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Hüftgelenksarthrose

Zusammenfassung

  • Definition:Degenerative Veränderungen des Hüftgelenks.
  • Häufigkeit:Ca. 15–20 % der über 60-Jährigen in den westlichen Industrieländern leiden an Koxarthrose.
  • Symptome:Allmählich zunehmende Schmerzen in der Leistengegend/Hüfte, teils zum Knie ausstrahlend. Anlaufschmerz, Morgensteifigkeit, allmählich Ruhe- und Nachtschmerz.
  • Befunde:Schmerzen und eingeschränkte Beweglichkeit, v. a. Innenrotation und Flexion.
  • Diagnostik:Röntgen.
  • Therapie:Primär konservativ mit Bewegungs- und Schmerztherapie; in der Folge ggf. Hüftendoprothese.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Degenerative Veränderungen des Hüftgelenks
  • Synonyme: Hüftarthrose, Coxarthrose, Koxarthrose, Hip Osteoarthritis
  • Arthrose ist ein Sammelbegriff für primär nicht entzündliche, progrediente Gelenkerkrankungen. Verschleißbedingt kommt es zu Knorpelschädigungen, in deren Folge es auch zu Umbauprozessen im angrenzenden Gewebe und Knochen kommt.1
  • Die Folge sind Hüftschmerzen und Funktionseinschränkungen bis zu einem vollständigen Versagen des Gelenkes.2
  • Es wird zwischen primärer (ideopathischer) und sekundärer Arthrose des Hüftgelenks unterschieden.

Häufigkeit

  • 12-Monats-Prävalenz der Arthrose liegt in Deutschland ab 65 Jahren bei 48,1 % für Frauen und 31,2 % für Männer.3
  • Neben dem Knie ist die Hüfte am häufigsten von Arthrose betroffen.
  • Von Koxarthrose betroffen sind ca. 15–20 % der über 60-Jährigen in den westlichen Industrieländern.1

Ätiologie und Pathogenese

  • Arthrotische Veränderungen entstehen durch langfristige Abnutzung der Knorpelschicht an den Gelenkflächen.
  • Im frühen Stadium durch Chondrozyten induzierte erhöhte Synthese extrazellulärer Matrix und Hyperproliferation von Chondrozyten
  • Später Produktion katabolischer Faktoren, die zur weiteren Schädigung des Knorpels führen.
  • Im fortgeschrittenen Stadium dann Apoptose der Knorpelzellen, Verlust des Knorpels und infolgedessen schmerzhaftes Reiben der artikulierenden Knochen aufeinander sowie Funktionsverlust des Gelenks.4
  • Langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten bzw. schwere körperliche Arbeit bei Männern kann zu einer Hüftgelenksarthrose führen.5

Prädisponierende Faktoren

  • Genetische Disposition
  • Alter
  • Übergewicht6
  • Fehlstellung der Gelenkflächen in Folge einer Fraktur, Morbus Perthes oder Epiphysiolyse
  • Rheumatische Erkrankung: rheumatoide Arthritis, Psoriatisarthritis, Morbus Bechterew
  • Septische (bakterielle) Arthritis
  • Avaskuläre Nekrose (Hüftkopfnekrose)
  • Fehlstellungen im Kindes- und Jugendalter: Hüftgelenksdysplasie, Coxa vara
  • Stoffwechselerkrankungen: Chondrokalzionose
  • Hämophilie mit Blutungen in Gelenken
  • Langes Stehen, schweres Heben oder Tragen5
  • Belastende Sportarten (Laufen auf Spitzensportlerniveau)7

ICPC-2

  • L89 Arthrose der Hüfte

ICD-10

  • M16 Koxarthrose [Arthrose des Hüftgelenkes]
    • M16.0 Primäre Koxarthrose, beidseitig
    • M16.1 Sonstige primäre Koxarthrose
    • M16.2 Koxarthrose als Folge einer Dysplasie, beidseitig
    • M16.3 Sonstige dysplastische Koxarthrose
    • M16.4 Posttraumatische Koxarthrose, beidseitig
    • M16.5 Sonstige posttraumatische Koxarthrose
    • M16.6 Sonstige sekundäre Koxarthrose, beidseitig
    • M16.7 Sonstige sekundäre Koxarthrose
    • M16.9 Koxarthrose, nicht näher bezeichnet

