaxie.
  • Bei Urtikaria grundsätzlich Zurückhaltung hinsichtlich ergänzender Diagnostik
  • Zu Details möglicher diagnostischer Maßnahmen siehe Artikel Urtikaria und Angioödem.

Indikationen zur Klinikeinweisung

  • Bei Angioödemen der Atemwege ist eine sofortige Einweisung ins Krankenhaus notwendig.
  • Siehe auch www.hae-notfall.de (hereditäres Angioödem).

Therapie

Therapieziele

  • In der Akutsituation Sicherung der Vitalfunktionen
  • Rezidive vermeiden.

Allgemeines zur Therapie

  • Bei initial unklarer ätiologischer Zuordnung von Angioödemen werden diese aufgrund der größeren Häufigkeit meist zunächst wie mastzellvermittelte Angioödeme behandelt.4
  • Bei Unwirksamkeit dieser Behandlung ggf. Therapie wie bei bradykininvermitteltem Angioödem

Sicherung der Atemwege

  • Bei Angioödemen im Kopf-Hals-Bereich ist das Freihalten der Atemwege oberste Priorität.4
  • Bei inspiratorischem Stridor und Abfall der Sauerstoffsättigung frühe Indikationsstellung zu Intubation und Beatmung4
    • Intubation möglichst in Koniotomie bzw. Tracheotomiebereitschaft, da unter Intubationsversuch das Ödem rasch zunehmen kann.

Mastzellvermittelte Angioödeme

Angioödem bei Anaphylaxie

  • Die wichtigsten Elemente der Behandlung einer anaphylaktischen Reaktion sind:10 
    • Adrenalin i. m.
    • O2-Applikation
    • Volumengabe
    • Antihistaminika
    • Glukokortikoide.
  • Zu Details der Therapie siehe Artikel Anaphylaxie, Erste Hilfe.

Angioödem bei Urtikaria

  • Nichtsedierende Antihistaminika der 2. Generation8
    • bei unzureichender Wirkung Erhöhung bis zur 4-fachen Dosis8
  • Zu Details der Therapie siehe Artikel Urtikaria und Angioödem.

Bradykininvermittelte Angioödeme

Hereditäres Angioödem (HAE)1

  • Bei bradykininvermittelten Angioödemen sind Adrenalin, Antihistaminika und Glukokortikoide wirkungslos.11
  • Zwei therapeutische Strategien kommen in Betracht:1
    1. Behandlung von Attacken, sobald sie für die Patient*innen erkennbar sind (On-demand-Therapie, Bedarfstherapie).
    2. Dauertherapie mit dem Ziel der Attackenvermeidung (Langzeitprophylaxe).
  • Patient*innen sollten mit Medikamenten zur Bedarfsbehandlung ausgestattet sein und sie im Idealfall auch selbst anwenden können (Schulung erforderlich).1
Akuttherapie1
  • Zur Akuttherapie stehen zur Verfügung:
    • C1-INH-Konzentrat (i. v.)
    • Icatibant (BR2-Antagonist) (seit 2011 zur s. c. Selbstinjektion durch Patient*innen zugelassen)13
Kurzzeitprophylaxe1
  • Insbesondere zahnärztliche oder chirurgische Eingriffe im Kopf-/Halsbereich können verzögerte Attacken (bis 36 Stunden) auslösen.
  • Zur Kurzzeitprophylaxe können C1-INH-Konzentrate vor einem geplanten Eingriff intravenös verabreicht werden.
  • Auch im Rahmen von Infekten, insbesondere auch COVID-19-Erkrankungen, muss ggf. substituiert werden.
Langzeitprophylaxe1
  • Wenn eine bedarfsweise Attackentherapie nicht erfolgreich ist, sollte eine Langzeitprophylaxe erwogen werden mit:
    • C1-INH-Konzentrat
    • Androgenderivaten
    • Tranexamsäure
    • Lanadelumab (monoklonaler Antikörper) seit 2018 zur s. c. Gabe zugelassen8
    • Berotralstat seit 2021 zur p. o. Prophylaxe zugelassen14
Sonstige präventive Maßnahmen1
  • Östrogene (orale Antikonzeptiva, hormonale Ersatztherapie) und ACE-Hemmer können Häufigkeit und Schwere der Attacken bei HAE-C1-INH steigern und müssen abgesetzt werden (vorsichtshalber auch AT-Antagonisten).
  • Nach gesicherter Diagnose „HAE-C1-INH“ soll eine eingehende Information von Patient*in und Familie über Krankheit und Verhalten im Notfall erfolgen.
  • Jede Patient*in mit einem HAE-C1-INH sollte mit einem Notfallausweis ausgestattet sein (Bezug über unten aufgeführten Behandlungszentren und deutsche Selbsthilfegruppe).
  • Jede Patient*in soll zuhause die Therapie für mindestens zwei Attacken vorrätig haben und auf Reisen mit sich führen.
  • Im nächstgelegenen Krankenhaus sollten Patient*in und Krankheit bekannt sein.
Kompetenzzentren für HAE
  • Angioödem-Sprechstunde der Universitäts-Hautklinik Mainz, Tel.: (0 61 31) 17 72 90
  • Angioödem-Sprechstunde, Hämophilie-Zentrum Rhein Main, Tel.: (0 61 05) 9 63 89 00
  • Comprehensive-Care-Zentrum für hereditäres Angioödem der Universitäts-Kinderklinik Frankfurt, Tel.: (0 69) 6 301 64 32, -63 12
  • Angioödem-Sprechstunde, Allergie-Centrum-Charité, Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Tel.: (0 30) 4 50 51 80 43
  • Angioödem-Sprechstunde der HNO-Klinik der Technischen Universität München, Tel.: (0 89) 41 40 53 80
  • Angioödem-Sprechstunde der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie des Universitätsklinikums Ulm, Tel.: (0731) 50 05 95 01
  • Angioödemsprechstunde der Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie, Comprehensive Allergy Center, Medizinische Hochschule Hannover, Tel.: (05 11) 5 32 76 50

