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Akanthamöben-Infektion

Zusammenfassung

  • Definition:Infektion mitdurch unterschiedliche Stämme der AmöbeGattung Acanthamoeba, in der Regel in der Hornhaut bei Kontaktlinsenträgernger*innen.
  • Häufigkeit:In Norwegen wahrscheinlich sehrSehr selten.
  • Symptome:Symptomatisch ist eine in der RegelMeist schnell verlaufende Entzündung der Hornhaut.
  • Befunde:Klinischer Befund ist eine entzündliche Veränderung der Hornhaut (Keratitis).
  • DiagnoseDiagnostik:ZusatzuntersuchungenAugenärztliche vom AugenarztDiagnosestellung.
  • BehandlungTherapie:EineKonservativ mit Augentropfen,gliche Behandlung ist dieglicherweise Hornhauttransplantation notwendig.

Allgemeine Informationen

  • Der Abschnitt basiert, sofern nicht anders gekennzeichnet, auf diesen Referenzen.1-2

Definition

  • OpportunistischeAmöbenkeratitis: opportunistische Infektion mit Amöben vom Typ Acanthamoeba13
  • Die Amöbe kann Infektionen der Haut, der Augen und des Gehirns (granulomatöse Amöbenenzephalitis, GAE) verursachen.
  • Immungeschwächte und chronisch kranke PatientenPatient*innen sind anfälliger für die Erkrankung, eine Infektion ist aber auch bei immunkompetenten Personen möglich.
  • Die korrekte Diagnose fällt oft schwer, sofern sie nicht aktiv als Möglichkeit in Betracht gezogen wird.

Häufigkeit

  • Die Prävalenz ist kaum erforscht; die.
  • Die Zahl serologisch positiv Gesundergesunder Menschen nimmt mit dem Alter zu (bis ca. 50 %), was auf eine immunologische Auseinandersetzung ohne Krankheitsgeschehen hindeutet.21
  • In der freien Natur ist die Amöbe überall in Gewässern und Böden anzutreffen;, sie verbreitet sich auch durch die Luft.
  • Die Akanthamöbe ist die in der Natur am häufigsten vorkommende Amöbe. Bei Immungeschwächten kann sie opportunistische Infektionen hervorrufen.

Ätiologie und Pathogenese

  • DieAkanthamöben sind Einzeller (Protozoen), deren aktive Form, der Trophozoit (13–23 µm Durchmesser), sich unter ständigem Gestaltwechsel und Ausbildung von Scheinfüßchen auf Oberflächen bewegt.
    • Kann sich unter widrigen Le­bens­um­stän­den in eine sehr widerstandsfähige doppelwandige Überdauerungsform, die Zyste (ca. 15 µm), umwandeln.
    • Akanthamöben sind in der Natur weit ver­brei­tete „Opportunisten“, die nur unter bestimmten Bedingungen pathogen sind und werden daher als „freilebende Amöbeben“ istdem freilebend,obligat dparasitären Erreger der Amö­ben­ruhr Entamoeba histolytica gegenübergestellt.h. ohne Zwischenwirt.
  • Die Infektion erfolgt durch Verletzungen in der Haut oder Hornhaut.
    • Durch gesunde Haut bzw. unverletzte Hornhaut kann der Erreger nicht eindringen.
    • Über die Blutbahn kann der Erreger sich bis ins Gehirn ausbreiten.
    • meist indirekt über kontaminierte Kon­takt­lin­sen­be­häl­ter und Pflegemittel bzw. infolge kontaminierter Kontaktlinsen
  • Die Infektion erfolgtwird nicht unmittelbar von Mensch zu Mensch übertragen.
  • Die Inkubationszeit liegt zwischen wenigen Tagen und mehreren Wochen und hängt u. a. von der Amöbenkonzentration, den Eigenschaften des infizierenden Stammes und der Art der primären Hornhautschädigung ab.

Prädisponierende Faktoren

  • Wunden oder Verletzungen der Haut
  • Verwendung von Kontaktlinsen und gesch
  • Geschädigte Hornhaut
  • Selten durch direkten Kontakt zu kontaminierter Erde, Schlamm und Gewässerrändern

ICPC-2

  • A78 Infektiöse Erkrankung NNB, andere
  • F99 Auge/Anhangsgeb. Erkrank., andandere

ICD-10

  • B60.1 Akanthamöbiasis
    • inkl.:
      • Keratokonjunktivitis durch Akanthamöben+ (H19.2*)
      • Konjunktivitis durch Akanthamöben+ (H13.1*)

Diagnostik

  • Der Abschnitt basiert, sofern nicht anders gekennzeichnet, auf diesen Referenzen.1-2

Differenzialdiagnosen

Diagnostische Kriterien

  • Der Nachweis des Erregers erfolgt durch Kultur von Biopsiematerial.
  • Der Nachweis ist auchebenfalls durch direkte Mikroskopie möglich.