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Die Diagnose Koxarthrose wird klinisch anhand einer spezifischen Anamnese (Hüftschmerzen, Morgensteifigkeit < 60 min) und einer spezifischen klinischen Untersuchung (schmerzhafte Innenrotation und eingeschränkte Flexion) gestellt.8-9
  • Röntgen zur Sicherung der Diagnose
    • Der Schweregrad der Koxarthrose stimmen klinisch und im Röntgenbild nicht notwendigerweise überein.
  • Diagnosekriterien des American College of Rheumatology (ACR) für die Osteoarthrose der Hüfte:1
    1. Schmerz in der Hüfte und Innenrotation < 15 Grad und Blutkörperchensenkung (BKS) ≤ 45 mm/h oder Flexion ≤ 115 Grad – oder –
    2. Schmerz in der Hüfte und Innenrotation < 15 Grad und Morgensteifigkeit der Hüfte ≤ 60 min und Alter > 50 J. und schmerzhafte Innenrotation – oder –
    3. Schmerzen und 2 von den 3 folgend genannten Punkten:
      • BKS ≤ 20 mm/h
      • femorale und/oder azetabuläre Osteophyten
      • Gelenkspaltverschmälerung.1

Leitlinie: Diagnostik1

  • Die Diagnose einer Koxarthrose kann in den meisten Fällen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anhand von Anamnese sowie klinischem und radiologischem Befund gestellt werden.
  • Für die Diagnose einer Koxarthrose sollen die Kriterien des American College of Rheumatology (ACR) erfüllt sein.

Differenzialdiagnosen

  • Vertebragene Ursachen/Ischialgie
  • Piriformis-Syndrom
  • Primärtumoren
  • Ossäre Metastasen
  • Infektionen (bakteriell, viral)
  • Chondromatose
  • Schenkelhals-, Azetabulum-Frakturen, proximale Femurfrakturen
  • Hüftdysplasie
  • Labrumeinrisse 
  • Hüftkopfnekrosen
  • Entzündlich-rheumatische Gelenkerkrankungen
  • Femoroazetabuläres Impingement
  • Intraabdominelle Erkrankungen
  • Leisten-, Obturatorius-, Schenkelhernien
  • Bursitiden 
  • Affektionen des Iliosakralgelenke
  • Neurogene Inguinalsyndrome
  • Osteomyelitiden
  • Syndrom der schnappenden Hüfte 
  • Gelenknahe Insertionstendinopathien
  • Pelvine, inguinale, retroperitoneale Angiopathien
  • Hamstring-Syndrom

Anamnese

  • Schmerzcharakteristik
    • allmählich zunehmende Schmerzen in der Leistengegend oder im lateralen Oberschenkel, häufig bis ins Knie ausstrahlend
    • Anlaufschmerz, der nach einigen Schritten oder mehreren Gehminuten nachlässt, jedoch nach einer Zeit der Belastung wieder auftritt.
    • bei fortgeschrittener Erkrankung Schmerzen auch in Ruhe und in der Nacht
  • Beeinträchtigung im Alltag
    • Morgensteifigkeit für 30–60 min
    • Bewegungseinschränkungen im Hüftgelenk, v. a. bei Innenrotation und Flexion, bis zur Beugekontraktur
    • Im fortgeschrittenen Stadium Schonhinken, verringerte Gehstrecke ohne Schmerzen, Gehhilfe ist erforderlich (Verwendung auf der entgegengesetzten Seite).
  • Berufsanamnese, körperliche Belastung, Sport
  • Vorbestehende Gelenkerkrankungen, Hüftdysplasie
  • Beurteilung des Leidensdruckes der Patient*innen durch Erhebung folgender koxarthrosebedingter Symptome:
    • Schmerzen
    • Einschränkungen der Funktion und der Aktivitäten des täglichen Lebens
    • Einschränkungen der gesundheitsbezogenen Lebensqualität.8

