Parenterale Gabe eines flüssigen Arzneimittels in den Skelettmuskel mit Spritze und Kanüle
Die intramuskuläre Injektion ist eine invasive Maßnahme.
Eine Einwilligung der Patient*innen muss vorliegen.
Injektion durch die Ärzt*innen selbst oder Übertragung auf Pflegekräfte oder medizinische Fachangestellte mit entsprechender Kompetenz
Die meisten heute zugelassenen Impfstoffe werden intramuskulär verabreicht.
Arzneimittel zur i. m. Applikation sind als Fertigspritzen erhältlich oder müssen hergestellt werden durch Mischen von z. B. Lösung/Pulver und einer Verdünnungslösung (z. B. Kochsalzlösung).
Bei Depotinjektionen ist das Arzneimittel in Öl gelöst oder liegt als Suspension vor.
Indikationen
Impfungen
Der gesamte Abschnitt basiert auf dieser Referenz.1
Die meisten heute zugelassenen Impfstoffe werden intramuskulär verabreicht.
Die bevorzugte Impfstelle ist der M. deltoideus. Solange dieser Muskel nicht ausreichend ausgebildet ist (z. B. bei Säuglingen und Kleinkindern), wird empfohlen, in den M. vastus lateralis (anterolateraler Oberschenkel) zu injizieren.1
Eine Aspiration ist an diesen Injektionsorten nicht erforderlich.
Vor Schutzimpfungen besteht eine Aufklärungspflicht
über den Nutzen der Impfung und die zu verhütende Krankheit.
über mögliche unerwünschte Arzneimittelwirkungen und Komplikationen.
über Beginn und Dauer des Impfschutzes.
Vor der Impfung sollte eine Anamnese und Impfanamnese (Vorliegen möglicher Kontraindikationen) erhoben werden, akute Erkrankungen sollten ausgeschlossen werden.
Impfstoffe sollen in Kühlschrank bei +2 °C bis +8 °C gelagert werden und erst kurz vor der Verabreichung herausgenommen und kräftig geschüttelt werden.1
Nach Desinfektion der Haut sollte mit einer trockenen Kanüle mit ausreichender Nadellänge (bei Säuglingen unter 2 Monaten 15 mm, bei älteren Säuglingen und Kleinkindern 25 mm und bei Jugendlichen und Erwachsenen 25–50 mm) ohne Aspiration geimpft werden.1
Zur Schmerzstillung können Eissprays, Lidocain-haltige Schmerzpflaster oder Cremes unter einem Okklusionsverband bei Kindern ab dem Alter von 0 Monaten (Fachinformationen beachten) benutzt werden, um die Schmerzen bei der Injektion zu reduzieren.1
Durch eine zügige Injektion können die Schmerzen bei der intramuskulären Injektion reduziert werden.
Nach der Schutzimpfung sollten die Patient*innen Hinweise auf die nächste Auffrischung erhalten.
Die Impfung sollte mit Chargen-Nummer, Bezeichnung des Impfstoffs (Handelsname), Datum sowie der Krankheit, gegen die geimpft wurde, ärztlichem Stempel und Unterschrift in den Impfausweis oder die Impfbescheinigung eingetragen werden.
Komplikationen
Unterschieden wird zwischen üblichen Impfreaktionen und gesundheitliche Schädigungen durch eine Impfung, die nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG § 6 Abs. 1, Nr. 3) namentlich an das Gesundheitsamt zu melden ist.
Schmerzen, Rötung, Verhärtung und Schwellung an der Impfstelle2
Kurzzeitiges Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Mattigkeit, Unwohlsein, Übelkeit, Unruhe, Schwellung der regionären Lymphknoten
Impfkrankheit, v. a. 1–3 Wochen nach Lebendimpfungen mit leichter Parotisschwellung, kurzzeitigen Arthralgien oder einem flüchtigen Exanthem oder milden gastrointestinalen Beschwerden
Meldepflicht gemäß IfSG
Alle anderen Impfreaktionen sollen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG § 6 Abs. 1, Nr. 3) namentlich an das Gesundheitsamt gemeldet werden.1
Nebenwirkung bei nicht korrekt durchgeführter intramuskulärer Injektion
Bei Injektion in das subkutane Fettgewebe kann es zu schmerzhaften Entzündungen und zur Bildung von Granulomen oder Zysten kommen.1
Darüber hinaus ist bei Injektion in das Fettgewebe der Impferfolg infrage gestellt.
Sehr selten kann es auch zu länger andauernden Schmerzen mit eingeschränkter Beweglichkeit im Schultergelenk kommen (Schulterverletzung nach Impfung – SIRVA, Shoulder Injury Related to Vaccine Administration – durch Verletzungen der Bursa subacromialis, Bursa subdeltoidea, der Sehnen und Muskeln der Rotatorenmanschette).
Zur Vermeidung von Komplikationen in der Schulterregion sollte bei Impfungen die Injektion nicht in den oberen Bereich des M. deltoideus erfolgen, da hier das Risiko einer versehentlichen Verletzung der Bursa subacromialis besteht.2
Nicht dringend indizierte Impfungen sollten während einer Schwangerschaft nicht durchgeführt werden.
