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Läsion des Nervus suprascapularis

Zusammenfassung

  • Definition:Schädigung des Nervus suprascapularis, die zu einem Kraftverlust am Musculus infraspinatus führen kann.
  • Häufigkeit:Selten.
  • Symptome:Eventuell treten Schmerzen und Muskelschwäche im Bereich der Schulter auf.
  • Klinik:Bei der klinischen Untersuchung sind Abduktion und Außenrotation geschwächt.
  • Diagnose:Eventuell sind MRT und elektrophysiologische Messungen indiziert.
  • Therapie:Sofern nicht eindeutig eine Einengung des Nervs durch eine konkrete Läsion nachweisbar ist, wird eine konservative Therapie in Form von Physiotherapie und Vermeidung schmerzauslösender Aktivitäten empfohlen.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Wird auch als Nervus-suprascapularis-Syndrom bezeichnet.1
  • Kann sowohl als idiopathische Form vorwiegend bei Hochleistungssportlern (beispielsweise Volley- und Basketballspielern) als auch symptomatisch infolge eines Ganglions auftreten. 2
  • Eine Schädigung des Nervus suprascapularis kann sich dahingehend auf die Funktion des Musculus infraspinatus und vereinzelt auch des Musculus supraspinatus auswirken, dass die Außenrotation und manchmal auch die Abduktion der Schulter geschwächt ist.3
  • Da eine Nervenschädigung im Bereich des Schulterblatts eine eher seltene Ursache von Schmerzen und Kraftverlust in der Schulter darstellt, wird sie als möglicher Auslöser häufig übersehen.4

Häufigkeit

  • Das Syndrom ist relativ selten und wird als Ursache von 1–2 % aller pathologischen Zustände im Bereich der Schulter angegeben. 5
  • Männer scheinen häufiger als Frauen betroffen zu sein.

Klinische Anatomie

  • Der Nervus suprascapularis hat seine Wurzeln im Rückenmark zwischen dem 5. und 6. Halssegment (C5–C6).
  • Er innerviert den Musculus supraspinatus und den Musculus infraspinatus und ist für die Schmerzweiterleitung vom Schulter- und Schultereckgelenk, von der Bursa subacromialis und vom Schulterblatt zuständig.6
  • Der Nerv leitet sensorische Impulse aus 70 % des Schultergelenks weiter, ist aber nicht an der Sensibilität der Haut beteiligt. 1
  • Der Nerv verläuft nach lateral unterhalb des Musculus trapezius und des Musculus omohyoideus, tritt durch den Processus coracoideus in die Fossa supraspinata ein und unterkreuzt dabei das Ligamentum transversum scapulae superius. Danach zieht er unterhalb des Musculus supraspinatus zum lateralen Rand der Spina scapulae, von wo er in die Fossa infraspinata gelangt.
  • In der Fossa supraspinata gibt der Nerv zwei Äste ab, die zum Musculus supraspinatus ziehen; ein weiterer Ast zieht zum Schultergelenk.

Ätiologie und Pathogenese

  • Eine Schädigung des Nervs kann durch Kompression, Überdehnung oder ein direktes Trauma verursacht sein.
  • Überlastung:
    • Häufig ist eine Schädigung des Nervus suprascapularis auf eine Überlastung durch Arbeiten oder Bewegungen zurückzuführen, die über Kopfhöhe durchgeführt werden.
    • Sportarten wie Tennis, Schwimmen, Volleyball und Gewichtheben können zu einer Überdehnung des Nervus suprascapularis und in der Folge zu Funktionsstörungen führen.1,7
    • Die Schädigung wird durch wiederholte Dehnung des Nervs an der Stelle verursacht, wo er durch den Processus coracoideus zieht.
    • Ein Nervenschaden kann beidseitig vorliegen, wenn er z. B. durch Gewichtheben entstanden ist, oder nur die vorwiegend belastete Seite betreffen, z. B. durch Volleyball.8
  • Andere pathologische Zustände in der Schulter:
    • Eine Schädigung des Nervus suprascapularis kann auch auf andere pathologische Zustände in der Schulter zurückzuführen sein, insbesondere auf Risse im Labrum genoidale.9
    • Nicht selten bilden sich infolge einer Schädigung des Labrum genoidale Zysten (Ganglione) im Bereich des Processus coracoideus. Auch eine solche Zyste kann Druck auf den Nervus suprascapularis ausüben.
    • Eine weitere mögliche Ursache sind maligne Tumoren.10
  • Klinische Folgen:
    • Obwohl der Nerv sowohl den Musculus infraspinatus als auch den Musculus supraspinatus innerviert, ist meist nur der Musculus infraspinatus betroffen. Dies hängt jedoch davon ab, wo die Schädigung vorliegt.
    • Ein Kraftverlust im Musculus infraspinatus führt zu einer verminderten Außenrotation der Schulter.
    • Wenn der Musculus supraspinatus betroffen ist, sind außerdem die Abduktion und das Anheben des Arms nur eingeschränkt möglich. Dies gilt besonders für den Winkelbereich 90–180 Grad.
  • Pathophysiologie:
    • Der pathophysiologische Mechanismus der Nervenschädigung ist nicht abschließend geklärt, umfasst aber Kompression, Friktion und Ischämie.
    • Ein eingeklemmter Nerv äußert sich vor allem auf drei Arten: Schmerzen, Parästhesien und Muskelschwäche distal der Schädigungsstelle.
  • Lokalisierung von Nervenschäden:1
    • Am häufigsten sind proximal gelegene Schädigungen: Hierbei sind Musculus infraspinatus, Musculus supraspinatus und die sensiblen Nervenfasern betroffen.
    • Distal gelegene Schädigungen wirken sich dagegen meist nur auf den Musculus infraspinatus aus.