Leitlinie: Anamnese1

  • Allgemeine Anamnese bei Angabe von Hüftbeschwerden
    • Sozial-, Berufs- und Familienanamnese
    • Stoffwechselstörungen
    • vorangegangene Hüftgelenkserkrankungen
    • andere Gelenkerkrankungen
    • frühere Verletzungen
    • frühere Krankenhausaufenthalte und Operationen
    • Nikotin- und Alkoholabusus
    • körperliche Belastung (sportlich, beruflich)
    • Medikamentenanamnese
  • Spezielle Anamnese bei Angabe von Hüftbeschwerden
    • Schmerzen in der Hüfte
    • Ruhe-/Nachtschmerzen
    • länger als 30 min und kürzer als 60 min andauernde   Morgensteifigkeit in der Hüfte
    • schmerzhafte Innenrotation 
    • Bewegungseinschränkung
    • maximale Gehstrecke
    • Schmerzhaftigkeit anderer Gelenke inkl. Rückenschmerzen
    • vorausgegangene Behandlung des betroffenen Gelenks

 Klinische Untersuchung

  • Immer Untersuchung beider Hüftgelenke
  • Beurteilung von Beckenstand, Beinlänge, Gangbild
  • Ggf. Atrophie der Hüft- und Oberschenkelmuskulatur
  • Ausschluss von Schwellung, Rötung und Überwärmung
  • Beeinträchtigte Beweglichkeit bereits in früheren Stadien
    • positives Drehmannzeichen
      • 90-Grad-Beugung im Hüftgelenk ist nur in Abduktion und Außenrotation möglich.
    • schmerzhafte und eingeschränkte Innenrotation
  • Bestimmung des Bewegungsausmaßes der benachbarten Gelenke
  • Überprüfung von Durchblutung, Motorik und Sensibilität der unteren Extremität

Leitlinie: Klinische Untersuchung1

  • Die allgemeine klinische Untersuchung bei Vorliegen von Hüftbeschwerden sollte folgende Punkte umfassen:
    • Inspektion (Schwellung, Rötung, Überwärmung)
    • Beurteilung der Durchblutung
    • orientierende neurologische Untersuchung (Motorik, Sensibilität) der unteren Extremitäten.
  • Die spezielle klinische Untersuchung bei Vorliegen von Hüftbeschwerden sollte folgende Punkte umfassen:
    • Gangbild
    • Beckenstand und Beinlänge
    • Beinachse
    • Trophik und Funktion der Bein- und Glutealmuskulatur 
    • Leistendruck-, Trochanterklopf- und -druckschmerz
    • Bewegungsausmaß der betroffenen Hüfte
    • Bewegungsausmaß der kontralateralen Hüfte
    • Bewegungsausmaß der benachbarten Gelenke.

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

Diagnostik bei Spezialist*innen

Röntgen

  • Sollte bei anhaltenden Hüftgelenksbeschwerden zur Diagnosesicherung und Beurteilung des Ausmaßes der degenerativen Veränderungen erfolgen.
    • Beckenübersicht tief eingestellt exakt a. p. sowie die betroffene Hüfte tief axial oder Lauenstein-Projektion1,8-9
  • Die radiologischen Veränderungen müssen nicht mit dem Ausmaß der Hüftbeschwerden und dem klinischen Befund korrelieren.
  • Radiologische Stadieneinteilung der Koxarthrose nach Kellgren und Lawrence in 4 Schweregrade:
    • Grad I: Gelenkspaltverschmälerung möglich, Osteophyten möglich
    • Grad II: Gelenkspaltverschmälerung sicher, Osteophyten möglich, minimale Sklerose
    • Grad III: deutliche Gelenkspaltverschmälerung, geringe Osteophyten, geringe Sklerose
    • Grad IV: erhebliche Gelenkspaltverschmälerung, große Osteophyten, Sklerose, Zysten, ausgeprägte Deformierung.1