Eine i. m. Impfung ist unter oraler Antikoagulation oder therapeutischer Heparinisierung nach Möglichkeit zu vermeiden bzw. unter Cumarinen offiziell kontraindiziert.3
Meist gibt es für alle Impfstoffe Präparate, die mit gleicher Wirkung subkutan verabreicht werden können, sodass Impfungen möglich sind.
Ausnahme Tollwut: Hier sollte bei zwingender Indikation mit feiner Kanüle, 2–5 Minuten nach Impfung mit festem Druck ohne Reiben, Aufklärung und Einwilligung der Patient*innen und guter Überwachung auch unter Antikoagulation i. m. geimpft werden.3
Intramuskuläre Injektion von Medikamenten
Allgemeines
I. m. Injektion, nur wenn eine alternative Applikation (oral, rektal, nasal, i. v. etc.) eines Medikamentes nicht indiziert oder möglich ist.
Eine i. m. Injektion kann sinnvoll sein, um eine Erhaltungstherapie sicherzustellen, wenn die tägliche Tabletteneinnahme nicht gewährleistet ist.
Arzneimittel zur i. m. Applikation sind als Fertigspritzen erhältlich oder müssen hergestellt werden durch Mischen von z. B. Lösung/Pulver und einer Verdünnungslösung (z. B. Kochsalzlösung).
Bei Depotinjektionen ist das Arzneimittel in Öl gelöst oder liegt als Suspension vor.
Sofortige Injektion von Adrenalin 1 mg/ml i. m. in die Oberschenkelaußenseite in folgender Dosierung (Injektionsstelle massieren):8
Erwachsene und Kinder über 12 Jahre: 0,3–0,5 mg ab 30–50 kg KG (0,3–0,5 ml Adrenalin 1 mg/ml)
Kinder 6–12 Jahre: 0,3 mg (0,3 ml Adrenalin 1 mg/ml)
Kinder unter 6 Jahren: 0,15 mg (0,15 ml Adrenalin 1 mg/ml)
Da die Adrenalin-Dosierung vom Gewicht abhängig ist und das Alter nur einen ungefähren Richtwert darstellt, gilt die folgende gewichtsabhängige Dosierung: 0,01 ml/kg KG i. m. (1 mg/ml).7
Tritt keine Besserung ein oder verschlimmern sich die Symptome, kann eine erneute Dosis alle 5–10 Minuten verabreicht werden.
Um gleichmäßige Serumspiegel bei der Behandlung einer Früh-Syphilis zu erreichen, wird Benzathin-Benzylpenicillin 2,4 Mio. IE als Einmalgabe als intramuskuläre Injektion, 4 ml (1,2 Mio. IE) gluteal links und rechts verabreicht, bei Spätsyphilis 3-malig mit Benzathin-Benzylpenicillin 2,4 Mio. IE. i. m. (gluteal li/re je 1,2 Mio. IE.) an Tag 1, 8 und 15. 9
Neuroleptika
Neuroleptika (z. B. Olanzapin), z. B. bei Patient*innen, bei denen die tägliche Tabletteneinnahme nicht sichergestellt ist, zur Erhaltungstherapie.
Vor dem Einsatz der intramuskulären Verabreichungsform muss sichergestellt sein, dass die Patient*innen auf eine orale Gabe von Olanzapin ansprechen und es vertragen.10
Innerhalb der ersten 2–4 Stunden nach der Injektion müssen die Patient*innen engmaschig überwacht werden.
Auch Fluspirilen ist ein Depot-Neuroleptikum, das i. m. gespritzt werden kann zur Langzeitbehandlung akuter produktiver und chronisch schizophrener Psychosen.
Hauptnebenwirkung sind mögliche irreversible extrapyramidale motorische Folgen (Dyskinesien).
Schmerzmittel, Kortikoide, Lokalanästhektika
NSAR (z. B. Diclofenac) sind zur intramuskulären Anwendung nur zugelassen, wenn eine andere Applikation (oral oder rektal) nicht möglich ist und nur als einmalige Injektion zur Therapieeinleitung. Die Patient*innen sollten über Nebenwirkungen aufgeklärt werden, und es muss eine funktionstüchtige Notfallausrüstung vorhanden sein und eine einstündige Überwachung in der Praxis erfolgen.11
Neben dem bei intramuskulären Injektionen bestehenden Risiko einer Hämatombildung, einer Nervenläsion oder eines Spritzenabszesses kann es bei NSAR zu einer nekrotisierenden Fasziitis (Staph. aureus oder verschiedene Streptokokkenstämme) kommen, die häufig letal endet.12
Darüber hinaus ist das Risiko eines schweren anaphylaktischen Schocks nach i. m. Injektion eines NSAR etwa um den Faktor 100 höher als bei oraler Einnahme derselben Substanz.12
Auch die intramuskuläre Gabe von Kortikoiden kann zu anaphylaktischen Reaktionen oder schweren Abszedierungen führen.12-13
Da die gleiche Rate an gastrointestinalen Nebenwirkungen besteht und die maximale Plasmakonzentration nur unwesentlich früher erreicht wird, gibt es wenig Gründe, NSAR i. m. zu spritzen, sodass die Nationale Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz zu folgender Aussage kommt:
Intravenös, muskulär oder subkutan applizierbare Schmerzmittel, Lokalanästhetika, Glukokortikoide und Mischinfusionen sollen nicht zur Behandlung nichtspezifischer Kreuzschmerzen angewendet werden.14
Sonstige
Einige Medikamente sind ausschließlich intramuskulär zu verabreichen.