Prädisponierende Faktoren

  • Belastende Bewegungen über Kopfhöhe, wie z. B. Tennis, Schwimmen, Volleyball oder Gewichtheben.

ICPC-2

  • N81 Verletzung Nervensystem, andere
  • N94 Periphere Neuritis/Neuropathie

ICD-10

  • G56.- Mononeuropathien der oberen Extremität
    • G56.8 Sonstige Mononeuropathien der oberen Extremität

ICPC-2

  • N94 Periphere Neuritis / Neuropathie

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Sofern andere Ursachen der Schmerzen und Muskelschwäche im Bereich der Schulter ausgeschlossen sind, basiert die Diagnose auf der klinischen Untersuchung und auffälligen Befunden elektrophysiologische Messungen.

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Viele Patienten sind sportlich aktiv.
  • Typisch sind diffuse Schmerzen und ein Gefühl der Kraftlosigkeit in der Schulter.
  • In der Regel tritt die Schädigung einseitig auf der vorwiegend belasteten Seite auf.
  • Meist treten hinten oder außen am Schultergelenk starke, brennende Schmerzen auf. Bei manchen Patienten ist der Schmerz tiefer im Schultergelenk lokalisiert und strahlt in den Arm aus.
  • Häufig nehmen die Schmerzen mit der Zeit zu.
  • Distal gelegene Nervenschäden können auch ohne Schmerzen vorliegen, da hierbei die sensiblen Nervenfasern nicht betroffen sind. In diesem Fall ist die verminderte Kraft des Musculus infraspinatus bei Außenrotation das einzige Symptom.
  • Video: Läsion des Nervus suprascapularis

Klinische Untersuchung

  • Je nachdem, seit wann und wo der Nerv geschädigt ist, variiert der Befund.
  • Auffällige Atrophie am Musculus infraspinatus und Musculus supraspinatus?
  • Da der Nerv keine sensiblen Fasern in die Haut führt, ist die Hautempfindung nicht gestört.
  • Isometrische Außenrotation:
    • Die Kraft ist vermindert.
  • Isometrische Abduktion:
    • Die Kraft ist vermindert; bei distal gelegenen Nervenschäden muss dies jedoch nicht zwingend der Fall sein.
  • Videos der relevanten Tests:

Andere Untersuchungen

  • MRT:4
    • Dient ggf. der Abgrenzung einer Schädigung des Nervus suprascapularis von einer Verletzung der Rotatorenmanschette.
    • Die Untersuchung kann einen komprimierten Nerv und/oder eine Atrophie der Muskeln sichtbar machen.
    • Häufig lassen sich Gelenkzysten als Ursache der Nervenschädigung feststellen.
  • Elektrophysiologische Messungen:
    • Sind ggf. indiziert, wenn z. B. nach sechs Wochen keine Besserung eingetreten ist.8

Indikationen zur Überweisung

  • Bei unklarer Diagnose oder unzureichendem Heilungserfolg.

Therapie

Therapieziel

  • Vollständige Genesung

Allgemeines zur Therapie

  • Sofern nicht eindeutig eine Einengung des Nervs durch eine konkrete Läsion nachweisbar ist, wird eine konservative Therapie in Form von Physiotherapie und Vermeidung schmerzauslösender Aktivitäten empfohlen.4
  • Wenn die konservative Therapie keine Besserung bewirkt oder z. B. eine Gelenkzyste als Ursache festgestellt wird, ist eine chirurgische Entlastung des Nervs indiziert.

