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Prionenerkrankungen

Zusammenfassung

  • Definition:Bei den Prionenerkrankungen handelt es sich um eine Gruppe neurodegenerativer Erkrankungen (Enzephalopathien) mit sehr schwerem Verlauf, die von infektiösen Proteinpartikeln (Prionen) übertragen werden. Kann ansteckend sein.
  • Häufigkeit:Die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) stellt fast 90 % der Fälle. Inzidenz: etwa 1 Fall pro 1 Million Einwohner und Jahr.
  • Symptome:Typische Symptome sind fortschreitende Demenz und motorische Störungen.
  • Befunde:Gekennzeichnet von kognitiven Veränderungen (Demenz), motorischen Störungen, Persönlichkeitsveränderungen und häufig Sehstörungen.
  • Diagnose:Als Zusatzuntersuchungen kommen EEG, MRT und Lumbalpunktion in Frage.
  • Behandlung:Eine spezifische Therapie steht nicht zur Verfügung.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Bei Tieren und Menschen auftretende Erkrankungen, die von infektiösen Proteinpartikeln (Prionen) verursacht werden. Alle Prionenerkrankungen greifen das Gehirn an, können ansteckend sein und verlaufen tödlich. Gruppe von Erkrankungen, die auch als „übertragbare spongiforme Enzephalopathien“ bezeichnet werden.1-3

Erkrankungen bei Tieren

  • Die am häufigsten auftretende Prionenerkrankung ist Scrapie bei Schafen und Ziegen.
  • Bovine spongiforme Enzephalopathie (BSE, Rinderwahnsinn).
  • Feline spongiforme Enzephalopathie (FSE), tritt bei Katzenartigen auf.
  • Chronisch auszehrende Krankheit (Chronic Wasting Disease, CWD) bei Hirschartigen in Nordamerika.
  • Übertragbare Nerz-Enzephalopathie (bei Nerzen).

Erkrankungen beim Menschen

  • Sporadische Form der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK):
    • Diese Form der CJK steht für etwa 85 Prozent der CJK-Fälle und ist nicht erblich.
    • Die Inzidenz beträgt etwas mehr als einen Fall pro 1 Mio. Einwohner und Jahr (in Deutschland wurden dem Robert Koch Institut 2014 insgesamt 86 Fälle gemeldet); Männer und Frauen sind etwa gleich häufig betroffen.
    • Die Ursache der sporadischen Form der CJK ist unbekannt.
    • Das Auftreten der Erkrankung ist geografisch im Wesentlichen gleich verteilt und in zeitlicher Hinsicht konstant.
    • Fast alle Patienten sterben innerhalb eines Jahres nach dem Einsetzen der Symptome.
    • Typische Symptome sind eine sehr rasch fortschreitende Demenz, Myoklonien und Koordinationsstörungen.
  • Familiäre Form der CJK:
    • Mit etwa 15 Prozent aller CJK-Fälle ist die familiäre, also vererbbare Form der CJK in Nordeuropa selten.
  • Iatrogene Form der CJK:
    • Hierbei handelt es sich um eine durch die Transplantation von Gewebe (in der Regel Hirnhaut, Hypophyse oder Hornhaut des Auges) übertragene sporadische Form der CJK.4
    • Eine andere Übertragungsform bestand durch Verabreichung von Wachstumshormonen, die heute gentechnisch hergestellt werden. Laut der Göttinger Prionforschungsgruppe liegt in Deutschland kein einziger Fall der iatrogenen Form vor.5
  • Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJK):
    • Hierbei handelt es sich um eine relativ neue Form der übertragenen CJK.
    • Diese neue Form wird vermutlich durch den Verzehr von Rindfleisch ausgelöst, das mit der bovinen spongiformen Enzephalopathie (BSE, Rinderwahnsinn) infiziert war.
  • Seltener auftretende transmissible (übertragbare) spongiforme Enzephalopathien (TSE):
    • Das Gerstmann-Sträussler-Scheinker-Syndrom (GSS), die fatale familiäre Insomnie und Kuru stellen extrem seltene Formen der TSE dar.
    • In Deutschland wurde bisher ein Fall des GSS festgestellt.6 Typisch für das GSS sind u. a. zerebelläre Ataxie und spastische Paraparese.
    • Die fatale familiäre Insomnie ist eine sehr seltene, autosomal dominante Erbkrankheit. Typisch für die Erkrankung sind u. a. fortschreitende Insomnie, Dysautonomie und Demenz.
    • Kuru trat bei Volksstämmen auf Papua-Neuguinea auf, die rituellen Kannibalismus praktiziert hatten. Mit dem Verbot des Kannibalismus wurde die Erkrankung jedoch ausgerottet.

