Allgemeine Informationen
Definition
- Die Vasektomie ist eine der sichersten und effektivsten Verhütungsmethoden, die es gibt.1-2
- Im Vergleich zur Ligatur der Eileiter bei Frauen, die in der Regel unter Vollnarkose stattfindet und einen chirurgischen Eingriff in die Bauchhöhle verlangt, ist die Vasektomie sicherer, und Männer erholen sich schneller nach der Operation.
- Eine Vasektomie wird in der Regel ambulant in örtlicher Betäubung vorgenommen, und der Patient kann nach dem Eingriff nach Hause zurückkehren.
- Es gibt unterschiedliche Operationstechniken, die international erheblich varriieren können.
Häufigkeit
- Es wird geschätzt, dass weltweit 40–60 Millionen Männer die Vasektomie als Verhütungsmethode nutzen.3
- In den Vereinigten Staaten werden pro Jahr schätzungsweise 175.000–500.000 Vasketomien vorgenommen.4-5
- Die Prävalenz der Vasektomie unter verheirateten Paaren in den USA liegt bei 7–10 % und steigt mit dem Alter: In der Altersgruppe der 45-jährigen Männer liegt sie bei 18 %.
- In Deuschland verhüten ca. 5 % der Männer durch eine Vasektomie, 2008 gab es insgesamt ca. 450.000 Männer, die vasektomiert waren.
Methode
Präoperativ
- Eine präoperative intensive Beratung ist obligatorisch.
- Themen, die in der präoperativen Beratung anzusprechen sind:
- Die Vasektomie ist eine permanente und nahezu irreversible Form der Empfängnisverhütung.
- Die Vasektomie bietet keine unmittelbare Sterilität.
- Nach einer Vasektomie sind andere Formen der Empfängnisverhütung so lange weiterzuverwenden, bis die Sterilität durch Samenanalyse bestätigt wird.
- Auch nach bestätigter Okklusion des Samenleiters bietet die Vasektomie keine 100 %ige Zuverlässigkeit. In 0,2–5,3 % der Fälle kommt es zu einer Rekanalisation.6
- Bei 1 % der Patienten ist eine erneute Vasektomie erforderlich.
- Das Risiko einer Schwangerschaft nach einer Vasektomie und bei negativem Spermiogramm liegt bei ca. 1 : 2000.
- Die Patienten sollten in der ersten Woche nach der Vasektomie eine Ejakulation vermeiden.
- Als Möglichkeiten, die Fertilität nach einer Vasektomie wiederzuerlangen, kommen eine Rückoperation (Refertilisation) oder In-vitro-Fertilisation in Betracht. Diese Verfahren führen nicht immer zum gewünschten Erfolg.7-8
- Zu operationsbedingten Komplikationen wie Hämatomen oder Infektionen kommt es in 1–2 % der Fälle.9
- Chronische Schmerzen im Skrotum mit negativem Einfluss auf die Lebensqualität treten in 1–2 % der Fälle auf.10
- Eine schriftliche Einverständniserklärung ist einzuholen.
- Zusammen mit der präoperativen Konsultation sollte eine klinische Untersuchung vorgenommen werden.
- Achten Sie besonders auf pathologische Anomalien im Genitalbereich, die eine Kontraindikation für eine Vasektomie sind.
- Identifizieren Sie diejenigen Patienten, die nicht für eine Lokalanästhesie in Frage kommen (z.B. bei stark erhöhter Empfindlichkeit des Skrotums oder Patienten, bei denen die Palpation des Vas schwierig ist).
- Die Untersuchung hat daher zu einem Zeitpunkt zu erfolgen, wo noch die Möglichkeit besteht, eine alternative Anästhesie zu planen.
Indikationen
- Wunsch des Patienten.
- Es gibt keine absoluten Kontraindikationen.
- Relative Kontraindikationen11
- Junges Alter (< 30 Jahre)
- Keine Kinder
- Wenn die Partnerin schwanger ist, sollte die Entscheidung besser postpartum erfolgen.
