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Liquorrhö

Allgemeine Informationen

Definition

  • Als Liquorrhö bezeichnet man das Austreten von Zerebrospinalflüssigkeit aus Nase oder Ohr. Es handelt sich um einen ernsten Krankheitszustand, da das Risiko einer bakteriellen Meningitis durch eine retrograde Ansteckung von Nase, Nasennebenhöhlen oder Ohren besteht.1
  • In den meisten Fällen äußert sich die Liquorrhö als Rhinorrhö, aber auch eine Otorrhö oder eine Flüssigkeitsansammlung im Mittelohr können auf eine Liquorrhö hindeuten.

Ursachen

  • Ursächlich für eine Liquorrhö können okkulte Liquorfisteln sein, die über Jahrzehnte hinweg bestanden haben, ohne jedoch symptomgebend gewesen zu sein.
  • Infolge eines Schädel-Hirn-Traumas kann es zu Frakturen des Nasendachs bis hin zur vorderen Schädelgrube oder einer nicht wieder zusammenwachsenden Fraktur des Schläfenbeins kommen, was den Austritt von Zerebrospinalflüssigkeit zur Folge haben kann.
  • Auch eine lebensbedrohliche Meningitis kann die primäre Indikation sein, den Patienten auf das Vorliegen einer Liquorrhö hin zu untersuchen.2
  • Überdies kann es nach einer endoskopischen Nebenhöhlenoperation zur Ausbildung okkulter Liquorfisteln kommen.3

Diagnostische Überlegungen

  • Die Diagnose und Behandlung einer Liquorrhö kann sich als schwierig erweisen. Zur Diagnostik stehen invasive und nicht-invasive Verfahren zur Verfügung.4
  • Invasive Untersuchungsverfahren:
    • CT-Zisternografie, MRT mit intrathekalem Gadolinium, Färbung mit Natrium-Fluorescein, Liquorszintigrafie und digitale Subtraktionszisternografie.
  • Nicht-invasive Untersuchungsverfahren:
    • Untersuchung einer Flüssigkeitsprobe zum Nachweis von Liquormarkern, strömungssensitives MRT, klinische Untersuchung.
  • Der Test auf Glukose im Sekret wird mittlerweile nicht mehr empfohlen.5
  • Leider existieren bislang keine prospektiven Studien, die eine Aussage zum Prädiktionswert der verschiedenen Untersuchungsverfahren ermöglichen würden. Der Nachweis des Beta-2-Transferrins gilt allerdings als zuverlässiger Liquormarker.

ICPC-2

  • N29 Neurolog. Beschwerden, andere

ICD-10

  • G96 Sonstige Krankheiten des Zentralnervensystems
    • G96.0 Austritt von Liquor cerebrospinalis

Diagnostik

  • Die Diagnostik der Liquorrhö umfasst zwei Hauptaspekte:
    • den Nachweis von Zerebrospinalflüssigkeit sowie
    • die genaue Lokalisation des Liquorlecks.
  • Zum Liquornachweis wird die Messung des Beta-Trace-Proteins empfohlen.
  • Das Leck selbst lässt sich am günstigsten mithilfe bilddiagnostischer Verfahren lokalisieren.
  • Sofern das Liquorleck nicht exakt lokalisiert werden kann, ist eine präoperativ durchgeführte Färbung mit Natrium-Fluorescein sinnvoll.
  • Die quantitative Bestimmung des Beta-Trace-Proteins in extraduralen Flüssigkeiten ist ein schnelles, zuverlässiges und hochsensitives sowie angemessenes analytisches Verfahren zur Diagnostik einer Liquorrhö.

