A-Streptokokkeninfektionen (GAS) der Haut, der Weichteile und des Blutes

Zusammenfassung

  • Definition: Der wichtigste Vertreter von GAS ist Streptococcus pyogenes. Der Erreger hat verschiedene Serotypen mit unterschiedlicher Pathogenese und unterschiedlichen Übertragungswegen.
  • Häufigkeit: GAS kommen ursächlich für zahlreiche Krankheiten (Tonsillitis/Scharlach, Impetigo contagiosa, Erysipel und Otitis) infrage, können aber auch für lebensbedrohliche Infektionen verantwortlich sein.
  • Symptome: Die Ausprägung der Symptome richtet sich nach der von der Infektion betroffenen Körperregion.
  • Befunde: Halsentzündungen sind sehr häufig, während nekrotisierende Fasziitis und Sepsis lebensbedrohlich sein können.
  • Diagnose: Wiederholte Kontrollen der CRP-Werte sind angezeigt, um den Infektionsverlauf zu verfolgen, außerdem werden bakteriologische Untersuchungen (insbesondere Bakterienkulturen) durchgeführt, um eine optimale Behandlungsstrategie festzulegen.
  • Behandlung: Perorale oder intravenöse Antibiotikagabe, je nach Schweregrad der Infektion.

Allgemeine Informationen

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

Streptokokken-induziertes toxisches Schocksyndrom (STSS)1

  • Ia + IIA + IIB (mindestens zwei der Befunde): Vorliegen des Syndroms bestätigt
  • Ib + IIA + IIB (mindestens zwei der Befunde): Vorliegen des Syndroms wahrscheinlich
  Isolierung von A-Streptokokken aus
Ia Blut, Liquor, Gewebebiopsie oder anderen sterilen Entnahmeorten (bestätigtes Streptokokken-induziertes toxisches Schocksyndrom)
Ib unsterilen Entnahmeorten (wahrscheinlich Streptokokken-induziertes toxisches Schocksyndrom)
IIA Hypotonie/Schock
systolischer Blutdruck 90 mmHg oder darunter bei Erwachsenen
< 5-Perzentile altersspezifisch bei Kindern
IIB zwei oder mehr der folgenden Befunde:

Nierenversagen:
Kreatinin 177 mmol/l oder darüber oder doppelter altersspezifischer Normalwert, Verdoppelung des Ausgangswertes bei vorbestehender Nierenfunktionsstörung

Koagulopathie:
100.000 Thrombozyten/mm3 oder darunter oder DIC (definiert als verlängerte Blutungsdauer, niedriger Fibrinogengehalt und Anstieg der Konzentration an Fibrinabbauprodukten)

Leberfunktionsstörung:
GPT, GOT oder Bilirubin mindestens zweifacher oberer Normwert, Verdoppelung des Ausgangswertes bei vorbestehender Leberfunktionsstörung

Schocklunge:
Akutes Auftreten von diffusem Lungeninfiltrat und Hypoxämie ohne Vorliegen von Herzinsuffizienz oder Anzeichen einer generalisierten Kapillarleckage, die durch ein akut einsetzendes generalisiertes Ödem, Pleura- oder Peritonealerguss mit Hypoalbuminämie gekennzeichnet ist.

Hautausschlag:
generalisierter makulöser Hautausschlag, gelegentlich mit Desquamation

Weichteilnekrose:
einschließlich nekrotisierender Fasziitis, Myositis (selten) und Gangrän

Differenzialdiagnose

  • Andere Haut- und Weichteilinfektionen
    • Insbesondere bei Erysipel und Staphylokokken-Phlegmone gestaltet sich in der Anfangsphase die Abgrenzung gegen eine nekrotisierende Fasziitis schwierig.
  • Andere septische Erkrankungen

Anamnese

Perianale Streptokokkendermatitis

  • Im Bereich um den Anus von Kleinkindern fällt eine schmerzhafte, abgegrenzte intensive Rötung auf.
  • Bei Mädchen ist häufig zusätzlich die Vulva betroffen, außerdem kann Ausfluss auftreten.
  • Das Kind leidet aufgrund von Schmerzen bei der Darmentleerung häufig unter Obstipation. Sein Allgemeinzustand ist im übrigen gut, die Temperatur ist nicht erhöht.

Nekrotisierende Fasziitis

  • Häufig akute (ein Tag) oder hyperakute (einige Stunden) Krankheitsentwicklung, gelegentlich auch über mehrere Tage
  • Charakteristisch sind lokal starke Schmerzen, Schüttelfrost und Beeinträchtigung des Allgemeinzustandes infolge der toxischen Wirkung.
    • Fieber, Schüttelfrost und starke Schmerzen unklarer Ursache in einer Extremität ohne Hautausschlag legen den Verdacht auf beginnende nekrotisierende Fasziitis oder primäre Myositis nahe.
  • Der Ausgangspunkt liegt meist in kleinen Verletzungen an den Extremitäten, peripher stehen Hautbeteiligung und Nekrose im Vordergrund.
  • Gesicht, Bauchwand und Perineum können ebenfalls beteiligt sein.
  • Hautveränderungen können erst im späteren Verlauf in Erscheinung treten.
  • Diese Erkrankungen ziehen nicht selten eine Sepsis mit systemischen Komplikationen nach sich, gelegentlich in Form eines Streptokokken-induzierten toxischen Schocksyndroms (STSS).