MRT und CT

  • Nur bei Diskrepanz zwischen klinischem und röntgenologischem Befund indiziert1,8-9
  • Im MRT können Weichteilgewebe sowie knorpelige Anteile (z. B. das Labrum) beurteilt werden.
  • Mit der CT können knöcherne Strukturen genauer beurteilt werden.1

Szintigrafie

  • Bei Verdacht auf Entzündung oder Tumor1

Sonografie

  • Mit der Sonografie können ein intraartikulärer Erguss erkannt und die periartikulären Weichteile beurteilt werden.1
  • Bei Diskrepanz zwischen Klinik und Röntgenbild bzw. nicht eindeutiger Diagnose nach Anamnese und klinischer sowie radiologischer Untersuchung1

Injektion von Lokalanästhetika

  • Vor Empfehlung zur endoprothetischen Versorgung kann bildgestützt eine intraartikuläre Infiltration mit einem Lokalanästhetikum erfolgen, um zu bekräftigen, dass eine intraartikuläre Schmerzursache vorliegt.1,8

Checkliste zur Überweisung

Hüftgelenksarthrose

  • Zweck der Überweisung
    • Diagnostik? Implantat einer Hüftprothese? Andere Operation?
  • Anamnese
    • Dauer und Beginn? Trauma? Verlauf und Entwicklung? Anhaltende Beschwerden?
    • Grad der Schmerzen? Ruheschmerz? Nachtschmerz? Grad der Funktionseinschränkung?
    • Erfahrung mit konservativer Behandlung?
    • Sonstige relevante Erkrankungen? Regelmäßige Medikamente?
    • Trainingsfähigkeit?
    • Folgen: Funktionsverlust, der sich auf die Lebensqualität auswirkt?
  • Klinische Untersuchung
    • Schmerzen? Eingeschränkte Beweglichkeit (Innenrotation, Flexion, Adduktion usw.)? Kontraktur?
    • Harris Hip Score?
  • Ergänzende Untersuchungen
    • Röntgen?

Therapie

Therapieziele

  • Schmerzlinderung und Verhinderung des Funktionsverlustes des Gelenkes
  • Verbesserung der Lebensqualität

Allgemeines zur Therapie

  • Die Arthrose selbst ist nicht heilbar, der Schmerz entsteht durch Entzündung, Muskelschwäche und Instabilität; hier kann die Therapie ansetzen.
  • Multimodale Behandlung
    • medikamentös
      • zur Symptomlinderung
      • kein Einfluss auf den Krankheitsverlauf
    • Muskelaufbau und körperliche Aktivität, Bewegungstherapie
    • Gewichtsreduktion bei Übergewicht
    • Information, Aufklärung und Beratung zur Erkrankung1,8
  • Bei einigen präarthrotischen Deformitäten besteht evtl. die Möglichkeit, im Vorfeld durch eine Operation (Osteotomie, Arthroskopie) den Verlauf der Arthrose günstig zu beeinflussen und den Ersatz des Hüftgelenkes herauszuzögern.
  • Indikationsstellung zur Hüft-TEP
    • Wenn die Patient*innen ein hohen subjektiven Leidensdruck trotz leitliniengerechter konservativer Therapiemaßnahmen über mindestens 3 Monate aufweisen.8
  • Partizipative Entscheidungsfindung mit Vereinbarung individueller Therapieziele 1,811

