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Oligomenorrhö

Allgemeine Informationen

Definition

  • Das Intervall zwischen den Menstruationsblutungen ist länger als 35 Tage, aber kürzer als sechs Monate.
  • Primäre Oligomenorrhö: seit der Menarche bestehend.
  • Sekundäre Oligomenorrhö: Patientin hatte vorher normale Menstruationszyklen.

Häufigkeit

  • Die Prävalenz der Oligomenorrhö wird je nach Studie zwischen 3,7 und 22 % beschrieben.1-3

Diagnostische Überlegungen

  • Eine langanhaltende Oligomenorrhö (mehr als ein Jahr) ist direkt nach der Menarche und beim polyzystischen Ovarialsyndrom (PCO) nicht ungewöhnlich.
  • Leistungssport ursächlich?
  • Anorexia nervosa ursächlich?
  • Eine nähere Untersuchung ist zunächst nicht notwendig, es sei denn, der Zustand liegt seit mehr als einem Jahr vor, es gibt Anzeichen einer Erkrankung oder es besteht akuter Kinderwunsch.

Gründe für einen Arztbesuch

  • Verdacht auf eine Erkrankung

Mögliche Fehldiagnosen

  • Polyzystisches Ovarialsyndrom
  • Hormonelle Erkrankung, Stoffwechselerkrankung
  • Schwangerschaft mit Blutung
  • Hormonproduzierender Tumor in Nebenniere oder Ovarien

ICPC-2

  • Fehlende/spärliche Menstruation

ICD-10

  • N91 Ausgebliebene, zu schwache oder zu seltene Menstruation
    • N91.3 Primäre Oligomenorrhö
    • N91.4 Sekundäre Oligomenorrhö
    • N91.5 Oligomenorrhö, nicht näher bezeichnet

Differenzialdiagnosen

Diät/Leistungssport

  • Hält die Patientin strenge Diät oder ist sie Leistungssportlerin, kann die Menstruation ausbleiben.
  • Gibt es Anzeichen für Anorexia nervosa oder Bulimia nervosa?

Psychosoziale Belastungen

  • Unter Stress und Strapazen kann die Menstruation unregelmäßig auftreten oder ganz ausbleiben (Auszug aus dem Elternhaus, Prüfungsstress).

Hyperandrogenämie

  • Polyzystisches Ovarialsyndrom (PCO-Syndrom)
  • Prävalenz: 5–10 % der fruchtbaren Frauen
  • Relativ häufiger hyperandrogener Zustand mit Ovulationsstörungen
  • Die Symptome können unregelmäßige Blutungen, Oligomenorrhö oder Amenorrhö, Hirsutismus (60 %), Übergewicht (40–50 %) oder Akne (30 %) sein.
  • Die Ovarien sind bei der Palpation normal.
  • Hormonuntersuchungen zeigen normale/erhöhte Testosteronwerte und niedriges SHBG sowie einen erhöhten Testosteron/SHBG-Quotienten. Normales/erhöhtes LH, normales/niedriges FSH.
  • Typisch ist ein LH/FSH-Quotient von > 2–3.
  • Die Insulinempfindlichkeit ist herabgesetzt, ein Typ-2-Diabetes kann sich bereits entwickelt haben.
  • Über Ultraschall können polyzystische Ovarien nachgewiesen werden.

Hyperprolaktinämie

  • Ist selten.
  • Ist meist auf prolaktinproduzierende Mikroadenome in der Hypophyse (Prolaktinom) zurückzuführen4, kann aber auch eine Reihe anderer Ursachen haben.
  • Medikamente sind die zweithäufigste Erklärung: Pille, Antipsychotika, Antidepressiva, Antihypertensiva, H2-Blocker, Opiate, Kokain. Führt normalerweise zu Prolaktinwerten unter 100 ng/ml.4
  • Es kann zu Amenorrhö, Galaktorrhö und Infertilität kommen. Tumorsymptome wie Gesichtsfeldausfall und Kopfschmerzen kommen vor, wenn die Prolaktinome groß genug werden.
  • Ein Prolaktinspiegel über 100 ng/ml lässt auf ein Prolaktinom schließen und erfordert eine MRT-Untersuchung.