Vorkommen

  • Creutzfeldt-Jakob-Krankheit:
    • In Deutschland werden pro Jahr etwa 80 Fälle diagnostiziert, d. h. etwa ein Fall pro 1 Mio. Einwohner. Diese Zahl von 1-1,5 Fälle pro 1 Mio. ist seit vielen Jahren stabil:
    • Das Vorkommen entspricht dem in anderen europäischen Ländern.
    • Eine neue Variante der Erkrankung (vCJK) ist vor allem bei jüngeren Patienten in Großbritannien aufgetreten. Sie wird vermutlich durch den Verzehr von BSE-infiziertem Rindfleisch ausgelöst. Bis Juni 2014 wurden weltweit 229 Fälle von vCJK gemeldet.
    • In Deutschland wurden übertragbare Formen der CJK einschließlich vCJK bisher nicht diagnostiziert.7

Ätiologie und Pathogenese

Allgemeine Aspekte

  • Gesicherte Daten zur Ätiologie liegen bisher nicht vor.
  • Die Angaben zur Ätiologie gelten als wahrscheinlich.

Creutzfeldt-Jakob-Krankheit

  • Bei Prionen handelt es sich um eine pathogene Variante von Proteinen, die im menschlichen Körper vorkommen. Prionen sind vor allem in Nervenzellen zu finden und werden nicht wie üblich abgebaut, sondern lagern sich im Hirngewebe ab. Prionen weisen eine veränderte Faltung, d. h. eine abweichende Sekundärstruktur auf:
    • Im Wirt kopieren die Prionen sozusagen ihre Struktur auf die physiologische Variante des Proteins. Dadurch verdrängt die pathogene Variante nach und nach die physiologische Variante, was schließlich zu einer Degeneration des Hirngewebes führt.
  • Pathologie:
    • Es handelt sich um eine spongiforme Enzephalopathie, d. h. eine schwammartige Umbildung von Hirngewebe.
  • Die Übertragung erfolgt über infiziertes Hirngewebe, infiziertes Gewebe des Auges oder infizierte medizinische Instrumente.

Prädisponierende Faktoren

Creutzfeldt-Jakob-Krankheit

  • Behandlung mit Wachstumshormonen von infizierten Spendern.
  • Transplantation von Hornhaut des Auges von infizierten Spendern.
  • Transplantation von Gewebe der Dura mater von infizierten Spendern.
  • Kontakt mit infizierten Geräten oder infiziertem Gewebe.
  • Familienanamnese mit CJK in 15 % der Fälle.
  • Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (vCJK):
    • Wird mit dem Verzehr von Rindfleisch in Verbindung gebracht, das mit boviner spongiformer Enzephalopathie (BSE) infiziert ist.

ICPC-2

  • N73 Neurologische Infektion, andere

ICD-10

  • A81 Atypische Virusinfektionen des Zentralnervensystems
    • A81.0 Creutzfeldt-Jakob-Krankheit
    • A81.9 Atypische Virusinfektion des Zentralnervensystems, nicht näher bezeichnet

Diagnose

Anamnese

  • Anamnese mit prädisponierenden Faktoren.
  • Im Frühstadium häufig unspezifische Symptome (Unruhe, Angst, Depression, Aggression, Müdigkeit, Teilnahmslosigkeit, Gedächtnisverlust, Schlafstörungen, Dysarthrie).3

Klinischer Befund

Creutzfeldt-Jakob-Krankheit

  • In der Regel erkranken Personen in einem Alter über 50 Jahre.
  • Demenz:
    • Rasch fortschreitend.
  • Unwillkürliche Muskelzuckungen (Myoklonien).
  • Ataxie. Lähmungen. Epileptische Anfälle. Halluzinationen. Sehstörungen. Kortikale Blindheit.
  • Somnolenz. Akinetischer Mutismus. Koma.
  • Variante der CJK (vCJK):
    • Die Erkrankung kann auch bei jüngere Personen auftreten.
    • Zeigt etwas abgeschwächte Symptome und einen etwas weniger schweren Verlauf. Im Frühstadium psychiatrische Symptome wie Unruhe, Angst, Depression sowie Schmerzen und sensorische Symptome in der Peripherie. Die Erkrankungsdauer beträgt mindestens sechs Monate, in der Regel aber ein bis zwei Jahre.8