 Konservative Therapie

  • Gelenküberlastungen vermeiden.
  • Bewegungs- und Übungstherapie zur Schmerzlinderung und Kräftigung der Muskulatur, Beseitigung von Muskeldefiziten durch Physiotherapie und Anleitung zu Übungen.1,12
  • Physikalische Therapie: zur Verbesserung der Gelenkfunktion und Schmerzlinderung
    • Elektrotherapie/Ultraschalltherapie, Massage, Wärme- und Kälteapplikation, Balneotherapie können zu einer Symptomlinderung beitragen.1
  • Physiotherapie 
    • Bewegungstherapie
    • Übungen zur Kräftigung als auch zur generellen Steigerung der körperlichen Belastungsfähigkeit
    • manuelle Therapie als Ergänzung
  • Nutzung von Gehhilfen zur Entlastung des betroffenen Gelenks unter physiotherapeutischer Anleitung
  • Akupunktur: zusätzlich zur Standardtherapie1

Medikamentöse Therapie

  • Topische NSAR, z. B. Diclofenac 1 % Gel
    • Findet in der aktuellen AWMF-Leitlinie Koxarthrose keine Erwähnung.1
    • Während das American College of Rheumatology/Arthritis die topische NSAR-Anwendung bei Hüftgelenksarthrose empfiehlt, wird es in den Osteoarthritis Research Society International (OARSI) Guidelines nur für die Kniegelenksarthrose empfohlen.13-14
  • Systemische Schmerzmedikation kann in Zeiträumen mit starken Schmerzen notwendig sein.
    • z. B. Paracetamol 500 mg bis zu 3 x tgl.15
      • Die Langzeitbehandlung mit höheren Dosen birgt die Gefahr von Leberschädigungen.
    • z. B. Ibuprofen in Tablettenform 600 mg 1 Tablette bis zu 3-mal tgl. in begrenzten Zeiträumen
      • Niedrigdosiertes ASS und Ibuprofen sollten zu verschiedenen Zeitpunkten genommen werden (2 Stunden Abstand), um Medikamenteninteraktionen zu vermeiden.16
    • z. B. Naproxen in Tablettenform 250 mg: 1–2 Tabletten morgens und abends während eines bestimmten Zeitraums
      • Naproxen hat von allen NSAR die geringste kardiovaskuläre Nebenwirkungsrate, allerdings häufiger gastrointestinale Nebenwirkungen.
    • z. B. Diclofenac 2 x 50–75 mg/d
      • vermehrt kardiovaskuläre Ereignisse
    • COX-2-Hemmer
      • Haben eine Wirkung, die herkömmlichen NSAR vergleichbar ist. Sie führen nachweislich seltener zu gastrointestinalen Nebenwirkungen.
  • Unter COX-2-Hemmern sowie unter Diclofenac, aber auch Ibuprofen, kommt es vermehrt zu kardiovaskulären Ereignissen, sodass diese Substanzen nicht für eine Dauertherapie älterer Patient*innen, insbesondere mit kardiovaskulären Vorerkrankungen, geeignet sind.16
  • Vorsicht ist auch bei Niereninsuffizienz geboten.
  • Patient*innen, die zu Magengeschwüren neigen und eine Langzeitbehandlung mit NSAR benötigen:
    • COX-2-Hemmer oder 
    • Kombination von NSAR mit Protonenpumpenhemmer.17
  • Opiate
    • kurzfristiger Einsatz von schwachen Opioiden in der niedrigst wirksamen Dosis, wenn Medikamente der Stufe 1 nach WHO unwirksam oder aus anderen Gründen kontraindiziert sind.1
  • Novaminsulfon
    • Wenn NSAR nicht vertragen werden oder aufgrund von Vorerkrankungen kontraindiziert sind.
    • Kann auch bei Patient*innen mit Niereninsuffizienz verwendet werden, Dosierung bis zu 4 x 1.000 mg/d
    • Nebenwirkungen  
  • Glukosamin und Chondroitinsulfat
    • Metaanalyse von 10 Studien mit insgesamt 3.803 Patient*innen: Weder Glukosamin noch Chondroitin oder eine Kombination dieser Wirkstoffe verglichen mit Placebo hatten eine Wirkung auf die Gelenkschmerzen oder die Größe des Gelenkspalts (Ia).18
    • Laut Leitlinie kann Glucosamin bei Patient*innen mit NSAR-Unverträglichkeit in Erwägung gezogen werden.1

