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Drogenscreening

Definition

  • Untersuchung von Körpermaterial zum Nachweis von legalen und illegalen Rausch- und Suchtmitteln (Drogen)
  • , die Gründe können vielfältig sein:
    • Im Rahmen der substitutionsgestützten Behandlung von Opiatabhängigen ist die Durchführung von Drogenscreenings verpflichtend.1
    • Auch gerichtliche Anordnungen oder verkehrsmedizinische Auflagen können Anlass für ein Drogenscreening sein.2
    • In seltenen Fällen werden Drogenscreenings von den Probanden selbst initiiert, z.  B. auch auf Forderung des Arbeitgebers.
    • als Bewährungsauflage2
    • im Rahmen forensischer Fragestellungen, z. B. bei Sexual- oder Verkehrsdelikten2
    • toxikologische Differenzialdiagnostik
  • Die Bandbreite und die Grenzwerte der in einem solchen Screening erfassten Substanzen variiert stark von Labor zu Labor.2

Untersuchungsmaterial

  • Als Untersuchungsmaterial in der Forensik kommt grundsätzlich jede Art von Körpermaterial in Betracht.
  • Etablierte Analyseverfahren stehen für die Untersuchung von Urin, Speichel, Serum, Fäzes, Schweiß und Haaren zur Verfügung.2-3

Testmedien

Urin

  • In der suchtmedizinischen Routine werden Drogenscreenings standardmäßig im Urin durchgeführt.2
  • Bei opiatabhängigen PatientenPatient*innen in substitutionsgestützer Therapie sind regelmäßige Urinkontrollen verpflichtend.1,4
    • Die Kontrollen werden unangekündigt durchgeführt.
  • Viele Substanzen kumulieren im Urin, was zu höheren Konzentrationen führt und damit die Nachweisbarkeit verbessert.2
  • Die meisten Substanzen lassen sich im Urin länger nachweisen als im Blut.2,45
  • Diese längere Nachweiszeit ist in der Regel auf den Nachweis von Metaboliten im Urin zurückzuführen.
  • Das Zeitfenster für den Nachweis variiert von Substanz zu Substanz und unterliegt individuellen Schwankungen.
  • Das einmalige Screening im Urin erlaubt keine Aussage über den Zeitpunkt der Drogeneinnahme.56-7
  • Verschiedene weitere eingenommene Susbtanzen können die Ergebnisse verfälschen:4
    • Primidon → falsch positives Testergebnis auf Barbiturate
    • ephedrinhaltige Nasentropfen → falsch positives Testergebnis auf Amphetamine
    • Levodopa → falsch positives Testergebnis auf Amphetamine
    • Ambroxol → falsch positiv auf LSD
    • Trimipramin → falsch positives Testergebnis auf Opiate

Wie lange können Drogen nach der Einnahme normalerweise im Urin nachgewiesen werden?

  • Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.4
  • Amphetamin/Methamphetamin: 21–4 Tage, abhängig vom Urin-pH-Wert2
  • LSD: ca. 5 Tage2
  • Cannabis (Tetrahydrocannabinolsäure): 2–35 Tage
    • Bei24–36 Stunden (nach einmaligem Konsum)
    • 5–30 Tage und länger (regelmäßigemige Cannabiskonsum über einen längeren Zeitraum kann Tetrahydrocannabinolsäure gelegentlich noch Monate nach der letzten Einnahme Raucher*in niedriger Konzentration nachgewiesen werden.2)
  • Opiate und Methadon: 2145 Tage2
  • Benzodiazepine: geringe Mengen bis 3 Tage, bei Langzeiteinnahme 4–6 Wochen, abhängig von der Halbwertszeit2
  • Ecstasy: 1–4 Tage2
  • Fentanyl: 15 Stunden
  • Kokain: 21–4 Tage2
  • Ethylalkohol: Im Urin maximal 10–12 Stunden nachweisbar8, das ist 6–8 Stunden länger als im Blut.2 (Näheres zu Laboruntersuchungen bei Verdacht auf Alkoholkonsumstörung siehe Artikel Übermäßiger Alkoholkonsum).
  • GHB/GBL: bis zu 12 Stunden (Spezialtest)

