Definition:Intestinale Metaplasie im distalen Ösophagus infolge einer chronischen gastroösophagealen Refluxkrankheit.
Häufigkeit:Prävalenz in der allgemeinen Bevölkerung 1–2 %, bei Patient*innen mit Refluxkrankheit 3–12 %. Prävalenz steigt mit dem Alter, Männer häufiger betroffen als Frauen.
Symptome:Symptome der Refluxkrankheit.
Diagnostik:Die Diagnose wird mittels hochauflösender Videoendoskopie und Biopsien gestellt.
Therapie:Bei Barrett-Schleimhaut ohne Neoplasie Verlaufskontrolle. Bei Patient*innen mit niedriggradiger oder hochgradiger intraepithelialer Neoplasie endoskopische Therapie (Radiofrequenzablation, endoskopische Resektion).
Allgemeine Informationen
Definition
Der Barrett-Ösophagus ist eine Präkanzerose charakterisiert durch:1-3
den histologischen Nachweis einer spezialisierten intestinalen Metaplasie (Zylinderepithel mit Becherzellen) im distalen Ösophagus
Ein allgemeines Screening bei Patient*innen mit GERD ist nicht empfohlen.3
Bei GERD-Patient*innen mit längerfristig hohem PPI-Bedarf sollte die Indikation zur Endoskopie aber großzügig gestellt werden.1
Desweiteren auch bei Patient*innen mit mehreren prädisponierenden Faktoren oder Alarmsymptomen15
Endoskopische Diagnostik
Für die Inspektion der z. T. subtilen Läsionen mit hochauflösender Videoendoskopie sollten sich Untersucher*innen ausreichend Zeit nehmen.13
Die Darstellung des Oberflächenreliefs kann durch klassische (z. B. mit Essigsäure) oder virtuelle (z. B. „Blue Light Imaging“) chromoendoskopische Verfahren verbessert werden.13
Auffällige Areale sollten im Zweifel biopsiert werden.13
Bei florider Refluxösophagitis wird zur besseren histologischen Beurteilbarkeit vor Biopsie eine 4-wöchige PPI-Therapie vorgeschaltet.1
Bei mehrjährig bestehenden Refluxbeschwerden sollte eine Endoskopie zur Aufdeckung eines Barrett-Ösophagus erfolgen.
Durchführung
Als Standard für die endoskopische Diagnostik bei Patient*innen mit Barrett-Ösophagus soll die hochauflösende Videoendoskopie gelten.
Bei endoskopischem Verdacht oder bereits gesichertem Barrett-Ösophagus soll eine gezielte Biopsie aller suspekten Areale und anschließende 4-Quadranten-Biopsie alle 1–2 cm erfolgen.
Bei Nachweis entzündlicher Veränderungen sollte vor Biopsieentnahme eine 4-wöchige PPI-Therapie erfolgen.
Eine Fundoplikatio kann zwar bei schwerer Refluxkrankheit indiziert sein, für einen karzinompräventiven Effekt bei Barrett-Ösophagus gibt es aber keine ausreichende Evidenz und daher keine Empfehlung.2,16-17
Nicht-endoskopische Therapie
Allgemeinmaßnahmen
Maßnahmen, die einen günstigen Effekt auf die Progression eines Barrett-Ösophagus haben:7
Eine medikamentöse Behandlung mit Protonenpumpen-Inhibitoren (PPI) ist indiziert, wenn bei Patient*innen mit Barrett-Ösophagus gleichzeitig Refluxbeschwerden und/oder eine Ösophagitis vorliegen.18
z. B. Pantoprazol 40 mg 1 x tgl.
Zur Frage einer medikamentösen Karzinomprophylaxe mit PPI, NSAR, ASS oder Statinen liegen widersprüchliche Studienergebnisse vor.10,19
Eine generelle Empfehlung zur medikamentösen Prävention wird in den aktuellen Leitlinien daher nicht gegeben.1-2
Endoskopische Therapie
Die Therapie richtet sich nach der histologischen Klassifikation des Barrett-Ösophagus.20
Eine Barrettschleimhaut ohne neoplastische Veränderungen kann verlaufskontrolliert werden, bei niedriggradiger (LGIN) oder hochgradiger (HGIN) intraepithelialer Neoplasie ergibt sich hingegen die Indikation zur endoskopischen Therapie.1-3
Die endoskopische Therapie sollte in erfahrenen Zentren mit Verfügbarkeit aller diagnostischen und therapeutischen Verfahren einschließlich Ösophaguschirurgie erfolgen.1
Eine endoskopische Therapie/Ablation von nichtneoplastischer Barrettschleimhaut soll nicht erfolgen.
