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Verschwommenes Sehen, Schatten, Flecken und Flimmern

Allgemeine Informationen

Definition

  • Sehstörungen sind Abweichungen von der Normalität bei der visuellen Wahrnehmung.
  • Es gibt viele verschiedene Arten von Sehstörungen:
    • Schatten und Flecken im Gesichtsfeld
    • verschwommenes oder unscharfes Sehen
    • Flimmern vor den Augen 
    • Doppelbilder
    • Blitze.
  • Diese Sehstörungen können entweder passager auftreten oder persistieren, in vielen Fällen sind sie harmlos, manchmal deuten sie auf ernsthafte Erkrankungen hin oder können im weiteren Verlauf auch zu Sehverlust führen (siehe auch den Artikel Sehstörung/Sehverlust).
  • Darüber hinaus muss noch zwischen peripheren Sehstörungen und zentralen Sehstörungen unterschieden werden.

Diagnostische Überlegungen

  • Periphere Sehstörungen
    • Die Ursache für die Sehstörungen liegen im Augenapparat.
  • Zentrale Sehstörungen
    • Die Weiterverarbeitung der optischen Reize im Gehirn ist gestört.
    • Gesichtsfeldeinschränkungen sind die häufigste Form von zentralen Sehstörungen, sie werden oft gar nicht bemerkt, sondern gut kompensiert.1
  • Zentrale Wahrnehmungsstörungen sind entweder angeboren (nicht Gegenstand dieses Artikels), können aber auch erworben sein durch eine Schädigung des Gehirns (Trauma, Schlaganfall, Tumoren, Enzephalitis oder neurodegenerative Erkrankungen).
  • Bei PatientenPatient*innen mit Diabetes-Erkrankungen sollte regelmäßig ein augenärztliches Screening durchgeführt werden.2
    • Darüber hinaus sollte eine zeitnahe Vorstellung beiin der Augenärztin/beim AugenarztAugenarztpraxis erfolgen, wenn es zu neuen Sehstörungen wie Sehverschlechterung, verzerrtem Sehen, Verschwommensehen oder „Rußregen“ vor den Augen kommt.2
  • Im Rahmen  psychischer Störungen, z. B. dissoziative Störungen kann es zu  einer meist vorübergehenden Beeinträchtigung des Sehvermögens im Sinne einer funktionellen Störung kommen.

ICPC-2

  • F04 Mouches volantes
  • F05 Sehstörung, andere

ICD-10

  • H53 Sehstörungen
    • H53.1 Subjektive Sehstörungen
    • H53.2 Diplopie
    • H53.3 Sonstige Störungen des binokularen Sehens
    • H53.4 Gesichtsfelddefekte
    • H53.5 Farbsinnstörungen
    • H53.6 Nachtblindheit
    • H53.8 Sonstige Sehstörungen
    • H53.9 Sehstörung, nicht näher bezeichnet

Differenzialdiagnosen

Flecken oder Schatten im Gesichtsfeld

Mouches volantes 

  • Auch Floater oder fliegende Mücken genannt
  • Manchmal wahrgenommene, bewegliche kleine Punkte, Flecken oder fadenartige Strukturen im Gesichtsfeld.3
  • Tritt häufig in Verbindung mit Kurzsichtigkeit auf.
  • Werden vermutlich durch kristalline Ablagerungen im Augenglaskörper hervorgerufen und sind meist ohne klinische Relevanz.
    • Können auf eine beginnende Degeneration des Glaskörpers hinweisen, in der Folge kann es zu Glaskörperabhebung oder Glaskörperblutung kommen.
      • Eine Glaskörperabhebung kann Netzhautrisse und auch eine Netzhautablösung nach sich ziehen.
  • Bei akutem Auftreten und starker Ausprägung liegt die Prävalenz einer Netzhautablösung bei rund 10 %. Noch höher ist dieses Risiko, wenn gleichzeitig das Sehvermögen beeinträchtigt ist und zusätzlich Blitze auftreten.4
  • Sie können aber auch eines der Symptome bei einer Uveitis sein.
  • In den meisten Fällen ist keine Behandlung notwendig. Bei sehr störenden Mouches (wenn sie sich im zentralen Sehfeld befinden), kann entweder der Glaskörper entfernt werden (Vitrektomie) oder eine Auflösung der Flecken mit einem Laser versucht werden.

Rußregen, Schleier, „Vorhang“

  • Prodromi einer Netzhautablösung
    • häufig im peripheren Gesichtsfeld
    • zentrales Sehen initial möglich (s. u.)

