Definition:Sexuell übertragbare Erkrankung durch Infektion mit Chlamydia trachomatis.
Häufigkeit:Häufigste sexuell übertragbare bakterielle Infektion in Deutschland.
Symptome:Verläuft häufig asymptomatisch. Evtl. Symptome einer Urethritis wie Dysurie, Juckreiz in der Harnröhre, Ausfluss, oder Symptome einer Prostatitis, Vesikulitis, Epididymitis oder Epididymo-Orchitis.
Befunde: Möglicherweise auftretender Fluor ist relativ gering und eher mukös als purulent. Meist deutliche Rötung um die Harnröhrenöffnung.
Diagnostik: Der Nukleinsäureamplifikationstest (NAAT) im Erststrahlurin ist das vorrangige Verfahren bei Männern.
Therapie: Eliminierung der Infektion mit Doxycyclin oder Azithromycin. Mitbehandlung von Sexualpartner*innen – notfalls, d. h. wenn eine Testung nicht möglich ist, auch auf Verdacht. Zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung kein Geschlechtsverkehr für 7 Tage nach Beginn der Therapie.
Allgemeine Informationen
Definition
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Sexuell übertragbare Erkrankung durch Infektion mit Chlamydia trachomatis
Infektionen mit Chlamydia trachomatis verlaufen häufig asymptomatisch. Screening und Nachverfolgung des Infektionswegs sind daher die wichtigsten Maßnahmen, um die weitere Ausbreitung zu verhindern.
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Aktuell die häufigste sexuell übertragbare bakterielle Infektion in Deutschland und weltweit3, wobei die höchsten Infektionsraten bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu verzeichnen sind.
Gesamtinzidenz (beide Geschlechter)
Geschätzt werden bis zu 300.000 unerkannte Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland.3
In Deutschland sind Infektionen mit Chlamydien nicht meldepflichtig. Eine Ausnahme bildet das Bundesland Sachsen (Labormeldepflicht für Chlamydien und Gonorrhö), in dem zwischen 2004 und 2012 ein Anstieg der gemeldeten Chlamydien-Infektionen von 40,8 Infektionen/100.000 Einwohner im Jahr 2004 auf 101/100.000 in 2012 beobachtet wurde.4
Die Chlamydien-Infektion tritt am häufigsten in der Altersgruppe 15–24 Jahre auf.
Betroffen von genitalen Chlamydien-Infektionen sind überwiegend Frauen zwischen 16 und 19 Jahren und Männer zwischen 20 und 24 Jahren.4
Die stärkste Zunahme ist jedoch in der Altersgruppe 25–29 Jahre zu beobachten.
Die bessere Verfügbarkeit von Urintests führt wahrscheinlich dazu, dass sich mehr junge Männer auf genitale Chlamydien-Infektion untersuchen lassen.
Bei allgemeinen Screenings – also bei Männern, die nicht von sich aus ärztlichen Rat gesucht haben – wurde in Dänemark und Norwegen5 eine Prävalenz von ca. 7 %, in Schottland von 10 %6 festgestellt.
Chlamydia trachomatis gilt als Ursache für bis zu 50 % aller Urethritisfälle bei (jüngeren) Männern.7
Ätiologie und Pathogenese
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Eine durch das gramnegative Bakterium Chlamydia trachomatis Serotyp D–K verursachte Infektion
Die Serotypen von C. trachomatis lösen verschiedene Erkrankungen aus.
Die Serotypen D–K verursachen sexuell übertragbare urogenitale Infektionen (und gelegentlich auch Infektionen der Augenbindehaut) sowie nach perinataler Übertragung Infektionen bei Neugeborenen.
Die Serotypen A–C verursachen das Trachom, eine in den Tropen verbreitete chronisch rezidivierende Erkrankung der Bindehäute und Hornhäute des Auges.
Die Serotypen L1, L2 und L3 verursachen das Lymphogranuloma venereum, eine sexuell übertragbare Infektion, die vorwiegend in den Tropen vorkommt.8
Eine Übertragung der Serotypen D–K sowie L1–L3 ist nur durch sexuellen Kontakt sowie perinatal möglich. Die selten auftretende „Schwimmbadkonjunktivitis“ ist eher eine Folge sexueller Aktivitäten als Folge einer Übertragung durch Wasser in Schwimmbädern.8
Klinische Bilder bei urogenitaler Infektion
Weniger als die Hälfte der Männer mit urethraler Infektion entwickeln eine symptomatische Urethritis.9
Bei jüngeren Männern ist Chlamydia trachomatis die häufigste Ursache für Epididymitis.
