Definition:Degenerative Veränderungen im Daumensattelgelenk.
Häufigkeit:Häufige Erkrankung bei älteren Menschen, insbesondere Frauen.
Symptome:Schmerzen, Steifheit und Schwäche im Daumengrundgelenk mit eingeschränkter Funktionsfähigkeit.
Befunde:Häufig Schwellung und palpable Osteophyten. Druckschmerz über Gelenkspalt. Positiver Grind-Test (axiale Stauchung des Sattelgelenks mit kombinierter Drehung).
Diagnostik:Röntgen in 2 Ebenen.
Therapie:Multimodale konservative Therapie. Bei Therapieversagen verschiedene chirurgische Optionen.
Allgemeine Informationen
Definition
Degenerative Veränderungen im Daumensattelgelenk (1. Karpometakarpalgelenk)1
Primäre Arthrose: Verschleißerscheinungen ohne eindeutige Ursache
Sekundäre Arthrose: nachweisbare Ursache für vermehrte Degeneration
Untersucher*in fasst 1. Mittelhandknochen und übt axiale Belastung auf Sattelgelenk unter rotierenden Bewegungen aus.
positiv bei Schmerzprovokation
Kompressionstest (nach Glickel)
Kompression der Basis des 1. Mittelhandknochens bei gleichzeitiger Dorsalextension des Daumens
positiv bei Schmerzprovokation
Diagnostik bei Spezialist*innen
Bildgebung
Obligat für die Diagnostik ist eine nativradiologische Untersuchung.3
2 Ebenen: posterior-anteriorer und streng seitlicher Strahlengang
Kernspintomografische Untersuchung nur bei diagnostischer Unsicherheit, um andere Erkrankungen wie Tendopathien und akute rheumatoide Arthritis auszuschließen.7
Indikationen zur Überweisung
Bei Beschwerdepersistenz trotz Ausreizung der konservativen Therapiemaßnahmen
Therapie
Therapieziele
Schmerzen lindern.
Funktion wiederherstellen/verbessern.
Allgemeines zur Therapie
Zunächst in allen Stadien konservative Maßnahmen initiieren.8
multimodaler konservativer Therapieansatz, ggf. in Verbindung mit Orthesen3
Nur wenn dadurch keine ausreichende Besserung erzielt werden kann, kommen operative Maßnahmen in Betracht.8
„Kein Röntgenbild behandeln!"
Die klinische Symptomatik korreliert oft nicht mit dem radiologischen Befund.
Auch ausgeprägte radiologische Arthrosezeichen müssen bei Beschwerdefreiheit nicht behandelt werden.
Empfehlungen für Patient*innen
Schmerzhafte Aktivitäten vermeiden.
Physikalische Therapien anwenden: Wärme (bei chronischen Schmerzen) und Kälte (in akuten Phasen).
Konservative Therapie
Analgetika
Systemische NSAR und COX-2-Hemmer mit moderater Wirksamkeit3
Cave: wegen Nebenwirkungen nur schmerzgesteuert und intermittierend einnehmen, ggf. gemeinsam mit PPI!
