Definition:Es wird zwischen Luxationen (Dislokationen) der MCP-, PIP- und DIP-Gelenke unterschieden.
Häufigkeit:Fingerluxationen sind keine Seltenheit und treten insbesondere in Verbindung mit Ballsportarten auf.
Symptome:Es liegen eine Schwellung, ein Druckschmerz, eine Fehlstellung und eine eingeschränkte Beweglichkeit vor.
Befunde:Mögliche klinische Befunde sind eine Fehlstellung, eine Instabilität und eine Schwellung.
Diagnostik:Es sollte vor und nach der Reposition eine Röntgenuntersuchung durchgeführt werden.
Therapie:Reposition des Gelenks und Wiederherstellung der Funktion.
Allgemeine Informationen
Definition
Es wird zwischen Luxationen (Dislokationen) der Metakarpophalangeal- (MCP-Gelenke) und der proximalen und distalen Interphalangealgelenke (PIP- und DIP-Gelenke) unterschieden.
Beschreibung der Luxationsrichtung (palmar, dorsal, lateral) durch Lage des distalen Glieds zum proximalen Glied1
proximales Interphalangealgelenk bzw. Fingermittelgelenk
Verbindet Grund- und Mittelphalanx miteinander.
Stabilisierung durch die anliegenden Gelenkflächen sowie durch Stützgewebe wie Kollateralbänder und palmare Platte
DIP-Gelenk
distales Interphalangealgelenk bzw. Fingerendgelenk
Verbindet Mittel- und Endphalanx miteinander.
MCP-Gelenk
Metakarpophalangealgelenk bzw. Fingergrundgelenk
Der Kopf der Metakarpalknochen ist auf der palmaren Seite breiter, wodurch sich die knöcherne Stabilität erhöht, wenn sich das Gelenk der maximalen Flexion nähert.
Erhöhte Stabilität erhält das MCP-Gelenk durch begrenzende Weichgewebestrukturen wie die palmare Platte, Kollateralbänder, die dorsale Kapsel, die Strecksehne und die Ligamenta metacarpalia transvera profunda und superficialia.
Ätiologie und Pathogenese
Direktes Trauma gegen das Gelenk oder Krafteinwirkung auf die Fingerspitze
Die Luxation kann auf einen Stoß gegen die Außenseite des Fingers zurückzuführen sein.
Luxationen der DIP-Gelenke
Relativ selten, weil die Sehnen der Flexoren und Extensoren das DIP-Gelenk gut stabilisieren.3
Häufig auf Quetschung zurückzuführen.
Die Therapie kann durch Begleitverletzungen erschwert werden.4
In der Regel Luxation nach dorsal in Kombination mit offener Fraktur1
Luxationen der PIP-Gelenke
Es können Luxationen nach dorsal, palmar oder lateral auftreten.
Am häufigsten Luxationen nach dorsal
Diese können zu Schädigungen der palmaren Platte oder zu einer Abrissfraktur an der Mittelphalanx führen.5
Ursache ist in der Regel eine Sportverletzung, bei der durch schnelle und hohe Krafteinwirkung (Ball) auf den distalen Finger eine Hyperextension hervorgerufen wird.6
Luxationen der MCP-Gelenke
Meist handelt es sich dabei um Luxationen nach dorsal, die auf ein Hyperextensionstrauma zurückzuführen sind.
Unterschieden wird zwischen einfachen Luxationen, die geschlossen reponiert werden können, und komplizierten Luxationen, die operiert werden müssen.7
Prädisponierende Faktoren
Stürze und Sportverletzungen
ICPC-2
L12 Hand-/Fingersymptomatik/-beschwerden
L74 Fraktur Handknochen
L79 Verstauchung/Zerrung eines Gelenks
L81 Verletzung muskuloskelettär NNB
ICD-10
S63 Luxation, Verstauchung und Zerrung von Gelenken und Bändern in Höhe des Handgelenkes und der Hand
S63.0 Luxation des Handgelenkes
S63.1 Luxation eines Fingers
S63.2 Multiple Luxationen der Finger
S63.3 Traumatische Ruptur von Bändern des Handgelenkes und der Handwurzel
S63.4 Traumatische Ruptur von Bändern der Finger im Metakarpophalangeal- und Interphalangealgelenk
S63.5 Verstauchung und Zerrung des Handgelenkes
S63.6 Verstauchung und Zerrung eines oder mehrerer Finger
S63.7 Verstauchung und Zerrung sonstiger und nicht näher bezeichneter Teile der Hand
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
Die Diagnose wird auf Grundlage der Anamnese, der Erhebung typischer klinischer Befunde und mithilfe einer Röntgenuntersuchung gestellt.