Anamnese

  • Die Inkubationszeit ist nicht genauergenau bekannt, beträgt aber vermutlich mehrere Wochen.
  • In der Kornea verläuft die Infektion meist sehr schnell progredient.
    • Schwereschwere Infektion mit dem Risiko der Zerstörung der Kornea.
  • Die Amöbe kann auchzudem Infektionen von Haut, Knochen, Nebenhöhlen und Gehirn hervorrufen.
  • Granulomatöse Amöbenenzephalitis
    • Nimmt in der Regel einen längeren klinischen Verlauf über Wochen und Monate mit zunehmenden Kopfschmerzen, leichtem Fieber, Sehstörungen, Verhaltensänderungen und fokal-neurologischen Defiziten, je nachdem, wo die Läsionen lokalisiert sind.13.

Klinische Untersuchung

  • Keratitis bei Verwendung von Kontaktlinsen
    • häufig initial nicht erkannt
  • Zunächst unspezifische Symp­tome
    • Fremdkörpergefühl im Auge
    • zunehmende Schmerzen
    • Tränen der Augen
    • krampfartiger Lidschluss (Blepharospasmus)
    • verschwommenes Sehen
    • gräulich-schmutzig erscheinendes Epithel
  • Bei fortschreitender Erkrankung entwickelt sich eine chronisch progressiv ulzerierende Keratitis mit Iritis, Skleritis, Uveitis, erhöhtem Augendruck und einem zu­neh­mend­en Visusverlust.
  • Die Symptomatik kann interindividuell sehr unterschiedlich sein.
  • Es können auch beschwerdefreie Intervalle beobachtet werden.
  • Ophthalmologische Befunde
    • Limbitis
    • Nach einigen Tagen können perineurale In­fil­trate, nach einigen Wochen ein weißlich entzündliches Ringinfiltrat auftreten.
    • in späteren Stadien: Vorderkammerreiz (Hypopyon), Sekundärglaukom,
      Sklerainfiltration

ErgDiagnostik bei Augenänzenderzt*in

  • Einsendung von Kornea-Abradat (Ab­scha­bung der Augenhornhaut), Kornea-Abstrichen und vor allem von Kon­takt­lin­sen nebst Behälter zur Initialdiagnose
  • Histopathologischer oder kultureller Nachweis der Akanth­amö­ben aus Kornea-Biopsien
  • Bei Infektionen mit Akanth­amö­ben ist der direkte Erregernachweis anzustreben: lichtmikroskopisch mor­pho­lo­gische Untersuchungen nach Kultur auf speziellen Nährmedien.
  • In Speziallaboratorien werden gattungsspezifische PCR-Verfahren ein­ge­setzt, die sehr sensitiv sind und die Kultivierung ergänzen.

Weitere Untersuchungen

  • Der Nachweis des Erregers erfolgt durch Kultur von Biopsiematerial oder durch Abstrich von der Hornhaut.
  • Evtl. kann der Nachweis auch durch direkte Mikroskopie erfolgen.

Diagnostik beim Spezialisten

  • Die CT oder MRT des Gehirns kannkönnen singuläre oder multiple raumfordernde Läsionen mit Ring-Enhancement zeigen.34.
  • Bei granulomatöser Amöbenenzephalitis ist eine Biopsie von Hirngewebe erforderlich, um die Diagnose zu erhalten.45.

Indikationen zur Überweisung

  • Bei Verdacht auf die Erkrankung sollte die ophthalmologische Überweisung an den Facharzt erfolgen.

Therapie

  • Der Abschnitt basiert, sofern nicht anders gekennzeichnet, auf diesen Referenzen.1-2

TherapiezielTherapieziele

  • VermeidungVisusverlust einesvermeiden.
  • Komplikationen Sehverlustsverhindern.

Allgemeines zur Therapie

  • Eine frühzeitige Diagnose ermöglicht eine zwar oft langwierige, aber in der Regel erfolgreiche Therapie.
  • Eine Akanthamöben-Infektion ist oft schwierig zu behandeln und erfordert eine längere Behandlung durch den Facharzt.
  • Die Infektion geht meist mit der Ausbildung widerstandsfähiger Zysten einher, was zum Wiederaufflammen einer scheinbar ausgeheilten AKErkrankung führen könnenkann.