Ergänzende Untersuchungen

Beta-Trace-Protein

  • Beim Beta-Trace-Protein (BTRP) handelt es sich um ein liquorspezifisches Protein.6 Es wird auch als Prostaglandin-D-Synthase bezeichnet.7
  • Das Beta-Trace-Protein spielt vermutlich eine zentrale Rolle bei der biochemischen Steuerung von Schlaf- und Wachrhythmus im zentralen Schmerzzentrum.
  • Während im Serum lediglich 0,3 mg/l des Proteins enthalten sind, beträgt der entsprechende Wert bei der Zerebrospinalflüssigkeit 10–33 mg/l.1
  • Das Beta-Trace-Protein kann zur Diagnose einer Liquorrhö verwendet werden.
    • Dazu wird die Konzentration des Proteins im Nasen- oder Ohrensekret mithilfe einer immunologischen Laser-Nephelometrie bestimmt.
    • Hierzu bedarf es einer Probe von 5 µl.
    • Die Analysezeit beträgt ca. 20 Minuten.
    • Bei einem Wert von über 6 mg/l ist eine Liquorrhö per Definition wahrscheinlich.8
      • Eine Forschungsstudie mit insgesamt 84 Patienten ergab beim Nachweis von Beta-Trace-Protein im Nasen- oder Ohrensekret einen positiven prädiktiven Wert von 1,0, während der negative prädiktive Wert bei 0,97 lag.9
      • Der Variationskoeffizient beträgt weniger als 4 %.10
    • Das Beta-Trace-Protein ist als diagnostischer Marker zum Nachweis von Liquorrhö besser geeignet als das Beta-2-Transferrin.

Natrium-Fluorescein

  • Natrium-Fluorescein ist ein Farbstoff, der für den intravenösen oder oralen Gebrauch zugelassen, aber eigentlich nicht als diagnostisches Hilfsmittel zur intrathekalen Injektion vorgesehen ist.
  • Der Farbstoff verteilt sich nach lumbaler Injektion innerhalb weniger Stunden im Intraduralraum und wird im Laufe von drei Tagen mit dem Urin wieder ausgeschieden.
  • Einer der Vorteile des Natrium-Fluoresceins besteht darin, dass es sowohl zum Nachweis einer Liquorrhö als auch zur genauen Lokalisation des Liquorlecks bei endoskopischen oder mikrochirurgischen Eingriffen dienen kann.
  • Zu den potenziellen Nebenwirkungen zählen eine vorübergehende Schwächung der unteren Extremitäten, Benommenheit, Grand-mal-Anfälle, Opisthotonus und eine Hirnnerven-Parese.11
  • Schwere und dauerhafte Nebenwirkungen sind bei lumbaler Injektion und korrekter Dosierung nicht bekannt.
  • Betroffene sollten im Vorfeld über die bekannten Nebenwirkungen und mögliche Behandlungsalternativen informiert werden.
  • Vorgehen1
    • Am Tag vor der Operation wird dem Patienten eine Lumbaldrainage gelegt.
    • Anschließend werden 0,5 ml einer zehnprozentigen sterilen Natrium-Fluorescein-Lösung verdünnt mit 10 ml autologer Zerebrospinalflüssigkeit langsam in den Spinalkanal injiziert.
    • Der endoskopische Nachweis von Natrium-Fluorescein erfolgt mithilfe eines Blaufilters auf der Lichtquelle und eines gelben Okulars auf dem Endoskop.
    • Beide machen die Fluoreszenz eindeutiger sichtbar.
    • Die Lumbaldrainage verbleibt für weitere drei Tage, um in der ersten Zeit nach Verschluss des Lecks den intrakraniellen Druck und somit das Risiko einer erneuten Liquorrhö zu reduzieren.

Maßnahmen und Empfehlungen

  • Der chirurgische Verschluss eines Liquorlecks kann in den meisten Fällen über eine endoskopische Nasen- oder Ohrenoperation erfolgen.1

Quellen

Leitlinien

  • Deutsche Gesellschaft für Neurochirurgie, Schädel-Hirn-Trauma im Erwachsenenalter. AWMF-Leitlinie Nr. 008-001, Stand 2015. www.awmf.org
  • Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie. Polytrauma/Schwerverletzten-Behandlung. AWMF-Leitlinie Nr. 012-019, Stand 2011. www.awmf.org
.