Primäre Myositis

  • Ist sehr selten.
  • Typisch sind junge, zuvor gesunde Personen, die mit Fieber, Schüttelfrost, beeinträchtigtem Allgemeinzustand und starken Schmerzen in der Tiefe einer Extremität ohne sichtbare äußere Anzeichen einer Infektion vorstellig werden.
  • Die Erkrankung kann auch im Anschluss an eine intramuskuläre Injektion auftreten.

Sepsis

  • Die Symptome bei Sepsis reichen von leichten Symptomen bei leichten Verläufen bis hin zu einem sehr schwerwiegenden Krankheitsbild mit Entwicklung von toxischem Schock, Multiorganversagen und Tod innerhalb von 24 Stunden.

Klinische Untersuchung

Nekrotisierende Fasziitis

  • Hautveränderungen können erst im späteren Verlauf in Erscheinung treten.
  • Eine nekrotisierende Fasziitis lässt sich in der Anfangsphase schwer gegen ein Erysipel abgrenzen.
    • Bei nekrotisierender Fasziitis fällt häufig ein blassrosa Hautausschlag mit unscharfer Abgrenzung zur gesunden Haut auf, während bei Erysipel in der Regel ein hochroter Ausschlag mit scharfer Abgrenzung gegen die gesunde Haut zu beobachten ist.
  • Die Erkrankung breitet sich trotz Antibiotikatherapie rasch im Gewebe aus.
  • Der Ausschlag sollte ständig überwacht und die Grenzen mit einem Stift und Angabe der Uhrzeit markiert werden.
  • Unbehandelt verfärbt sich die Haut über dem betroffenen Bereich im Verlauf des ersten Tages rötlich bis bläulich. Häufig treten außerdem Vesikel mit klarem, später hämorrhagischem Inhalt auf.
  • Infolge der Nekrose und Nervenschädigungen kommt es im späteren Verlauf zu Hypo- oder Anästhesie.
  • Nicht selten werden Fieber oder schwerwiegende Hypothermie, Tachykardie, Hypotonie und Schock sowie Multiorganversagen beobachtet, die sich innerhalb von einigen wenigen Stunden entwickeln können.

Primäre Myositis

  • Das Krankheitsbild ist meist dramatisch mit starken lokalen Schmerzen und STSS.
  • Die Schwellung kann durch Messung des Umfangs der Extremität verfolgt werden.

Ergänzende Untersuchungen

  • Bei perianaler Streptokokkendermatitis
    • Bakterienkultur oder Streptokokken-Schnelltest an perianaler Haut reichen für die Diagnosestellung aus.
  • Bei den übrigen Manifestationen
    • CRP (häufig wiederholt) und bakteriologische Untersuchungen (Grampräparat, Kultur mit Blut, Wundsekret, Aspirat) stehen im Vordergrund.
    • Der CRP-Wert ist bei nekrotisierender Fasziitis und Myositis häufig hoch und übersteigt in der Regel 200 mg/l; bei Erysipel wird meist ein Wert unter 100 mg/ml ermittelt.
      • Der CRP-Wert steigt trotz Antibiotikatherapie rasch an und sollte daher bei Verdacht auf nekrotisierende Fasziitis im Abstand von wenigen Stunden regelmäßig kontrolliert werden.
    • Häufig ist ein Anstieg der Leukozyten zu verzeichnen, die Werte können aber bei gravierenden Infektionen normal oder erniedrigt sein.
    • Bei einem ausgeprägten Krankheitsbild, Sepsis oder STSS können Verbrauchskoagulopathie oder eine Beeinträchtigung der Nieren- und Leberfunktion auftreten.
    • Ein Anstieg der Kreatinkinase ist bei Muskelbeteiligung zu verzeichnen.

Ergänzende Untersuchungen

Bildgebende Verfahren

  • Weichteilzerstörung und pathologische Flüssigkeitsansammlungen sind im CT oder MRT nachweisbar, dennoch erweisen sich diese Untersuchungsmethoden häufig als wenig nützlich und können die chirurgische Exploration verzögern.

Indikationen zur Überweisung

  • Die Erkrankungen können einen fulminanten Verlauf nehmen. Bei schwerwiegenden GAS-Infektionen ist eine zügige und enge Zusammenarbeit zwischen einem Facharzt für Innere Medizin (Infektionskrankheiten), einem (plastischen) Chirurgen und einem Facharzt für Intensivmedizin unverzichtbar.

Therapie

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlaufskontrolle

Patienteninformationen

Quellen

Literatur

  1. The working group on severe streptococcal infections. Defining the group A streptococcal shock syndrome: rationale and consensus definition. JAMA 1993; 269: 390-1. PubMed
  2. Stevens DL. Invasive grup A streptococcus infections. Clin Infect Dis 1992; 14: 2-13. PubMed
  3. Stevens DL, Bryant A. Group A streptococcus: Virulence factors and pathogenic mechanisms. UpToDate, last updated Oct 10, 2007. UpToDate
  4. Stevens DL. The flesh-eating bacterium: what's next? J Infect Dis 1999; 179 (suppl 2): 366-74.

Autoren

  • Birgitta Evengård, Professor und leitende klinische Fachärztin, Infektionsklinik, Universitätskrankenhaus Norrland, Umeå
  • Julia Chelsom, leitende klinische Fachärztin und Universitätsdozentin, Medizinische Abteilung, Haraldsplass Diakonalkrankenhaus, Bergen und Institut für Innere Medizin, Universität Bergen

Links

Autoren

Ehemalige Autoren

Updates

Gallery

Snomed

Click to edit