Leitlinie: Medikamentöse Therapie1

  • Bei Koxarthrose können NSAR und Coxibe eingesetzt werden bei inadäquater Schmerzlinderung durch andere Therapiemaßnahmen.
  • NSAR und Coxibe sollten bei Koxarthrose in der niedrigsten effektiven Dosis und so kurz wie möglich eingesetzt werden.
  • Alle oralen NSAR und Coxibe haben ähnliche analgetische und antientzündliche Wirkungen, aber variieren in ihren potenziellen gastrointestinalen, kardiovaskulären und renalen Nebenwirkungen.
  • Metamizol kann kurzzeitig als Analgetikum bei Gegenanzeigen oder einer Unverträglichkeit von NSAR und Coxiben eingesetzt werden.
  • Der kurzfristige Einsatz von schwachen Opioiden kann bei nicht operablen Patient*innen oder bei Personen, die für kurze Zeit bis zu einer Operation begleitet werden, in Erwägung gezogen werden. Opioide der Stufe 2 WHO, wie z. B. Tramadol, sollten primär dann eingesetzt werden, wenn eine Stufe-1-Medikation unwirksam oder aus anderen Gründen kontraindiziert ist.
  • Die klinischen Daten aus publizierten Studien und Metaanalysen zur symptomlindernden (analgetischen, funktionsverbessernden) Wirkung von Glucosamin und Chondroitinsulfat zeigen eine widersprüchliche Datenlage.
  • Die Gabe von Glucosamin kann bei Patient*innen mit NSAR-Unverträglichkeit in Erwägung gezogen werden.

Weitere Therapien

  • Hyaluronsäureinjektionen
  • Intraartikuläre Injektion von Kortikosteroiden
  • Für das Hüftgelenk keine ausreichende Evidenz1

Operative Therapie

Gelenkerhaltende Operationen am Hüftgelenk

  • Arthroskopisch oder offen
  • Gelenkerhaltende Operationen dienen der Korrektur von Fehlstellungen, um die mechanische Beanspruchung im Hüftgelenk zu verbessern.
  • Hiermit kann das Fortschreiten der Arthrose ggf. verzögert und der Schmerz reduziert werden.
  • Infrage kommen:
    • Beckenosteotomien
    • Osteotomien des koxalen Femurs oder die Kombinationen aus beiden
    • Arthroskopie bei femoroazetabuläres Impingement mit Labrumrefixation oder Labrumresektion
    • knorpelreparative Therapie, z. B. bei osteochondralen Defekten des Hüftkopfs
      • osteochondraler Transfer
      • nach knöcherner Defektauffüllung, z. B. mittels impaktierter Spongiosa oder Knochenstanzzylindern aus dem vorderen Beckenkamm, zellbasierte Knorpeltherapie
      • KI: fortgeschrittene Koxarthrose.1

