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Ernährungsprobleme bei Kleinkindern

Allgemeine Informationen

Definition

  • Gestörte Nahrungsaufnahme bei Kindern

Ursachen

  • Dysphagie1 – Fehlbildungen des Oropharyngealtrakts
    • Lippen-Kiefer-Gaumenspalten und andere Spaltbildungen
    • Zungenfehlbildungen
    • Kieferfehlbildungen
    • Tracheomalazie
    • Choanalatresie
    • tracheoösophageale Fisteln
    • angeborene Stenosen
  • Neurogene Dysphagie mit Störungen der Schluckmechanik (häufig im Rahmen neurologischer und syndromaler Erkrankungen)
  • Verletzungen, Entzündungen
  • Stenosen (nach Intubation, Verätzung, Verbrühung, Operation etc.)
  • Tumoren, Fremdkörper
  • Vergrößerte Rachen- oder Gaumenmandeln
  • Gastroösophagealer Reflux
  • Infektion der oberen Atemwege
  • Gastrointestinaler Infekt mit Erbrechen
  • Trinkschwäche bei Säuglingen
  • Entwicklungsbedingte (vorübergehende) Störungen2
    • passagere Neophobie (Verweigerung unbekannter Nahrungsmittel)
    • „Trotzphase“, Entwicklung der Autonomie
    • Verweigerung bestimmter Nahrungsmittel (selektives Essverhalten) von Kleinkind- bis Schulalter
  • Fütter-/Ernährungsfehler, Interaktionsprobleme
    • nicht altersentsprechende Ernährung
    • ungeeignete Füttertechniken und -umstände
    • Erwartungshaltung der Eltern
    • Erwartungshaltung der Umgebung2-4
    • Beziehung zwischen Eltern (fütternder Person) und Kind
  • Verhaltensauffälligkeiten2
    • bei Kindern < 3 Jahre „Fütterstörungen“, bei Kindern > 3 Jahre „Essstörungen“
  • Essstörungen

Häufigkeit

  • 2016 in Deutschland 359 Kinder < 5 Jahre mit einer Dysphagie (ICD-10 Diagnose R13) und 9.933 Kinder < 5 Jahre mit einem Ernährungsproblem (ICD-10 Diagnose P92) stationär behandelt5
  • Relevante Ess- oder Fütterstörung in 2–5 %2,4
  • Anamestisch auffälliges Essverhalten bei 20–25 % aller Kinder, deutlich höherer Anteil bei Kindern mit neurologischen oder syndromalen Erkrankungen

Diagnostische Überlegungen

  • Liegt eine tatsächliche Ernährungsstörung vor?
  • Liegt eine Fehlernährung, Mangelernährung oder Überernährung vor?
  • Liegt eine organische oder psychische Ursache vor?
  • Ist die Störung akut, passager oder chronisch?
  • Besteht die Indikation zur Hospitalisierung?

ICPC-2

  • P11 Essstörung beim Kind
    • inkl. Probleme beim Füttern, Probleme im Zusammenhang mit dem Essverhalten beim Kind
    • exkl. Anorexia nervosa/Bulimie
  • T04 Ernährungsproblem Kleinkind / Kind

ICD-10

  • F98.2 Fütterstörung im frühen Kindesalter
  • R13 Dysphagie
  • P92 Ernährungsprobleme beim Neugeborenen
    • P92.0 Erbrechen beim Neugeborenen
    • P92.1 Regurgitation und Rumination beim Neugeborenen
    • P92.2 Trinkunlust beim Neugeborenen
    • P92.3 Unterernährung beim Neugeborenen
    • P92.5 Schwierigkeit beim Neugeborenen bei Brusternährung
    • P92.8 Sonstige Ernährungsprobleme beim Neugeborenen
    • P92.9 Ernährungsproblem beim Neugeborenen, nicht näher bezeichnet
  • R63.3 Ernährungsprobleme und unsachgemäße Ernährung

Differenzialdiagnosen

  • Differenzialdiagnostisch ist abzuklären, ob es sich nicht um eine Störung der Ernährung, sondern um eine unangepasste Erwartungshaltung der Eltern bzw. Umgebung des Kindes handelt.
  • Wächst das Kind perzentilengerecht und entwickelt sich altersentsprechend, ist eine ausreichende Versorgung anzunehmen.