Anti-D-Immunglobulin vom Menschen zur Prophylaxe der Rh(D)-Sensibilisierung bei Rh(D)-negativen Frauen15
Dreimonatsspritze mit einem Gestagen-Depot zur hormonellen Empfängnisverhütung
Technik
Injektionsstelle
Empfohlene Injektionsstellen sind:
vordere Gesäßmuskulatur (M. gluteus medius und M. gluteus minimus)
ventrogluteale Injektion nach Hochstetter oder Sachtleben
Bei sehr dünnen Patient*innen kürzere Kanüle wählen.
Frauen verfügen meist über eine dickere Fettschicht als Männer.8
Bei übergewichtigen Patient*innen kann das Unterhautfettgewebe so dick sein, dass sich die Injektionsstelle nicht anhand der Knochenstruktur lokalisieren lässt.19
Ggf. andere Injektionsmethode erwägen (z. B. i. v.).8
Ausgiebig desinfizieren und ausreichend einwirken lassen.
Handschuhe anziehen.
Injektionskanüle zügig und senkrecht bis in den Muskel einstechen, bei Bedarf Haut spannen.
Eine Aspiration wird bei Impfungen seit 2015 nicht mehr empfohlen.1
Eine Aspiration ist vor der Injektion nicht notwendig und soll bei intramuskulären Injektionen vermieden werden, um Schmerzen zu reduzieren.20
Die Blutgefäße an den Körperstellen, die für die Injektion von Impfstoffen empfohlen sind (M. vastus lateralis oder M. deltoideus) und in Reichweite der Nadel liegen, sind zu klein, um eine versehentliche intravenöse Gabe zu ermöglichen.20
Bei der Injektion anderer Wirkstoffe und bei Injektionen in die Glutealmuskulatur sollte aspiriert werden.
Bei Aspiration von Blut werden Spritze und Nadel gewechselt (und ggf. das Medikament neu aufgezogen) und an einer anderen Injektionsstelle injiziert.
Das Medikament langsam injizieren, damit sich die Lösung schmerzlos im Muskelgewebe verteilen kann (ca. 2 ml/min), dann die Kanüle rasch zurückziehen und den Injektionsort mit einem Tupfer komprimieren.4
Sachgerechte Entsorgung des gebrauchten Materials
Fehlervermeidung
Vor der Injektion zu prüfen:
richtige/r Patient*in
richtiges Medikament (Verfallsdatum, Trübung, Flockung, richtiger Aufbewahrungsort, Unversehrtheit der Ampulle)
richtige Dosierung
richtiger Injektionsort
richtige Kanüle.
Dokumentation
Welches Arzneimittel wurde wann in welcher Dosis von wem verabreicht (Unterschrift)?
Welche Spritzen- und Kanülengröße wurde verwendet?
Welche Injektionsstelle, ggf. welche Injektionsmethode wurde verwendet?
In welcher Haltung befand sich die Person bei der Injektion (Seitenlage, Bauchlage, stehend)?
Traten bei der Injektion Komplikationen auf? Wenn ja, welche?
Deutsche Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie. Leitlinie zu Akuttherapie und Management der Anaphylaxie. AWMF-Leitlinie Nr. 061-025. S2k, Stand 2013 (abgelaufen). www.awmf.org
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Literatur
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Autor*innen
Monika Lenz, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Neustadt am Rübenberge
Fr
Die ursprüherengliche Autor*innen
AnitaVersion Baadstødieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, sykepleier, redaksjonsmedarbeider i NELhttps://legehandboka.no/).
Injektion in den Muskel; Muskelinjektion; Parenterale Gabe eines flüssigen Arzneimittels; Schneller Wirkeintritt; Depotwirkung; Dorsogluteale Injetion; Ventrogluteale Injektion; Hochstetter; Sachtleben; Aspiration; Impfungen
Intramuskuläre Injektion
CCC MK 04.08.2020 neue Syphilis-LL.
DDD MK 21.02.2019, Nachtrag Syphilis-Therapie
BBB MK 28.01.2019, komplett überarbeitet und umgestellt. Bilder tw. falsche, entfernt; Revision at 4/4/2014 1:50:25 PM:
Fullstendig
Revision at 25.04.2012 11:14:22:
Nye bilder, samholdt med opplysninger o vardhandboken.se, MK 07.02.17
Parenterale Gabe eines flüssigen Arzneimittels in den Skelettmuskel mit Spritze und Kanüle Die intramuskuläre Injektion ist eine invasive Maßnahme.
Eine Einwilligung der Patient*innen muss vorliegen.