Prothesenimplantat

  • Nur bei radiologisch nachgewiesener fortgeschrittener Koxarthrose (Kellgren & Lawrence Grad 3 oder 4).8
  • Nur bei Beschwerdepersistenz trotz mindestens 3-monatiger konservativer Therapie
  • Indikationsstellung gemeinsam mit den Patient*innen unter Berücksichtigung folgender Faktoren:
    • Leidensdruck
    • Verlust an Lebensqualität
    • starker Schmerz oder Dauerschmerz
    • schwere Bewegungseinschränkung
    • Beugekontraktur
    • erhebliche Einschränkung der Gehstrecke
    • Einschränkung der Alltagsaktivitäten
    • Komplikation nach medikamentöser Behandlung
    • Therapieversagen konservativer Maßnahmen
    • gesundheitsbezogene Lebensqualität.
  • Abwägung der Vor- und Nachteile einer frühen bzw. späten Indikationsstellung zur Hüft-TEP mit den Patient*innen gemeinsam
    • frühe Indikationsstellung: ggf. im Laufe des Lebens Notwendigkeit eines Implantatwechsels
    • späte Indikationsstellung: u. U. hoher Verlust an Lebensqualität bei Beschwerdepersistenz unter konservativer Behandlung
  • Präoperativ: modifizierbare Risikofaktoren
    • Empfehlung Rauchstopp mindestens 1 Monat vor OP
    • Optimierung der Blutzuckereinstellung bei Patient*innen mit Diabetes mellitus: HbA1c-Ziel unter 8 %
    • bei einem BMI ≥ 30 kg/m2 Empfehlung zur Gewichtsreduktion vor der OP
    • bei V. a. psychische Erkrankung vorherige fachspezifische Abklärung empfohlen
    • Bei bestehender Anämie sollte diese vor OP abgeklärt und ggf. behandelt werden.
    • Eine Infektion sollte ausgeschlossen sein.8
  • Kontraindikationen
    •  aktive Infektion (absolut)
    • BMI ≥ 40 kg/m2 (relativ)
    • akute oder chronische Begleiterkrankungen mit erhöhtem Sterberisiko (relativ)8

Leitlinie: Indikationsstellung zur Hüft-TEP8

  • Bei akuten oder chronischen Begleiterkrankungen, die mit einem erhöhten Sterblichkeitsrisiko verbunden sind, soll durch Operateur*innen die Empfehlung zur Durchführung bzw. dem Zeitpunkt der Hüft-TEP-Operation nach anästhesiologischer und ggf. fachinternistischer Risikoeinschätzung getroffen werden und kann durch eine orthopädisch-unfallchirurgische Zusatzkonsultation bestätigt werden.
  • Bei einem BMI ≥ 40 kg/m2 soll aufgrund der deutlich erhöhten Komplikationsgefahr eine besonders kritische Abwägung von Nutzen und Risiken der Hüft-TEP-Operation erfolgen.

Rehabilitation

  • Nach der Operation sollte über mehrere Monate ein Rehabilitationsprogramm (Gangschulung, Muskelaufbautraining) stattfinden – die Dauer hängt vom individuellen Bedarf ab.
  • Eine Beinlängendifferenz sollte ausgeglichen werden.
  • Die Rehabilitation sorgt für eine verbesserte Funktion bei den Patient*innen.

Prävention

  • Präoperativ
    • Gewichtsabnahme und Muskelaufbau wirken sich günstig auf das Ergebnis auf.
  • Mit dem Rauchen aufzuhören, reduziert die Häufigkeit von Komplikationen.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • In der Regel kommt es zu einer allmählichen Progression der Erkrankung, in vielen Fällen sind konservative Maßnahmen aber über lange Zeiträume wirkungsvoll.

Komplikationen

  • Beugekontraktur der Hüfte
  • Muskelatrophie
  • Immobilität
  • Postoperativ
    • Wundheilungsstörungen
    • Thrombose
    • Lungenembolie
    • Nachblutungen
    • Nervenschäden
    • periprothetischer Knochenschwund
    • Beinlängendifferenz
    • Ossifikationen
    • Lockerung der Prothese
    • Infektion
    • Luxation

Prognose

  • In vielen Fällen wird durch konservative Maßnahmen eine zufriedenstellende Wirkung erreicht.
  • Durch die Operation wird bei den meisten Patient*innen eine erhebliche Besserung erreicht.
  • Ein systematischer Review, der internationale Daten von mehr als 228.000 Patient*innen mit Totalendoprothesen einschließt, zeigt, dass mit einer Haltbarkeit einer Hüftprothese von 25 Jahren bei ca. 58 % der Betroffenen zu rechnen ist.19

Verlaufskontrolle

  • Kontrolluntersuchungen nach Bedarf

Patienteninformationen

Worüber sollten Sie die Patient*innen informieren?