Topische Diclofenac-Präparate
in einer Metaanalyse in den ersten beiden Wochen bessere Wirkung als bei Placebo, danach Wirkung auf Niveau des Placebos9
in RCT leichte, aber signifikante Wirkung bei 4 x tgl. Verwendung nach 4, 6 und 8 Wochen10
Intraartikuläre Injektionstherapie
Intraartikuläre Applikation von Hyaluronsäure und Kortison mit kurzfristiger Schmerzlinderung, eine langfristige Wirkung ist allerdings fraglich.3
Handorthese
Metaanalyse bezüglich der Anwendung einer Handorthese11
geringe Evidenz für langfristige Schmerzlinderung und moderate Evidenz für langfristige Funktionsverbesserung
Physiotherapie
Gezielte Physiotherapie (Mobilisierung des Gelenks, Stärkung der Thenarmuskulatur) in einem multimodalen Therapiekonzept scheint zumindest kurzfristig die Schmerzen zu lindern.12
Röntgenreizbestrahlung
In einer (nicht-kontrollierten) Studie mit 101 bestrahlten Rhizarthrosen waren nach 12 Monate 70 % der Patient*innen beschwerdegebessert und 26 % komplett beschwerdefrei.13
Die Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie nennt die Bestrahlung daher als erfolgreiche, kostengünstige und risikoarme Alternative zu anderen Therapieformen.14
aufgrund des allgemeinen Strahlenrisikos bei jüngeren Patient*innen jedoch sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung
Radiosynoviorthese
Angaben gemäß S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin15
Nuklearmedizinisches Verfahren zur Wiederherstellung der Gelenkinnenhaut bzw. ihrer Funktion durch lokale Strahlenwirkung nach intraartikulärer Radionuklidapplikation
Durchführung
sterile intraartikuläre Injektion eines radioaktiven Nuklids (Erbium-169 bei Daumensattelgelenk)
anschließend Ruhigstellung des Gelenks für 48 h
Kaum Evidenz zur Wirksamkeit zu finden (Anmerkung der Redaktion).
Operative Therapie
Bei therapierefraktären Schmerzen gibt es verschiedene Operationsmethoden:8
bei jüngeren Patient*innen im Stadium I und II gelenkerhaltende Maßnahmen wie arthroskopische Synovialektomie oder Korrekturosteotomien
endoprothetischer Ersatz des Daumensattelgelenks (nur bis Stadium III, da im Stadium IV zusätzliche Arthrose des STT-Gelenkes nur Resektionsarthroplastik nach Epping erlaubt)
Vorteile: kurze Rehabilitationszeit, verbleibende Therapieoption im Sinne einer sekundären Resektionsarthroplastik
Nachteile: hohe Komplikations- und Revisionsrate, hohe Kosten
traditionelle Resektionsarthroplastik nach Epping mit Resektion des Os trapezium
Vorteile: niedrigere Kosten, weniger Komplikationen
Nachteile: teilweise sehr lange Rehabilitationszeit
Arthrodese ist kaum noch im Einsatz.
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
Ohne Therapie progrediente Schmerzen und Funktionseinschränkungen sowie Deformität des Daumens
Die Arthrose kann durch konservative Therapien nicht geheilt werden, es können jedoch Symptome gelindert und die Notwendigkeit einer Operation verzögert werden.
Mit chirurgischem Eingriff in der Regel gute Schmerzlinderung und Funktionsfähigkeit
Deutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin e. V. (DGN). Radiosynoviorthese. AWMF-Leitlinie Nr. 031-023. S1, Stand 2019. www.awmf.org
Literatur
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Deutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin e.V. (DGN). Radiosynoviorthese. S1, AWMF-Leitlinie Nr. 031-023. Stand 2019. www.awmf.org
Autor*innen
Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Allgemeinmedizin, Frankfurt
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
Quellen
Literatur
M18; M180; M181 Sonstige; M182; M183; M184; M185
artrose; tommelartrose; Artros; l91 annan artros; tumartros; Artros, tumme; m18 artros i första karpometakarpalleden; m18.0 primär artros i första karpometakarpalleden, dubbelsidig; m18.1 primär artros i första karpometakarpalleden, ensidig eller uns; m18.2 posttraumatisk artros i första karpometakarpalleden, dubbelsidig; m18.3 posttraumatisk artros i första karpometakarpalleden, ensidig eller uns; m18.4 annan sekundär artros i första karpometakarpalleden, dubbelsidig; m18.5 annan sekundär artros i första karpometakarpalleden, ensidig eller uns; m18.9 artros i första karpometakarpalleden, ospecificerad
L91
Degeneration des Daumensattelgelenks; Daumensattelgelenkdegeneration; Arthrose des Daumensattelgelenks; Daumensattelgelenkarthrose; Sattelgelenkarthoplastik
Definition:Degenerative Veränderungen im Daumensattelgelenk. Häufigkeit:Häufige Erkrankung bei älteren Menschen, insbesondere Frauen. Symptome:Schmerzen, Steifheit und Schwäche im Daumengrundgelenk mit eingeschränkter Funktionsfähigkeit.