Was versteht man unter Psychosen in der Kindheit und Jugend?
Hierbei handelt es sich um tiefgreifende Störungen in den Gedanken, Empfindungen und Emotionen. Insgesamt beträgt die Häufigkeit etwa 0,4 %. Die Häufigkeit nimmt während der Pubertät mit dem Alter zu.
Typische Symptome und Anzeichen einer Psychose
- Gedankensteuerung. Ein Gefühl, dass andere Personen Gedanken in den eigenen Kopf einpflanzen oder die eigenen Gedanken kontrollieren können.
- Halluzinationen. Fehlerhafte Sinneswahrnehmungen. Die häufigste darunter ist das Hören von Stimmen.
- Körperliche Empfindungen.
- Anhaltende, völlig unlogische Wahnvorstellungen – wie z.B. die Vorstellung, ständig von Außerirdischen beobachtet zu werden.
- Sprachliche Denkstörungen. Dies kann sich beispielsweise die Form eines unlogischen Stroms eigentümlicher Wörter und Ausdrücke zeigen. Typisch ist, dass der Patient auch neue Wörter bildet.
- Katatonisches Verhalten. Lähmung in bestimmten Körperpositionen.
- Negative Symptome. Träge, lethargisch, schwach ausgeprägte Emotionen, Mangel an Initiative, Passivität, schlechte Sprache, Kontaktstörung, leeres/sinnloses Verhalten, sozialer Rückzug, Autismus (Zurückziehen in sich selbst).
Ursache
Die Ursache ist in der Regel nicht bekannt. Es gibt eine signifikante erbliche Komponente, aber auch z.B. die Auswirkungen von Infektionen während der embryonalen Phase spielen eine Rolle.
Diagnose
Die Diagnose wird nach einem Gespräch mit dem Patienten und seinen Angehörigen gestellt, auf Grundlage der beschriebenen Probleme und des Verhaltens des Patienten bei der Untersuchung. Der Arzt versucht, herauszufinden, ob typische Symptome und Störungen in der Wahrnehmung der Realität vorliegen. Wenn der Zustand länger als einen Monat andauert und mehrere der oben genannten Symptome auftreten, kann der Arzt die Diagnose stellen. Weitere wichtige Informationen umfassen die Lebensgeschichte des Patienten sowie eventuelle frühere körperliche Erkrankungen. Es wird auch eine herkömmliche körperliche Untersuchung durchgeführt, um körperliche Erkrankungen ausschließen zu können.
Weitere Untersuchungen können von Spezialisten durchgeführt werden. Geeignete Untersuchungsmethoden, um andere Gehirnerkrankungen auszuschließen, sind EEG – eine Aufnahme der elektrischen Gehirnaktivität, Computertomographie (CT) des Gehirns – ein computergestütztes Schichtröntgen zur Feststellung von Schädigungen, Tumoren und Missbildungen des Gehirns sowie neuropsychologische Tests – also Tests der Intelligenz, Aufmerksamkeit/Konzentrationsfähigkeit und Wahrnehmung. Es muss auch ausgeschlossen werden, dass die Symptome durch Drogenmissbrauch verursacht werden oder als Teil einer Depression oder bipolaren Störung mit Psychose zu verstehen sind.
Behandlung
Das Ziel ist es, die Situation des Patienten und seines Umfelds so weit wie möglich zu stabilisieren. Außerdem sollen die Symptome soweit wie möglich reduziert werden, bei minimalen Beschwerden durch Nebenwirkungen. In der Akutphase wird der Patient vor allzu intensiven Eindrücken, Aufregung und Konflikten geschützt, um Angst und Verwirrung zu lindern. Beratung und Information für den Patienten und seine Angehörigen sind ein wichtiger Teil der Behandlung und sollen helfen, die Belastung für die ganze Familie zu reduzieren. Die medikamentöse Behandlung spielt eine zentrale Rolle.
Medikamentöse Behandlung
Die Medikamente, die zum Einsatz kommen, werden als Neuroleptika oder Antipsychotika bezeichnet. Heutzutage werden sogenannte atypische Antipsychotika verwendet. Nebenwirkungen wie z.B. Steifigkeit, Krämpfe und Lustlosigkeit kommen bei diesen deutlich seltener vor, stattdessen regen sie jedoch den Appetit an, weshalb das Risiko von Übergewicht und Stoffwechselstörungen besteht. Deshalb sollten Gewicht, Bauchumfang und Laborproben vor Beginn der medikamentösen Behandlung und regelmäßig während der Behandlung kontrolliert werden. Das Risiko ist besonders hoch bei Olanzapin, und auch bei Risperidon besteht ein relativ hohes Risiko. Gleichzeitig sind diese Mittel aber auch am wirksamsten. Die Steigerung der Medikation bis zu einer geeigneten Dosis erfolgt im Lauf einer Woche, und nach vier bis acht Wochen wird der Effekt der Behandlung bewertet. Leider ist die Wirkung häufig nicht ausreichend. In diesen Fällen ist eine Umstellung auf Clozapin möglich, welches ein deutlich wirksameres Mittel für schwere Fälle ist, aber mit einem hohen Risiko der Gewichtszunahme und auch mit einem gewissen Risiko von anderen schweren Nebenwirkungen verbunden ist, weshalb unter anderem häufige Bluttests durchgeführt werden müssen.
Weitere Behandlungsmöglichkeiten
Weitere wichtige Maßnahmen sind eine psycho-pädagogische Familientherapie, eine Zusammenarbeit mit der Schule und eine individuell angepasste Aktivierung des Patienten mit vorsichtiger Steigerung und Schutz vor Reizüberflutung in sozialen Situationen.
Prognose
Diese hängt zum großen Teil davon ab, wie der Patient vor der Erkrankung zurechtkam und welche Wirkung die medikamentöse Behandlung zeigt. Bei einigen Patienten entwickelt sich eine chronische Erkrankung, aber bei fast allen Betroffenen kann durch die Behandlung eine Besserung erzielt werden.
Weiterführende Informationen
- Akute Psychose – für ärztliches Personal
Quellen
Autoren
- Philipp Ollenschläger, Medizinjournalist, Köln