Schilddrüsenerkrankungen

  • Hypothyreose
    • Die Prävalenz liegt in allen Altersgruppen bei ca. 1 %, > 90 % Frauen.
    • Charakteristisch sind Antriebslosigkeit, Kälteintoleranz, Muskelschmerzen, erhöhter Schlafbedarf, Gewichtszunahme (gewöhnlich mäßig), Verstopfung, Schwindel, Parästhesie, Haarausfall und undeutliche Stimme.
    • Klinische Befunde sind trockene und kalte Haut, trockenes Haar und Spliss, spröde und dünne Nägel, periorbitale Ödeme, Bradykardie, langsame Sehnenreflexe und psychomotorische Trägheit.
    • Zusätzliche Untersuchungen zeigen meist erhöhte TSH- und niedrige FT4-Werte.
  • Hyperthyreose
    • Es handelt sich um eine häufige Erkrankung, die bis zu 2 % aller Frauen betrifft und meist zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr das erste Mal auftritt.
    • Es kommt zu einer erhöhten Menge des zirkulierenden Thyreoidea-stimulierenden Hormons.
    • Symptome der Hyperthyreose sind Herzrasen, Müdigkeit, Nervosität, Reizbarkeit, Gewichtsabnahme trotz gutem Appetit, Schweißausbrüche und Wärmeintoleranz.
    • Typische Befunde sind Exophthalmus, Hyperaktivität, feuchte und warme Haut und Hände, Tremor, Tachykardie (> 90 Schläge/Minute), Vorhofflimmern und lebhafte Reflexe.
    • Die Diagnose wird durch hohe FT4- und niedrige TSH-Werte bestätigt.

Verhütungsmittel

  • Minipille: Kann zu Oligomenorrhö führen.
  • Verhütungsspritze: Führt oft zu Oligomenorrhö oder Amenorrhö.
  • Hormonspirale: Kann zu sehr schwachen Blutungen oder einem Ausbleiben der Regelblutung führen.
  • Kombipillen im Langzeitzyklus

Klimakterium

  • Das Klimakterium umfasst die Jahre vor und nach der Menopause. Das durchschnittliche Eintrittsalter in die Menopause beträgt 52 Jahre.
  • Typische Symptome sind Blutungsstörungen, Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen.
  • Erhöhte FSH- und LH-Werte mit niedrigem Östradiolspiegel sind Anzeichen für das Klimakterium.

Schwangerschaft

  • Ist die Patientin schwanger?

Anamnese

Zentrales Element

Gewichtsabnahme?

  • Diät, Anorexia nervosa, Bulimia nervosa
  • Leistungssport

Gewichtszunahme und Akne?

  • Akne und Oligomenorrhö, eventuell in Kombination mit Übergewicht, können ein Anzeichen des polyzystischen Ovarialsyndroms sein.

Andere Symptome

  • Anzeichen einer Schilddrüsenerkrankung
  • Anzeichen einer Schwangerschaft

Verhütungsmittel

  • Können Verhütungsmittel die Ursache für die spärlichen Blutungen sein?

Klinische Untersuchungen

Allgemeines

  • Allgemeinzustand der Patientin
  • Allgemeine klinische Untersuchung
    • Anzeichen einer Androgenisierung: Hirsutismus, Akne

Ergänzende Untersuchungen

In der allgemeinmedizinischen Praxis

  • Bitten Sie die Patientin, ihre Menstruation über einige Monate aufzuzeichnen. Ein Menstruationskalender kann hilfreich sein.
  • Aktuelles Blutbild mit fT4, TSH, Prolaktin, LH, FSH, Testosteron, SHBG
  • Schwangerschaftstest

Weitere Untersuchungen

  • Gynäkologische Untersuchung, auch wenn dadurch selten die Ursache ermittelt wird.
  • Vaginaler Ultraschall

Maßnahmen und Ratschläge

Überweisungen

  • Bei Verdacht auf Grunderkrankung, insbesondere polyzystisches Ovarialsyndrom
  • Bei Kinderwunsch
  • Bei Schwangerschaft zur Schwangerschaftsvorsorge

Checkliste zur Überweisung

Oligomenorrhö/Amenorrhö

  • Indikation
    • Eine Untersuchung ist nicht notwendig, es sei denn, die Erkrankung liegt seit mehr als einem Jahr vor, oder es gibt Anzeichen einer anderen Erkrankung.
  • Zweck der Überweisung
    • Bestätigung der Diagnose? Therapie? Sonstiges?
  • Anamnese
    • Beginn und Dauer? Progression? Früher normale Regelblutung?
    • Wie lang ist der Intervall zwischen den Regelblutungen? Gewichtsabnahme: Diät, Essstörung, Leistungssport? Stress oder psychische Belastungen? Gewichtszunahme und Akne (PCO)? Schmerzen? Art der Verhütungsmittel?
    • Andere relevante Krankheiten? Familiäre Prädisposition?
    • Derzeitige Medikamente?
    • Konsequenzen? Kinderwunsch?
  • Klinische Befunde
    • Allgemeinzustand der Patientin? Gynäkologische Untersuchung: Abweichungen, Anzeichen einer Androgenisierung?
  • Zusatzuntersuchungen
    • Hb, BSG, fT4, TSH, Östradiol, LH, FSH, Testosteron, SHBG, Schwangerschaftstest
    • Eventuell Ultraschall?