Medikamentöse Therapie

  • Aufgrund ihrer zystiziden Wirkung wird bei der Amöben-Keratitis als Augentropfen
    • Eingangsmedikation lokal PHMBmit den Biguaniden Polyhexamethylenbiguanid (d.i.PHMB; Polihexanid; 0,02 %) oder Chlorhexidin (0,02 %) 
    • oft in Kombination mit einem Diamidinderivat wie Propamidin-Isethionat (0,1 %)
    • alternativ getropft.zu Biguaniden: Diamidine wie Hexamidindiisethionat 0,1 % oder Dibromopropamidinisethionat 0,15  %
  • Eine Kombination mit Neomycin als Antibiotikum wird empfohlen.5
  • EvtlIn den ersten 48–72 Stunden werden die Tropfen viertelstündlich rund um die Uhr appliziert.
  • Es erfolgt dann die Fortsetzung der Therapie mit reduzierter Do­sie­rung i. Hornhaut-Transplantationd. R. für mehr als 6 Monate.
  • Bei Therapieresistenz kann zusätzlich Clotrimazol (1–2 %) oder Voriconazol topisch gegeben werden.
  • Granulomatöse Amöbenenzephalitis
    • Eine optimale Behandlungsstrategie ist nicht bekannt, daher kommen Kombinationstherapien zur Anwendung6 (z.
    • Z. B. eine Kombination aus Miltefosin, Fluconazol und Pentamidin-Isethionat).

Operative Therapie

  • Die chirurgischen Optionen bestehen aus:
    • Epithel- (Kornea-)Abrasion
    • Kryo­the­ra­pie
    • perforierender Keratoplastik
    • Amnionmembran-Transplantation.
  • Singuläre zerebrale Läsionen sollten nach Möglichkeit reseziert werden.7

Nachbehandlung

  • Der Therapieerfolg sollte bis etwa 6 Monate nach dem Abklingen der Symptome regelmäßig kontrolliert werden, da möglicherweise eine einzige im Stroma überlebende Zyste zu einem Wiederaufflammen der Infektion führen kann.

Prävention für Kontaktlinsenträger*innen

  • KochenDie Infektion kann in den meisten Fällen durch strikte Kontaktlinsenhygiene vermieden werden.
  • Vor dem Hantieren mit Kontaktlinsen sollten grund­sätz­lich die Hände gut gewaschen werden.
  • Die vermutlich wichtigste In­fek­tions­quelle stellen schlecht gepflegte Kontaktlinsenbehälter dar.
    • Der Kontaktlinsenbehälter sollte täglich sorgfältig gereinigt und regelmäßig erneuert werden.
    • Wichtig ist, den Be­häl­ter nach der manuellen Reinigung lufttrocknen zu lassen, denn in feuchtem Milieu vermehren sich sowohl Bakterien als auch Amöben besonders gut.
  • Au­ßer­dem sollten Kontaktlinsen ausschließlich in frischer Aufbewahrungslösung aufbewahrt werden.
    • Leitungswasser oder selbst hergestellte Kochsalzlösungen sind zum Aufbewahren nicht geeignet.
  • Kontaktlinsen selbst sollten regelmäßig er­neu­ert werden (je nach Linsenart täglich bis alle 2 Jahre).
    • Die Tragezeit sollte nicht überschritten werden.
  • Für die Kontaktlinsenpflege sind grundsätzlich Mehrphasensysteme den sog. All-in-One-Systemen vorzuziehen.
    • Bei weichen Kontaktlinsen ist die Wahl des Pfle­ge­mittels besonders wichtig, da sich erstens Akanthamöben an der hydrophilen Oberfläche weicher Linsen besser anheften können, und da zweitens das Ma­te­ri­al wesentlich empfindlicher ist.
    • Bei harten Kontaktlinsen ist die tägliche manuelle Reinigung mit einer entsprechenden Reinigungslösung unabdingbar.

Allgemeine Prävention

  • In Mitteleuropa treten etwas 10 % der Fälle bei Nicht-Kontaktlinsenträger*innen auf.
  • Diese Fälle be­tref­fen durchweg Personen, bei denen mit Akanthamöben kontaminiertes Wasser in ein verletztes Auge gelangt ist.
  • Abkochen des Wassers tötet die Amöbe ab.
    • Sie ist jedoch resistent gegen Chlor und gängige Desinfektionsmittel für Kontaktlinsen.
  • Vorsicht ist angezeigt, wenn immungeschwächte Personen Kontaktlinsen verwenden; ggf. sind Tageslinsen zu bevorzugen.
  • Einen Impfstoff gibt es nicht.