Blut

  • Der Nachweis von Suchtmitteln im Blut bzw. Serum ist in der Regel der Notfallmedizin und der Forensik vorbehalten.
  • Das Zeitfenster zum Nachweis der Substanzen im Blut ist meist deutlich kürzer als im Urin und variiert je nach Testverfahren des entsprechenden Labors deutlich.2,9
  • Im Gegensatz zum Screening im Urin erlaubt die Untersuchung von Blut eine Aussage darüber, ob derdie Proband*innen aktuell intoxikiert istsind.56-7

Haare

  • Anhand von Haarproben kann der Langzeitkonsum einer Substanz nachgewiesen bzw. ausgeschlossen werden.109
  • Ein Anwendungsbereich ist z.  B. die Abstinenzüberwachung bei verkehrsmedizinischen Fragestellungen (MPU).
  • Sie eigenen sich zum Nachweis verschiedener Substanzen wie Cannabis, Kokain oder Amphetaminen.10

Speichel/Mundflüssigkeit

  • Durch die Weiterentwicklung sensibler und spezifischer Analyseverfahren gewinnt die Untersuchung von Speichel bzw. Mundflüssigkeit als nichtinvasive Testmethode zunehmenden an Relevanz.10
  • Es wurden bereits mehrere Studien durchgeführt, die vergleichbar verlässliche Ergebnisse bei der Untersuchung von Mundflüssigkeit im Vergleich zu Blut erbrachten.11

Probennahme

  • Die Durchführung eines Drogenscreenings setzt grundsätzlich die rechtsgültige (schriftliche) Einwilligung der Betroffenen voraus.
    • Bei begründetem Tatverdacht darf ein Drogenscreening (einschließlich Alkoholtest in Atemluft oder Blut) aber auch im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen angeordnet werden.
    • Der bisherige Vorbehalt, dass dies nur aufEine richterliche Anordnung gegen den Willen der betroffenen Person geschehen dürfe, ist seitnicht demmehr 24. August 2017 durch eine Änderung der Strafprozessordnung weitgehend außer Kraft gesetztnötig.1112
  • Bei Haar- und Blutproben ist die Probenidentität sicherzustellen, um ein (nachträgliches) Vertauschen der Proben zu verhindern.
  • Für Urinproben gilt:
    • Die Urinprobe sollte unter direkter Sicht gewonnen werden (Goldstandard).124
    • Alternativen
      • orale Verabreichung eines Markers, z.  B. ein Polyethylenglycol mit definierter Molekülmasse124
      • Genetische Zuordnung des Urins zu demder Probandenbetroffenen Person (Abstrich der Mundschleimhaut): Diese Methode ist umstritten. Dabei ist insbesondere fraglich, ob sie nach Bundesdatenschutzgesetz zulässig und mit dem Rechtsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar ist. Im Zusammenhang mit der Substitutionsbehandlung erscheint dabei u.  a. fragwürdig, ob eine wirklich freiwillige Einwilligung der betroffenen Person vorliegen kann, wenn die genetische Untersuchung zur Voraussetzung für eine Take-Home-Verordnung gemacht wird.13
    • Die Temperatur des Urins soll direkt nach Abgabe gemessen werden (Abkühlen durch Lagerung).124
    • Um die Beimischung von manipulativen Substanzen auszuschließen, sollensollten immer pH-Wert und Wichtedas (spezifischesspezifische Gewicht) des Urins bestimmt werden.12

Analyseverfahren

Schnelltests

  • Der Abschnitt basiert auf diesen Referenzen.14-17
  • Urin-Schnelltests können eine schnelle und einfache Möglichkeit sein, einen Missbrauch zu überwachen.
  • Solche Verfahren haben erhebliche Einschränkungen, z. B. Kreuzreaktionen mit anderen Wirkstoffklassen, u. a. auch Medikamenten, ein begrenztes Erkennungsrepertoire sowie eine geringe Spezifität und Sensitivität.14-16
  • Die Qualität der auf dem Markt befindlichen Tests variiert erheblich, die Zuverlässigkeit ist oft gering.14-16
  • Bei Verwendung eines Schnelltests sind die vom Hersteller in der Regel vollständig deklarierten, möglichen Kreuzreaktionen mit anderen Substanzen, einschließlich der aktuellen Medikation der betroffenen Person, zu berücksichtigen.
  • Auch Substanzen, die durch das Raster fallen, etwa Levomethadon, Pethidin, Tilidin oder Tramadol bei Opiat-Teststreifen, sind zu bedenken.
  • Schnelltest beruhen in der Regel auf Immunoassays.