Flimmern und Blitze

  • Netzhautablösung
    • Visusminderung, Lichtblitze, Schatten oder Schleier vor den Augen können auch auf eine Netzhautablösung hinweisen.
    • Hier können eine frühzeitige Diagnose und Therapie dauerhaften Sehkraftverlust verhindern.
  • Migräne
    • Beidseitige Wahrnehmung von Flimmern und gezackten Formen, gefolgt von einseitigem Kopfschmerz.
  • Orthostatische Dysregulation
    • Kann Flimmern vor den Augen auslösen.
    • Verursacht evtl. gestörtes Farbsehen und ggf. vorübergehenden Verlust des Sehvermögens.

Gesichtsfeldausfälle

  • Gesichtsfeldausfälle können vielfältige Ursachen haben, bleiben oft tatsächlich auch subjektiv unbemerkt.
    • Erhöhung des Augeninnendrucks (Glaukom)
    • altersbedingte Makuladegeneration
    • Schlaganfall oder TIA: vorübergehende oder bleibende homonyme Gesichtsfeldausfälle
    • Manchmal führen Schlaganfälle auch zu zentralen Wahrnehmungsstörungen wie Neglectsymptomen oder Agnosien bezüglich Objekten, Personen oder Störung der räumlichen Wahrnehmung.
    • Hypophysenerkrankungen, insbesondere Hypophysenadenome können durch lokalen Druck auf die Sehbahn (Chiasma-Syndrom) zu einer bitemporalen Hemianopsie führen.
    • Aber auch andere Druckschädigungen der Sehbahn können zu Gesichtsfeldausfällen führen.

Verschwommensehen

  • Verschwommensehen ein- oder beidseitig kann auf einer schlechten Korrektur einer Fehlsichtigkeit beruhen.
  • Eine Eintrübung der Augenlinse (Katarakt) beginnt mit Verschwommensehen und Visusverschlechterung häufig zusammen mit einer Blendungsemfindlichkeit.
  • Akkomodationsstörungen des Auges 
    • durch Antiepileptika oder anderen Medikamenten
    • durch anticholinerge oder cholinerge Wirkstoffe
    • durch Toxine
    • durch Alkohol
    • durch neurologische Erkrankungen
  • Einseitiges Verschwommensehen (morgens) bei Zentralvenenthrombose
  • Wie „Sicht unter Wasser“ bei Glaskörperabhebung
  • Einseitig getrübte Sicht bei Glaskörperblutung
    • Häufig mit rötlich verfärbten Bereichen, die sich rasch wieder normalisieren.
    • unterschiedlicher Verlauf: leichte Symptome mit wenigen Punkten im Gesichtsfeld bis hin zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Sehvermögens
    • meist bei Patienten mit Diabetes mellitus (bei diabetischer Retinopathie)

Doppelbilder (Diplopie)

  • Plötzlich auftretende Doppelbilder können auf zerebrovaskuläre Erkrankungen, komprimierende Läsionen wie Tumor oder Aneurysma, entzündliche Veränderungen, Myasthenia gravis oder multiple Sklerose hinweisen.
  • Auch nach Alkoholgenuss oder anderen Noxen können passagere Doppelbilder auftreten.
  • Doppelbilder nach einem Trauma deuten auf eine Orbitaverletzung hin.
  • Bei der endokrinen Orbitopathie kann es ebenfalls zu Doppelbildern kommen.
  • Manchmal ist die Ursache für Doppelbilder auch eine ausgeprägte Müdigkeit.

 Anamnese

  • Der Abschnitt basiert auf dieser Referenz.5
    • Genaue Beschreibung der Beschwerden
    • War der Beginn akut oder schleichend?
    • Auslöser (Trauma, Medikamenteneinnahme, Drogen)
    • Verlauf (zunehmend, wellenförmig, gleichbleibend, abklingend) 
    • Begleitsymptome wie Fieber oder Schmerz
    • Augenvorerkrankungen
    • Sonstige Vorerkrankungen (Diabetes, Stoffwechselerkrankungen, neurologische Erkrankungen)

    Klinische Untersuchung

    • Orientierende Sehschärfenbestimmung (Sehtafel)
    • Orientierende Gesichtsfeldbestimmung (Fingerperimetrie)
    • Inspektion von Hornhaut und Bindehäuten
    • Inspektion der Pupille bei gedämpftem Licht
    • Orientierende Palpation der Augen
    • Pupillenreflex
      • Lichtreaktion seitengleich und kontralateral
      • Konvergenzreaktion
    • Augenfolgebewegungen, Nystagmus, Doppelbilder?