Medikamenteninduziertes Angioödem

  • Für das medikamenteninduzierte Angioödem (am häufigsten unter ACE-Hemmer-Therapie auftretend) besteht bislang keine zugelassene kausale Therapie.4
    • Die Studienlage zur Behandlung dieser als bradykininvermittelt eingeordneten Ödeme ist uneinheitlich.8,15
  • Im Sinne eines Therapieversuchs kann – zumal bei nicht immer eindeutiger Ätiologie – zunächst mit Glukokortikoiden und Antihistaminika behandelt werden.4
  • Bei fehlender Wirksamkeit kann dann (off label) die Gabe von C1-INH i. v. oder Icatibant s. c. erfolgen.16

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Komplikationen

Verlauf und Prognose

  • In den letzten Jahren Rückgang der Letalität des HAE (Aufklärungskampagnen, Aktivität der Patientenorganisationen)
  • Zuvor Letalität in einzelnen Familien bis zu 25–50 %, fast immer durch Larynxödem1
  • Todesfälle kommen aber auch heute noch vor, vor allem bei unerwarteter Erstmanifestation eines Larynxödems.1

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Patientenorganisation

Illustrationen

Periokuläres Angioödem: schmerzloser, nicht-juckender, kaum eindrückbarer und klar abgegrenzter Ödembereich
Periokuläres Angioödem: schmerzloser, nicht-juckender, kaum eindrückbarer und klar abgegrenzter Ödembereich
Angioödem der Lippen
Angioödem der Lippen
Hereditäres Angioödem
Hereditäres Angioödem

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie. Hereditäres Angioödem durch C1-Inhibitor-Mangel. AWMF-Leitlinie Nr. 061-029. S1, Stand 2018. www.awmf.org
  • Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie. Akuttherapie und Management der Anaphylaxie. AWMF-Leitlinie Nr. 061-025. S2k, Stand 2021. www.awmf.org

Literatur

  1. Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie. Hereditäres Angioödem durch C1-Inhibitor-Mangel. AWMF-Leitlinie Nr. 061-029. Stand 2018 www.awmf.org
  2. Buttgereit T, Maurer M. Klassifikation und Pathophysiologie von Angioödemen. Hautarzt 2019; 70: 84-91. doi:10.1007/s00105-018-4318-z DOI
  3. Staubach P. Altersspezifische Besonderheiten bei der Versorgung von Angioödempatienten. Hautarzt 2019; 70: 101-106. doi:10.1007/s00105-018-4346-8 DOI
  4. Hahn J, Hoffmann TK, Bock B, Nordmann-Kleiner M, Trainotti S, Greve J: Angioedema—an interdisciplinary emergency. Dtsch Arztebl Int 2017; 114: 489–96 www.aerzteblatt.de
  5. Buttgereit T, Magerl M. Cool bleiben beim akuten Angioödem. PneumoNews 2020; 12: 25-31. doi:10.1007/s15033-020-1853-y DOI
  6. Bindke G, Schorling K, Wieczorek D, et al. Genderaspekt bei Angioödemen. Hautarzt 2019; 70: 92-100. doi:10.1007/s00105-018-4347-7 DOI
  7. Aygören-Pürsün E, Bork K. Hereditäres Angioödem. Internist 2019; 60: 987-995. doi:10.1007/s00108-019-0644-1 DOI
  8. Brehler R. Chronisch rezidivierendes Angioödem. PneumoNews 2020; 12: 34-37. doi:10.1007/s15033-020-1859-5 DOI
  9. Sachs B, Meier T. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Arzneimittel-assoziierte Angioödeme: Bradykinin im Fokus. Arzneimittel im Blick 2017;2:13-22. repository.publisso.de
  10. Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie. Leitlinie zu Akuttherapie und Management der Anaphylaxie - Update 2021. AWMF-Leitlinie Nr. 061-025. www.awmf.org
  11. Kupf S, Schultz E. Hereditäres Angioödem: Was der Hausarzt darüber wissen muss. MMW - Fortschritte der Medizin 2022; 164: 27-29. doi:10.1007/s15006-021-0667-0 DOI
  12. Worm M, Reese I, Ballmer-Weber B, Leitlinie zum Management IgE-vermittelter Nahrungsmittelallergien. Allergo J Int 2015; 24: 256 www.ncbi.nlm.nih.gov
  13. Cole SW, Lundquist LM. Icatibant for the treatment of hereditary angioedema. Ann Pharmacother 2013; 47:49-55. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  14. Pharmaforum. Hereditäres Angioödem: EU-Zulassung für Berotralstat. Allergo Journal 2021; 30: 84. doi:10.1007/s15007-021-4876-8 DOI
  15. Jeon J, Lee Y, Lee S. Effect of icatibant on angiotensin-converting enzyme inhibitor-induced angioedema: A meta-analysis of randomized controlled trials. J Clin Pharm Ther 2019; 44: 685-692. doi:10.1111/jcpt.12997 DOI
  16. Hahn J, Bock B, Muth C, et al. Ulmer Notfallalgorithmus: die Akuttherapie von medikamenteninduzierten bradykininvermittelten Angioödemen. Med Klin Intensivmed Notfmed 2019; 114: 708-716. doi:10.1007/s00063-018-0483-1 DOI

Autor*innen

  • Michael Handke, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Intensivmedizin, Freiburg i. Br.
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).

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