Definition:Teilweise (partielle) oder komplette Kontinuitätsunterbrechung von Sehnenfasern einer oder mehrerer Sehnen der Rotatorenmanschette.
Häufigkeit:Hohe Prävalenz, insbesondere von degenerativen Läsionen im Alter.
Symptome:Schmerzen und Bewegungseinschränkungen der Schulter.
Klinische Befunde:Verminderte Kraft und Beweglichkeit bei gezielter Untersuchung der einzelnen Sehnen der Rotatorenmanschetten.
Diagnostik:Anamnese und klinische Untersuchung. Röntgen als Basisdiagnostik, ergänzt durch Sonografie zur Darstellung der Sehnen. Bei therapeutischer Konsequenz (Evaluation Sehnenqualität und Defektgröße für mögliche OP-Indikation) MRT.
Therapie:In der Regel konservative Therapie mit Physiotherapie. Bei Patient*innen mit hohem Funktionsanspruch und guter Sehnenqualität (klassisch: junge Sportler*innen) operative Rekonstruktion des Defekts.
Allgemeine Informationen
Definition
Teilweise (partielle) oder komplette Kontinuitätsunterbrechung von Sehnenfasern einer oder mehrerer Sehnen der Rotatorenmanschette1
bei Rotatorenmanschettenmassenruptur Humeruskopfhochstand
Ultraschall
Ist eine gute Untersuchungsmethode zur Beurteilung der Sehnenbeteiligung und ggf. Retraktion der Sehne.1
MRT
Wichtig zur OP-Planung: Beurteilbarkeit der fettigen Degeneration und Atrophie des Muskels1
wegen hoher Kosten bei fehlender therapeutischer Konsequenz nicht obligat
Indikationen zur Überweisung/Klinikeinweisung
Überweisung an Spezialist*innen
bei nicht ausreichender Wirkung einer konservativen Therapie
bei akutem Trauma zur Abwägung konservativer gegen operative Therapie, v. a. bei jüngeren Patient*innen, Sportler*innen oder sonstigen Personen mit hohem Funktionsanspruch an Schulter
Therapie
Therapieziele
Symptome lindern.
Funktion wiederherstellen.
Allgemeines zur Therapie
Insbesondere bei degenerativen Rotatorenenmanschettenläsionen ergibt die konservative Therapie gleich gute Ergebnisse wie die operative Therapie.4-7
Akute Rupturen, v. a. der Subscapularissehne, und Rupturen ohne Anzeichen von Humeruskopfkranialisierung und fortgeschrittener Atrophie sollten zeitnah operativ versorgt werden.1
Betrifft jedoch nur 5–10 % aller Fälle.
Wichtig: Asymptomatische Rotatorenmanschettenläsionen sollten nicht operativ versorgt werden.1
Konservative Therapie
In der Akutphase Schonung, Kühlen und ggf. Analgesie mit NSAR
z. B. Ibuprofen 600 mg 1–0–1
Anschließende Physiotherapie ist ein Grundpfeiler der konservativen Therapie.
der klinischen Symptomatik – Schmerz, Bewegungsausmaß, Funktion, Kraft
der Rupturmorphologie – Retraktionsgrad, fettiger Infiltration, Atrophie
dem funktionellen Anspruch
der perioperativen Compliance.
OP-Techniken
meist arthroskopische oder minimal-offene Rekonstruktion mit Naht der Rotatorenmanschette und ggf. zusätzlich subakromialer Dekompression (Abtragen von knöchernem Unterrand des Akromions)1
Minimal-offene oder arthroskopische Eingriffe scheinen von den Ergebnissen her gleichwertig zu sein.8
Cave: Ein Cochrane-Review von 2019 fand keinen Vorteil einer subakromialen Dekompression bei Patient*innen mit Erkrankungen der Rotatorenmanschette im Vergleich mit Sham-Operationen.9
Die Chance, gesünderes Gewebe mit besserem Heilungspotenzial vorzufinden, liegt bei einer frühen Rekonstruktion.
Eine verzögerte Rekonstruktion von akuten Rotatorenmanschettenläsionen kann zu Sehnenretraktion, fettiger Degeneration und Atrophie der Muskulatur führen.
Eine operative Versorgung innerhalb von 3 Wochen nach dem Trauma führt zu besseren Ergebnissen.
Bei einer Massenruptur der Rotatorenmanschette kann eine inverse Schulterendoprothese zum Einsatz kommen.1
Postoperative Nachbehandlung
Postoperativ Anlage einer Orthese zur Immobilisation
Die Dauer der Immobilisation beträgt in Abhängigkeit der Läsionsgröße (Partialruptur, komplette Ruptur, Massenruptur) und des durchgeführten Eingriffs 3–6 Wochen.1
Frühe passive Mobilisation; aktive Bewegungstherapie ab etwa der 3. postoperativen Woche1
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
Rotatorenmanschettenläsionen haben einen sehr individuellen Verlauf.
Zunahme der Rupturgröße in über 50 % der Patient*innen über einen Zeitraum von 2–3 Jahren1
Bei vielen Patient*innen, vor allem bei degenerativen Rupturen, bleiben die Läsionen jedoch asymptomatisch und sollten dann auch nicht behandelt werden.
Komplikationen
Schmerzhafte Bewegungseinschränkungen der Schulter bis hin zu vollständigem Funktionsverlust
Defektarthropathie (sekundäre Omarthrose) durch Humeruskopfhochstand
OP-Risiken, wie z. B. Blutungen, Infektionen, Wundheilungsstörungen
Re-Ruptur nach operativer Naht der Sehne
erhöhtes Risiko bei fortgeschrittenem Patientenalter und fettiger Degeneration der Sehnen
Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie. Rotatorenmanschette. AWMF-Leitlinie Nr. 033-041. S2e, Stand 2017 (abgelaufen). www.awmf.org
Literatur
Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie. Rotatorenmanschette. AWMF-Leitlinie Nr. 033-041. S2e, Stand 2017 (abgelaufen). www.awmf.org
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Karjalainen TV, Jain NB, Page CM, et al. Subacromial decompression surgery for rotator cuff disease. Cochrane Database Syst Rev. 2019 Jan 17;1:CD005619. doi:10.1002/14651858.CD005619.pub3. www.cochranelibrary.com
Quintana EC. Rotator cuff injuries. Medscape, last updated Aug 02, 2021. emedicine.medscape.com
Autor*innen
Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Frankfurt a. M.
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
M751
rotatorcuff; skade på rotatorcuffen; rotatorkappen; Rotatorcuff skade
L08; L81
Rotatorenmanschettenläsion; Rotatorenmanschettenruptur; Neer; Jobe-Test; Test nach Gerber; Belly-Press-Test
Rotatorenmanschettenläsion
CCC MK 05.12.2019, Präzisierung bei Kortikosteroidinjektion, Metaanalyse ergänzt nach Leseranfrage
U-MK 14.03.2019; U-NH 22.02.18
BBB MK 28.03.2022 umfassend revidiert, umgeschrieben und aktualisiert.
chck go 9.6., MK 08.09.2017, neue LL
Definition:Teilweise (partielle) oder komplette Kontinuitätsunterbrechung von Sehnenfasern einer oder mehrerer Sehnen der Rotatorenmanschette. Häufigkeit:Hohe Prävalenz, insbesondere von degenerativen Läsionen im Alter.