Immunoassays

  • Immunoassays sind die mit Abstand gebräuchlichsten Analyseverfahren zum Drogennachweis.
  • Sie erkennen die Substanz selbst oder deren Metaboliten über spezifische Antikörper.
  • Das Ergebnis liegt in der Regel wenige Sekunden nach Aufbringen des Probenmaterials vor.

Chromatografie

  • Eine hochsensitive Methode zum Nachweis von Substanzen und deren Metaboliten
  • Die Technik ist teuer und zeitaufwändig und stellt daher kein Standardverfahren dar.
  • Sie kann der Bestätigung eines Immunoassays dienen.
  • Wenn nicht bekannt ist, nach welchen Substanzen gesucht werden soll, ist die Chromatografie das Verfahren der Wahl.

Gaschromatografie/Massenspektrometrie

  • Dieses Verfahren ist das genaueste im Drogenscreening, jedoch sehr zeitaufwändig und anspruchsvoll in der Durchführung.
  • Sie erlaubt die Detektion auch kleinster Spuren einer Substanz und findet primär im forensischen Bereich ihre Anwendung.

Quellen

Leitlinien

  • Bundesärztekammer. Richtlinien zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger, Berlin 20102023www.bundesaerztekammer.de

Literatur

  1. Richtlinien der Bundesärztekammer. zur DurchfSubstitutionsgestührung der substitutionsgestütztentzte Behandlung Opiatabhvon Opioidabhängiger.ngigen, DtschStand ArzteblApril 2010; 107(11): A511-62023. www.aerzteblattbundesaerztekammer.de
  2. Halsachs-BaumannHallbach IJ. Drogenscreening. In: Hallbach J, BrezinschekHrsg. HPKlinische Chemie und Hämatologie. 4., Brinkmannüberarbeitete K, Khoschsorur GA, Lang T, Meinitzer A, Obermayer-Pietsch B, Ramschaa H, Stettin M, Titan B, Truschnig-Wilders MMAuflage. Labormedizin. WienStuttgart: SpringerWienNewYork,Thieme; 20062019 eref. thieme.de
  3. Gallardo E, Queiroz JA. The role of alternative specimens in toxicological analysis. Biomed Chromatogr. 2008; 22(8): 795-821. pmid:18506679 PubMed
  4. Erbas B, Fahrmbacher-Lutz C, Pogarell O, et al. Leitfaden für Ärzte zur substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger, Bayerische Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen BAS, München, 4. Auflage, 2018. www.bas-muenchen.de
  5. Verstraete AG. Detection times of drugs of abuse in blood, urine, and oral fluid. Ther Drug Monit 2004; 26: 200-5. PubMed
  6. Durback LF, Scharman EJ, Brown BS. Emergency physicians perceptions of drug screens at their own hospitals. Vet Hum Toxic. 1998; 40(4): 234-7. pmid:9682413 PubMed
  7. Reisfield GM, Webb FJ, Bertholf RL, Sloan PA, Wilson GR. Family physicians' proficiency in urine drug test interpretation. J Opioid Manag 2007; 3(6): 333-7. pmid:18290585 PubMed
  8. Starrels JL, Fox AD, Kunins HV, Cunningham CO. They don't know what they don't know: internal medicine residents' knowledge and confidence in urine drug test interpretation for patients with chronic pain.. J Gen Intern Med 2012; 27(11): 1521-7. pmid:22815062 PubMed
  9. Andresen-Streichert H, Müller A, Glahn A, et al. Alkoholmarker bei klinischen und forensischen Fragestellungen. Dtsch Arztebl Int 2018; 115: 309-15; DOI: 10.3238/arztebl.2018.0309 DOI
  10. Hagemann, O. Drogenscreening. Laborlexikon - eJournal für Laboratoriumsmedizin 2016. www.laborlexikon.de