Weitere Untersuchungen

Im Krankenhaus

  • EEG:
    • Kann früh im Verlauf unspezifische Anomalien zeigen. Später für die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit typische Veränderungen:
      • Periodisch auftretende Sharp-wave-Komplexe.
  • MRT:9
    • Diffusionsgewichtete MRT.
    • Bei Creutzfeldt-Jakob-Krankheit beidseitig Areale hoher Signalintensität:
      • Insbesondere im Kortex, Nucleus caudatus und Putamen.
  • Lumbalpunktion (LP):
    • Der Nachweis des Proteins 14-3-3 und ein hohes Aufkommen des Tau-Proteins im Liquor stützt die Diagnose, ist aber nicht zwingend diagnosebestätigend. Erhöhte Werte können auch bei anderen schnell fortschreitenden Erkrankungen auftreten, die mit einem erheblichen Abbau von Hirngewebe verbunden sind.
    • Bei Verdacht auf Prionenerkrankungen ist der Liquor als infektiöse Flüssigkeit zu behandeln. Zum Umgang mit Proben siehe die Anweisungen des jeweiligen Labors.
  • Obduktion:
    • Schwammartige (spongiforme) Veränderungen des Gehirns.

Wann überweisen?

  • Bei Verdacht auf eine Prionenerkrankung.

Therapie

Allgemeines zur Behandlung

  • Eine spezifische Therapie steht nicht zur Verfügung. Die Therapie zielt auf die Linderung der Symptome und eine gute Pflege ab.

Vorbeugende Maßnahmen

  • Prädisponierende Faktoren meiden.
  • In der EU ist die Verwendung von sogenanntem spezifizierten Risikomaterial (SRM) für die Herstellung von Lebensmitteln für Menschen und Tiere mittlerweile verboten10:
    • SRM-spezifiziert sind folgende Teile von Rindern, Schafen und Ziegen: Kopf einschließlich Gehirn und Augen, Rückenmark und Milz.
    • Dadurch soll eine Verbreitung von Prionenerkrankungen über die Nahrungskette verhindert werden.

Creutzfeldt-Jakob-Krankheit

  • Hygieneempfehlungen einhalten und medizinische Geräte desinfizieren.

Krankheitsverlauf, Komplikationen und Prognose

Krankheitsverlauf

  • Die Inkubationszeit beträgt bis zu 20 Jahre.
  • Creutzfeldt-Jakob-Krankheit:
    • Rasch fortschreitend.

Prognose

  • Verläuft immer tödlich, in der Regel innerhalb von sechs bis zwölf Monaten.

Patienteninformation

Schriftliche Patienteninformationen

Quellen

Literatur

  1. Prusiner SB. Shattuck lecture: neurodegenerative diseases and prions. N Engl J Med. 2001;344:1516-1526. PubMed
  2. Vernino S, Geschwind MD, Boeve B. Autoimmune encephalopathies. Neurologist. 2007;13:140-147. PubMed
  3. Sim V. Prion disease. BMJ Best Practice, last updated Apr 13, 2015. 
  4. Hamaguchi T, Noguchi-Shinohara M, Nozaki I, et al. The risk of iatrogenic Creutzfeldt-Jakob disease through medical and surgical procedures. Neuropathology. 2009;29:625-631. PubMed
  5. CJK und Prionerkrankungen. Eine Informationsbroschüre der Göttinger Prionforschungsgruppe. Abgerufen am 20.01. 2016. www.cjk-initiative.de
  6. Orphanet. Das Portal für seltene Krankheiten und Orphan Drugs. Abgerufen am 20.01. 2016 www.orpha.net
  7. Robert-Koch-Institut (RKI). Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, Variante Creutzfeldt-Jakob-Krankheit. www.rki.de
  8. Heath CA, Cooper SA, Murray K, et al. Diagnosing variant Creutzfeldt-Jakob disease: a retrospective analysis of the first 150 cases in the UK. J Neurol Neurosurg Psychiatry. 2011;82:646-651. PubMed
  9. Vitali P, Maccagnano E, Caverzasi E, et al. Diffusion-weighted MRI hyperintensity patterns differentiate CJD from other rapid dementias. Neurology. 2011;76:1711-1719. PubMed
  10. Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Bovine spongiforme Enzephalopathie (BSE). München 2014. www.lgl.bayern.de