vor Reposition: Ausschluss einer Fraktur, von Begleitverletzungen
nach Reposition: Kontrolle der richtigen Position des reponierten Fingerglieds
Indikationen zur Überweisung
Fehlende Expertise für die Reposition
Bei Schwierigkeiten bei der Reposition
Palmare Luxationen sind in der Regel schwierig zu reponieren und ein Fall für Handspezialisten.8
Bei Verdacht auf eine Fraktur
Jede Luxationsverletzung sollte im Verlauf auch von Handspezialisten evaluiert werden.1
Therapie
Therapieziele
Reposition des Gelenks und Wiederherstellung der Funktion
Allgemeines zur Therapie
Reposition in der Hausarztpraxis nur bei entsprechender Expertise
Schnellstmögliche Reposition anstreben.
Im Verlauf zunehmende Schwellung und Muskelspasmus, die Reposition erschweren.
Vor und nach der Reposition Röntgenaufnahme machen.
Vor dem Repositionsversuch Fingerblock (nach Oberst) oder Handgelenksblock1
Schmerzfreiheit entspannt die Patienten und erleichtert die Reposition.
Repositionstechnik
unmittelbar nach der Verletzung
Beugung des MCP-Gelenks zur Entspannung der Seitenbänder
Einen axialen Zug am luxierten Finger ausüben.
Evtl. kann der distale Teil des Fingers leicht überstreckt und die Phalanx proximal des luxierten Gelenks gleichzeitig mit der anderen Hand festgehalten werden.9
Den Finger zusammen mit dem Nachbarfinger im Gips oder per Tapeverband 3 Wochen ruhigstellen.
Anschließend beginnt die Rehabilitation.
Bei sportlichen Aktivitäten ist der Finger auch noch einige Wochen danach an den Nachbarfinger zu tapen.
Luxationen der DIP-Gelenke
Diese treten oft bei Traumata auf, die gleichzeitig zu Frakturen und Weichteilschäden führen.
Dorsale Luxation
Proximales Glied fixieren.
axialer Zug und Hyperextension am dislozierten Glied
Palmare Luxation
Proximales Glied fixieren.
axialer Zug und Hyperflexion am dislozierten Glied
Anschließend eine Schiene zur Ruhigstellung des Fingers anlegen.
Nach 1 Woche sollten die stabilen Gelenke weitere 2–4 Wochen ruhiggestellt werden, indem sie an den Nachbarfinger getapet werden.
Den Heilungsverlauf radiologisch kontrollieren.
Luxationen der PIP-Gelenke
Luxationen nach dorsal
Reposition
Die Reposition erfolgt durch Zug an dem betroffenen Finger nach distal, Hyperextension und gleichzeitiger Ausübung von Druck auf die Mittelphalanx in palmarer Richtung.1
Es ist deutlich zu spüren, wenn das Gelenk zurück an seinen Platz springt.
Anästhesie
Erfolgt die Reposition sofort am Ort des Traumas, kann auf Anästhesie verzichtet werden.
Erfolgt die Reposition mehr als 1 Stunde nach der Verletzung, ist häufig eine Nervenblockade des Fingers notwendig.10
Ruhigstellung
War die Reposition erfolgreich, sollte das PIP-Gelenk ruhiggestellt werden.
Zum Beispiel in leicht flektierter Position (30 Grad) an den Nachbarfinger tapen11 oder 1–2 Wochen Gipsverband.12
Es ist umstritten, inwieweit mobilisierende Übungen angewendet werden sollten.12-13
Nach unkomplizierten PIP-Luxationen nach dorsal werden jedoch für kurze Zeit ein Gipsverband in flektierter Position und danach frühzeitig aktive Bewegungs- und Kräftigungsübungen anstelle einer Ruhigstellung empfohlen.
Komplikationen
Ist in der Röntgenaufnahme ein Frakturfragment zu sehen, oder ist die Reposition fehlgeschlagen, überweisen Sie die Patienten an Orthopäden oder Handchirurgen.
Bei Einklemmung der palmaren Sehnenplatte ist häufig keine Reposition möglich.
operativer Eingriff notwendig
Laterale Luxationen
Laterale Luxationen sind seltener zu beobachten.