Hinweise und Tipps

  • Kann keine Ursache für die spärlichen Menstruationsblutungen gefunden werden, ist keine Therapie erforderlich, soweit bei der Patientin kein Kinderwunsch besteht.
  • Die orale Kontrazeptiva kann als Verhütungsmittel und zur Regulierung der Blutungen eingesetzt werden.
    • Frauen mit spärlichen Menstruationsblutungen können dennoch schwanger werden und sollten darüber aufgeklärt werden.

Illustrationen

Seitenansicht der inneren Genitalien
Seitenansicht der inneren Genitalien
Palpation der Gebärmutter
Palpation der Gebärmutter


Worüber sollten Sie die Patientin informieren?Patienteninformationen

  • Ein Menstruationskalender kann hilfreich sein.
  • Eine Therapie kann bei Kinderwunsch erforderlich sein.
  • Der Eintritt einer Schwangerschaft ist dennoch möglich.
  • Bei fehlendem Kinderwunsch sollte somit sicher verhütet werden.

Welche schriftlichen Patienteninformationen gibt es dazu?

Quellen

Literatur

  1. Kjaer K, Hagen C, Sandø SH, Eshøj O . Epidemiology of menarche and menstrual disturbances in an unselected group of women with insulin-dependent diabetes mellitus compared to controls.. J Clin Endocrinol Metab 1992; 75(2): 524-9. pmid: 1639955 PubMed
  2. Harlow SD , Campbell O . Epidemiology of menstrual disorders in developing countries: a systematic review . Issue BJOG: An International Journal of Obstetrics & Gynaecology BJOG: An International Journal of Obstetrics & Gynaecology 2003 ; 111: 6-16. doi:10.1111/j.1471-0528.2004.00012.x DOI
  3. De Sanctis V, Bernasconi S, Bianchin L, Bona G, Bozzola M, Buzi F, De Sanctis C, Rigon F, Tatò L, Tonini G, Perissinotto E. Onset of menstrual cycle and menses features among secondary school girls in Italy: A questionnaire study on 3,783 students.. Indian J Endocrinol Metab 2014; 18(Suppl 1): 84-92. doi:10.4103/2230-8210.140251 DOI
  4. Pickett CA. Diagnosis and management of pituitary tumors: recent advances. Prim Care. 2003;30(4):765–789.

Autoren

  • Julia Trifyllis, Dr. med, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe, Münster/W
  • Barbro Larson, docent och specialist i gynekologi och obstetrik, Stockholm
  • Per Bergsjø, professor emeritus, dr. med., Universitetet i Bergen. Specialist i kvinnosjukdomar och obstetrik, forskar vid Nasjonalt folkehelseinstitutt, Oslo
n91 ausgebliebene, zu schwache oder zu seltene menstruationN91; n91.3 primäre oligomenorrhöN913; n91.4 sekundäre oligomenorrhöN914; n91.5 oligomenorrhö, nicht näher bezeichnetN915
fehlende/spärliche menstruation
Lange Menstruationszyklen; Seltene Menstruation; Leistungssportlerin; Anorexie; Bulimie; Hyperandrogenämie; Polyzystisches Ovarialsyndrom; PCO-Syndrom; Hyperprolaktinämie; Hyperthyreose; Hypothyreose; Hormonelle Verhütungsmittel; Minipille; Hormonspirale; Klimakterium; Schwangerschaft
Oligomenorrhö
Revision at 10.11.2015 19:13:47: German Version Revision at 10.11.2015 10:18:50: German Version
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Das Intervall zwischen den Menstruationsblutungen ist länger als 35 Tage, aber kürzer als sechs Monate. Primäre Oligomenorrhö: seit der Menarche bestehend. Sekundäre Oligomenorrhö: Patientin hatte vorher normale Menstruationszyklen.
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