    Ergänzende Untersuchungen

    • Allgemeine körperliche Untersuchung
    • Ggf. orientierende neurologische Untersuchung (andere Hirnnerven, Paresen, Sensibilitätsausfälle?)
    • Ggf. Blutdruck, Temperatur

    Labor

    Maßnahmen und Empfehlungen

    Indikationen zur Klinikeinweisung/Überweisung

    • Jede neu aufgetretene Sehstörung sollte möglichst umgehend ophthalmologisch abgeklärt werden.
    • Dringliche Klinikeinweisung/Überweisung 

    Checkliste für die Überweisung

    Verschwommenes Sehen, Schatten, Flecken und Flimmern

    • Zweck der Überweisung
      • Diagnose? Therapie? Sonstiges?
    • Anamnese
      • Seit wann liegen die Beschwerden vor? Sind sie plötzlich oder allmählich aufgetreten? Wie war der bisherige Verlauf? Sind beide Augen betroffen?
      • Patientenaussage: Werden Schatten, Flecken, Schleier, regenbogenartige Ringe o. Ä. wahrgenommen? Ist das Sehvermögen beeinträchtigt? Werden Flecken in Bewegung oder an der gleichen Stelle wahrgenommen? Liegt ein verzerrtes Sehen vor?
      • Andere relevante Erkrankungen? Familiäre Vorbelastung?
      • Derzeit eingenommene Medikamente?
      • Auswirkungen beruflicher, sozialer oder anderer Art?
    • Klinische Untersuchung
      • Evtl. Augenuntersuchung und Sehschärfenbestimmung: Beschreibung des Befunds

    Patienteninformationen

    Patienteninformationen in Deximed

    Quellen

    Leitlinien

    • Bundesärztekammer, Kassenärztliche Bundesvereinigung, Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften. Nationale Versorgungsleitlinie Prävention und Therapie von Netzhautkomplikationen bei Diabetes. AWMF-Leitlinie Nr. nvl-001b. S3, Stand 2018. www.awmf.org
    • Gesellschaft für Neuropädiatrie. Visuelle Wahrnehmungsstörungen. AWMF-Leitlinie Nr.022-020. S2k, Stand 2017. www.awmf.org
    • Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft. Leitlinie Nr. 5. Abklärung unklarer Sehstörungen. Stand 1998. www.augeninfo.de

    Literatur

    1. Gesellschaft für Neuropädiatrie. Visuelle Wahrnehmungsstörungen. AWMF-Leitlinie Nr.022-020. Stand 2017. www.awmf.org
    2. Bundesärztekammer, Kassenärztliche Bundesvereinigung, Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften. Nationale Versorgungsleitlinie Prävention und Therapie von Netzhautkomplikationen bei Diabetes. AWMF-Leitlinie Nr. nvl-001b. Klasse S3, Stand 2018 www.awmf.org
    3. Johnson D, Hollands H. Acute-onset floaters and flashes. CMAJ 2012; 184: 431. pmid:22125334 www.ncbi.nlm.nih.gov
    4. Hollands H, Johnson D, Brox AC, Almeida D, Simel DL, Sharma S. Acute-onset floaters and flashes. Is the patient at risk for retinal detachment?. JAMA 2009; 302: 2243-9. www.ncbi.nlm.nih.gov
    5. Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft. Leitlinie Nr. 5. Abklärung unklarer Sehstörungen. Stand 1998 augeninfo.de

    AutorenAutor*innen

    • Marlies Karsch-Völk, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, München
    • Monika Lenz, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Neustadt am Rübenberge
    • SiljeDie Folvenursprüngliche BarlindhaugVersion dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, spesialist i allmennmedisin, redaktør NEL
    • Johan H https://legehandboka. Seland, professor emeritus, Universitetet i Bergenno/).
H53; H531; H532; H533; H534 Gesichtsfelddefekte; H535; H536 Nachtblindheit; H538 Sonstige; H539 Sehstörung,
F04; F05
Mouches volantes; Floater; Doppelbilder; Diplopie; Verschwommenes Sehen; Flimmern vor den Augen; Haloerscheinungen; Farbringe; Glaskörperabhebung; Glaskörperblutung; Zentralvenenthrombose; Weiße Cotton-Wool-Herde; Netzhautablösung; Katarakt; Aktues Glaukom; Retinaler Aterienverschluss; Migräne; Hirntumor; Orthostatische Hypotonie; Visuelle Wahrnehmungsstörung
Verschwommenes Sehen, Schatten, Flecken und Flimmern
U-MH 24.09.2018
BBB MK 03.12.2019, umgeschrieben und gekürzt, um starke Überschneidung mit Artikel 39245 zu vermeiden. chck go 9.6.
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Sehstörungen sind Abweichungen von der Normalität bei der visuellen Wahrnehmung. Es gibt viele verschiedene Arten von Sehstörungen: Schatten und Flecken im Gesichtsfeld verschwommenes oder unscharfes Sehen Flimmern vor den Augen  Doppelbilder Blitze.
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