Autoren

  • Günter Ollenschläger, Prof. Dr. Dr. med., Internist, Uniklinikum Köln
  • Michael V. Mazya, MD, PhD, Specialist in Neurology, Department of Neurology. Karolinska University Hospital
  • Ingard Løge, specialist inom allmänmedicin, Institutt for samfunnsmedisinske fag, Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, Trondheim
prionsykdommerA81; subakutt skleroserende panencefalittA810; skrapesyke; kugalskap; n73 annan infektion i nervsystemet; bse; Prionsjukdomar; prionsjukdom; subakut skleroserande panencefalit; sspe; scrapiesjuka; galna ko-sjukan; a81 atypisk virusinfektion i centrala nervsystemet; a81.0 creutzfeldt-jakobs sjukdom; a81.1 subakut skleroserande panencefalit; a81.8 andra atypiska virusinfektioner i centrala nervsystemet; a81.9 atypisk virusinfektion i centrala nervsystemet, ospecificerad; creutzfeldt-jakobs sjukdomA819
prionsykdommer; subakutt skleroserende panencefalitt; skrapesyke; kugalskap; n73 annan infektion i nervsystemet; bse; Prionsjukdomar; prionsjukdom; subakut skleroserande panencefalit; sspe; scrapiesjuka; galna ko-sjukan; a81 atypisk virusinfektion i centrala nervsystemet; a81.0 creutzfeldt-jakobs sjukdom; a81.1 subakut skleroserande panencefalit; a81.8 andra atypiska virusinfektioner i centrala nervsystemet; a81.9 atypisk virusinfektion i centrala nervsystemet, ospecificerad; creutzfeldt-jakobs sjukdom
prionsykdommer; subakutt skleroserende panencefalitt; skrapesyke; kugalskap; n73 annan infektion i nervsystemet; bse; Prionsjukdomar; prionsjukdom; subakut skleroserande panencefalit; sspe; scrapiesjuka; galna ko-sjukan; a81 atypisk virusinfektion i centrala nervsystemet; a81.0 creutzfeldt-jakobs sjukdom; a81.1 subakut skleroserande panencefalit; a81.8 andra atypiska virusinfektioner i centrala nervsystemet; a81.9 atypisk virusinfektion i centrala nervsystemet, ospecificerad; creutzfeldt-jakobs sjukdomN73
prionsykdommerNeurodegenerative Erkrankungen; subakutt skleroserende panencefalittEnzephalopathien; skrapesykeInfektiöse Proteinpartikel; kugalskapPrionen; n73 annan infektion i nervsystemetCreutzfeldt-Jakob-Krankheit; bseCJK; PrionsjukdomarvCJK; prionsjukdomDemenz; subakutKognitive skleroserande panencefalitVeränderungen; sspeMotorische Störungen; scrapiesjukaPersönlichkeitsveränderungen; galna ko-sjukanSehrstörungen; a81Übertragbare atypiskspongiforme virusinfektion i centrala nervsystemetEnzephalopathien; a81.0 creutzfeldt-jakobs sjukdomTSE; a81.1 subakut skleroserande panencefalitGerstmann-Sträussler-Scheinker-Syndrom; a81.8 andra atypiska virusinfektioner i centrala nervsystemetGSS; a81.9Fetale atypiskFamiläre virusinfektion i centrala nervsystemet, ospecificeradInsomnie; creutzfeldt-jakobsKuru; sjukdomMyoklonien
Prionenerkrankungen
chck go 8.11.
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Definition:Bei den Prionenerkrankungen handelt es sich um eine Gruppe neurodegenerativer Erkrankungen (Enzephalopathien) mit sehr schwerem Verlauf, die von infektiösen Proteinpartikeln (Prionen) übertragen werden. Kann ansteckend sein.
Infektionen
Prionenerkrankungen
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