- Keine gegenwärtige partnerschaftliche Beziehung
- Bei Schmerzen im Skrotum
Verfahren
- Die wesentlichen Elemente des Verfahrens bestehen darin, den Ductus deferens beidseitig innerhalb des Skrotums zu isolieren, ein kleines Stück davon zu entfernen und die Enden dann zu verschließen.
- Eine routinemäßige Verabreichung prophylaktischer Antibiotika ist nicht notwendig.
- Es sind über 30 verschiedene Methoden beschrieben, die Operation durchzuführen. Studien liefern bislang keine definitive Antwort darüber, welche Methode die beste ist.12
- Gängige Methoden:
- Ligatur und Exzision eines Teils des Vas deferens
- Ligatur + Exzision + Faszieninterposition
- Kauterisation +/- Faszieninterposition
- Der Ductus deferens wird mittels Palpation identifiziert.
- Anästhesie
- Ein Lokalanästhetikum wird in die Haut des Skrotums, evtl. auch in die Leiste, injiziert.
- In besonderen Fällen erfolgt die Operation unter Vollnarkose.
- Der Ductus wird mit einer Klemme gefasst. Über dem Ductus wird eine kleine Inzision ausgeführt. Das Vas deferens wird freipräpariert und durch die Inzisionsöffnung herausgezogen.
- Das Vas deferens wird auf einer Länge von einigen Zentimetern freipräpariert und es werden ca. 2 cm exzidiert. Das eine Ende oder beide Enden des Vas deferens werden abgebunden bzw. ligiert oder durch Kauterisation koaguliert.
- Manche Operateure nutzen die Faszien rund um das Vas deferens, um eines der Ductusenden zu verschließen.
- Die gleiche Prozedur wird auf der anderen Seite wiederholt. Manche Operateure nutzen die Hodensacknaht an der Hodenunterseite, um beide Vasa durch einen kleinen Mittellinienschnitt zu dissezieren.
- Die Operation ist mitunter technisch anspruchsvoll, und der Chirurg sollte erfahren sein, um den Eingriff unter örtlicher Betäubung schmerzfrei durchführen zu können.
Nutzen
- Das Risiko einer Schwangerschaft nach einer Vasektomie liegt bei unter 1 : 2000 für Männer mit Azoospermie oder nur wenigen, nichtbeweglichen Spermien.1-2
Pathophysiologische Auswirkungen der Vasektomie
- Das Zertrennen der Vasa verletzt die mukösen, muskulären und autonomen Nervenbahnen, die Einfluss auf die vasale sekretorische Funktion und die Peristaltik haben.
- Die Peristaltik wird durch die sympathische autonome Aktivität reguliert, die irreversibel zerstört werden kann.
- Die Obstruktion des Vas führt zu einem erhöhten intraluminalen Druck innerhalb des verbleibenden testikulären Abschnitts und zu einem verminderten Druck im abdominalen Abschnitt des Vas, was physiologische Auswirkungen auf die Morphologie der Epithelzellen, die zelluläre Feinstruktur und die Genexpression im Vas deferens und in den Nebenhoden (Epididymis) hat.
- Die Obstruktion bewirkt weiterhin, dass sich die Spermien im verbleibenden Teil des Vas und der Epididymis ansammeln und dort absterben.
- Tote Spermien verursachen eine Entzündungsreaktion, die ihrerseits systemische zelluläre und immunologische Effekte auslöst, die dann wiederum negativ auf die testikuläre Funktion und die Spermienfunktion einwirken.
- Die klinische Bedeutung hiervon ist nicht näher bekannt. Es ist auch nicht bekannt, in welchem Maß eine Vasostomie hierauf Einfluss nimmt.
- Desweiteren wurden morphologische Veränderungen im Bereich der Epididymis nach einer Vasektomie beschrieben.
- Tierstudien zeigen eine Vakuolisierung sowie eine Erhöhung der Anzahl und Größe der intrazellulären Lysosomen.
- Beim Menschen wurde eine Dilatation der Nebenhoden-Tubuli nachgewiesen. Änderungen der Höhe des epididymalen Epithels weisen auf komplexe molekulare Effekte der Vasektomie hin, da Volumen und Höhe der Epithelzellen das Ergebnis der zugrunde liegenden RNS und Proteinaktivität sind.