Maximal 70 % aller infizierten Männer zeigen Symptome wie:1
Brennen beim Wasserlassen
Juckreiz in der Harnröhre
Geringer, häufig farbloser Ausfluss; am besten morgens nach dem Wasserlassen zu beobachten. Oft muss der Ausfluss herausmassiert werden, um ihn sichtbar zu machen.
Bei einigen Patienten Entwicklung einer Prostatitis und einer häufig sehr schmerzhaften Epididymitis.8
Entsprechend der sexuellen Gewohnheiten der Patienten kann die Infektion auch als Konjunktivitis (Schwimmbadkonjunktivitis) oder auch als Proktitis oder Pharyngitis vorkommen.
In der Folge der Infektion können ebenfalls Arthritiden an verschiedenen Gelenken und selten auch ein Reiter-Syndrom auftreten.8
Ein Teil der Männer sucht ärztliche Hilfe nach dem Nachweis einer Chlamydien-Infektion bei den Partner*innen auf.
Verwendet die Partnerin vaginale Kontrazeptiva, dann kann das auf eine allergische Urethritis hindeuten.1
Klinische Untersuchung
Möglicherweise auftretender Fluor ist relativ gering und eher mukös als purulent.
Die Urinuntersuchung ist das empfohlene Verfahren für Männer:11
Untersucht wird Erststrahlurin, Menge 10–15 ml
Abgabe der Urinprobe: Abgabe von Erststrahlurin in einen Urinbecher, nur der Boden des Bechers darf bedeckt sein (15–20 ml), Fortsetzen des Wasserlassens in die Toilette
Das Material wird in einen Transportbehälter umgefüllt.
Laut Empfehlung soll vor Abgabe der Urinprobe mindestens 1 Stunde seit dem letzten Wasserlassen vergangen sein.12
> 10 Leukozyten pro Gesichtsfeld bei 400-facher Vergrößerung weisen auf eine Urethritis hin.1
Bei Urethritis kommt als Untersuchungsmaterial neben dem Erststrahlurin auch der Urethralabstrich infrage.1
ggf. zur differenzialdiagnostischen Abklärung eines Harnwegsinfekts: Kultur aus Mittelstrahlurin1
In allen Laboren kommen zum direkten Nachweis von Chlamydien Nukleinsäureamplifikationstechniken (NAAT) zum Einsatz, normalerweise PCR.
Bei sichtbarem Ausfluss sollte eine zytologische und mikrobiologische Untersuchung erfolgen.1
Antigenbasierte Tests sind den NAAT (s. o.) deutlich unterlegen und sollten daher nicht mehr eingesetzt werden.1
Bei der Untersuchung eines Mannes, der Sex mit Männern hat (MSM) soll neben der Urinprobe auch ein Urethralabstrich und ggf. eine Materialentnahme von anderen Lokalisationen erfolgen, weil viele Infektionen nicht durch die Urinuntersuchung allein nachgewiesen werden können.
Insbesondere bei Proktitiden bei MSM und HIV-Koinfizierten sollte eine Infektion mit den Serotypen L1–3 ausgeschlossen werden.13
Die Nachweisrate liegt bestenfalls bei 60–80 %. Dazu kommt eine hohe Fehlerquote bei Materialgewinnung und -transport.
Wegen der hohen Spezifität galt die Kultur früher als Goldstandard der Chlamydien-Diagnostik. Die inzwischen breit verfügbaren NAAT sind aber sensitiver und weniger fehlerbehaftet und sollten daher bevorzugt verwendet werden.
Indikationen zur Überweisung
Evtl. bei Komplikationen
Therapie
Therapieziel
Die Infektion eliminieren.
Allgemeines zur Therapie
Wie bei allen sexuell übertragbaren Krankheiten ist auch bei Chlamydien-Infektionen die Untersuchung und ggf. Therapie der Personen, mit denen sexueller Kontakt bestand, obligat.
Ist eine Testung nicht möglich, sollte eine Therapie auch ohne Labornachweis erfolgen.1
Die Zahl an Infizierten, die nichts von ihrer Chlamydien-Infektion wissen, ist hoch.