  • Ausführliche Aufklärung über die Erkrankung
  • Langes Arbeiten im Stehen, schweres Heben und Tragen vermeiden.
  • Die Bauch- oder Seitenlage mit Kissen zwischen den Beinen zur Vermeidung von Kontrakturen ist vorteilhaft.
  • Gehhilfe (Krücke/Gehstock) kontralateral zur erkrankten Hüfte verwenden.
  • Körperliche Aktivität
    • Radfahren und Schwimmen gelten als günstig.
    • Eine Metaanalyse hat eine schmerzlindernde Wirkung von Krafttraining, ggf. kombiniert mit Bewegungstraining im Wasser, ergeben.20

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

Koxarthrose, Röntgen, schwerwiegend
Koxarthrose: 1. verschmälerter Gelenkspalt, 2. Osteophyt, 3. Geröllzysten
Bilaterale Koxartrose, mittelgradig und schwerwiegend
Bilaterale Koxartrose, mittelgradig und schwerwiegend
Totale Hüftendoprothese, Röntgen
Totale Hüftendoprothese, Röntgen: ausgetretener Knochenzement
Normale Hüfte, Röntgen
Normale Hüfte, Röntgen: 1. Femurkopf, 2. Femurhals, 3. Trochanter maior, 4. Trochanter minor

Quellen

Leitlinien

  • Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e. V. (DGOU). Evidenz- und konsensbasierte Indikationskriterien zur Hüfttotalendoprothese bei Coxarthrose (EKIT-Hüfte). AWMF-Leitline Nr. 187-001. S3, Stand 2021. www.awmf.org
  • Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC). Koxarthrose. AWMF-Leitliniennummer:Leitlinie Nr. 033-001. S2k, Stand 2019. www.awmf.org
  • Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten. Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit. AWMF-Leitlinie Nr. 021-001. S2k, Stand 2015. www.awmf.org

Literatur

  1. Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC). Koxarthrose. AWMF-Leitliniennummer:Leitlinie Nr. 033-001. S2k, Stand 2019. www.awmf.org
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  5. Bergmann A, Bolm-Audorff U, Krone D, Seidler A, Liebers F, Haerting J, Freiberg A, Unverzagt S: Occupational strain as a risk for hip osteoarthritis—a systematic review of risk assessment. Dtsch Arztebl Int 2017; 114: 581–8. www.aerzteblatt.de
  6. Gandhi, R., et al., BMI independently predicts younger age at hip and knee replacement. Obesity (Silver Spring), 2010. 18(12): p. 2362-6. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
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  8. Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (DGOU). Evidenz- und konsensbasierte Indikationskriterien zur Hüfttotalendoprothese bei Coxarthrose (EKIT-Hüfte). AWMF-Leitline Nr. 187-001 Stand 2021. www.awmf.org
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Autor*innen

  • Franziska Jorda, Dr. med., Fachärztlin für Viszeralchirurgie, Ärztin in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Kaufbeuren
  • Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
M16; M160; M161; M162; M163; M164; M165; M166; M167; M169
hofteartrose; osteoartritis; artrose, hofte; hip harris score; hhs; Hofteleddsartrose
L89
Coxarthrose; Koxarthrose; Hüftgelenksarthrose; degenerative Veränderungen der Hüfte; Hüftendoprothese; Arthrose; Knorpelschäden; Hip Osteoarthritis
Hüftgelenksarthrose
U-MK 04.03.2019
BBB MK 11.01.2022 revidiert, neue LL. chck go 12.4., MK 18.08.2017
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Definition:Degenerative Veränderungen des Hüftgelenks. Häufigkeit:Ca. 15–20 % der über 60-Jährigen in den westlichen Industrieländern leiden an Koxarthrose. Symptome:Allmählich zunehmende Schmerzen in der Leistengegend/Hüfte, teils zum Knie ausstrahlend. Anlaufschmerz, Morgensteifigkeit, allmählich Ruhe- und Nachtschmerz.
Orthopädie/Unfallchirurgie
Hüftgelenksarthrose
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