  11. Kegler, R:. Drogen und Drogennachweisverfahren in der forensischen Toxikologie, Vorlesungsskript vom 11.12.2015. rechtsmedizinwww.medyoutube.unicom
  12. de Campos EG, da Costa BRB, Dos Santos FS, et al. Alternative matrices in forensic toxicology: a critical review. Forensic Toxicol. 2022 Jan;40(1):1-rostock18.de www.ncbi.nlm.nih.gov
  13. Casati S, Binda M, Dongiovanni P, et al. Recent advances of drugs monitoring in oral fluid and comparison with blood. Clin Chem Lab Med. 2023 Jun. www.degruyter.com
  14. Richtervorbehalt bei der Blutprobe wurde gesetzlich weitgehend aufgehoben. Haufe., 27.12.2018. Letzter(letzter Zugriff 30.098.20192023). www.haufe.de
  15. Bretter F, Fahrmacher-Lutz C, Höfner U et al.: Leitfaden für Ärzte zur substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger, Bayerische Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen BAS, München, 2. Auflage, 2010 www.bas-muenchen.de
  16. Jansen S und, Quade G. Der genetische Fingerabdruck als Kontrollverfahren für die Zuordnung einer Urinprobe zu einer Person. MedR 2017; 35:20–24. DOI: 10.1007/s00350-016-4476-x DOI
  17. Attema-de Jonge ME, Peeters SY, Franssen EJ. Performance of three point-of-care urinalysis test devices for drugs of abuse and therapeutic drugs applied in the emergency department.. J Emerg Med. 2012; 42(6): 682-91. pmid:21911284 PubMed
  18. George S, Braithwaite RA. Use of on-site testing for drugs of abuse. Clin Chem 2002; 48(10): 1639-46. pmid:12324478 PubMed
  19. Taylor EH, Oertli EH, Wolfgang JW, Mueller E. Accuracy of five on-site immunoassay drugs-of-abuse testing devices.. J Anal Toxicol 1999; 23(2): 119-24. pmid:10192416 PubMed
  20. Lieb K, Frauenknecht S, Brunnhuber S. Intensivkurs Psychiatrie und Psychotherapie. München: Elsevier GmbH, 2016. S. 203-28

AutorenAutor*innen

  • ThomasBonnie M. HeimStahn, Dr. med., Wissenschaftsjournalist, Freiburg
  • Lutz Mittler, Dr. med., FacharztFachärztin für Allgemeinmedizin, Notfallmedizin, SuchtmedizinHamburg
  • IngardDie Løgeursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, spesialist allmennmedisin, universitetslektor, institutt for sammfunsmedisinske fag, NTNU, redaktør NEL https://legehandboka.no/).
Screening auf Drogen; Urinkontrolle; Urinprobe; Blutprobe; Haarprobe; Abstinenzüberwachung; Körpermaterialuntersuchung; Nachweis von Rauschmitteln; Nachweis von Suchtmitteln; Urin-Schnelltest
Drogenscreening
BBB MK 05.09.2023 revidiert, gekürzt, an HA-Praxis angepasst. CCC MK 01.10.2019, überprüft und revidiert. chck fo 15.7. MK 02.05.2017
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Untersuchung von Körpermaterial zum Nachweis von legalen und illegalen Rausch- und Suchtmitteln (Drogen), die Gründe können vielfältig sein: Im Rahmen der substitutionsgestützten Behandlung von Opiatabhängigen ist die Durchführung von Drogenscreenings verpflichtend.1 Auch gerichtliche Anordnungen oder verkehrsmedizinische Auflagen können Anlass für ein Drogenscreening sein. In seltenen Fällen werden Drogenscreenings von den Probanden selbst initiiert, z. B. auch auf Forderung des Arbeitgebers. als Bewährungsauflage2 im Rahmen forensischer Fragestellungen, z. B. bei Sexual- oder Verkehrsdelikten2 toxikologische Differenzialdiagnostik
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