Wiederkehrende oder persistierende unwillkürliche Spasmen der Muskulatur des distalen Drittels der Vagina im Zusammenhang mit der vaginalen Penetration
Bedingter (konditionierten) Reflex, bei dem vaginale Penetration zu einer Kontraktion des Beckenbodenmuskels M. pubococcygeus und der Muskulatur im distalen Drittel der Vagina führt.
Vaginaler Geschlechtsverkehr und gynäkologische Untersuchung oder auch das Einführen eines Tampons sind dadurch schmerzhaft oder nicht durchführbar.
Die Patientin assoziiert sexuelle Aktivität mit Schmerzen und hat Angst davor.
evtl. zusätzliche Anspannung der Muskulatur von Becken, Oberschenkeln, Bauch und Beinen
Primärer vs. sekundärer Vaginismus
primär
Tritt meist beim ersten Koitus auf.
sekundär
erworben
Tritt erst im Lauf des sexuell aktiven Lebensabschnitts auf.
Kann auch infolge einer Dyspareunie auftreten.
Die Ätiologie ist nur unvollständig aufgeklärt.
Sexueller und emotionaler Missbrauch scheinen das Erkrankungsrisiko zu erhöhen.5
Ggf. psychosexuelle/sexualmedizinische Diagnostik, z. B. im Rahmen einer Sexual- oder Paarberatung oder -therapie
Indikationen zur Überweisung
Bei allen Frauen, die unter einer Dyspareunie leiden, ist eine gynäkologische Abklärung angezeigt.
Therapie
Therapieziele
Vollständige Remission oder zumindest deutliche Linderung der Beschwerden
Allgemeines zur Therapie
Ursachenorientiert
Wenn keine somatische Ursache zu ermitteln ist: Interdisziplinär geplante multimodale Behandlung, die physiologische, psychische und paarbezogene Dimensionen der Dyspareunie berücksichtigt.
Keine stringenten Wirksamkeitsnachweise zu medikamentösen Therapien
Physiotherapie
ggf. inkl. Biofeedback, Beckenbodentraining und Verwendung eines vaginalen Dilatators
Kognitive Verhaltenstherapie (kVT)
als Einzel- oder Gruppentherapie
Konzentriert sich auf den Zusammenhang zwischen Schmerz und Unruhe/Angst sowie Muskelspasmen.
Scheint bei Vaginismus die Symptome zu lindern, die sexuelle Zufriedenheit zu erhöhen und Angst zu reduzieren.
Diese ersten Hinweise auf Wirksamkeit bedürfen der Überprüfung in randomisiert kontrollierten Studien.
Sexualberatung
Unsicherheiten der Betroffenen und ihrer Partner*innen in Bezug auf die Sexualität sowie ungünstige Interaktionsmuster werden angesprochen und sind Ausgangspunkt für mögliche Lösungsstrategien.
Fehlende Informationen zu Anatomie der Sexualorgane und sexuellen Physiologie, die z. B. in einer den Sex tabuisierenden Sozialisation begründet sind, werden vermittelt.
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Komplikationen
Psychische Störungen
Beziehungsprobleme
Prognose
Bislang existieren keine aussagekräftigen Forschungsergebnisse zur Prognose.
Simonelli C, Eleuteri S, Petruccelli F, Rossi R. Female sexual pain disorders: dyspareunia and vaginismus. Curr Opin Psychiatry. 2014;27(6):406-12. PMID: 25211497 PubMed
Melnik T, Hawton K, McGuire H. Interventions for vaginismus. Cochrane Database of Systematic Reviews 2012; Issue 12: Art. No.: CD001760. doi:10.1002/14651858.CD001760.pub2 DOI
Mendling W. Dyspareunie, Vulvodynie und Vestibulodynie. Schmerzen statt Lust. Gynäkologie + Geburtshilfe 2019; 24: 24-7. www.springermedizin.de
Buhling KJ. Assessment of dyspareunia. BMJ Best Practice. Last reviewed: 11 Apr 2022; last updated: 02 May 2019. bestpractice.bmj.com
Tetik S, Yalçınkaya Alkar Ö. Vaginismus, Dyspareunia and Abuse History: A Systematic Review and Meta-analysis. J Sex Med 2021;18:1555-70. PMID: 34366265 PubMed
Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI): ICD-10-GM Version 2022. Stand 17.09.2021; letzter Zugriff 10.05.2022 www.dimdi.de
Autor*innen
Thomas M. Heim, Dr. med., Wissenschaftsjournalist, Freiburg
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
Zusammenfassung
Definition:Unter Dyspareunie versteht man genitale Schmerzen in Verbindung mit dem Geschlechtsverkehr. Als Vaginismus bezeichnet man wiederkehrende oder persistierende unwillkürliche Spasmen der Muskulatur des distalen Drittels der Vagina im Zusammenhang mit der vaginalen Penetration.
Häufigkeit:Lebenszeitprävalenz der Dyspareunie: > 50 % aller Frauen. Prävalenz des Vaginismus in der weiblichen Gesamtbevölkerung: 0,5–1 %.
Symptome:Vulvaschmerzen bei Dyspareunie werden häufig als schneidend, juckend, stechend oder brennend beschrieben. Beim Vaginismus kommt es zusätzlich zur Verkrampfung der Beckenboden- und Scheidenmuskulatur häufig zu einer Anspannung der Muskulatur von Becken, Oberschenkeln, Bauch und Beinen.
Befunde:Lokale pathologische Befunde bei der gynäkologischen Untersuchung sind oft wegweisend bei der Ursachensuche.
Diagnostik:Ist keine organische Ursache zu ermitteln, ggf. weiterführende Psychodiagnostik, u. a. zum Ausschluss zugrunde liegender oder begleitender psychischer Störungen.
Therapie:Ursachenorientiert je nach zugrunde liegender Erkrankung. Bei Vaginismus kognitive Verhaltenstherapie, Sexualberatung, ggf. Physiotherapie mit Biofeedback, Beckenbodenübungen und Anwendung vaginaler Dilatatoren.
Definition:Unter Dyspareunie versteht man genitale Schmerzen in Verbindung mit dem Geschlechtsverkehr. Als Vaginismus bezeichnet man wiederkehrende oder persistierende unwillkürliche Spasmen der Muskulatur des distalen Drittels der Vagina im Zusammenhang mit der vaginalen Penetration.