- Ferner wurden beträchtliche Veränderungen in der epididymalen Genexpression festgestellt. Vieles deutet darauf hin, dass diese Veränderungen irreversibel sind. Die klinische Relevanz ist nicht bekannt.13
Postoperative Kontrolle und Follow-up
- Die Patienten bzw. ihre Sexualpartnerin bleiben so lange auf andere Verhütungsmittel angewiesen, bis die Unfruchtbarkeit durch Spermienanalyse nachgewiesen ist (Spermiogramm).
- In den ersten paar Wochen nach der Vasektomie sind im distalen Abschnitt des Vas noch Spermien vorhanden.
- Ein Spermiogramm ist erforderlich, um die Unfruchtbarkeit festzustellen.
- Die EAU empfiehlt, die Spermienanalyse von einem Speziallabor durchführen zu lassen.14
- Ein erstes Spermiogramm sollte 6–18 Wochen nach der Vasektomie erstellt werden. Innerhalb dieses Zeitraums sollte es zu mindestens 20 Ejakulationen gekommen sein.1
- Die meisten Studien zeigen 12 Wochen nach der Vasektomie eine Azoospermie (das Fehlen von Samenzellen) bei 80 % der Patienten.
- Die Samenanalyse sollte mit frisch gewonnenem, nicht zentrifugiertem Sperma binnen einer Stunde nach der Ejakulation durchgeführt werden.14
- Gleichwohl bietet auch eine nachgewiesene Azoospermie keine 100 %ige Garantie für dauerhafte Sterilität.
- Im Falle einer Unsicherheit bezüglich des entfernten Gewebes empfiehlt sich eine histologische Analyse des Präparats.
- Der Nachweis von beweglichen Spermien 6–12 Wochen nach der Vasektomie deutet auf eine Rekanalisation oder auf einen technischen Fehler bei der Operation hin.15
- Eine Vasektomie ist dann als misslungen zu betrachten, wenn sechs Monate nach der Operation noch bewegliche Spermien bei einer Samenanalyse gefunden werden; eine Revision ist in Betracht zu ziehen.16
Nebenwirkungen
- Die Operation verläuft meistens komplikationslos.
- Es besteht kein Zusammenhang zwischen einer Vasektomie und Prostatakarzinom, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Apoplexie, Hypertonie, Demenz oder Hodenkarzinom.2,17-19
- Nur selten kommt es zu psychosozialen, sexuellen oder endokrinen Problemen.
Refertilisation nach einer Vasektomie
- Bei etwa 2 % der vasektomierten Männer wird später eine Vasovasostomie durchgeführt, oft nach einer Scheidung und/oder wegen einer neuen Partnerschaft mit Kinderwunsch.7-8
- In den USA lassen sich 6–10 % der vasektomierten Männer wegen einer Refertilisation beraten.
1820 - Zumeist lassen sich diejenigen Männer wegen einer Refertilisation beraten, bei denen die Vasektomie in jungem Alter durchgeführt wurde.
- Die Vasovasostomie ist ein mikrochirurgisch anspruchsvoller Eingriff.
- Die Vasovasostomie des Vas gelingt in 80–99,5 % der Fälle.
- Nach Vasovasostomie kommt es in ca. 40–80 % der Fälle zu einer Schwangerschaft.
- In den USA lassen sich 6–10 % der vasektomierten Männer wegen einer Refertilisation beraten.
Patienteninformation
Patienteninformationen
Illustrationen

Vasektomie
Quellen
Literatur
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Autoren
- Dirk Nonhoff, Dr. med., Facharzt für Allgemeinmedizin, Köln
- Steinar J. Karlsen, tidligere klinikksjef og professor dr. med., Oslo Urologiske Universitetsklinikk, Aker universitetssykehus helseforetak og Universitetet i Oslo
- Truls E. Bjerklund Johansen, prof. dr. med., Urologisk afdeling, Århus Universitetshospital, 8200 Århus, DK