Niedriggradige intraepitheliale Neoplasie (LGIN)
Bei Nachweis einer LGIN im Barrett-Ösophagus, die durch Referenzpatholog*innen zu bestätigen ist, und bei Vorliegen sichtbarer Veränderungen soll die endoskopische Resektion erfolgen.
Eine Radiofrequenzablation des gesamten Barrett Segments zur Verhinderung einer Progression kann erfolgen.
Hochgradige intraepitheliale Neoplasie (HGIN)
Bei Nachweis einer hochgradigen intraepithelialen Neoplasie oder eines mukosalen Karzinoms im Barrett-Ösophagus soll eine endoskopische Resektion erfolgen, da hierdurch neben der Therapie auch ein Staging der Läsion mit der Frage der Tiefeninfiltration erfolgt.
Nach erfolgreicher Resektion von Neoplasien im Barrett-Ösophagus soll der nichtneoplastische Barrett-Ösophagus abladiert werden, um die Rate an metachronen Neoplasien zu senken.
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Komplikationen
Bei Radiofrequenzablationen Komplikationen bei 6,5–9 % der Patient*innen (z. B. Stenosen)1
Seltene, aber kritische Komplikation der endoskopischen Resektion ist die Ösophagusperforation.1
Prognose und Komplikationen
Bei Barrett-Ösophagus ohne Dysplasie ist das Risiko für die Entstehung einer hochgradigen intraepithelialen Neoplasie (HGIN) gering mit 0,12–0,33 % pro Jahr.21-22
Bei Vorliegen einer niedriggradigen intraepithelialen Neoplasie (LGIN) beträgt die jährliche Progressionsrate zu einer HGIN oder zu einem Adenokarzinom ca. 9 %.23
HGIN und ein intramukosales Karzinom sind histologisch nicht immer zu unterscheiden, auch bei einem intramukosalen Karzinom besteht aber praktisch kein lymphogenes oder hämatogenes Metastasierungsrisiko.15,23
Infiltriert das Karzinom die Submukosa, besteht die Indikation zur operativen Ösophagusresektion (bei bestimmter Niedrigrisikogruppe auch endoskopische Resektion möglich).23
Verlaufskontrolle
Das Überwachungsregime ist Gegenstand der Diskussion mit unterschiedlichen Empfehlungen in internationalen Leitlinien.1-3
Im Folgenden die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie:
Kontrolle nach 1 Jahr, bei Bestätigung kann alle 3–4 Jahre eine Kontroll-ÖGD erfolgen.
Niedriggradige intraepitheliale Neopasie (LGIN)
Bei Nachweis einer niedriggradigen intraepithelialen Neoplasie im Barrett-Ösophagus, die durch Referenzpatholog*innen bestätigt wird, ohne makroskopisch sichtbare Veränderungen in der Barrettschleimhaut sollen Verlaufskontrollen nach 6 Monaten und dann jährlich erfolgen (alternativ kann eine Radiofrequenzablation durchgeführt werden).
Bei makroskopisch sichtbaren Läsionen endoskopische Therapie
Hochgradige intraepitheliale Neoplasien (HGIN)
Nach erfolgreicher endoskopischer Resektion und Rest-Barrettablation sollten Kontrollendoskopien nach 3 Monaten, dann für 2 Jahre halbjährlich und danach jährlich erfolgen.