Empfehlungen für Patienten

  • Vermeidung von Tätigkeiten, die Beschwerden verursachen.
  • Bewegungstherapie mit allmählich zunehmender Belastung.

Medikamentöse Therapie

  • Schmerzstillende Medikamente:
    • Bei Bedarf Gabe von Antiphlogistika oder Analgetika.
  • Lokal kann versuchsweise eine Capsaicin-Creme angewendet werden.8
  • Kortisoninjektion:
    • Kommt ggf. bei sehr starken Schmerzen, starker funktioneller Beeinträchtigung oder kurz nach dem Einsetzen der Symptome infrage.11
    • Injektion von 20–40 mg Methylprednisolon oder einem äquivalenten Präparat als Mischung mit Lidocain 1 % im Bereich des Processus coracoideus.

Weitere Therapien

  • Physiotherapie:
    • Übungen für die Rotatorenmanschette
  • Operation:
    • Chirurgische Entlastung

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Häufig entwickeln sich die Beschwerden nach und nach.

Prognose

  • Bei den meisten Patienten heilt die Schädigung spontan aus.
  • Eine Entlastung lindert die Schmerzen, führt aber nicht in allen Fällen zur Wiederherstellung der vollen Schulterfunktionalität oder Muskelkraft.

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Referenzen

  1. Reeser JC. Suprascapular neuropathy. eMedicine, updated Apr 16, 2008.
  2. Assmus H, Antoniadis G, Bischoff C. Karpaltunnel-, Kubitaltunnel- und seltene Nerven­kompressions­syndrome. Dtsch Arztebl Int 2015; 112(1-2): 14-26; DOI: 10.3238/arztebl.2015.0014. www.aerzteblatt.de
  3. Neal SL, Fields KB. Peripheral nerve entrapment and injury in the upper extremity. Am Fam Physician 2010; 81: 147-55. American Family Physician
  4. Romeo AA, Rotenberg DD, Bach BR Jr. Suprascapular neuropathy. J Am Acad Orthop Surg 1999; 7: 358-67. PubMed
  5. Gosk J, Urban M, Rutowski R. Entrapment of the suprascapular nerve: anatomy, etiology, diagnosis, treatment. Ortop Traumatol Rehabil 2007; 9: 68-74. PubMed
  6. Ajmani ML. The cutaneous branch of the human suprascapular nerve. J Anat 1994; 185: 439-42. PubMed
  7. Ferretti A, De Carli A, Fontana M. Injury of the suprascapular nerve at the spinoglenoid notch. The natural history of infraspinatus atrophy in volleyball players. Am J Sports Med 1998; 26: 759-63. PubMed
  8. Sheon RP. Nerve entrapment syndromes of the shoulder. UpToDate, last updated Jan 13, 2004. UpToDate
  9. Safran MR. Nerve injury about the shoulder in athletes, part 1: suprascapular nerve and axillary nerve. Am J Sports Med 2004; 32: 803-19. PubMed
  10. Fritz RC, Helms CA, Steinbach LS, Genant HK. Suprascapular nerve entrapment: evaluation with MR imaging. Radiology 1992; 182: 437-44. Radiology
  11. Torres-Ramos FM, Biundo JJ Jr. Suprascapular neuropathy during progressive resistive exercises in a cardiac rehabilitation program. Arch Phys Med Rehabil 1992; 73: 1107-11. PubMed

Autoren

  • Günter Ollenschläger, Prof. Dr. Dr. med., Internist, Uniklinikum Köln (Anpassung für Deximed)
  • Erik Stålberg, professor emeritus och läkare, Institutionen för neurovetenskap, avd för klinisk neurofysiologi, Uppsala universitet
  • Terje Johannessen, professor i allmänmedicin, Trondheim
G56-; G568
N81; N94
Nervus suprascapularis; Kraftverlust am M. infraspinatus; Schmerzen im Schulterbreich; Schwäche im Schulterbreich; Nervus-suprascapularis-Syndrom; Mononeuropathie
Läsion des Nervus suprascapularis
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Definition:Schädigung des Nervus suprascapularis, die zu einem Kraftverlust am Musculus infraspinatus führen kann. Häufigkeit:Selten. Symptome:Eventuell treten Schmerzen und Muskelschwäche im Bereich der Schulter auf.
Neurologie
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