Medikamentöse Therapie
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Für Fluorchinolone wurden von der Europäischen Arzneimittel-Agentur Anwendungsbeschränkungen empfohlen: Besondere Vorsicht bei Älteren und bei Patienten mit Nierenfunktionseinschränkung. Keine Kombination mit Kortikosteroiden. Nicht empfohlen als Mittel der 1. Wahl zur Behandlung leichter und mittelschwerer Infektionen.14
Die Alternative Azithromycin sollte zurückhaltend eingesetzt werden, da sich erwiesen hat, dass die häufige Anwendung von Azithromycin als Einmaldosis zur schnell zunehmenden Resistenz gegen Azithromycin bei Mycoplasma genitalium beigetragen hat.15 Erwogen werden kann Azithromycin bei schlechter Compliance.
Die Patienten sollten in den nächsten 7 Tagen nach Einleitung der Therapie auf Geschlechtsverkehr verzichten.7
Prävention
Kondome schützen gegen Chlamydien, manche Expert*innen raten auch zu einem Test auf Chlamydien bei jedem Wechsel der Partner*innen.
Die Infektion mit Chlamydien ist in Deutschland, mit Ausnahme von Sachsen, nicht meldepflichtig.
Infizierte sollten im persönlichen Gespräch über Präventionsmöglichkeiten aufgeklärt werden und darauf hingewiesen werden, dass sie bis zum Abschluss der Therapie auf Geschlechtsverkehr verzichten sollen. Die Inhalte der Aufklärung sollten in der Patientenakte verzeichnet werden.
Die Information aller Sexualpartner*innen ist wichtig.
Deutsche STI-Gesellschaft e. V. (DSTIG) - Gesellschaft zur Förderung der Sexuellen Gesundheit. Infektionen mit Chlamydia trachomatis. AWMF-Leitlinie Nr. 059-005. Klasse S2k, Stand 2016. www.awmf.org
Literatur
Deutsche STI-Gesellschaft e. V. (DSTIG) - Gesellschaft zur Förderung der Sexuellen Gesundheit. Infektionen mit Chlamydia trachomatis. AWMF-Leitlinie Nr. 059-005; Klasse S2k, Stand 2016. www.awmf.org
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Gille G, Hampl M. HPV und Chlamydien in der Mädchen-Sprechstunde. Frauenarzt 2015; 56: 36-42. www.frauenarzt.de
Abteilung für Infektionsepidemiologie Robert Koch-Institut. Begleitevaluation zum Chlamydien Screening in Deutschland - Endbericht Chlamydia trachomatis. Stand September 2013. www.rki.de
Scheel O, Ånestad G, Mundal R et al. Detection of Chlamydia trachomatis in the urine of young Norwegian males by enzyme immunoassay. Eur J Clin Microbiol Infect Dis 1993; 12: 746-9. PubMed
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Robert Koch-Institut. Chlamydiosen (Teil 1): Erkrankungen durch Chlamydia trachomatis. RKI-Ratgeber für Ärzte. Berlin, RKI, 2010. Zugriff: Oktober 2015 www.rki.de
Donovan B. Sexually transmissible infections other than HIV. Lancet 2004; 363: 545-56. PubMed
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Lanjouw E, Ossewaarde JM, Stary A et al. European guideline for the management of Chlamydia trachomatis infections. International union against sexually transmitted infections, 2010. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
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Deutsche STI-Gesellschaft zur Förderung der sexuellen Gesundheit: Leitfaden STI-Therapie. Stand: 10/2014 dstig.de
BfArM: Fluorchinolone: Einschränkungen in der Anwendung aufgrund von möglicherweise dauerhaften und die Lebensqualität beeinträchtigenden Nebenwirkungen 16.11.18. www.bfarm.de
Lau CY, Qureshi AK. Azithromycin versus doxycycline for genital chlamydial infections: a meta-analysis of randomized clinical trials. Sex Transm Dis 2002; 29: 497-502. PubMed
Autor*innen
Thomas M. Heim, Dr. med., Wissenschaftsjournalist, Freiburg
Julia Trifyllis, Dr. med., Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe, Münster/W.
CCC MK 23.06.2020 NAAT statt anderer Testmethoden.
BBB MK 23.05.2019, laut BfArM keine Anwendungsbeschränkung für Chinolone bei Urethritis
Anwendungsbeschränkungen für Chinolone 24.4.19 UB
CCC MK 23.01.2019, komplett überarbeitet;
Revision at 21.10.2015 18:34:49:
German Version
Revision at 21.10.2015 12:16:07:
German Version
Definition:Sexuell übertragbare Erkrankung durch Infektion mit Chlamydia trachomatis. Häufigkeit:Häufigste sexuell übertragbare bakterielle Infektion in Deutschland.