Meldepflicht

  • In Deutschland besteht keine krankheits- oder erregerspezifische Meldepflicht gemäß IfSG.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

  • Der Abschnitt basiert, sofern nicht anders gekennzeichnet, auf diesen Referenzen.1-2

Komplikationen

  • Kann zur Zerstörung der Hornhaut und zum Verlust der Sehkraft führen.
  • In seltenen Fällen ist eine systemische Infektion beobachtet worden.
    • Bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem ist eine granulomatöse Amöbenenzephalitis möglich.

Weitere Informationen

  • Umgang mit Kontaktpersonen: Hier sind keine Maßnahmen notwendig, da eine Übertragung von Mensch zu Mensch bisher nicht nachgewiesen worden ist.
  • Maßnahmen bei Ausbrüchen: Bisher sind keine Ausbrüche bekannt.
  • Mit Unterstützung der Sektion Kornea der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) wurde im September 2011 das Deutsche Akanthamöbenkeratitis-Register ins Leben gerufen.
    • Die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft fordert alle Augenkliniken in Deutschland auf, retrospektiv und prospektiv alle gesicherten Fälle ihrem Akanthamöbenregister zu melden.

Patienteninformationen

Worüber sollten Sie die PatientenPatient*innen informieren?

  • Insbesondere Immunsupprimierte: Befolgen Sie unbedingtUnbedingt die Hygienevorschriften für das Tragen von Kontaktlinsen befolgen.

Quellen

Literatur

  1. Robert Koch-Institut. Epidemiologisches Bulletin 32/2015. Abgerufen am 28.06.2022. www.rki.de
  2. Szentmáry N, Daas L, Shi L, et al. Acanthamoeba keratitis - Clinical signs, differential diagnosis and treatment. J Curr Ophthalmol. 2018 Oct 19;31(1):16-23. www.ncbi.nlm.nih.gov
  3. Visvesvara GS, Moura H, Schuster FL. Pathogenic and opportunistic free-living amoebae: Acanthamoeba spp., Balamuthia mandrillaris, Naegleria fowleri, and Sappinia diploidea. FEMS Immunol Med Microbiol 2007; 50:1. PubMed
  4. Robert Koch-Institut, Epidemiologisches Bulletin 32/2015. Abgerufen am 23.12. 2015 edoc.rki.de
  5. Khan NA. Acanthamoeba and the blood-brain barrier: the breakthrough. J Med Microbiol 2008; 57:1051. PubMed
  6. Marciano-Cabral F, Cabral G. Acanthamoeba spp. as agents of disease in humans. Clin Microbiol Rev 2003; 16:273. PubMed
  7. Robert Koch-Institut, Epidemiologisches Bulletin 32/2015. Abgerufen am 23.12. 2015 edoc.rki.de
  8. Mayer PL, Larkin JA, Hennessy JM. Amebic encephalitis. Surg Neurol Int 2011; 2:50. PubMed
  9. Sheng WH, Hung CC, Huang HH, et al. First case of granulomatous amebic encephalitis caused by Acanthamoeba castellanii in Taiwan. Am J Trop Med Hyg 2009; 81:277. PubMed

AutorenAutor*innen

  • SaskiaMoritz von SandenPaar, Dr. med., M. A., FachärztinFacharzt für Allgemeinmedizin, Baden-BadenMünster
  • IngardDie Løge,ursprüngliche spesialistVersion idieses allmennmedisin,Artikels redaktørbasiert NELauf Terjeeinem Johannessen,entsprechenden professorArtikel iim allmennmedisin,norwegischen Institutthausärztlichen forOnline-Handbuch samfunnsmedisinskeNorsk fag,Elektronisk Norges teknisk-naturvitenskapelige universitet, TrondheimLegehåndbok (Anpassung für NELhttps://legehandboka.no/)
  • Urban Hellgren, Dozent und Oberarzt, Infektionskliniken, Karolinska universitetssjukhuset (Medibas).
B601
A78; F99
Amöbeninfektion; Infektion mit Acanthamoeba; Kontaktlinsenträger; Kontaktlinsen; Granulomatöse Amöbenenzephalitis; GAE; Akanthamöbiasis; Zysten-Bildung
Akanthamöben-Infektion
07/2022
chckBBB goMK 1504.307.2022 revidiert, Betonung auf Keratitis.
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Definition:Infektion mitdurch unterschiedliche Stämme der AmöbeGattung Acanthamoeba, in der Regel in der Hornhaut bei Kontaktlinsenträgernger*innen. Häufigkeit:In Norwegen wahrscheinlich sehrSehr selten. Symptome:Symptomatisch ist eine in der Regel schnell verlaufende Entzündung der Hornhaut.
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