Literatur

  1. Bachmann G, Elverland HH, Isaksen Sørheim S, Borota L. Diagnostikk og kirurgisk behandling av likvoré. Tidsskr Nor Lægeforen 2003; 123: 3190-2. PubMed
  2. Crawford C, Kennedy N, Weir WR. Cerebrospinal fluid rhinorrhoea and Haemophilus influenzae meningitis 37 years after a head injury. J Infect 1994; 28: 93 - 7. PubMed
  3. Bachmann G, Djenabi U, Jungehuelsing M, Petereit H, Michel O. Incidence of occult cerebrospinal fluid fistula during paranasal sinus surgery. Arch Otolaryngol Head Neck Surg 2002; 128: 1299 - 302. PubMed
  4. Elverland HH, Hennig R, Ulvestad E, Anke IM, Lettrem I. Lekkasje av cerebrospinalvæske. Diagnostikk og behandling. Tidsskr Nor Lægeforen 1996; 116: 3098 - 101. PubMed
  5. Hull HF, Morrow G. Glucorrhea revisited. Prolonged promulgation of another plastic pearl. JAMA 1975; 234: 1052 - 3. Journal of the American Medical Association
  6. Clausen J. Proteins in normal cerebrospinal fluid not found in serum. Proc Soc Exp Biol Med 1961; 107: 170 - 2. PubMed
  7. Hoffmann A, Conradt HS, Gross G, Nimtz M, Lottspeich F, Wurster U. Purification and chemical characterization of beta-trace protein from human cerebrospinal fluid: its identification as prostaglandin D synthase. J Neurochem 1993; 61: 451 - 6. PubMed
  8. Petereit H, Bachmann G, Nekic M, Althaus H, Pukrop R. A new nephelometric assay for beta-trace protein (prostaglandin D synthase) as an indicator of liquorrhoea. J Neurol Neurosurg Psychiatry 2001; 71: 347 - 51. PubMed
  9. Bachmann G, Petereit H, Djenabi U, Michel O. Predictive values of beta-trace protein (prostaglandin D synthase) by use of laser-nephelometry assay for the identification of cerebrospinal fluid. Neurosurgery 2002; 50: 571 - 7. PubMed
  10. Arrer E, Meco C, Oberascher G, Piotrowski W, Albegger K, Patsch W. Beta-trace protein as a marker for cerebrospinal fluid rhinorrhea. Clin Chem 2002; 48: 939 - 41. PubMed
  11. Moseley JI, Carton CA, Stern WE. Spectrum of compliactions in the use of intrathecal fluorescein. J Neurosurg 1978; 48: 765 - 7. PubMed

Autoren

  • Terje Johannessen, professor i allmennmedisin, Trondheim
  • Morgan Andersson, docent och överläkare, öron-, näs- och halskliniken, Skånes universitetssjukhus (Medibas)
  • Per Møller, spesialist i øre/nese/hals, Haukeland sykehus og professor ved Universitetet i Bergen
g96 andre lidelser i sentralnervesystemetG96; g96.0 lekkasje av cerebrospinalvæskeG960
n29 nervesystemet symptomer/plager ikaN29
Likvoré; likvore; liquorrhe; rhinorhé; Liquorrhoe aus Nase; Liquorrhoe aus Ohr; Liquorfistel; Liquorsystem; Beta-Trace-Protein; Liquor cerebrospinalis; frontobasale Liquorfistel; Liquorrhoe; Liquorrhö; RInorrhö; Rinorrhoe; Rhinoliquorrhoe; Otoliquorrhoe; Liquorausfluss; Liquorabfluss; Ausfluss von Liquor; Liquorfistel; Schädelbasisfraktur; frontobasale endonasale Operation; Rhinobasischirurgie
Liquorrhö
Revision at 25.10.2013 11:05:07: Revidert i forhold til Medibas. Ingen endringer. chck go 23.5.
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Als Liquorrhö bezeichnet man das Austreten von Zerebrospinalflüssigkeit aus Nase oder Ohr. Es handelt sich um einen ernsten Krankheitszustand, da das Risiko einer bakteriellen Meningitis durch eine retrograde Ansteckung von Nase, Nasennebenhöhlen oder Ohren besteht.1
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