Short Barrett (Metaplasie bis zu 3 cm Länge) (mit freundlicher Genehmigung von endoskopiebilder.de, Immanuel Albertinen Diakonie gGmbH, Hamburg)
Quellen
Leitlinien
European Society of Gastrointestinal Endoscopy. Endoscopic management of Barrett's esophagus: Position Statement, Stand 2017. www.esge.com
American College of Gastroenterology. ACG Clinical Guideline: Diagnosis and Management of Barrett's Esophagus, Stand 2022. journals.lww.com
Literatur
Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten. S2k-Leitlinie Gastroösophageale Refluxkrankheit. AWMF-Registernummer 021 - 013, Stand 2014. www.awmf.org www.awmf.org
American College of Gastroenterology. ACG Clinical Guideline: Diagnosis and Management of Barrett's Esophagus, Stand 2022. journals.lww.com
European Society of Gastrointestinal Endoscopy. Endoscopic management of Barrett's esophagus: Position Statement. www.esge.com
Barrett N. The lower esophagus lined by columnar epithelium. Surgery 1957; 41: 881-894. pmid:13442856 PubMed
Spechler S, Souza R. Barrett's esophagus. N Engl J Med. 2014;371:836-845. PMID: 25162890. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
Spechler S. Barrett esophagus and risk of esophageal cancer: a clinical review. JAMA. 2013;310:627-36. PMID: 23942681. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
Labenz J, Koop H, Tannapfel A, et al. The epidemiology, diagnosis and treatment of Barrett carcinoma. Dtsch Arztebl Int 2015; 112: 224-234. doi:10.3238/arztebl.2015.0224 DOI
Ronkainen J, Aro P, Storskrubb P, et al. Prevalence of Barrett's esophagus in the general population: an endoscopic study. Gastroenterology 2005; 129: 1825-1831. doi:10.1053/j.gastro.2005.08.053 DOI
Qumseya B, Bukkanan A, Gendy S, et al. Systematic review and meta-analysis of prevalence and risk factors for Barrett's esophagus. Gastrointest Endosc 2019; 90: 707-717. doi:10.1016/j.gie.2019.05.030 DOI
Stiefelhagen P. Barrett-Ösophagus: Wie lässt sich das Karzinom verhindern? MMW - Fortschritte der Medizin 2019; 161: 10-11. doi:10.1007/s15006-019-0040-8 DOI
Que J, Garman K, Souza R, et al. Pathogenesis and Cells of Origin of Barrett's Esophagus. Gastroenterology 2019; 157: 349–364. doi:10.1053/j.gastro.2019.03.072 DOI
Kolb J, Wani S. Endoscopic Management of Barrett's Esophagus. Dig Dis Scu 2022. doi:10.1007/s10620-022-07395-x DOI
Pech O, May A. Barrett-Ösophagus. Gastroenterologe 2018; 13: 311–321. doi:10.1007/s11377-018-0268-3 DOI
Seewald S, Bannwart F, Müller A, et al. Refluxerkrankung und Barrett-Ösophagus. Swiss Med Forum 2017; 17: 135-142. doi:10.4414/smf.2017.02797 DOI
De Jonge P, Spaander M, Bruno M, et al. Acid suppression and surgical therapy for Barrett's oesophagus. Best Pract Res Clin Gastroenterol 2015;29:139-50. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
Wassenaar EB, Oelschlager BK. Effect of medical and surgical treatment of Barrett's metaplasia. World J Gastroenterol 2010; 16: 3773-9. PubMed
Labenz J. Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM). Gastroösophageale Refluxerkrankung. eMedpedia, Zugriff 07.04.22. www.springermedizin.de
Singh S, Garg S, Singh P, et al. Acid-suppressive medications and risk of oesophageal adenocarcinoma in patients with Barrett's oesophagus: a systematic review and meta-analysis. Gut. 2014;63:1229-37. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
Blevins CH, Iyer PG. Endoscopic therapy for Barrett's oesophagus. Best PractRes Clin Gastroenterol 2015;29:167-77. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
Lutz L, Werner M. Barrett-Ösophagus und Barrett-Karzinom. Pathologe 2016; 37: 193-200. doi:10.1007/s00292-016-0150-3 DOI
Hvid-Jensen F, Pedersen L, Drewes AM, Sørensen HT, Funch-Jensen P. Incidence of adenocarcinoma among patients with Barrett's esophagus. N Engl J Med. 2011 Oct 13;365(15):1375-83. PMID: 21995385. PubMed
Pech O. Klinische Diagnostik und endoskopische Therapie von Barrett-Ösophagus und Frühkarzinomen. Gastroenterologe 2017; 12: 388-393. doi:10.1007/s11377-017-0185-x DOI
Autor*innen
Michael Handke, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Intensivmedizin, Freiburg i. Br.
Die ursprüngliche Version dieses Artikels basiert auf einem entsprechenden Artikel im norwegischen hausärztlichen Online-Handbuch Norsk Elektronisk Legehåndbok (NEL, https://legehandboka.no/).
BBB MK 11.04.2022 umfassend revidiert und umgeschrieben.
Revision at 17.12.2015 16:26:45:
German Version
MK 19.09.2017 komplett überarbeitet, Leitlinien im Text
Definition:Intestinale Metaplasie im distalen Ösophagus infolge einer chronischen gastroösophagealen Refluxkrankheit. Häufigkeit:Prävalenz in der allgemeinen Bevölkerung 1–2 %, bei Patient*innen mit Refluxkrankheit 3–12 %. Prävalenz steigt mit dem Alter, Männer häufiger betroffen als Frauen.