Anamnese

Geburt und Entwicklung

  • Geburtsgewicht und Gewicht/Größe im Verlauf (Perzentilen)
  • Infektionen während der Schwangerschaft
  • Rauchen/Medikamente während der Schwangerschaft
  • Ernährung der Mutter während der Schwangerschaft
  • Frühgeburtlichkeit
  • Motorische Entwicklungsmeilensteine
  • Neurologische Auffälligkeiten

Ernährung

  • Stillen oder Säuglingsnahrung
  • Sondenernährung
  • Verschlucken, Husten, Aufstoßen, Erbrechen, Aspiration
  • Allergien, medizinisch indizierte Diäten, Spezialkost
  • Vegetarische, vegane andere individuelle Diäten in der Häuslichkeit
  • Beikosteinführung, Baby Lead Weaning
  • Menge und Zusammensetzung der Nahrung
    • Abgleich mit altersentsprechendem Bedarf
    • Ablauf der Mahlzeiten
      • Kind auf dem Arm, im Stühlchen, beim Spielen, beim Fernsehen
      • Kind isst selbst, wird gefüttert.
      • Konflikte aufgrund des Essverhaltens während der Mahlzeiten

Detaillierte Beschreibung

  • Problematik seit wann bestehend?
    • direkt nach der Geburt bzw. beim Stillen/bei der Flaschenfütterung
    • Beikosteinführung
    • Einführung von Familienkost
  • Problematik nur zu Haus/in der Betreuungseinrichtung
  • Kind ist extrem wählerisch/wirft Essen auf den Boden/Nahrungsaufnahme wird von Kind oder Eltern als Druckmittel genutzt etc.

Klinische Untersuchung

Allgemeines

  • Perzentilenparalleles Wachstum?
  • Altersentsprechende motorische und neurologische Entwicklung?

Spezielle Faktoren

  • Hinweis auf Fehlbildung des Oropharyngealtrakts?
  • Hinweis auf syndromale Erkrankung?
  • Akute Infektionen?
  • Vergrößerte Rachen- oder Gaumenmandeln, Tumoren, Fremdkörper als Ursache einer Dysphagie?
  • Hinweis auf kardiale Erkrankung?
  • Mangelerscheinungen?
  • Gestörtes Eltern-Kind-Verhältnis? Psychische Erkrankungen der Eltern (Essstörung, Depression der Mutter)?
  • Missbrauchsverdacht?

Ergänzende Untersuchungen

  • Interdisziplinäre Zusammenarbeit von Logopäden, Zahnärzten, Kieferorthopäden, Neurologen, Physiotherapeuten, Diätologen, Kinderpsychologen
  • Bildgebung
  • Ggf. apparative Diagnostik zur Evaluation des Schluckakts und der Magenentlerung (Gastroskopie, Bariumbreischluck, Ösophagusmanometrie, Szintigrafie, Atemtest)
  • 24-h-pH-Metrie, 24-h-Impedanzmessung
  • Labordiagnostik6

Maßnahmen und Empfehlungen

  • Information und Beratung zu altersentsprechender Ernährung, ggf. durch Diätologen
  • Evaluation des Einsatzes von Sondenernährung bei Kindern mit relevanten neurologischen Erkrankungen und schweren Fütterstörungen
  • Fachärztliche Behandlung von Essstörungen und psychischen Erkrankungen
  • Klinikeinweisung bei relevanten Mangelerscheinungen oder Verdacht auf Kindeswohlgefährdung oder Missbrauch

Patienteninformationen

Informationen in Deximed

Weitere Informationen

Quellen

Literatur

  1. Biber D. Organische Ursachen einer frühkindlichen Dysphagie. In: Frühkindliche Dysphagien und Trinkschwächen. Wien: Springer, 2012. link.springer.com
  2. Henkel C, Jenni O, Bindt C. Essverhalten im frühen Kindesalter Noch normal oder schon gestört?. Monatsschr Kinderheilkd 2016; 164: 294-300. doi:10.1007/s00112-015-0032-4 DOI
  3. Gisel E. Interventions and outcomes for children with dysphagia. Dev Disabil Res Rev 2008; 14: 165-73. pmid:18646023 PubMed
  4. McDermott BM, Mamun AA, Najman JM,Williams GM, O’Callaghan MJ, Bor W. Preschool children perceived bymothers as irregular eaters: physical and psychosocial predictors froma birth cohort study.. JDevBehavPediatr 2008; 29: 197-205. doi:10.1097/DBP.0b013e318163c388 DOI
  5. Statistisches Bundesamt. Krankenhauspatienten: Deutschland, 2016. www-genesis.destatis.de
  6. Ballauff E. Nutritional Management bei schwerstbehinderten Kindern. Monatsschr Kinderheilkd 2009; 157: 136-146. doi:10.1007/s00112-008-1835-3 DOI

Autoren

  • Anne Strauß, Ärztin in Weiterbildung Pädiatrie, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Freiburg
  • Kurt Østhuus Krogh, spesialist i barnesykdommer, Norsk Helseinformatikk
F982; P92; P920; P921; P922; P923; P925; P928; P929; R13; R633
P11; T04
Ernährung; Nahrungsaufnahme; Schluckprobleme; Trinkschwäche; Esstörung; Dysphagie; Ernährungsstörung
Ernährungsprobleme bei Kleinkindern
CCC MK 05.09.2023 Revision mit wenigen Änderungen. Hinweise zur Überweisung. Titeländerung von Esstörungen bei Kindern zu Ernährungsstörungen bei Kleinkindern GO 13.2. CCC MK 16.03.30182018, komplett überarbeitet (ÄiW Kinderonkologie)
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