Sie werden reponiert, indem Druck auf die Mittelphalanx ausgeübt und die Grundphalanx gleichzeitig stabilisiert wird.
Palmare Luxationen
Palmare Luxationen sind selten und schwer zu reponieren.
Häufig werden die Kollateralbänder durch das Köpfchen des proximalen Fingerglieds eingeklemmt.
Sofern keine Erfahrungen mit der Reposition von diesen Luxationen vorliegen, Überweisung an Spezialisten.8
Können zu Ruptur der Strecksehne führen.
Repositionsmanöver
Mittelphalanx überstrecken, um Gelenk zu entsperren.
anschließend axialer Zug und Hyperflexion
Ein solcher Repositionsversuch sollte nur einmal durchgeführt werden, da die Luxationen häufig nicht reponierbar sind und offen-chirurgisch reponiert werden müssen.
War die Reposition erfolgreich, sollte das PIP-Gelenk für etwa 6 Wochen in voller Extension ruhiggestellt werden.
MCP- und DIP-Gelenk sind dabei mobil.
Luxationen der MCP-Gelenke
Bei einer einfachen Luxation liegt keine Obstruktion durch Weichgewebe vor, sodass eine Reposition versucht werden sollte.9
im Röntgenbild weiterhin Kontakt der Gelenkflächen
Meist handelt es sich jedoch um komplizierte Luxationen, bei denen eine Weichteileinklemmung (Bänder, Muskulatur, Faszien) vorliegt, sodass ein operativer Eingriff notwendig ist.
im Röntgenbild vollständige Dislokation der Gelenkflächen
Pathognomonisch: Das Sesambein liegt im Gelenkspalt.
Repositionsmanöver bei einfacher Luxation nach dorsal
Handgelenk beugen.
Entspannung der Beugesehnen
Hyperextension des betroffenen Fingers
Druck ausüben auf die dorsale proximale Phalanx in Richtung distal und palmar.
Ruhigstellung mit Schiene in Flexion
Komplizierte Luxation
Reposition kann nur chirurgisch erfolgen.
Vorstellung bei der Handchirurgie
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Prognose
Die Prognose ist gut.
Die Beweglichkeit ist – insbesondere in den PIP-Gelenken – jedoch nach der Verletzung häufig für mehrere Monate oder auch dauerhaft eingeschränkt.
Das Gelenk kann für einen Zeitraum von bis zu 1 Jahr geschwollen bzw. verdickt sein.
Sportliche Aktivitäten können 5–6 Wochen nach der Verletzung wieder aufgenommen werden, der Finger sollte dabei zur Stabilisierung jedoch an den Nachbarfinger getapet werden.
Komplikationen
Gelenkinstabilität
Gelenkdeformität
Gelenksteifheit
Reluxation
Selten, aber erfordert bei Auftreten häufig operativen Eingriff.14
Verlaufskontrolle
Unmittelbar nach der Reposition sollte eine Röntgenuntersuchung erfolgen, um sicherzustellen, dass die Gelenkflächen in der richtigen Position zueinander stehen.15
Nach 1 Woche sollte zudem die Heilung radiologisch kontrolliert werden.
Die Kollateralbänder sollten untersucht und die aktive Flexion und Extension im Hinblick auf die Funktion der Sehnen beurteilt werden.
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Autoren
Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt
Trine Fresvig, lege under spesialisering, ortopedisk avdeling, Rikshospitalet
Terje Johannessen, professor i allmennmedisin, Institutt for samfunnsmedisinske fag, Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheim
Fingergelenkluxation; Fingerluxation; Dislokation der Fingergelenke; Luxationen der Metakarpophalangealgelenke; Luxationen der MCP-Gelenke; Luxationen der Interphalangealgelenke; Luxationen der PIP-Gelenke; Luxationen der DIP-Gelenke; Reposition
Luxationen der Fingergelenke
CCC MK 18.02.2019, komplett überarbeitet (AiW Orthopädie);
Revision at 08.05.2012 08:18:49:
Generell gjennomgang av artikkelen. Chck go 2.5.16
Zusammenfassung Definition:Es wird zwischen Luxationen (Dislokationen) der MCP-, PIP- und DIP-Gelenke unterschieden. Häufigkeit:Fingerluxationen sind keine Seltenheit und treten insbesondere in Verbindung mit Ballsportarten auf.